Ex-CIA-Mann über den Fall Assange: Haftbedingungen zum Fürchten
Was hätte Wikileaks-Gründer Julian Assange im Falle seiner Auslieferung in die USA zu erwarten gehabt? Ex-CIA-Mitarbeiter John Kiriakou erläutert es.
taz: Herr Kiriakou, Julian Assange wird nicht in die USA ausgeliefert. Seine Anhänger:innen sind erleichtert. Was ist Ihre Reaktion auf diese Entscheidung der Londoner Richterin?
John Kiriakou: Ich bin sehr angenehm überrascht. Dies ist etwas, worauf wir gehofft hatten. Denn es gab ein paar Präzedenzfälle, bei denen Richter in Großbritannien es abgelehnt haben, Leute mit psychischen oder emotionalen Problemen in die USA auszuliefern. Die Bedingungen im Inneren von Gefängnissen in den USA sind schrecklich.
Mit welcher Art von Behandlung hätte Assange in den USA rechnen müssen?
Weil Julian Assange ein hochrangiger Gefangener ist und weil er Zugang zu den Medien hat, wäre er in einer Spezialhaftanstalt inhaftiert worden. Eine davon ist in Terre Haute in Indiana, eine andere in Florence, Colorado. Selbst wer dort ein mittleres Sicherheitsniveau hat, darf keinen Kontakt zur Außenwelt haben. Wer die maximale Sicherheitsstufe hat, und das hätte Julian wahrscheinlich bekommen, darf nicht einmal Kontakt mit einem anderen Menschen haben. Er ist 23 Stunden am Tag in einer kleinen Zelle mit den Maßen 2 mal 3 oder 4 Metern eingesperrt. Nur für eine Stunde darf er durch eine kleine Tür am Ende seiner Zelle in einen Käfigbereich gehen, der etwa 5 mal 5 Meter groß ist, um eine Stunde im Kreis zu gehen. Aber er hat keinen menschlichen Kontakt. Das Essen wird durch einen Schlitz in der Tür hereingereicht. Er kann mit niemandem sprechen. Er kann niemanden sehen. Hat keinen Zugang zu Radio oder Fernsehen und keinen Briefkontakt. Da dreht man durch.
ist ehemaliger ranghoher CIA-Mitarbeiter und Publizist. In einem TV-Interview bestätigte er 2007 erstmals, dass Al-Qaida-Häftlinge durch Waterboarding gefoltert wurden.
Der UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer beschreibt die Isolationshaft in den USA als eine Form von Folter. Weil Julian schon jetzt an einer schweren depressiven Störung leidet, hat die Richterin entschieden, dass seine Abschiebung in die USA, wo ihm diese Art von Strafe droht, dazu führen würde, dass er an einen Punkt gerät, an dem er wahrscheinlich Selbstmord beginge.
Sie waren selbst 23 Monate in einem US-amerikanischen Gefängnis. Wie sind Sie behandelt worden?
Ich war nur in einer sogenannten modifizierten Abteilung. Aber meine Briefe wurden geöffnet und gelesen. Wenn die Wachen nicht damit einverstanden waren, was ich schrieb, haben sie meine Briefe zerstört. Das hat dazu geführt, dass ich meine Briefe herausschmuggeln ließ.
Sie selbst sind ein Whistleblower, ein Hinweisgeber. Als was betrachten Sie Assange?
Ich habe immer gedacht, dass Julian Assange ein Journalist ist. Das macht diesen Fall so besonders wichtig. Die Klagen gegen ihn sind so ernst, dass im Falle seiner Verurteilung jeder einzelne Journalist in den USA, der sich mit der nationalen Sicherheit befasst, in Gefahr ist. Egal ob in der Washington Post, der New York Times, dem Wall Street Journal – wer sich mit der nationalen Sicherheit befasst, riskiert Spionageermittlungen.
Aber warum gibt es so wenig Unterstützung für Assange in den USA?
Es ist enttäuschend, dass die großen Medien die Parallelen, zwischen dem, was Julian getan hat, nämlich Kriegsverbrechen zu enthüllen, und ihrer eigenen Arbeit nicht sehen. Würde Julian in die USA ausgeliefert und in den USA verurteilt, würde das eine Büchse der Pandora öffnen. Aber die großen Medien betrachten ihn offenbar als Außenseiter und Störenfried.
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