Diskussion über Erbschaften: Rot-grün-rot für Steuerreform
Im Bundestag sind sich Linke, SPD und Grüne bei der Erbschaftssteuer im Kern einig. CDU und AfD kramen die immergleichen Neid-Argumente hervor.
Zur ersten Gruppe gehören die Linkspartei, die Grünen und die SPD. Die Linke hatte einen Antrag eingebracht – in bemerkenswerter Einigkeit von Janine Wissler bis Sahra Wagenknecht – in dem sie die Regierung aufforderten, die Privilegien für Milliardenerben zu streichen. Jährlich würden in Deutschland 400 Milliarden Euro vererbt, wobei gilt: „Je fetter das Erbe desto mickriger der Steuersatz“, so der finanzpolitische Sprecher der Linken Christian Görke. Die Erbschaftssteuer sei zur Dummensteuer geworden.
Görke berief sich auf Daten des Netzwerks Steuergerechtigkeit, wonach bis zu einer Höhe von 20 Millionen Euro durchschnittlich 9 Prozent Steuern auf geerbtes Vermögen fällig wurden. Wer mehr erbte, zahlte aber nur 2,8 Prozent. Möglich ist dies durch zahlreiche Ausnahmen, etwa für Betriebsvermögen, was dazu führt, das etwa minderjährige Kinder zu Anteilseignern von Firmen gemacht werden, damit sie keine Steuern zahlen müssen. Alles ganz legal. Dem Staat entgingen dadurch jährlich 5 bis 7 Milliarden Euro Einnahmen. Über solche durch nichts zu rechtfertigende Privilegien müsse man reden, forderte Görke.
Beck räumt mit Mythen auf
Abgeordnete von SPD und Grünen konnten nur beipflichten. Er freue sich über die Debatte zur die Erbschaftssteuer, sagte der SPD-Abgeordnete Tim Klüssendorf, die Gelegenheit gebe es sonst nicht in der Koalition. Auch Klüssendorf, der für die Parlamentarische Linke der SPD ein Steuerkonzept verfasst hat, sieht dringenden Handlungsbedarf.
Die Vize-Vorsitzende des Finanzausschusses, Katharina Beck von den Grünen, sah ebenfalls „gute Gründe, die Debatte über Vermögensverteilung aus der Tabu- in die Gestaltungsecke zu bringen.“ Die Mehrheit der Menschen in Deutschland erbte nichts, „das meiste private Vermögen wird heute durch Erbschaften generiert und nicht durch Arbeit“, so die Grüne. Das widerspreche sowohl dem Gerechtigkeits- als auch dem Leistungsprinzip.
Beck nutzte die Gelegenheit, mit einigen „Mythen“ aufzuräumen. Die unter anderem vom bayerischen Ministerpräsidenten verbreitete Behauptung, eine Reform der Erbschaftssteuer bedrohe Omas Häuschen, sei falsch. In den allermeisten Fällen müssten Erb:innen gar keine Steuern auf Wohnungen und Häuser zahlen, wenn sie selbst weiter darin wohnten. Ihr Fraktionskollege Stefan Schmidt warf Söder, der vor einem „Ausverkauf der Heimat“ gewarnt hatte, sogar „AfD-Rhetorik“ vor.
CSU warnt vor Abwanderungen
Die AfD hatte parallel zum Antrag der Linken einen eigenen eingebracht, in dem sie forderte, die „soziale Neidsteuer“ ganz zu streichen. Damit legte die völkisch orientierte Partei ihre neoliberalen Wurzeln offen – und erhielt inhaltliche Rückendeckung von FDP und Union.
Auch Claudia Raffelhüschen von der FDP sprach wie ihr AfD-Vorredner von einer Neidsteuer und warnte davor, die Unternehmerschaft weiter zu belasten. Auch die FDP will die Erbschaftssteuer reformieren, aber ganz anders als es Linken, SPD und Grünen vorschwebt. Sie wirbt vor allem für höhere Freibeträge unter anderem für die Weitergabe von Immobilien.
Der CSU-Finanzsprecher Sebastian Brehm warnte, mit der Besteuerung von Erbschaften schädige man Familienunternehmen, das führe zu Abwanderung und sinkenden Investitionen. Er plädierte dafür, die „Substanzsteuer“ am besten gleich abzuschaffen. Dabei gibt es auch in der Union mittlerweile Stimmen, die eine höhere Besteuerung von großen Erbschaften für richtig halten.
Beide Anträge, die von Linken und AfD, wurden in die Ausschüsse verwiesen. Beide sind chancenlos, da die politischen Mehrheiten im Bundestag andere sind.
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