Donald Trump wählt seine Mannschaft: Das Kabinett des Grauens
Donald Trump stellt seine künftige Regierungsmannschaft zusammen. Damit beginnen der Umbau und vielleicht das Ende der US-Demokratie: das Kabinett des Grauens
Inhaltsverzeichnis
In Trumps erstem Kabinett gab es noch die Besonnenen, Erfahrenen. Diesmal ist – nach acht Jahren Aufbau der MAGA-Bewegung – alles anders. Wir stellen die zehn gefährlichsten Kabinettsmitglieder vor.
1. Effizienzminister Elon Musk
Hier nur noch einmal eine knappe Zusammenfassung zu Elon Musk: Der reichste Mann der Welt, der mit Twitter/X einen der einflussreichsten Kommunikationskanäle der Welt algorithmisch steuert, übersieht jetzt künftig (zusammen mit Vivek Ramaswamy) die Behörde, die alle US-Regierungsbehörden nach Belieben neu sortieren oder auch abschaffen darf. Und damit dieser reichste Mann der Welt, seine Firmen weiter steuern darf, läuft das außerhalb der offiziellen Regierung, also gänzlich ohne Kontrolle. Nicht, dass jemand aus dem Kongress, der Maga-kontrolliert ist, es wagen würde, ihn zusteuern. Denn Musk ist obendrein jener Finanzier hinter Donald Trump, der von dessen Sitz in Florida, Mar-a-Lago, wo er die Wahlnacht mit Trump verbracht hat, direkt mit nach Washington reiste und schon quasi mit ins Weiße Haus eingezogen ist. Den Anspruch auf Letzteres hatte er auf Twitter/X schon in der Wahlnacht mit einem gefakten Bild dokumentiert.
2. Außenminister Marco Rubio
Unter den bisherigen bekannt gegebenen Nominierungen von Donald Trump kommt der Senator aus Florida seriös, normal und regelrecht realitätsverankert daher. Selbst in der Nato wollte Marco Rubio bislang bleiben, was Trump ja gelegentlich infrage stellt. Zumindest trug er als Senator dazu bei, die Hürde für einen eventuellen Austritt höher zu legen. Er ist Vertreter einer klassisch konservativen Falken-Außenpolitik mit Härte gegen China, gegen Kuba, gegen Venezuela und gegen Russland. Und er hat in mehreren inhaltlichen Fragen mit den Demokraten im Senat an Gesetzgebungen gearbeitet, die von beiden Parteien getragen werden. Nein, Rubio ist kein klassischer Trump-Adept, den er im Wahlkampf 2016 noch einen „Betrüger“ nannte. Rubio zählt eher zu jener Kategorie geschmeidiger Republikaner, die um der Karriere willen auch die Demokratie zu opfern bereit sind.
3. Michael Waltz, Nationaler Sicherheitsberater
Komplette Ahnungslosigkeit vom Thema kann dem republikanischen Abgeordneten Mike Waltz, der Trump künftig als Nationaler Sicherheitsberater dienen soll, nicht vorgeworfen werden. Der 50-Jährige hat sich seinen Ruf als außenpolitischer Hardliner ehrlich erarbeitet. Wie der designierte Außenminister Marco Rubio hätte auch Waltz vor ein paar Jahren noch bestens in die Reihe der unter George W. Bush Ton angebenden Neokonservativen gepasst. Waltz ist im Unterschied zu Trump selbst und dessen designierter Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard kein Russland-Verharmloser. Den russischen Einmarsch in die Ukraine hat er von Tag eins an als völkerrechtswidrig und als Angriff auf die westlichen Werte verurteilt. Innerhalb der Rhetorik aus der Trump-Wahlkampfzeit, wo etwa der designierte Einsparbeauftragter Vivek Ramaswamy ankündigte, es werde keinen Cent mehr für die Ukraine geben, ist Waltz ein kleiner Hoffnungsschimmer für das angegriffene Land.
4. Gesundheitsminister Robert Kennedy
Robert F. Kennedy Jr. ist die jüngste Nominierung Trumps für sein Kabinett: Der 70-jährige Spross der bekanntesten Demokratendynastie der USA, einer der bekanntesten Impfgegner des Landes, soll ausgerechnet dem Gesundheitsministerium vorstehen. Kennedy, der sich vor vielen Jahren einen Namen als Umweltaktivist und -anwalt gemacht hatte, trat während der Coronapandemie auch in Deutschland bei Querdenken-Demonstrationen auf. Er vertritt bis heute die hundertfach widerlegte Behauptung, Masern-Impfungen lösten Autismus aus, hält ausnahmslos alle Impfungen für gefährlich und spekuliert über Krebsgefahren durch WLAN-Netze. In diesem Wahlzyklus hatte er zunächst versucht, anstelle Joe Bidens demokratischer Präsidentschaftskandidat zu werden, das aber schnell aufgegeben und trat als unabhängiger Kandidat an. Schließlich schied er aus dem Rennen aus und erklärte bei einer Wahlkampfveranstaltung Donald Trumps seine Unterstützung. Der bedankt sich nun mit einem Posten, der die medizinische und wissenschaftliche Community erzittern lässt. Was konkret Kennedy dort anrichten kann, bleibt abzuwarten.
5. Effizienzminister Vivek Ramaswamy
Mit der Aushändigung der neuen Institution „Department of Government Efficiency“ an ihn und Elon Musk öffnet sich für Vivek Ramaswamy die Tür zu seinem Paradies. Er hält damit die Lizenz zur Zerschlagung der öffentlichen Bürokratie und des Regierungsapparats in Händen. In einem Gedankenexperiment skizzierte Ramaswamy im September 2024 schon, wie er sich das vorstellen könnte. An Tag 1 passiere folgendes: „Jeder, dessen Social Security Number mit einer geraden Zahl endet, bleibt da. Jeder, dessen Nummer ungerade endet, ist draußen.“ An Tag 2 wiederhole man das mit den Anfangszahlen. Und schon hätte man um 75 Prozent reduziert. Auch ganze Ministerien will er dafür abschaffen. Ramaswamy ist für Massendeportationen und spricht verschwörungstheoretisch vom „Deep State“. Aber insbesondere die Ideologie der Zerschlagung des Apparats und der Darstellung von Bürokraten als Feinde der Demokratie ist aus einem ganz besonders finsteren Lehrbuch.
6. Justizminister Matt Gaetz
Ein Mann, gegen den das US-Justizministerium wegen Sexhandels ermittelt hat, soll Justizminister werden. Das ist eine Personalie ganz nach Trumps kochendem Rachedurst gegen die Justiz. Die Rache wird er mit Matt Gaetz, einem der eifrigsten Trump-Anhänger im Kongress, bekommen. Dass im Justizministerium im Falle eines Sieges eine Säuberungswelle drohte, galt schon lange als gesetzt. „Die Jäger sind die Gejagten geworden“ zitiert „The Bulwark,“ ein progressives News-Portal, jetzt einen Gaetz-Vertrauten. „Das ist nicht die Party deines Opas. Das ist Maga.“ In diesem „Das ist Maga“ (Make America Great Again) lauert eine sehr ernst gemeinte Drohung. Denn nicht nur ist Trump auf Rache aus, die von ihm initiierte Bewegung will Köpfe rollen sehen. Gaetz hat Trump wohl genau das versprochen. Gaetz sei der einzige Kandidat gewesen, der gesagt habe: „Ja, ich gehe da rüber und fange an, verdammte Köpfe abzuschneiden.“
7. Grenzschutz-Beauftragter Thomas Homan
Thomas Homan soll als „Border-Zar“ Trumps Versprechen umsetzen, die Grenzen zu schließen und „die größte Abschiebeaktion der Geschichte“ in Gang zu setzen. Der 62-Jährige war in Trumps erster Amtszeit zeitweise Leiter der zuständigen Migrations- und Zollbehörde. Zusammen mit Stephen Miller, dem gerade als Trumps Vize-Stabschef berufenen Rechtsaußen-Scharfmacher, zeichnete Homan 2017 für Trumps „Null-Toleranz“-Politik verantwortlich, aufgrund derer rund 5.500 Kinder von ihren Eltern getrennt wurden. Grausame Bilder von Kindern in käfigartigen Lagern gingen um die Welt. Gefragt, wie er bei geplanten Massenabschiebungen die Trennung von Familien verhindern will, sagte er kürzlich in einem Interview: Wir schieben sie einfach zusammen ab. Beim Republikaner-Parteitag im Sommer sagte er in einer Rede: „Als jemand, der 34 Jahre damit verbracht hat, illegale Fremde abzuschieben, habe ich eine Nachricht an die Millionen Illegaler, die Joe Biden unter Verletzung von Bundesrecht in unser Land gelassen hat: Ihr fangt besser jetzt an zu packen. Ihr geht nach Hause!“
8. Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard
Auf die Idee, eine derjenigen Politiker*innen, die in den sozialen Medien am eifrigsten russische Propaganda verbreiten, zur Geheimdienstkoordinatorin zu machen, muss man erst mal kommen. Tulsi Gabbard, 43, ist genau das. Acht Jahre lang vertrat sie als Demokratin den Bundesstaat Hawaii im US-Repräsentantenhaus, dann wechselte sie zu den Republikanern. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine zeigte sie Verständnis für Russlands „Sicherheitsinteressen“, und schrieb, der Krieg hätte vermieden werden können, wenn die Biden-Regierung nur Russlands Sorgen vor einer Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ernst genommen hätte. Kurz darauf verbreitete sie die vom Kreml in die Welt gesetzte Fake-Meldung, die USA unterhielten geheime Biolabore in der Ukraine. Zweimal besuchte sie Syriens Diktator Baschar al-Assad, nachdem sie vorher Russlands Militäreinsatz in dem Land gelobt hatte. Gabbard hat keinerlei Erfahrung in der Welt der Geheimdienste – wohl aber darin, Donald Trump vor Anschuldigungen in Schutz zu nehmen, Russland habe bei seiner Wahl 2016 die Finger im Spiel gehabt.
9. UN-Botschafterin Elise Stefanik
Mit außenpolitischer Expertise oder diplomatischer Erfahrung hat Elise Stefanik, 40, bislang nicht aufwarten können – dennoch soll sie unter Trump die USA als Botschafterin bei den Vereinten Nationen vertreten. Als Abgeordnete im Repräsentantenhaus ist Stefanik in den letzten Jahren zu einer der lautesten Verteidigerinnen Donald Trumps geworden. In beiden Impeachmentverfahren gegen Trump glänzte sie durch aggressive Vorwärtsverteidigung Trumps gegen die Vorwürfe. Stefanik gilt auch als unbeirrbare Verteidigerin der israelischen Politik. Als in den USA an mehreren Universitäten studentische Proteste gegen den Gazakrieg begannen, wurden die Direktorinnen zu Vorwürfen des Antisemitismus im Repräsentantenhaus angehört. Stefanik führte ausgesprochen scharfe Verhöre durch und brüstete sich anschließend, für die Rücktritte von UPenn-Direktorin Elizabeth Magill und der ersten Schwarzen Harvard-Direktorin Claudine Gay gesorgt zu haben. Auch in ihrem Fall ist offensichtlich, dass Trump mit dem Botschafterposten Stefaniks hundertprozentige Loyalität belohnt.
10. Verteidigungsminister Pete Hegseth
Neben Matt Gaetz ist Pete Hegseth die zweite Nominierung direkt aus der Hölle – und das für einen der wichtigsten Posten der US-Regierung überhaupt. Als Verteidigungsminister soll Hegseth dem größten Militärapparat der Welt vorstehen, mithin auch einer der größten Ministerialbürokratien der USA. Für all das bringt der 44-Jährige, der in der Nationalgarde und im Militär gedient hat, mit Einsätzen in Guantánamo, Irak und Afghanistan, überhaupt keine vorzeigbare Qualifikation mit. Seit 2014 ist er Moderator beim rechten TV-Sender Fox News und hostet dort Trumps Lieblingssendung „Fox and Friends“. Er vertritt eine nahezu mittelalterliche Krieger-Ethik, hat auf seinem Bizeps den Kreuzzug-Slogan „Deus Vult“ eintätowiert. Wohl auch deswegen wurde er als potenzieller Extremist aus der Nationalgarde-Einheit entfernt, die im Januar 2021 Joe Bidens Amtseinführung schützen sollte. Er führt vor allem einen Kulturkampf gegen Diversität und Inklusion im Militär. Frauen in Kampfeinsätzen lehnt er ab, LGBTQ-Personen ohnehin, und alle Generäle, die derartiges gutheißen, will er sofort feuern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland