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Donald Trump und die AktienkurseDie Wahrheit der Börsen

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die US-Wirtschaft schwächelt, obwohl Präsident Trump Wachstum versprochen hat. Jetzt lässt er Statistiken verschönern. Bei der Börse geht das nicht.

Sorgenvoller Blick: Aktienhändler an der Wall Street Foto: John Angelillo/UPI/imago

D as Schweigen in den USA erstaunt. Bisher wehrt sich niemand gegen Trump, obwohl er Putin hinterherschleimt, die Nato faktisch aufkündigt, Behörden zerschlägt, exorbitante Zölle androht, die Luftsicherheit in Gefahr bringt, die Justiz entmachtet, den Impfschutz riskiert, kurz: nur Chaos hinterlässt. Selbst das demokratische Hollywood war bei den Oscar-Verleihungen ganz brav.

Allerdings gibt es eine Zahl, die Donald Trump Angst einflößt und die er ständig studiert: die Aktienkurse. Sie entwickeln sich derzeit eher enttäuschend für den US-Präsidenten. Der Dow Jones ist nicht mehr gestiegen, seitdem Trump im Amt ist. Die Anleger stören sich vor allem an den angedrohten Zöllen, weil sie die Güter verteuern und damit die Inflation anheizen würden. Zudem irritiert die Börsianer, wie schlecht die Stimmung im Volk ist, seitdem Trump regiert. Fast alle BürgerInnen sind verunsichert, da Trump bereit ist, jeden zum Opfer zu machen, der nicht zu seiner Milliardärsclique gehört. Diese allgemeine Angst wirkt sich sofort auf die Wirtschaft aus: Die US-AmerikanerInnen beginnen zu sparen – obwohl ihre Reallöhne steigen. Sobald aber der Konsum sinkt, ist die nächste Rezession nicht mehr weit.

Trump weiß, wie gefährlich ihm die Wirtschaftsdaten werden könnten. Aber leider lassen sich die Aktienkurse und die Börsen nicht einfach abschaffen – noch nicht einmal von der Kettensäge Elon Musks. Bleiben nur die staatlichen Statistiken, die die Regierung Trump verfälschen kann. Der neue US-Handelsminister Howard Lutnick wartete jetzt mit der originellen Idee auf, die Staatsausgaben einfach aus der Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu entfernen. Das Kalkül ist klar: Es soll nicht auffallen, welche ökonomischen Schäden entstehen, wenn Trump Tausende oder gar Millio­nen von Staatsbediensteten entlässt.

Diese Tricksereien erinnern einmal mehr an den russischen Präsidenten Putin: Auch in seinem Land erscheinen die meisten Statistiken nicht mehr, seitdem die Ukraine überfallen wurde. Ein Glück, dass in den USA wenigstens die Börsen bleiben, um Trump einen Spiegel vorzuhalten.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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13 Kommentare

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  • Glühende Hölle

    Zitat: "Die US-Wirtschaft schwächelt."

    „Seitwärtsbewegung“ an der Wallstreet, aber in Old-Europe erfreuen sich wenigstens die Rüstungsaktien spektakulärer Sprünge. Der „Financial Times“ zufolge wetten die Anleger auf eine Erhöhung der profitträchtigen Militärausgaben in ganz Europa. Die Aktien von Rheinmetall, Deutschlands größtem Rüstungskonzern, schlossen heute in Mailand mit einem Plus von 15 Prozent, während Leonardo um 17,3 Prozent zulegte. Das an der Pariser Börse notierte Unternehmen Thales legte um 16,7 Prozent, BAE Systems um 14,3 Prozent und das schwedische Unternehmen Saab um 11,6 Prozent zu.

    Das erinnert an Karl Kraus: „Jetzt sprechen hat entweder zur Voraussetzung, daß man keinen Kopf hat, oder zur Folge. Wenn man dem Teufel, dem der Krieg seit jeher eine reine Passion war, erzählt hätte, daß es einmal Menschen geben werde, die an der Fortsetzung des Krieges ein geschäftliches Interesse haben, so hätte er einen aufgefordert, es seiner Großmutter zu erzählen. Dann aber, wenn er sich von der Tatsache überzeugt hätte, wäre die Hölle vor Scham erglüht und er hätte erkennen müssen, daß er sein Lebtag ein armer Teufel gewesen sei!“

  • -so sieht das aus. Die Börsen haben auch viel früher die Gefährlichkeit der Corona-Pandemie für die Weltwirtschaft erkannt, die Marktteilnehmer sind zwar kurzfristig oft dumm, aber die groben Richtungen sind meistens richtig.

  • Dumm für Trump, dass die Bevölkerung die Kurse genau im Blick hat, da ihre Altersvorsorge davon abhängt.

  • Also, dass Aktienkurse nichts mit dem Wirtschaftswachstum zu tun haben, kann man ja bei uns über die letzten 2 Jahre sehr gut ablesen.



    Da gehen die Aktienkurse steil durch die Decke, während die reale Wirtschaft vor sich hin dümpelt.



    Von daher bedeutet das Stagnieren des Dow Jones nicht, dass es der amerikanischen Wirtschaft schlecht geht, das erfahren wir erst wenn die Konjunkturdaten kommen, sondern nur, dass diejenigen die Aktien halten erstmal nicht dadurch reicher werden.



    Grundsätzlich ist das nichts schlechtes.

  • Das die Börsen gerade etwas schwächeln mag mit Trumps Zollandrohungen zu tun haben - vielleicht aber auch nicht.



    Gewinnmitnahmen sind nichts unnatürliches, gerade nach der beispiellosen Rally im letzten Jahr bringen da viele jetzt auch einfach nur ein paar Schäfchen ins Trockene - vor allem bei Titeln die keine Dividende zahlen - und das sind, na hoppla, vor allem auch Tech-Giganten.



    Bestes Beispiel Amazon, zum Jahresbeginn 2023 stand die Aktie bei gut 80 Dollar, jetzt 2 Jahre später zu Jahresbeginn 2025 bei knapp 240 Dollar...



    Verdreifacht in zwei Jahren. Da holt jeder ein paar Früchte vom Feld - ich auch 🤷‍♂️



    Mittlerweile hat sich der Kurs Richtung 200 Dollar korrigiert, schau mer mal wann die seitwärts Bewegung einsetzt und dann heißt es wieder 'alle an Bord' für die nächste Rally...



    Trumps Jähzorn hat auch etwas Gutes, trotz schwacher Konjunktur steigen deutsche Titel fröhlich weiter, der DAX ist beliebtes Ausweichziel.



    SAP, Telekom, Deutsche Bank, Fresenius, Daimler Truck, Adidas - wer die üblichen Verdächtigen im Boot hat kann da trotz grauer deutscher Wirtschaftsdaten die Krise im Gewinn durchwandern, von daher darf Trump ruhig noch ein bisschen weiter poltern... 🤭

  • Wie wir wissen handelt es sich bei D.T. um einen sehr ausgeprägten Narzissten.



    Beobachtungen zu Folge, gelingt es Narzissten sehr oft auf den ersten Blick zu faszinieren und Menschen in ihren Bann zu ziehen. Allerdings bricht die Fassade solcher Persönlichkeiten fast immer irgendwann zusammen..und bei den anfangs faszinierten Anhängern stellt sich ein Gefühl der Enttäuschung ein.







    Dieses Szenario ist bei Donalds erster Amtszeit (aufgrund von Checks und Balances) ausgeblieben. Da er sich nunmehr aber als ungebremster Narzisst geriert, ist die Enttäuschung diesmal nicht nur vorhersehbar..sie ist geradezu unausweichlich.







    Zwar wird D.T. alles versuchen die Dinge in seinem Sinne "schön" zu reden. Aber das wird ihm nicht immer gelingen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich die Flugzeugabstürze häufen, die Wirtschaftsdaten massiv einbrechen, die ganze Welt von der einst so stolzen USA enttäuscht sein werden, etc.



    Die Börsenkurse sind da erst der Anfang.







    Und um es etwas rustikaler zu formulieren:

    -> an der Vorderseite ist Donald vlt TRUMPF auf der hinterseite aber eben nur DUMPF..







    ..die Leute werden es merken..früher oder später..

  • Ach ja diese blöde Realität aber auch. Bin grad nicht so im bilde, aber der Dax ist letzte Zeit gestiegen, oder?



    Falls es so ist, könnte Merz körperliche Unversehrtheit bei seinem Antrittsbesuch dort eventuell schaden nehmen.

    • @Rikard Dobos:

      Der Dax bildet die spitze der Deutschen wirtschaft ab nicht die der USA. Da müssten Sie in den Dow Jones, den Nasdaq, oder besser gleich SAP 500 schauen. SAP 500 ist seit november 2024 überraschend wenig gestiegen, hier kann von einer Wachstumsverlangsamung ausgegangen werden, Beim Dow Jones, welcher größte Teile der Us wirtschaft abbildet die nicht im Tech sektor sind, kann seit november 2024 auch recht klar eine Stagnation beobachtet werden.

      Das der Dax steigt spricht eher dafür das Anleger ihr Geld aus den USA nach Deutschland umparken.

      Etwas das dem GRÖDAZ (GrößtemDealmakerAllerZeiten) sicher nicht passt.

  • Staatsschulden , Schuldendienst und ggf. steigende Zinsen via Bondmarkt mal anschauen. Das kann extrem werden. Liz Truss, die Kurzzeitpremierministerin aus UK lässt grüßen!!



    Übrigens, vorsicht Besserwisserei: Trump hinterlässt kein Chaos.... er stiftet das, laufend, und wohl noch längere Zeit. Es ist noch nicht vorbei!

  • Irrsinn und Chaos sind schlecht fürs Geschäft. Dazu noch eine WIrtschaftskrise mit selbstgemachter Inflation (Zöllen), so kommt sogar die fanatische MAGA-Crew ins Grübeln. Die Amerikaner mit funktionierendem Gehirn sowieso, war ja schließlich der einzige halbwegs plausible Grund für seinen Wahlsieg, mehr in der Tasche und dafür mehr konsumieren können. Wenn selbst das ausfällt muss halt ein neues Trump-T-Shirt her oder was die Irren sonst abhält, die Realität zu sehen. Klappt ja irgendwie immer wieder.

  • Börsen kann man auch "temporär" schließen. Und so unabhängig ist die SEC (die amerikanische Börsenaufsicht) auch nicht, deren Chef wird vom Präsidenten im Einvernehmen mit dem Kongress ernannt. Trump hat seinen Mann, Herrn Uyeda, schon einen Tag nach seiner Amtseinführung am 20. Januar, zum neuen Chef erwählt.

    Allerdings sind die Amerikaner ein Volk von Aktienbesitzern. Wenn die Kurse in breiter Front nach unten rauschen sollten, würden manche Alterspläne platzen, das würde bei der nächsten Wahl sehr schlecht für die Republikaner ausgehen. Und da in USA alle zwei jahre das ganze Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt wird, ist dort nach dem Wahlkampf gleich vor dem Wahlkampf. Und auch die Finanzlobby (mit der größte Wahlkampffinanzierer für beide Parteien) wird ganz genau hinschauen, wie sich die einzelnen Abgeordneten aufstellen.

  • Hätte nicht gedacht, dass mich die Börsen mal erfreuen könnten!

  • "It's the economy, stupid!"



    Ja, ja...