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EU besiegelt VerbrennerausEuropas neuer Autopilot

Die EU stellt mehrere Weichen beim Straßenverkehr: Ab 2035 sind Verbrennungsmotoren verboten. Schädliche Abgase sollen schon vorher weniger werden.

Rot wie verboten: Bald wird es keine Verbrennungsmotoren mehr geben Foto: Michael Weber/imago

Brüssel taz | Der „European Green Deal“, mit dem die europäische Wirtschaft bis 2050 klimaneutral werden soll, geht auf die Zielgerade. Am Dienstag hat das Europaparlament in Straßburg endgültig das Aus für Verbrennermotoren ab 2035 besiegelt. Das Verbot soll auch für Neuwagen gelten, die mit sogenannten E-Fuels oder Agrokraftstoffen betrieben werden. Ein Dämpfer kam von der EU-Kommission in Brüssel: Sie will Lastkraftwagen erst ab 2040 schadstoffarm machen.

Das Ende des Verbrenners ist Teil des „Fit for 55“-Pakets. Das ist der Plan für die erste Etappe auf dem Weg zur Klimaneutralität: Um mindestens 55 Prozent sollen die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen bis 2030 sinken, im Vergleich mit dem Niveau von 1990. Der Beschluss zum Verbrennungsmotor solle die Produktion von klimafreundlichen Fahrzeugen ankurbeln, sagte der Berichterstatter Jan Hitema, ein niederländischer Liberaler.

Im Grunde galt das aber schon seit dem vergangenen Jahr als beschlossene Sache, als Unterhändler von EU-Parlament und dem Ministerrat der EU-Staaten sich darauf einigten. Jetzt ist der Kompromiss aber auch formal in trockenen Tüchern. 340 Abgeordnete stimmten dafür, 279 dagegen, 21 enthielten sich.

Die deutschen Grünen feierten das Votum als Erfolg. „Die Verbrennertechnologie ist passé, das gilt auch für E-Fuels“, sagte der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss. Auch die Sozialdemokraten zeigten sich zufrieden. „Der Beschluss sichert den Weg zur Umstellung auf Autos ohne Verbrennungsmotor ab“, sagte SPD-Klimaexperte Tiemo Wölken. Zudem werde sichergestellt, dass Schlüsselkompetenzen wie die Fertigung von Batteriezellen in der EU verbleiben.

CDU und FDP sorgen sich um Automobilindustrie

Ganz anders klang es bei CDU und FDP. „Die europäische Ampel untergräbt den Automobilstandort Deutschland und bugsiert damit die chinesische Konkurrenz in die Pole Position“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. Damit seien 1,4 Millionen Arbeitsplätze in Europa gefährdet.

Die FDP wollte sich bis zuletzt eine Hintertür offenhalten. Der Text enthält denn auch die Bitte an die EU-Kommission, sich noch einmal mit E-Fuels zu befassen. Doch der Zug sei abgefahren, der Klausel komme keine praktische Bedeutung zu, heißt es in Brüssel. „Das endgültige Aus des Verbrennungsmotors ist mit der Annahme wahrscheinlich“, räumte auch der FDP-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen ein.

Umso heftiger tobt der Streit über die neue Euro-7-Abgasnorm für die immer noch marktbeherrschenden Verbrenner. Sie soll 2025 in Kraft treten. Das Europaparlament will sich damit erst nach dem Sommer befassen, aber schon jetzt läuft die Industrie Sturm. Die Hersteller warnen, dass mit Euro-7 einige Kleinwagentypen vom Markt verschwinden könnten. Mit noch höheren Auflagen lohne sich die Produktion einfach nicht mehr, heißt es vom Verband deutscher Automobilhersteller. Auch der deutsche Autokonzern Mercedes-Benz steht auf der Bremse. Der Zeitplan sei unrealistisch, sagte Betriebsratschef Ergun Lümali.

Streit bahnt sich auch um Lastkraftwagen und Busse an. Die EU-Kommission schlug am Dienstag vor, dass neue Stadtbusse ab 2030 keine Abgase mehr ausstoßen sollen. Bei Lkw will Brüssel bis 2040 warten; der CO2-Ausstoß soll bis dahin um 90 Prozent reduziert werden. So könne auch die Luftqualität in den Städten verbessert werden.

Uneinigkeit über „grünen“ Wasserstoff aus Atomkraft

Die 90-Prozent-Vorgabe für Lkw bleibt allerdings hinter dem zurück, was die Benelux-Länder verlangt hatten. Andere EU-Staaten vertreten dagegen die Auffassung, das Jahr 2040 sei für Lkw-Produzenten zu früh für eine Umstellung auf alternative Antriebe. Umweltgruppen kritisieren, dass mit dieser Vorgabe auch im Jahr 2050 immer noch Diesel-Lkw unterwegs sein würden – wenn die EU ja klimaneutral sein will.

Über den Vorschlag der Kommission müssen nun Parlament und Mitgliedstaaten beraten. Die Grünen winken schon ab: „Too little, too late“, sagte Klimaexperte Bloss. Demgegenüber warnt der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber vor kumulativen Effekten beim Klimaschutz im Verkehr: „Koppelt man das Verbrennerverbot für Pkw mit der vorgeschlagenen Euro-7-Abgasnorm und den Plänen für CO2-Flottengrenzwerte für Lkw, könnte man den Eindruck bekommen, dass Mobilität bald zum Luxusgut verkommt.“

Auf Widerstand stößt auch der Vorschlag der Kommission, den als Zukunftstreibstoff gehandelten Wasserstoff auch dann noch als „grün“ einzustufen, wenn er mit Atomstrom erzeugt wurde. Atomkraft zählt allgemein nicht als erneuerbare Energiequelle. Die Kommission sieht in ihrem Vorschlag jedoch vor, dass unter bestimmten Umständen lediglich der CO2-Ausstoß betrachtet werden kann.

Nun droht neuer Streit zwischen Berlin und Paris: Atomkraft sei „keine erneuerbare Energie“, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums zu den Plänen aus Brüssel. Deutschland möchte in erster Linie „grünen Wasserstoff“ nutzen, der ausschließlich mit erneuerbaren Energien produziert wird. Demgegenüber setzt Frankreich auch beim Wasserstoff auf Atomkraft.

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13 Kommentare

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  • Atomkraft sei „keine erneuerbare Energie“

    Was sollte sich denn da erneuern? Uran ist gefragt und Russland hat Uran.



    So geht das natürlich nicht.

  • Immerhin sind die idiotischen "E-Fuels" vom Tisch. Viel dümmer könnte man den Strom ja kaum verbrauchen. Alles, was die machen würden, wäre den Strompreis in die Höhe schnellen lassen.

    Hoffen wir, das die weiterhin beeindruckende Wasserstoff-Begeisterung nicht genau so ein Griff daneben wird.

    Bisher sind keine Techniken der Wasserstofferzeugung vorhanden, die es in Effizienz mit den Batterien aufnehmen können. Und das nur "übrig bleibender" Strom verwendet werden soll ist in diesen Größenordnungen ja nun wirklich nicht vorstellbar. Und selbst dann gäbe es doch noch einige weitere Strom-Zwischenspeicher-Lösungen, die effizienter wären.

    • @Jeff:

      Also ich habe keine Lust meinen alten Verbrenner zu verschrotten um mir ein neues Elektroauto zu kaufen, wenn das Alte mit E-Fuels tankbar wäre.

      • @FancyBeard:

        Also in Berlin sind 1,23 Mio Autos zugelassen. Was will man mit denen tun, wenn die ja offensichtlich so wahnsinnig stören? Halbierung der Parkplätze wollen die Grünen. Das klingt nach Pipi-Langstrumpf-Denke. Wo sollen diese Autos hin?



        Berlin ist wahrscheinlich die grünste Großstadt in Europa. Was will man denn mit den vielen zusätzlichen Freiflächen machen? Klar, Bäume pflanzen ist immer gut aber zu welchem Preis?



        Das ist alles so furchtbar naiv und undurchdacht. Diese Leute werden von uns Bürgern bezahlt. Das haben die vergessen!

    • @Jeff:

      "Immerhin sind die idiotischen "E-Fuels" vom Tisch... Effizienz mit den Batterien..."



      Na, dann denken wir doch auch mal an die Lagerkosten:



      In ein 200 l-Rollsickenfass passen ca. 2000 kWh in Form von Biodiesel oder E-Fuel. Das ist für 100 - 200 € zu haben, macht 0,05 - 0,1 € je kWh Speicherkapazität.



      Bei Akkus ist die billigste Variante immer noch Blei, da bezahlen Sie 100 - 200 € für EINE kWh Kapazität (LiIon ist noch wesentlich teurer). Ist also ca. Faktor 1000 (eintausend) teurer als das Rollsickenfass. Da erscheinen die E-Fuels dann fast geschenkt :-)

      • @sollndas:

        das Problem sind die Kosten bei der Erzeugung.

        Wir haben einfach nicht ausreichend Energie im Überschuss auch wenn wir 10x so viele Windräder aufstellen und 10x so viel Solar wie aktuell.

        Da gibt es schon andere energieentensive Prozesse die grün werden müssen.

        Was wir aber eher brauchen sind langfristig 75-90% weniger PKW.

        Und es gibt schon billigere große Batterien als Sie es darstellen, die Preise fallen und es gibt auch bereits Entwicklungen mit metallfreien Batterien (in Deutschland).

      • @sollndas:

        100 Amp/h Solarbatterie gibt für etwas mehr wie 100 euro.



        12 V

        • @Hamza :

          Jep, die könnte es bringen. ;-)

        • @Hamza :

          Schreibe ich doch: 12V*100Ah*0,8=960Wh=0,96kWh für 100-200€.



          0,8=Akkuwirkungsgrad; die Preisspanne berücksichtigt Bauart (positive Gitterplatten oder Panzerplatten) und Lebensdauererwartung (8 - >20 Jahre).



          Selbst wenn mit irgendeinem Wunderakku (der nicht in Sicht ist) der Preis um den Faktor 10 fallen sollte, hätte das Rollsickenfass immer noch 100:1 gewonnen.



          Übrigens erwähnte ich neben E-Fuel auch Biodiesel.

  • "Der „European Green Deal“, mit dem die europäische Wirtschaft bis 2050 klimaneutral werden soll, geht auf die Zielgerade."



    Ach nee. Mit Elektoautos, die mit Braunkohlestrom fahren???



    "Die Hersteller warnen, dass mit Euro-7 einige Kleinwagentypen vom Markt verschwinden könnten."



    Die Hersteller lassen schon jetzt sparsame Kleinwagentypen vom Markt verschwinden. Wer ein kleines, einigermaßen umweltfreundliches Auto haben will, sollte sich beeilen.

  • Das Ziel, die Leute vom Verbrennungsmotor wegzubringen und zum Umstieg auf Elektroautos zu bewegen, wäre auch mit Emissionshandel und entsprechenden Steuern zu erreichen gewesen. Noch besser natürlich, die Menschen zu überzeugen vom Privat-PKW abzusehen.

    Das EU Parlament zeigt aber lieber mal wieder der Welt, dass Europa es am besten weiss. Wenn das mal nicht nach hinten losgeht, die asiatischen Hersteller sind führend im Bau von Elektroautos und denken trotzdem nicht im Traum daran, sich freiwillig einen Wettbewerbsnachteil zu verpassen. Aber Null Problem, die EU ist ja der weltweit wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum (wie von José Manuel Barroso verkündet und von der Kommision umgesetzt).

    Stattdessen nun ein Verbot von Autos, die IM BETRIEB CO2 emmittieren. Gut sollte man denken, aber warum die CO Emission bei Produktion von E-Autos und der Stromherstellung egal sein sollen, erklärt sich nur durch die Haltung "not in my backyard".

    Kurz die Augen schliessen und sich vorstellen wie das wird, wenn nach einem Erdbeben Rettungswagen, Transporter, Baumaschienen usw. nach einem erstem Einsatz länger geladen werden müssen.

    • @Newjoerg:

      Zustimmung, ebenso der deutsche Kohleausstieg, wo man Firmen, die ihre Kraftwerke sowieso abgestellt hätten, Mrd hinterhergeworfen hat.



      Scharfer Emissionshandel, meinetwegen auch CO2Budgets, das sind die Lösungen, nicht Steuermittelverschwendung und Bürokratisierung.

  • FDP, CDU und Autoindustrie haben's immer noch nicht kapiert. Ey, leute. Die Hütte brennt.