Erderhitzung durch Treibhausgase: Exxon wusste alles – und zwar genau
Der Ölkonzern spielte die Risiken seines Geschäfts jahrzehntelang herunter. Derweil waren seine Expert:innen der sonstigen Fachwelt sogar voraus.
Dass Exxon schon lange von der Bedrohung durch die globale Erwärmung wusste, war bereits grundsätzlich bekannt. Die Klimaforscher:innen werteten nun die dem Unternehmen intern vorliegenden Daten und darauf basierenden Prognosen von 1977 bis 2003 aus – das Ergebnis nannten sie „verblüffend“.
Die Exxon-Expert:innen waren der Klimaforschung offenbar weit voraus: „Wir stellen fest, dass die meisten ihrer Projektionen eine Erwärmung vorhersagen, die mit späteren Beobachtungen übereinstimmt“, heißt es in dem Bericht. „Ihre Vorhersagen stimmten auch mit denen unabhängiger akademischer und staatlicher Modelle überein und waren mindestens so gut wie diese.“
Die Prognosen waren demnach deutlich besser als die, die der Nasa-Wissenschaftler James Hansen 1988 dem US-Kongress vorlegte. Hansen gilt als Pionier der modernen Klimaforschung und warnte in den 1980er Jahren als einer der ersten vor den Gefahren der globalen Erwärmung.
Exxon widersprach öffentlich den eigenen Ergebnissen
„Eine Exxon-Projektion sagte sogar schon 1977 korrekt voraus, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe ein ‚kohlendioxidinduziertes Superinterglazial‘ verursachen würde“, erklärte Stefan Rahmstorf vom PIK, Ko-Autor der Studie. „Das ist eine Warmzeit, die nicht nur viel wärmer ist als alles in der Geschichte der menschlichen Zivilisation, sondern sogar wärmer als die letzte Warmzeit vor 125.000 Jahren.“
Die Analysen von Exxon hätten auch „genau vorausgesagt, wann die vom Menschen verursachte globale Erwärmung zum ersten Mal in den Messdaten festgestellt werden würde“. Sie berechneten demnach sogar recht präzise ein „Kohlenstoffbudget“ für eine Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad.
In öffentlichen Erklärungen habe das Unternehmen „seinen eigenen wissenschaftlichen Daten“ jedoch systematisch widersprochen, kritisieren die Forscher:innen. Exxon Mobil habe „Unsicherheiten übertrieben, Klimamodelle kritisiert, den Mythos globaler Abkühlung verbreitet und Unwissenheit darüber vorgetäuscht, wann – oder ob – die vom Menschen verursachte globale Erwärmung messbar sein würde“, erklärte der Hauptautor der Studie, Geoffrey Supran von der Harvard University.
Heute ist der Klimawandel bereits so weit fortgeschritten, dass Forscher:innen die Erde auf dem Weg zu der zuvor genannten Rekordwarmzeit sehen – mit all ihren katastrophalen Folgen. ExxonMobil könne daher mit Recht der „bewussten Klimavergehen“ beschuldigt werden, schloss Supran.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund