Deutschland geht die Jugend aus: Komm, wir sterben endlich aus
Es gibt einen großen Jugendlichenschwund in Deutschland, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Ist das ein Grund zur Sorge oder neue Strategie?
„Los, komm, wir sterben endlich aus“, heißt es in dem Song „Abschied“ (2019) von Die Ärzte. Es geht darum, die Erde zu schonen und ihr Weiterleben zu sichern, ohne uns. Ganz so radikal sind die heutigen Aktivisten zwar nicht, aber die fatalistische Grundhaltung bleibt.
Eine Idee: Gebärstreik. Die Klimakrise sei eher eine Klimakatastrophe und in eine solche Welt könne man guten Gewissens keine Kinder setzen, zitiert der Bayerische Rundfunk eine Jugendliche. Die sogenannten Antinatalisten wollen auf das Kinderkriegen zum Schutz des Lebens verzichten. Klingt wie ein klassisches Paradox.
Doch #birthstrike ist eine Möglichkeit, CO2 einzusparen, denn der Mensch ist ein Emitent: Die Bewegung behauptet, Kinderlosigkeit habe den größten Einfluss auf die Klimakrise.
Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, ist der Anteil Heranwachsender auf einem Tiefststand. Jugendliche im Alter von 15 bis 24 Jahren stellen nur zehn Prozent der Gesamtbevölkerung. Zum Vergleich: 1983 hatte der Anteil noch bei 16,7 Prozent gelegen.
Klare Haltung pro Kind, oder?
Neue Kinder braucht das Land. Oder? Zumindest politisch gibt es in Form von Kindergeld und Elternzeit eine klare Haltung pro Kind. Wenn wir überaltern, so die allgemeine Überzeugung, ist uns auch nicht geholfen.
Neulich erst hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Ehrenpatenschaft für Bushidos Drillinge übernommen. Ab dem 7. Kind kann man diese beantragen. Ganz anders blickt Verena Brunschweiger auf den Nachwuchs. Die Publizistin und Lehrerin hat ein Buch geschrieben, das für Diskussionen sorgte: „Kinderfrei statt kinderlos: ein Manifest“. Im Deutschlandfunk sagte sie: „Kinderkriegen ist eine der größten Umweltsünden.“
Das Bundesumweltamt bestätigt, dass rund 11 Tonnen jährlich von dem Durchschnittsdeutschen emittiert werden. Die Journalistin Nina Pauer, argumentiert, dass „die bewusste Kinderlosigkeit eher eine Überforderungsreaktion der Einzelnen“ darstelle.
Demnach ist #birthstrike eine Möglichkeit, in einer Welt handlungsfähig zu bleiben, die kurz vor dem Abgrund steht. Wir haben eine nie dagewesene Krise zu bewältigen – das ist ein Fakt. Doch für die Bewältigung der Krise braucht es nicht weniger Menschen, sondern mehr Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül