Diskussion über Prostitutionsgesetz: Union wirbt für Sexkaufverbot

Im Familienausschuss strengen die Konservativen eine Debatte über Prostitution an. SPD und Grüne sind uneins und wollen eine Evaluation abwarten

Ein Wohnwagenanhänger mit der Aufschrift Straßenstrich-Essen

Wohnwagen wie diesen in der Stadt Essen sollen nach dem Willen der Union verboten werden Foto: Kerstin Kokoska/Funke Foto Service/imago

Berlin taz | Es ist ein bemerkenswerter Termin im Familienausschuss des Bundestags: Am Montag soll dort über einen Antrag der Unionsfraktion mit dem Namen „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“ beraten werden. Dabei wird in dieser Legislatur wohl gar nichts mehr in Sachen Sexkauf beschlossen. Weder sind im Koalitionsvertrag Vereinbarungen zum Thema festgehalten, noch sind sich die Fraktionen von SPD und Grünen beim Thema derzeit gänzlich einig. Einzig die Unionsfraktion hatte im November vergangenen Jahres ein Papier zur Prostitution beschlossen, das denselben Titel trägt wie der nun von ihr eingebrachte Antrag.

Die Debatte im Familienausschuss bietet dennoch aktuellen Zündstoff: Derzeit wird das umstrittene sogenannte Prostituiertenschutzgesetz evaluiert. Das trat 2017 in Kraft und besagt, dass Prostituierte ihre Tätigkeit bei der zuständigen Behörde vor Ort anmelden müssen. Lange hatten Union und SPD in der damaligen Großen Koalition um jedes Wort gerungen, um Frauen und wenige Männer vor Zwangsprostitution zu schützen und Kriminalität vorzubeugen – so lautete das offizielle Ziel. Heraus kam ein Kompromiss, den die damalige Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) präsentierte und den vor allem Berufsverbände und Beratungsstellen von vornherein ablehnten. Eine Befürchtung: Prostituierte würden weiter ausgegrenzt und kriminalisiert.

Das kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen, das vom Bundesfamilienministerium mit der Evaluation des Gesetzes beauftragt ist, will den Bericht über die Auswirkungen des Gesetzes bis zum 1. Juli 2025 vorlegen. Die Analyse würde damit mitten in den kommenden Bundestagswahlkampf fallen und knapp vor die Wahlen. Mit einer Reform des Gesetzes ist deshalb in der laufenden Legislatur kaum zu rechnen.

Ungeachtet dessen, dass der Bericht noch nicht vorliegt, versucht die Unionsfraktion bereits die Weichen zu stellen für die nächste Legislatur, in der die Debatte um das Prostituiertenschutzgesetz wohl hochkochen wird. Ihre Forderung: Ein „Paradigmenwechsel“ hin zur Bestrafung von Sexkauf. Verboten werden soll auch jeglicher Betrieb von Bordellen oder Wohnwägen zum Zweck der Prostitution.

SPD-Abgeordnete sehen eine Chance für das Verbot

Da aber nicht nur die Union, sondern auch alle anderen Fraktionen Sachverständige in den Ausschuss laden durften, verspricht der Termin am Montag rege Diskussion: Angekündigt sind sowohl strikte Geg­ne­r*in­nen von Sexkauf wie klare Ver­fech­te­r*in­nen von Prostituiertenrechten. Sprechen werden etwa Huschke Mau, eine frühere Prostituierte und heutige Gegnerin von Prostitution genauso wie die Vorständin des Bündnisses der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sowie die des Berufsverbands für erotische und sexuelle Dienstleistungen.

In den Fraktionen von Grünen und SPD ist zumindest die Beschlusslage nicht ganz so klar wie in der Union. Der letzte Fraktionsbeschluss der Grünen ist zehn Jahre alt, die damaligen Fraktionsmitglieder sprachen sich für die Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der Prostituierten sowie ihren Schutz aus.

Sie könne sich vorstellen, sagte Denise Loop, Obfrau der Grünen-Fraktion im Familienausschuss, dass auf der Bundesdelegiertenkonferenz im Frühjahr auch als Partei über die Position zum Thema beraten werde. „Mein Wunsch wäre, dass es in der nächsten Legislatur ein Format geben wird, in dem Bund, Länder, Betroffene und Ex­per­t*in­nen gemeinsam beraten, was infolge der dann vorliegenden Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes passiert“, sagte sie.

In der SPD stammt der jüngste Beschluss von 2020, als sich der Parteivorstand gegen ein Sexkaufverbot ausgesprochen hatte. Ariane Fäscher (SPD), Berichterstatterin ihrer Fraktion für das Thema Prostitution, sagte, in der Fraktion gebe es zwar einzelne starke Verfechterinnen eines Sexkaufverbots: „In ihren Augen besteht jetzt ein Möglichkeitsfenster, ein Sexkaufverbot dingfest zu machen.“ Deren Position repräsentiere aber nicht die Beschlusslage in Partei und Fraktion. Da sei die Vereinbarung: Man werde die Ergebnisse der Evaluation abwarten und erst dann Weiteres entscheiden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.