Demos der Rechtsextremen: Im „T-Hemd“ gegen den „Volkstod“
Aggressive Aktionen gegen Flüchtlingsheime: Die NPD will von rassistischen Stimmungen in der Mitte der Gesellschaft profitieren.
HAMBURG taz | „Ausländer raus“, „Arbeitsplätze für Deutsche“, „Millionen Fremde kosten Milliarden! Spart bei denen – nicht bei uns!“ – seit Jahrzehnten hetzt die NPD gegen Flüchtlinge, Asylsuchende und Einwanderer. In den vergangenen Monaten aber hat die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands ihre Aktionen gegen „Überfremdung“ und einen anstehenden „Volkstod“ ganz offensichtlich verstärkt.
Nicht nur in Schneeberg oder Berlin-Hellersdorf versuchen Nationaldemokraten, die Stimmung von Bewohnern gegen die Einrichtung neuer Flüchtlingsheime zu nutzen. Dieses Jahr fanden bundesweit bereits 67 Kundgebungen gegen Asylbewerberunterkünfte statt.
47 davon, zählte das Fernsehmagazin „Report Mainz“, richtete die NPD aus, oder sie war an ihnen maßgeblich beteiligt – etwa am vergangenen Freitag im brandenburgischen Bestensee, wo sich ca. 200 demonstrierende Bewohner nicht daran störten, dass Neonazis ihren Protest ausrichteten.
Angesichts der Zunahme von Asylsuchenden wollen die Neonazis an rassistische Stimmungen in der Mitte der Gesellschaft anknüpfen. Auf dem NPD-Portal „DS-Aktuell“ etwa titelt Michael Schäfer süffisant: „Du hast keinen Bock auf Überfremdung? Umfragen zeigen, Du bist nicht allein!“
Mit Bezug auf eine Forsa-Umfrage führt der Mitarbeiter der sächsischen NPD-Landtagsfraktion aus: „70 Prozent der Ostdeutschen und 53 der Westdeutschen antworten auf die Frage ’Sollte Deutschland mehr Zuwanderung als bisher zulassen?‘ ganz klar mit Nein!“
Weltanschauung für 12 Euro
Bereits 2012 hatte die NPD eine „Asylbewerber-Tour“ mit 20 Kundgebungen unter dem Motto „Einmal Deutschland und zurück – Asylrecht ist kein Selbstbedienungsladen“ ausgerichtet. In Mecklenburg-Vorpommern lief die Partei um den Landtagsfraktionsvorsitzenden Udo Pastörs verstärkt vor geplanten Asylunterkünfte auf.
Ihr Aktionslogo: ein grimmiges Smiley mit Daumen runter, kombiniert mit dem Slogan: „Asylmissbrauch? Nein danke!“ Ein entsprechendes „T-Hemd“ kann man beim Landesverband für 12 Euro erwerben.
Im August dieses Jahres veröffentliche der NPD-Landtagsabgeordnete Michael Andrejewski aus Mecklenburg-Vorpommern einen „Leitfaden zum Umgang mit Asylanten in der Nachbarschaft“. Vermeintlich moderat erklärt er: „Ärger kann man mit jedem bekommen“, seien „aber Asylanten die Ruhestörer“, sei es wichtig, sich „immer mit mehreren Nachbarn“ zu beschweren – um nicht als Einzelner als „sogenannter Rassist fertiggemacht“ zu werden.
Die "Übelwollenden unter den Ausländern“ könnten vor Gericht mit Erfolg behaupten, sie seien rassistisch beleidigt worden, weiß Andrejewski – und empfiehlt: „Wenn schon mit Asylanten reden, dann nur mit deutschen Zeugen."
Erinnerung an Rostock-Lichtenhagen
Eine weiterer Tipp des NPD-Stadtrats in Anklam: „Bloß keine Geschenke machen!“ – auch wenn „linke Gutmenschen und Heulsusen“ dazu aufriefen, den „armen Verfolgten“ zu helfen. Diese Aktion ruft Erinnerungen wach: Wenige Tage vor den Pogromen in Rostock-Lichtenhagen 1992 verteilte Andrejewski mit der Aktion „Rostock bleibt deutsch“ fast 100.000 Flugblätter – mit dem Appell: „Widerstand leisten“ gegen die angebliche „Ausländerflut“.
Auch in den vergangen Wochen ist es nicht bei Mahnwachen und Flugblättern geblieben. In Gemünden (Bayern), Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern), Premnitz (Brandenburg), Oldenburg (Niedersachsen), Essen (Nordrhein-Westfallen) und Wehr (Baden-Württemberg ) kam es auch zu Brandanschlägen und physischen Übergriffen.
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