piwik no script img

Erste Sondierung von SPD, Grüne und FDPAmpel-Sondierung bei Tageslicht

Am Donnerstag trafen sich erstmals SPD, Grüne und FDP zu Sondierungen. Montag geht's weiter. Grüne versprechen: Es wird keine Nachtsitzungen geben.

„Schönes Wochenende“: Grünen-Co-Chef Robert Habeck verabschiedet sich Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Die Grüne-Chefin Annalena Baerbock eilt um Viertel nach fünf vor dem City Cube, einem unwirtlichen Messebau in Berlin-Charlottenburg, zu einem schwarzen Van. Robert Habeck verabschiedet sich mit „Schönes Wochenende“ bei den JournalistInnen. Die Grünen sind früher fertig. Dass sie schon gehen, ist nicht das jähe Ende der Ampel. Volker Wissing, FDP-Verhandler, informiert noch das Präsidium der FDP. Das dauert etwas.

Die erste rot-gelb-grüne Sondierung hat rund sieben Stunden gedauert – bis 17 Uhr. Um 18 Uhr treten die drei Generalsekretäre in dunklen Anzügen vor die Presse. Lars Klingbeil (SPD), Michael Kellner (Grüne) und Volker Wissing (FDP). Nicht die Parteichefs und -chefinnen. Es ist das erste Treffen, Entscheidendes nicht zu vermelden. Aber Pläne, wie es weitergeht. Und Stimmungen. Die waren, in Abstufungen, gut.

SPD-Mann Klingbeil hat „gespürt, dass wir Gemeinsames schaffen können“. Und auch viel Vertrauen. Es seien alle Themen auf dem Tisch gewesen. FDP-Mann Volker Wissing hatte am Morgen noch gesagt, weil man nicht wisse, „ob die Ampel-Gespräche zum Erfolg führen“, wäre auch „Jamaika im Spiel“. Am Abend klingt er etwas anders, zugeneigter zu den Ampel-Verhandlungen. Das Gespräch sei „sehr gut verlaufen“, so der FDP-Mann. Der Weg sei schwierig. Aber er sehe durchaus den Willen, die vorhandenen „Hürden zu überwinden“.

Der Grüne Michael Kellner bedankte sich erst mal bei der FDP, dass sie mit verhandelt. Die FDP würde ja das Lager wechseln. Er lobt die Gespräche als „sehr gut“ Die drei Generalsekretäre sind betont höflich zueinander. Lösungen, so der Grüne optimistisch, lassen sich finden.

Der Zeitplan für nächste Woche steht

Am Montagfrüh geht es weiter in der Dreierkonstellation, man trifft sich zu „vertieften Sondierungen“. Zunächst zu einer langen Montagsrunde ab 9 Uhr, am Dienstag für eine kürzere bis mittags, und dann noch einmal am Freitag. Vizekanzler Scholz, SPD, wird nächste Woche in den USA sein. Das setzt den Rahmen.

Die Neuigkeit ist ohnehin der Rückzug in Raten von CDU-Chef Armin Laschet. Nochmal steht die Partei im Fokus, die 16 Jahre regierte und jetzt in die Opposition gehen wird. Jedenfalls, wenn die Ampel-Gespräche funktionieren. SPD und Grüne wollen das unbedingt. Und FDP-Mann Wissing baut in seine Sätze nicht mehr so viele „aber“ ein wie noch vor ein paar Tagen. Wissing sieht durch Laschets Rücktritt keine geschmälerten Chancen für Jamaika. Es gehe der FDP nicht um Personen, sondern um Inhalte. Aber es ist ja klar, dass Jamaika erst mal in den Hintergrund getreten ist.

Jetzt soll konzentriert weiter sondiert werden. Wissing betont mehrmals, dass man strukturiert verhandeln werde. Es werde „kein lockeres Drauflosreden geben“ wie 2017, als die FDP die Jamaika Verhandlungen am Ende in die Luft jagte. Ein Ende der Sondierungen hat man noch nicht fixiert. Lars Klingbeil hofft schon mal auf „baldige Koalitionsverhandlungen“. Michael Kellner verspricht, es werde keine Nachtsitzungen geben. Viele gute Vorsätze. Es soll alles anders werden als 2017 mit Union, FDP und Grünen 2017. Vor allem erfolgreicher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

20 Kommentare

 / 
  • @Ingo Bernable: Grüne und FDP werden gemeinsam regieren oder gar nicht. Gewissermaßen eine Schicksalsgemeinschaft. Insofern ist es nur folgerichtig, wenn diese Gegenpole z u e r s t die Annäherung suchen und Synergien entfalten. Es geht nicht darum, die SPD als dritte Partnerin an die Wand zu verhandeln. Sondern darum, sich diesmal von Anfang an auf Augenhöhe zu begegnen und einander mitzunehmen.

    Die SPD ist angesichts sowohl des Wahlergebnisses, als auch des desaströsen Zustands, der rückständigen Vorstellungen und der mangelnden Zuverlässigkeit der CDU die logische Wahl. Denn die macht in den Ministerien am Ende ja doch nur, was sie will, wie man vielfach beobachten musste. Nämlich schamlose Lobbypolitik zum Schaden von Land und Gesellschaft. Deshalb will die SPD auch keinesfalls eine Neuauflage der aktuelle Zwangs-GroKo.

    Dennoch: Alle demokratischen Parteien haben i m m e r gesagt, dass sie mit allen demokratischen Parteien sprechen wollen, um demokratische Mehrheiten zu organisieren. (Außer die CDU, aber deren Demokratieverständnis ist auch mehr als zweifelhaft.) Das macht Sinn, denn bei vielen Vorhaben wird man sich im Bundesrat ja doch mit der jeweiligen Opposition verständigen müssen, und aus grüner Sicht: Wir müssen sie alle mitnehmen!

  • "Ampel-Sondierung bei Tageslicht"



    Besser ist dat! Die Gelbphase ist ja bekanntlich die kürzeste, tagsüber.



    Nachts blinkt das schon mal solo gelb.



    Und Christian kann auch nach Mitternacht:www.wuv.de/wuvplus...istian_lindner_pur

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @zeroton :

      "Nachts blinkt das schon mal solo gelb."



      oder wenn kaputt. Das mit dem Blinken ist nicht neu:



      taz.de/Sondierunge...bb_message_4197849

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Jo, war noch nicht gesichtet, before...



        Ist halt ne starke Metapher mit der Ampel, dass man geneigt ist.

  • Mein Informant, der Goldfisch aus dem Aquarium im Beratungszimmer meinte "blub, blub, bluuuub, dibblub" (Das kann wohl klappen mit der SPD, wenn die mehr liefern als die CDU)

  • Na Servus

    “Schönes Wochenende“: Grünen-Co-Chef Robert Habeck verabschiedet sich“

    Danke fürs Fotto - Habie gibt den lässigen exKDVer.



    Das wird Oberleutnant Cem Özdemir sauer aufstoßen ( 🪖 Jargon “Haltung wie mein Sack - nur nicht so stramm!;)



    Nix - “Finger lang & Ehrgeiz!“ - 🪖🪖🪖 -



    But. Aber - Wenigstens …öh -



    “Grüßt“ - er nicht mit links - 😹 - wa!



    le petit cheflereporterPU wird’s freun🧹

  • Ein Ende der Merkelschen Nachtsitzungen. Das ist schon mal ein Anfang...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Man will halt mit dem Klima in der halben Zeit in die Pötte kommen 🤣

  • FREUND*INNEN DER WEISHEIT/



    //



    Gestern wurde ich gefragt/



    Wann bei mir kriegt Fett jetzt weg/



    Auch mal ernsthaft Robert Habeck/



    Darauf hab ich nun gesagt:/



    //



    Einer muß doch überleben/



    In der Bundesrepublik/



    Der versteht als Politik/



    Stets nach Einsichten zu streben./



    //



    Es ist nämlich mit dem Wissen/



    In der Geisteswissenschaft/



    Wenn hier eine Lücke klafft/



    Nicht annähernd so beschissen/



    //



    Wie's die Politik oft löst/



    Wenn sie etwas nicht versteht/



    Lieber auf Tauchstation geht/



    Oder auch mal lange döst./



    //



    So gesehen ist im Denken/



    Philosophisch aufgehellt/



    Vieles in der Um- und Mitwelt/



    Angelegt, es nun zu lenken./



    //



    Gutmensch ist kein guter Titel/



    Find ich selber ziemlich doof/



    Hingegen ist Philosoph/



    Hinweis auf probate Mittel./



    //



    Oktober 2021, MR

  • Man muss sich schon fragen ob der Stil der Verhandlungen einen Vorgeschmack auf den Modus der Amtsführung der künftigen Regierung gibt. Transparenz über Positionen, Forderungen, Kompromisse, bestehende Konflikte oder mögliche Optionen und Alternativen gibt es nicht, allenfalls wolkig-diffuse Statements gehen an die Presse die daraus natürlich auch keinen öffentlichen Diskurs herstellen kann der über allerlei Spekulation hinausgeht, bis der Souverän dann irgendwann vor vollendete Tatsachen gestllt wird. Der Modus der Koalitionsbildung lässt für die Zeit danach nichts Gutes erwarten.

    • @Ingo Bernable:

      Die Positionen und Forderungen stehen in den Wahlprogrammen, die Kompromisse sind noch nicht geschlossen.

    • @Ingo Bernable:

      Wie gut es funktioniert, wenn Verhandlungen in der Presse geführt werden, haben wir vor 4 Jahren gesehen.

      Es ist besser, wenn erst mal intern gesprochen wird. Das Ergebnis muss transparent sein.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Die Verhandlungen vor vier Jahren sind gescheitert weil Lindner damals befürchtete nicht genug für die eigene Klientel herausschalgen zu können, kalte Füße bekam und den Rückzug verkündete, aber nicht deshalb weil die Öffentlichkeit über den Stand der Dinge informiert war.

        • @Ingo Bernable:

          Das ändert ja nichts daran, dass jede Bemerkung am Verhandlungstisch sofort in den Medien landete und dort diskutiert wurde. Egal wie relevant sie war. So kann man nicht verhandeln.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            "So kann man nicht verhandeln."



            Warum nicht? Bei praktischen allen politischen Verhandlungen ist es durchaus allgemein gängige Praxis die Öffentlichkeit zumindest über Positionen und den jeweiligen Stand der Dinge zu informieren und das ist einem demokratischen Gemeinwesen auch angemessen. Aber ausgerechnet dort wo es die fundamentale Ausrichtung der Bundespolitik für die nächsten Jahre geht wird plötzlich der Modus der Hinterzimmergespräche als vermeintliche Voraussetzung für den Verhandlungserfolg geframed und Öffentlichkeit schluckt diese Behauptung statt auf demokratischen Mindeststandards wie Transparenz und Kontrolle durch die 4. Gewalt zu beharren.

    • @Ingo Bernable:

      Ist das nicht das übliche Prozedere? Demokratische Gepflogenheit?

      Es ist die Zeit der Verhandlungen. Diese finden naturgemäß hinter verschlossenen Türen statt. Bedauerlich für Journalist*innen, welche sich jetzt irgendwas aus den Fingern zu saugen müssen scheinen, um ihre Sendezeit und Textspalten zu füllen. Wobei ja nicht wenige gut geübt sind, inhaltsleere Nichtigkeiten zu "berichten" oder unsachliche Unterstellungen, teils Herabwürdigungen zum Popanz aufzubauen. Desinformationsexplosion, ein Thema für sich.

      Volle Transparenz erwarte ich mir tatsächlich erst am Ende der Koalitionsverhandlungen, die sich von mir aus auch bis Weihnachten hinziehen dürfen, um eine Vielzahl mutigster Reform-Projekte präzise zu erarbeiten, samt Finanzierungsgrundlage. Sollen sich nur genug Zeit lassen. Bis dahin ist jede Art von Verschwiegenheit strategisch geschickt.

      Das müssen wir abwarten und können erst dann urteilen. Ebenso die Parteien, die dann gefragt sein werden, das Vertragswerk mehr oder weniger begeistert, mehr oder weniger deutlich abzusegnen oder nicht. Letzteres führt zu Nachverhandlungen, oder die Sache platzt. Ideal wäre natürlich ein Gesamtpaket, das alle drei Parteien gleichermaßen vom Hocker reißt. Die Grünen werden ihre Mitglieder entscheiden lassen. Und der Souverän wird voll im Bilde sein, wenn er das wünschen sollte.

      • @What would The Doctor do?:

        Wenn es naturgemäße demokratische Gepflogenheit ist, dass zwei potentielle, kleinere Koalitionspartner mit gerade mal 14,5 bzw. 11,5% der Stimmen hinter verschlossenen Türen unter sich ausmachen ob die Regierung eine sozialdemokratische oder eine konservative wird, könnte man sich ebenso gut den Aufwand einer Wahl sparen, eine andere Gepflogenheit aus der Frühzeit der Demokratie wiederbeleben und die Regierung per Losverfahren bestimmen.

    • @Ingo Bernable:

      Das Geschwurbel der Koalitionsverhandler ist gruselig. Da stimme ich Ihnen zu, dass der Souverän keine Rolle spielt bei der Macht- und Postenverteilung.



      Und das im 21. Jahrhundert. Wird es das Zeitalter der Entdemokratisierung?

    • @Ingo Bernable:

      Das ist bei solchen Verhandlungen erstmal völlig normal, geht auch gar nicht anders. Transparenz gibt es dann, wenn es eine Koalitionsvereinbarung gibt, vorher hat man sich ja noch auf nichts geeinigt, da kann man nicht einseitig an die Presse gehen.

  • Sondierung, vertiefte Sondierung, baldige Koalitionsverhandlungen, Jamaika, Ampel, Kenia und schlagmichtot…

    Die Verhandler sollten Doktor Sommer um Rat fragen. Oder Tante Erna. Irgendeinen Erwachsenen halt. Friedensrichter ginge auch, der kennt sich aus mit verfeindeten Clans, müßte klappen. Egal was, dieses aneinanderreihen dämlicher Wortschöpfungen muß bald enden, man hält das Geschwätz ja kaum noch aus. Da wünscht man sich ja direkt Merkels wurstige Schachtelsätze zurück…