Deutsch-österreichische Grenze: Kritik an Grenzkontrollen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser verlängert die Kontrollen an der Binnengrenze zu Österreich. Die Grünen und die Linkspartei kritisieren das scharf.
Die Grünen kritisieren die Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze erneut zu verlängern. „Migration ist die Regel, nicht die Ausnahme“, sagte die Grünen-Migrationspolitikerin Misbah Khan der taz. „Deshalb ist die Verlängerung der innereuropäischen Grenzkontrollen ein unehrlicher Versuch Nancy Faesers, sich als handlungsfähig zu stilisieren.“ Gleichzeitig werde „wieder implizit Stimmung gegen nichtweiße Menschen“ gemacht, so Khan.
Am Freitag war bekannt geworden, dass Faeser die punktuellen Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landesgrenze erneut um ein halbes Jahr verlängern will. Sie begründete das damit, dass absehbar nicht mit einem Rückgang des irregulären Migrationsgeschehens nach Mittel- und Westeuropa zu rechnen sei. „Besorgniserregend ist, dass im Jahr 2022 ein Höchstwert der festgestellten irregulären Migration an den EU-Außengrenzen seit 2016 zu verzeichnen war“, schrieb Faeser an die EU-Kommission.
Deutschland sei auch im vergangenen Jahr wieder Hauptzielland gewesen. Angesichts des zunehmenden Migrationsgeschehens habe sich die Unterbringungssituation in den Ländern und Kommunen weiter verschärft. Deshalb sehe sie sich gezwungen, an der Hauptroute irregulärer Migration nach Deutschland mit Wirkung zum 12. Mai Binnengrenzkontrollen für weitere sechs Monate anzuordnen.
Eigentlich nur sechs Monate
Eigentlich gibt es im Schengenraum keine Grenzkontrollen zwischen den Mitgliedstaaten. In Fällen „einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit“ dürfen aber Kontrollen vorübergehend wieder eingeführt werden.
Mehrere Staaten haben diese Ausnahme in den vergangenen Jahren genutzt. Deutschland kontrolliert seit den großen Fluchtbewegungen im Herbst 2015 in Bayern an der Grenze zu Österreich. Die Kontrollen dürfen eigentlich höchstens sechs Monate andauern. Wie ihr Amtsvorgänger Horst Seehofer (CSU) hatte auch Faeser jeweils eine Verlängerung der temporären Grenzkontrollen gegenüber der EU-Kommission notifiziert.
Im April 2022 hat der Europäische Gerichtshof im Fall von Kontrollen Österreichs an den Grenzen zu Ungarn und Slowenien entschieden, dass die Verlängerung der Kontrollen über sechs Monate hinaus zulässig ist, allerdings nur, wenn der betreffende Mitgliedstaat „sich einer neuen ernsthaften Bedrohung“ ausgesetzt sehe, „die sich von der ursprünglich festgestellten unterscheidet“.
Wortgleiche Begründungen
Die drei deutschen Verlängerungen von Mai 2021 bis November 2022 hatten jeweils fast oder sogar komplett wortgleich formulierte „migrations- und sicherheitspolitische Gründe“, wie die Antwort auf eine schriftliche Frage der Linksfraktion vom Mai 2022 zeigt. Damals erklärte das BMI, eine Prüfung des EuGH-Urteils mit Blick auf die deutschen Kontrollen dauere noch an.
„Im Schengenraum gilt das grundlegende Prinzip der unkontrollierten Reisefreiheit“, kritisiert die Linken-Abgeordnete Clara Bünger. „Die deutschen Kontrollen finden seit Jahren statt, ohne dass dies mit neuartigen Bedrohungen gerechtfertigt wäre“, sagte Bünger der taz. Das verstoße „ganz klar gegen EU-Recht“. Die Ampel führe die „Abschottungs- und Entrechtungspolitik von Seehofer einfach fort“. Das sei „beschämend“.
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