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Experiment in DänemarkZwangsumsiedlung mit „Ghettoplan“

Mit Zwangsumsiedlungen will Dänemark Brennpunkte auflösen: Gebäude werden abgerissen, nicht nur migrantische BewohnerInnen vertrieben.

BewohnerInnnen von Mjølnerparken protestieren gegen die Umsiedlungspläne Foto: Philip Davali/ap/picture alliance

Stockholm taz | Zum Auszug gezwungen habe man ihn und seine Frau, er habe sich regelrecht erpresst gefühlt, erzählte Arif Mohammed in einer Reportage der dänischen Tageszeitung Politiken. Eines Tages seien Leute vom Wohnungsunternehmen gekommen: Das Haus sei verkauft worden, es werde nun renoviert, sie müssten die Wohnung räumen.

„Ich bin seit 32 Jahren in Dänemark und habe immer gearbeitet“, berichtete der in Pakistan geborene 55-jährige Taxifahrer. „Ich lebe nicht auf Kosten des Staates und habe das nie getan. Darauf bin ich sehr stolz.“ Sei denn der „Ghettoplan“ nicht wegen der Kriminellen beschlossen worden? Und was hätten er und seine Frau mit denen zu tun? „Ich wurde dafür bestraft, dass ich am selben Ort wie die lebe: eine grenzenlose Ungerechtigkeit.“

2018 hatte die konservative dänische Regierung von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen einen „Ghettoplan“ beschlossen. Eine Spezialgesetzgebung für Wohngebiete mit einem Bevölkerungsanteil von mehr als 50 Prozent „nicht-westlicher Einwanderer und ihrer Nachkommen“. Hintergrund war die wachsende Kriminalität im Kopenhagener Wohnviertel Mjølnerparken. Dieses wählte der Regierungschef auch deshalb demonstrativ, um vor einem großen Presseaufgebot die neue Integrationsgesetzgebung als „unsere letzte Chance“ zu präsentieren.

Das von einer breiten Parlamentsmehrheit von den Sozialisten bis zu den Rechtspopulisten unterstützte Gesetz macht Zwangsumsiedlungen möglich, wenn Wohnviertel zwei von vier Kriterien erfüllen: Mehr als 40 Prozent Arbeitslose, über 60 Prozent der über 30-Jährigen haben nur Grundschulausbildung, ein durchschnittliches Bruttoeinkommen, das 55 Prozent niedriger als der regionale Durchschnitt ist, oder eine dreimal höhere Kriminalitätsrate als im landesweiten Schnitt.

Stigmatisierung von Vierteln

Als offizielle Überschrift für diese Politik griff man ausgerechnet auf den Begriff „Ghetto“ zurück, ein von den Nazis verwendeter Terminus für jüdische Wohngebiete und Sammellager, die Übergangsstationen vor dem Transport in Vernichtungslager waren.

Erst ab 2021 wurden aus den jährlich aktualisierten „Ghettolisten“ „Parallelgesellschaften“, „Transformationsgebiete“ und „gefährdete Wohngebiete“. Was an der Stigmatisierung natürlich nichts geändert habe, kommentiert Louise Holck, die Direktorin des Dänischen Menschenrechtsinstituts. Trotz Auswechseln des Etiketts habe man hier ein Gesetz, „aufgrund dessen Menschen ihre Wohnungen wegen ihrer ethnischen Herkunft verlieren können“. Das sei „menschenrechtswidrige Ungleichbehandlung, ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot“.

Das offizielle Ziel dieser Politik, Dänemark bis 2030 „frei von Ghettos“ zu machen, will man dadurch erreichen, dass in diesen vorwiegend in den 1970er Jahren erbauten Gebieten mit Sozialwohnungen ein zwangsweiser „Austausch“ von bis zu 60 Prozent der BewohnerInnen stattfinden soll. Neu in diese aktuell 17 „Transformationsgebiete“ und 67 „gefährdeten Wohngebiete“ dürfen nämlich dann nur noch Menschen mit dänischer oder „westlicher“ Staatsangehörigkeit einziehen.

Abriss und Neubau

Die Sozialwohnungen sollen zu einem großen Teil verschwinden, bis zu 40 Prozent in Eigentumswohnungen umgewandelt werden, wodurch der städtische Wohnungsbau noch mehr dem Markt überlassen wird, kritisieren ArchitekturprofessorInnen. Kommunen können außerdem bestimmen, dass Häuser aus „strategischen Gründen“ ganz abgerissen werden können. KritikerInnen sprechen von einem umwelt- und klimapolitischen Skandal: Für eine diskriminierende Wohnungspolitik würden funktionstüchtige Gebäude dem Erdboden gleichgemacht. Sie verweisen auf Studien, wonach Abrisse und Neubauten bis zu 300-mal klimaschädlicher sind als Sanierungen.

„Unnötig schlampig und brutal“, nennt Steffen Boel Jørgensen, der Geschäftsführer eines Immobilienunternehmens, das Gesetz: „So schlecht, dass es sich jeder Beschreibung entzieht.“ Man überlasse es einfach den Wohnungsunternehmen, dafür zu sorgen, dass die Hälfte der Menschen ihre Wohnungen räumen müssen. Für einige dieser Unternehmen wurde das ein Freibrief, um kurzerhand allen MieterInnen zu kündigen oder die vom Gesetz bis 2030 befristete Vorgabe schnellstmöglich zu erreichen, um mit Verkäufen, Luxusrenovierungen und Umwandlung in Eigentumswohnungen ihre Gewinne zu maximieren. Weshalb von dieser Ghettogesetzgebung keineswegs nur die MieterInnen mit „nichtwestlicher“ Herkunft betroffen sind.

Wie das Ghettogesetz sie aus ihrer Wohnung geworfen hat, schilderte die 80-jährige Rentnerin Lisbeth Bjerregaard Saugmann vor einigen Monaten gegenüber Medien. Kündigung mit dreimonatiger Frist wegen Renovierung und – weil Dänin – theoretisch eine mögliche spätere Aussicht auf einen neuen Vertrag. Aber mit einer Miete, die sie mit ihrer kleinen Pension vermutlich nicht zahlen kann. Die Renovierung sei auch gleich rücksichtslos angegangen worden. Als Erstes habe man die Gemeinschaftsräume herausgerissen, sodass die Seniorengruppe, die sie seit elf Jahren mit anderen Älteren gebildet habe, „keinen Ort mehr für gemeinsame Veranstaltungen und Treffen hatte und nicht einmal mehr eine Weihnachtsfeier für die Kinder von Mjølnerparken veranstaltet werden konnte“.

Eine „politische Machtdemonstration“

Natürlich gebe es in den Vierteln, die man nun Ghettos nenne, soziale Probleme, schildert die Rentnerin. Manche hätten es schwer, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. Aber es gebe auch viel Gemeinschaftsleben, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft und sie selbst habe sich nie unsicher gefühlt. Das Ghettogesetz sei „ein Übergriff auf uns Bewohner, eine politische Machtdemonstration“. „Die Befürworter des Gesetzes hatten so unterirdische Argumente, wie dass es für Kinder gut sei, Erwachsene zu erleben, die Pausenbrote schmierten und zur Arbeit gehen. Als ob dies bei uns nicht der Fall wäre“, so die Rentnerin.

In Mjølnerparken und anderen „Ghettovierteln“ organisierte sich die Initiative „Almen Modstand“ (Dt. „Allgemeiner Widerstand“), gegen den „gesetzlich formalisierten Rassismus“, mit dem „Bürger aufgrund von Kategorien wie Bildung und Einkommensniveau sowie stereotypen Vorstellungen über ethnische Zugehörigkeit und Nationalität stigmatisiert werden“. Es fanden Protestaktionen statt, zuletzt im Mai. Es soll weitere geben.

Bau- und WohnforscherInnen wie Mette Mechlenborg von der Universität Aalborg bezeichnen die sogenannte Ghettogesetzgebung, „die für die einen Ausdruck der allgemeinen Fremdenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft ist, während andere das Gesamtziel begrüßen, eine gemischtere Bewohnerzusammensetzung zu schaffen“, als „größtes wohnsoziales Experiment in der dänischen Geschichte“. Zwar bemühe man sich seit Jahrzehnten, in bestehenden Wohngebieten gemischte Quartiere zu schaffen. Die Frage sei aber, ob sich mit einer Zwangsumgestaltung der physischen auch die soziale Realität ändern werde.

„Negativer Ruf“ der Viertel

„Die Beschreibungen der Wohngebiete in Form quantitativer Daten birgt die Gefahr, dass die Vielfalt der Wohngebiete aus dem Blickfeld gerät“, kritisiert sie. Deren negativer medialer Ruf entspreche oft gar nicht dem Alltagsleben, das die BewohnerInnen selbst empfinden. Begriffe wie Ghettos und Parallelgesellschaften trügen nur zu weiterer Stigmatisierung bei. Damit es gelinge, sozial gemischtere Wohnviertel zu schaffen, wäre es viel wichtiger, „an der Reputation der exponierten Wohngebiete zu arbeiten“. Völlig ungeklärt sei auch, wie sich die Lebenssituation der BewohnerInnen gestalten werde, die man einfach umsiedle.

Ohne ein Konzept für diese zwangsumgesiedelten Menschen zu haben, könne ein solches Programm der Segregation nicht entgegenwirken, meint Emma Holmqvist, Forscherin für Kulturgeografie an der Universität Uppsala. Was auch Erfahrungen beispielsweise in Chicago und London bewiesen hätten. Mit der Zeit werde es dann einfach eine neue und womöglich noch größere Konzentration marginalisierter Gruppen in Gebieten mit billigen Mietwohnungen geben.

Für Lamies Nassri, Projektleiterin am Ceda, dem „Zentrum für die Rechte der Muslime in Dänemark“, ist die unter anderem von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (Ecri), dem UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) und der UN-Konvention gegen Rassendiskriminierung (Cerd) kritisierte Ghettogesetzgebung, „die 155 verschiedene Kulturen in die Kategorie ‚nichtwestliche Einwanderer und Nachkommen‘ steckt, als Gegensatz zur ‚dänischen Kultur‘ definiert und ihnen deshalb den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum beschränkt“, nur Teil einer Serie von rassistischen Maßnahmen, mit denen Kopenhagen vor allem eine Botschaft verbinde: „Ihr sollt weg.“

Klagen gegen das Gesetz

Bei Dänemarks Oberstem Gericht sind mehrere Klagen anhängig. Das Gericht wartet auf die Grundsatzentscheidung des EU-Gerichtshofs in einem Verfahren gegen das Königreich Dänemark wegen gesetzwidriger Diskriminierung „nichtwestlicher“ BürgerInnen. Nassri hofft auf einen Ausgang, der dazu führt, „dass Dänemark wieder ein Land wird, in dem alle vor dem Gesetz gleich sind und das Gesetz für alle gleich ist“.

„Und warum liegt der Fokus eigentlich nur darauf, die sogenannten Ghettos in die Gesellschaft zu integrieren?“, fragt Forscherin Mechlenborg aus Aalborg. „Wenn unser Ziel gemischtere Wohngebiete sind, können wir genauso gut fordern, dass die Reichenghettos sich integrieren und wir dort eine gemischtere Zusammensetzung der Bevölkerung bekommen.“

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45 Kommentare

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  • Moderation , Moderator

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  • Wer sich mal ein Bild von Mjölnerparken machen will, sollte mal eine Nacht im a&o Hostel in Kbn verbringen.



    Das Bild das wir hier von einem Ghetto haben, von einem Problembezirk, wird dort ganz schnell verändert. Von außen betrachtet, ist dieses Viertel lebenswerter gestaltet, als so einige Wohngegenden in dt Städten. Es mag sein, dass es dort soziale Problematiken gibt, die Wohngegend ist jedenfalls alles andere als problematisch. Öffentliche Parks, Sportanlagen, keine Verwahrlosung oder ähnliches was beim Begriff Ghetto zuerst in den Sinn kommt.



    In Dänemark ist ein Ghetto etwas anderes als anderswo.

  • Stimmt, solche sozialen Brennpunkte können zu Problemen führen. Wie wäre es, wenn man es Menschen aus diesen Vierteln ermöglicht, erschwingliche Wohnungen in anderen Gebieten zu mieten und die dadurch freigewordenen Wohnungen günstig z.B. an Studierende und Rentner vermietet? Zumindest in Deutschland gibt es Menschen, die aus diesen Vierteln weg möchten und wegen ihres Namens anderswo keine Wohnung bekommen. Gleichzeitig würden Studierende und Rentner sich über günstigen Wohnraum freuen. Der Ansatz wäre mindestens ebenso vielversprechend, um die Probleme zu lösen und wäre nicht mit den gravierenden Schwachpunkten der dänischen Lösung verbunden. Ist die Agenda vielleicht gar nicht, dass man etwas gegen Problemviertel machen und Kindern, die dort aufwachsen bessere Chancen geben möchte? Ich will der dänischen Regierung natürlich nichts unterstellen...

  • Das Hauptproblem ist die unterschiedliche "Sichtweise" von Lebensweisen.

    Vorallem wenn Sichtweisen extrem dogmatisch sind.

    Karl der Große war einer größten Massenmörder seiner Zeit - Sachsen die sich nicht zum Christentum bekennen wurden ermordet.

    • @Justin Teim:

      Ich verstehe nicht ganz, was dogmatische Lebensweisen mit Karl dem Großen zu tun haben. Es gab wohl bis zum zum 20. Jahrh. auch nur wenig Herrschaft, die - auch aus strukturellen Zwängen heraus -ohne "Massenmord" auskam.

  • Das müsste man mal bei Reichenviertel anwenden, da sollen Steuerhinterziehung und Lobbyismus grassieren.

    • @Axel Schäfer:

      Beide führen aber zu weniger gesellschaftlichen Schaden. Zudem gibt es auch Reiche, die nicht kriminell sind. Das verstehen Arme aber manchmal nicht.

      • @Hannes Mustermann:

        Wenn sehr wenige Menschen mehr Geld besitzen, als die Hälfte der Weltbevölkerung IST es ein gesellschaftlicher Schaden. Ein sehr gravierender.

      • @Hannes Mustermann:

        Ich will ja doch schwer hoffen, dass es nicht nur Reiche gibt, die möchte kriminell sind, sondern dass die Mehrheit der Reichen das nicht sind.



        Aber auch die Mehrheit der armen Menschen sind nicht kriminell. Und der gesellschaftliche Schaden durch Lobbyismus und in geringerem Maße auch durch Steuerhinterziehung ist massiv.

      • @Hannes Mustermann:

        Oh, hat das schon jemand durchgerechnet? Oder ist es mehr ein "Empfinden"?

        • @Lieblich:

          Ich tippe darauf, er meint Personenschaden, den Sie nicht beziffern können.

    • @Axel Schäfer:

      Das müssen Sie bei beiden anwenden, sonst wird es nichts mit der Mischung.

  • Gute Idee.völlig falsche Umsetzung.



    Da hat wohl die Baubranche und die Immobilienhaie kräftig mitgemischt.

    • @M. Dilsburg:

      Finden Sie das gut, wenn Immobilienunternehmen an Armen Menschen verdienen, wenn sozialer Wohnungsbau reduziert wird? Oder was ist denn die Idee? Warum dürfen reiche Menschen Stadtteile für sich haben, die integrieren sich doch auch nicht. Ich glaube, schon die Idee ist schlecht und es bringt nichts, außer Gewinne.

      • @Andreas_2020:

        Habe ich doch so gescjrieben. ALLE Viertel sollten dirchmischt sein. Würde viel mehr miteinander bringen.

      • @Andreas_2020:

        In was sollen sich denn "reiche" Menschen integrieren? Und was ist für Sie ein "reicher" Mensch?

  • Das ist nichts anderes als eine staatlich verordnete Desintegration von Menschen mit einem niedrigen Einkommen und geringen Ersparnissen.

    Für Spekulanten und Investoren ist es ein Sechser im Lotto plus Zusatzzahl. Besser kann man am Immobilienmarkt nicht verdienen.

    Dazu kommt noch die Komponente, dass dieses Gesetz auch eine rassisch-ethnische, religiöse Sanktionierung beinhalten kann. Ich freue mich, dass dagegen geklagt wird.



    Es sind aber bereits viele Menschen umgezogen, die meisten haben sich verschlechtert. Zahlen mehr für weniger Platz. Haben längere Fahrtwege zur Arbeit.

    Und das vermindert das verfügbare Einkommen, das verschlimmert die untere Position in der dänischen Gesellschaft dieser Menschen, auch der bio-dänischen Menschen, die umgesiedelt werden.



    Die werden stärker isoliert, sie verlieren ihre Milieus, ihre lokalen Bekanntenkreise, die müssen per staatlichem Zwang nochmals beginnen.

    Gleichzeitig erzeugt die Regierung eine ziemlich merkwürdige Situation, Menschen, die eher schlecht-bezahlte Arbeit machen, werden plötzlich zusätzlich unter Druck gesetzt, verlieren Einkommen. Sie werden nochmals gezielt sanktioniert.

    Und schließlich wird das kriminell und aggressive Menschen nicht friedlich machen, wenn sie umziehen und mehr Miete zahlen. Es wird auch Migranten, die schlecht Dänisch können und keine dänischen Freunde oder Bekannten haben, nicht dänischer machen, dafür gibt es mehr Druck und es wird kontroverser werden.



    Migrantische Kinder und Jugendliche werden ein deprimiertes Lebensgefühl erhalten.

    Warum das zu mehr Integration und geringere Kriminalität führen soll, erschließt sich mir nicht. Es kommt aber - und kam, bei den dänischen Wählern gut an.

    Es zeigt, wie seltene, rechtsextreme Positionen zu Politik werden. Das tragen auch Sozialdemokraten und liberale Parteien mit.

    • @Andreas_2020:

      Schade, das mit Dänemark, war mal ein liebenswertes Land...

    • @Andreas_2020:

      Oder man wartet mal etwas an und schaut Post eventu, was es vielleicht doch bringen könnte.



      Es ist ja eine Blaupause im Reagenzglas großer gesamteuropäischer Herausforderungen der Zukunft.

      • @Hannes Mustermann:

        Ich verstehe den Beitrag nicht so ganz. Fakt ist, dass Siedlungen mit Sozialwohnungen aufgelöst werden, teilweise erhalten Immobilienunternehmen dadurch Grundstücke und Wohnungen, die durchmischen es dann, machen aber vor allem satten Gewinn, die lokalen Träger müssen teilweise Zusatzkosten übernehmen, um das möglich zu machen. Und wir reden von vielen Menschen, von Tausenden , vor allem von Arbeitern mit Migrationshintergrund, die das Fell über die Ohren gezogen bekommen, weil es auch in diesen Vierteln kriminelle und aggressive Menschen gibt. Nur gibt es die auch woanders, ohne dass ein Gesetz dafür bemüht wird. Und Dänemark geht da einen Weg, der illegal sein könnte. Welches Höhe Rechtsgut wird denn dadurch gesichert oder geschützt? Welcher Notstand wäre da? Das Ganze ist nach meiner Auffassung heiße Luft, es gefällt aber vielen Dänen. Aber das sind die gleichen Menschen, die davon profitieren, dass diese gleichen Menschen, die sie so verändern wollen, in der Nacht aufstehen und schlecht-bezahlte Arbeit ausüben. Die leben nicht aus niedriger Gesinnung in diesen Siedlungen.

  • Und wenn erstmal die Migranten weg sind, dann wird es weiterhin Kriminalität geben. Nämlich unter Dänen, die in Armut leben, arbeitslos sind und sonst noch was.

    Aber die kann man ja nicht rausschmeißen. Sind ja Dänen. Die dürfen das ja machen. Und wenn Dänen Kriminalität verüben, dann ist es ja was anderes.

  • Der Vergleich mit Reichen- und Armenghettos hinkt. In einem Armenghetto aufzuwachsen ist ein klarer Nachteile für einen Menschen (schlechte Bildung/Schulen;viel Kriminalität ...). In einem Reichenghetto aufzuwachsen ist eher ein Vorteil als ein Nachteil.

    • @Andrea Seifert:

      Reichenghetto nennt man anders, nämlich Gated Community. Das liegt einfach daran, dass in den USA die Zufahrt zu diesen Siedlungen bewacht wird, und das Gebiet meist eingezäunt ist.

  • Es fehlt die wesentliche Info:



    sieht das Gesetz/Verfahren es vor, wie die Vertriebenen mit Wohnraum versorgt werden, oder werden sie dem freien Markt überlassen?

    Weil:



    wenn sie kostengünstigen Wohnraum anderswo und verteilt bekommen, kann das langfristig tatsächlich für alle Beteiligten einen Nutzen haben (wenn es auch extrem brutal ist...)



    wenn aber die Vertriebenen dem freien Markt überlassen werden, bildet sich flugs das nächste Ghetto

    • @Ringsle:

      Genau das ist die Frage.

  • meistens ziehen Migranten auch in bestimmte Viertel, weil sie anderswo keine Wohnungen bekommen.



    Wie sich dies ändern soll...? Wenn andere Viertel zu teuer sind oder dort keine Migranten erwünscht sind, dann bilden sich ganz von alleine solche Viertel.

    • @nutzer:

      Im Artikel scheint leider die Hälfte der beschlossenen Maßnahmen zu fehlen. Vermutlich weil diese unerwähnten Teile der Initiative nicht in den "die rassistischen Dänen vertreiben unschuldige Migranten und spekulieren mit den Immobilien!11!"-Tenor des Artikels passen.



      Dazu gehören lt meinen Quellen, dass die zur Umsiedlung Ausgewählten neue oder sanierte modernere Wohnungen bekommen: zu ähnlichen bzw staatlich bezuschussten Preisen. Und das ist auch tatsächlich bereits passiert in einigen sozialen Brennpunkten, laut mehreren Reportagen und internationalen Artikeln der letzten Jahre. Ebenso wird unterschlagen, dass es in den neuen Siedlungen mandatorisch Sozialbüros und Gemeinschaftszentren gibt, die gezielt Sozialarbeit betreiben und den Community-Gedanken fördern, indem alle Gruppen einbezogen werden.

      Es gibt, unter anderem, bei ARTE in der Mediathek bzw auf YT eine längere Reportage darüber, die deutlich sachlicher und vor allem ausgewogener ist und in der ALLE beschlossenen Maßnahmen thematisiert werden. Es kommen Befürworter, Ablehner und Leuten die Chancen und Risiken sehen zu Wort, ebenso wie Migranten, Dänen, Politiker, Stadtplaner, Sozialarbeiterinnen und Aktivisten. Und Leute, die umziehen mussten sowie solche, die freiwillig bereits umgezogen sind! Es werden mehrere Viertel in verschiedenen Landesteilen gezeigt, in den Maßnahmen bereits umgesetzt wurden.

      • @Catahoula:

        wie heißt die Reportage auf arte?

      • @Catahoula:

        Danke für die Ergänzung.

    • @nutzer:

      Wie sich das ändern soll, darüber berichtet doch gerade der Artikel.

      Ob das erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.

      • @rero:

        naja, das was staatlich erwünscht ist, ist manchmal entgegengesetzt zu den Wünschen der Vermieter und der Nachbarschaft.



        Der Grund für migrantenunfreundliche Mietgegenden ist ja nicht dass es staatlicherseits irgendeine Verordnung oder Lenkung gäbe, sondern einzig und allein, der Mietpreis und der Vermieter, der sich die Mieter aussuchen kann.

  • ""aufgrund dessen Menschen ihre Wohnungen wegen ihrer ethnischen Herkunft verlieren können“. Das sei „menschenrechtswidrige Ungleichbehandlung, ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot“."

    In welcher Passage steht etwas von Zwangsräumung durch Herkunft? Wer das behauptet ist anscheinend der Meinung, dass die Herkunft für die Kriminalität ausschlaggebend ist.

  • Gentrifizierung gegen Kriminalität und Konflikte der Migrationsgesellschaft? Eine offene Kritikkultur und Bildungspolitik könnte hilfreicher sein.

    • @aujau:

      Dass Bildungspolitik nicht hilft, sondern Heterogenität Voraussetzung für gelungene Bildung ist, wissen wir aus verschiedenen Städten in Deutschland.

      Wenn wir warten wollen, bis eine offene Kritikkultur in unserem Land wieder einkehrt, ist es für die Kinder, die aktuell in diesen benachteiligten Vierteln aufwachsen, zu spät.

      • @rero:

        Und die Heterogenität wird ,so weit ich weiß, von Experten seit Jahren gefordert. Diese setzt eine bildungspolitische Abkehr vom bestehenden Schulsystem voraus.

        • @aujau:

          Das geht durchaus mit dem bisherigen Schulsystem.

          Die Heterogenität ist eben auch eine Frage der Stadtplanung.

  • Ghettos sind das Problem, nicht die Menschen.



    Denn egal wo man in Europa hinschaut, dann stellt man fest, dass soziale Prennpunkte das wahre Problem sind, auch wenn Rechte es gene als ethnisches Problem darstellen. In Frankreich jammert kaum wer über Türken, dafür über Araber, in Tschechien wieder über Roma, in jedem Land ist die behasste Ethnie eine andere. Gemeinsam haben sie, dass sie dort in Ghettos wohnen und massive Probleme bestehen, die vom Rassismus der Mehrheitsgesellschaft, aber auch sehr stark von destruktiven Dynamiken in diesen Siedlungen selbst verursacht werden.



    Die Zerstörung von Ghettos ist daher nur zu begrüßen. Träfe sie auch Gated Communities Reicher (mit echten oder nur finanzielen Zugangsbeschränkungen), wäre das für die gesammtgesellschaftliche Entwicklung bestimmt auch förderlich, aber eine konsequente Verteilung der Ghettobewohner über die Gesammtbevölkerung hätte dies natürlich mit zur Folge. Und wer selbst in die einer berüchtigten Gegend wohnte und nicht alle Hoffnung fahren ließ, wird keiner Slumromantik verfallen. Es gibt Orte, die tun niemandem gut, der nicht die Möglichkeit hat nach dem Besuch im Abenteuerspielplatz ins hygge Heim weit weg zu fahren.

  • Die Methode ist unterirdisch! Das Ziel richtig.



    Gemischte Wohnviertel sind langfristig die stabilste Art Toleranz und Respekt zu fördern.... auch wenn das ggf. in deutsch geprägten Neubaugebieten auf wenig Gegenliebe stößt. Arm Reich, Jung und Alt, Ausländer Biodeutsche.... mischen und es wird zumindest besser.

    • @Tom Farmer:

      Es geht doch um dänisch.

  • Gentrifizierung als Mittel gegen Ghettoisierung. Auf so einen Blödsinn muss man erstmal kommen.



    Wenn man gemischte Viertel will, muss man Wohungsgesellschaften verpflichten, gemischte Wohnblöcke aufzuziehen.



    Einzelne Wohnungen luxussanieren, aber an jeder Adresse eine Mindestzahl an Sozialwohnungen beibehalten. Oder schaffen, im Falle der reichen Viertel. Da wird das aufgrund von Einfamilienhäusern aber vermutlich schwieriger werden.



    Für den Rest kann dann das Marketing der Eigentümer sorgen.

    • @Herma Huhn:

      "Wenn man gemischte Viertel will, muss man Wohungsgesellschaften verpflichten, gemischte Wohnblöcke aufzuziehen."

      Das Problem an Ihrer Lösung ist, dass es den rechten Rand nicht triggert. Pragmatische Lösungen sind irrelevant, wenn man mit den aktuellen Maßnahmen der Neubraunen in Dänemark soooo schön die Zielklientel befriedigen kann

    • @Herma Huhn:

      Dagegen sprechen aus Investorensicht (=Wohnungsgesellschaften) mehrere Gründe. Die Investition muß sich auch bei hohen Grundstückspreisen noch lohnen. Die geförderten Wohnungen sind subventioniert durch hohe Mieten der frei finanzierten Wohnungen. Ein hoher Anteil an geförderten Wohnungen vermindert aber Image und Marktwert des Wohnblocks, so dass die erzielbare Miete begrenzt ist.

  • In Frankreich ist es ja ähnlich . Angeblich kriegen leute aus dem Banlieu schon wg. ihrer Adresse keinen Job. Die ganzen Hochhäuser aus den 70ern müssen weg.

  • Das ist natürlich ein vor allem größenwahnsinniges und auch gewalttätiges Projekt, aber als erstes fällt mir dazu ein: wohl dem, der das Geld, den Willen und den Mut hat, etwas gegen Ghettobildung zu tun. Es geht ja nicht so sehr darum, wo die Menschen wohnen, sondern vor allem darum, wo und mit wem die Kinder zur Schule gehen. Auch die Kinder der Migranten und sozial Schwachen leiden doch unter Schulen, in denen sich die spezifischen Probleme häufen. Hierzulande gibt es schlechte Beispiele ohne Ende und wer kann flieht sowieso um seine Kinder vor Schulen mit hohem Migrantenanteil etc. zu bewahren. Individuell nachvollziehbar, politisch aber falsch. In Deutschland würde aber natürlich sofort ein Proteststurm losgehen, wenn man versuchen würde die Milieus zu vermischen. Jeder Zentimeter Bildungsvorsprung würde aggressiv verteidigt. Wenn auch in der Form fragwürdig, würde ich den Dänen doch zugestehen, dass es ihnen wirklich um Integration geht, in Deutschland hingegen schaut man einfach nur weg, das ist nicht besser.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Für München gilt dies nicht, sondern es wird in Neubaugebieten seitens der Stadt gezielt versucht, Milieus zu vermischen.