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Demoverbot in Hamburg zum 1. MaiHey, Repressionsbehörde!

Katharina Schipkowski
Kommentar von Katharina Schipkowski

Monatelang die Quer­den­ke­r*in­nen demonstrieren lassen, dann aber linke Proteste am 1. Mai rigoros verbieten? Momentchen mal, so geht es nicht!

Wollen hinaus zum 1. Mai, aber dürfen nicht: Linke De­mons­tran­t*in­nen Foto: Bodo Marks/dpa

H ach ja, mit dieser Demokratie ist es manchmal ganz schön anstrengend. Vieles muss sie aushalten: Rechte im Parlament, krudeste Meinungsäußerungen auf Papier und auf Bildschirmen und manchmal sogar im echten Leben, auf der Straße. Wobei Letzteres in der Pandemie stark eingeschränkt ist, denn das Leben und vor allem die Begegnungen finden ja derzeit mehr so im Internet statt.

Allerdings haben im vergangenen Pandemiejahr viele Menschen krude und rechte Meinungen lautstark auf der Straße geäußert. Sie haben die Gefährlichkeit der Pandemie geleugnet und Pres­se­ver­tre­te­r*in­nen angegriffen, sich also höchst undemokratisch verhalten, und die Polizei hat sie davon nicht abgehalten.

Teils weil es eben unter die Meinungsfreiheit fällt, gequirlte Scheiße zu labern, und eine Demokratie das aushalten muss. Teils aber auch, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen, manchmal vielleicht sogar aus Sympathie, aber größtenteils aus Überforderung und politischem Versagen heraus. Die Polizei hat die Quer­den­ke­r*in­nen protestieren lassen und sich stattdessen darauf konzentriert, den linken Gegenprotest zu drangsalieren.

Auch am 1. Mai haben irgendwelche Querdenken-Spinner*innen wieder irgendwelche Proteste angekündigt, aber dieses Mal interessiert es die Linken nicht so sehr, weil sie am 1. Mai eigene Proteste organisieren: Tag der Arbeit, Kapitalismus immer noch scheiße, Pandemiekosten auf unserem Rücken, während die Reichen geschont werden, „Sach ma, geht’s noch?“ „Nö, geht nicht“, sagt die Versammlungsbehörde. Linker Mai-Protest ist verboten, Schluss, aus. Ist ja schließlich Pandemie.

Das ist nicht mehr Demokratie, sondern Repression

Entschuldigung, aber so geht es auch nicht, liebe Versammlungsbehörde. Man kann nicht über ein Jahr lang die größten Spinneraufläufe zulassen, bei denen von vornherein klar ist, dass sie sich nicht an Hygieneregeln halten, weil sie diese ja nun mal ablehnen, und dann zum 1. Mai, wenn Linke mit Abstand und Masken demonstrieren wollen, alles verbieten.

Das hat dann jedenfalls nichts mehr mit Demokratie zu tun, sondern mit Repression. Dann muss man es aber auch so sagen und sollte sich nicht plötzlich auf den Infektionsschutz berufen, sondern gleich auf den autoritären Staat. Und man kann sich dann auch gleich in Repressionsbehörde umbenennen.

Aber so weit ist es ja noch nicht, denn es gibt immer noch die Gerichte. An die werden sich die An­ar­chis­t*in­nen und die Ak­ti­vis­t*in­nen des Umverteilungsbündnisses „Wer hat der gibt“ jetzt wohl wenden.

Das kostet Geld und Nerven und wäre nicht nötig, weil die Linken im Gegensatz zu rechten Schwur­b­le­r*in­nen den Pandemieschutz ernst nehmen und ihre Hygiene­konzepte sogar die Ausgabe von Schnelltests vorsehen. Aber was passiert, wenn die Gerichte nein sagen? Sollen die Linken sich dann als Schwur­b­le­r*in­nen verkleiden, um ihre Grundrechte wahrnehmen zu dürfen? Ich glaube, das sollte man sich angucken. Hinaus zum 1. Mai!

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Katharina Schipkowski
Redakteurin | taz Nord
Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.
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14 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Tja der Rechts-Staat zeigt halt wieder sein gesicht, obwohl es auch nicht stimmt, dass die "Schwurbler" in Ruhe gelassen wurden. Die Polizei knüppelt derzeit auf alles ein was demonstriert! Egal ob Linke, Autonome oder auch Querdenker, jeder kriegt die Repression zu spüren, wenn man sich nämlich die Videos der letzten Demos anguckt, wurden sowohl Gegendemonstranten als auch Demonstranten von der Polizei tätlich angegangen. Polizeigewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und in dieser Zeit gibt es keine Links-Rechts Schwäche, sondern einfach nur übermäßige Repression gegen alle.

  • "Man kann nicht über ein Jahr lang die größten Spinneraufläufe zulassen"

    Die Hamburger Infektionsschutzverordnung verbietet derzeit pauschal jegliche Demonstration. Spinneraufläufe sind also null nada nicht zugelassen.

    Mir scheint der Hintergrund des generellen Verbots ist unbekannt. Wir sind nicht im letzten Sommer, wir snd nicht zwischen zwei Lockdowns. Die jetzige Welle ist die heftigste seit Ausbruch der Pandemie. Die Intensivbetten soll nd/waren bis fast zum letzten Bettbelegt. Es gab/gibt bereits entsprechenden Bettentourismus dieses Jahr.

    Hamburg hat daher bereits seit Ostern restriktive Maßnahmen eingeführt und läuft sehr gut damit. Die Inzidenzwerte konnten gesenkt werden. Die Maßnahmen greifen!

    Und nun stellen sich ausgerechnet Linke jenseits von Rot/Grün gleich ganz vorne an um aus diesen solidarisch von den Hamburgerinnen eingehaltenen Maßnahmen als erste wieder ausbrechen zu können. Und das auch noch mit Spinnern als Argument.

    Das ist zum fremdschämen.

    • @Rudolf Fissner:

      Sie schämen sich für Frau Schipkowski, ich für Ihren durchweg einseitigen Kommentar. So ist das halt.

      • @h4nsel:

        Einseitig? Spinneraufläufe nannte ich - ebenfalls - nur die Covidiotendemos. Was fehlt ihnen da?

        Bei den Demos zum 1. Mai 2021 gab es Demos mit dichtem Gedränge: taz.de/picture/483...-erster-mai-1.jpeg Solche Ansammlungen von tausenden von Menschen führen zu Ansteckungen mit nachfolgender Gefährdung von Menschenleben.

  • Dann lernt doch einfach von den Querdenkern!



    Die haben sich von Verboten nicht abahlten lassen!



    Entweder haben sie Richter gefunden, der ihre Demos doch noch genehmot haben.



    Odre sie haben einfach Kinder mitgebracht und zwischen sich und der Polizei postiert...



    Letzteres würde ich meinen eigenen Kindern nicht antun wollen, aber der gerichtliche Weg wäre in der Beziehung unkritisch...

  • "und die Polizei hat sie davon nicht abgehalten."

    Es ist nicht Sache der Polizei genehmigte Demonstrationen aufzuhalten. Wir sind hier nicht in einem Polizeistaat.

    • @Rudolf Fissner:

      1. Demos müssen nicht genehmigt werden, sie werden angemeldet.



      2. Die Polizei ist auch auf Demonstrationen dafür da, Straftaten zu unterbinden oder zu verfolgen und die Einhaltung eventueller Auflagen durchzusetzen. Diese Auflagen werden bei linken Demos (eben anders als bei Querdenken) gerne genutzt, um die Demo aufzulösen.

      • @h4nsel:

        Nochmal: Die Hamburger Infektionsschutzverordnung verbietet derzeit pauschal jegliche Demonstration. Spinneraufläufe sind also null nada nicht zugelassen auch wenn Sie das hier behaupten.

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Wie viele Demos von Querdenkern (u.ä.) sind denn in Hamburg in den letzten 4 Monaten durchgeführt worden?

    Und sind nur Linke Veranstaltungen am 1.Mai verboten worden, oder alle?

  • Doch, so geht das bei uns. Wie ja auch sonst. Nazis*innen (?) demonstrieren lassen und die GegendemonstrantInnen von der Polizei bedrohen lassen.

    Heißt nicht umsonst "Rechts"staat.

  • Wie es die SPD-Regierenden mit der linken Demonstrationsfeiheit halten: Einfach mal "Hamburger Kessel" in dieSuchmaschine eingeben......

  • Tja, rechte Sympathisanten findet man eben schon seit langem nicht mehr nur bei der Polizei, Bundeswehr, Gerichten, Verfassungsschutz oder im Bundestag. Mittlerweile gibt es diese in scheinbar allen Gewaltenabteilungen (Exekutive, Legislative, Judikative). Aber der Staat zeigt klare Kante gegen rechts...nicht einmal nach den Morden von denen!

  • Kann es sein, dass in dieser Behörde mal ein Demokratiefähigkeitsüberprüfung stattfinden sollte?

    • @pesetenpaule:

      Man muss doch kein Verschwörungstheoretiker sein, um hinter den Verlängerungen der Kontaktbeschränkungen über den 1. Mai hinaus auch die Absicht steckt, genau diese Demos unter genau diesem Vorwand verbieten zu können... linker Protest geht nun mal gar nicht