Debatte um ausgeladene Kabarettistin: Im harten Bett politischen Handelns
Entscheidungen haben Konsequenzen. Deshalb hätten die Hausherren und Veranstalter zur Einladung der Kabarettistin Lisa Eckhart stehen müssen.
V iel ging es in den vergangenen Tagen um eine ausgeladene Kabarettistin, Lisa Eckhart, die mit ihrem Erstlingsroman für den im Rahmen des Hamburger Harbour-Front-Festivals vergebenen Michael-Kühne-Preis nominiert war. Ihre Lesung sollte im Nochtspeicher stattfinden, die Nochtspeicher-Leute fürchteten Ärger, es soll Hinweise darauf gegeben haben, da wollten sie den Ärger nicht und sagten dem Festival ab, das daraufhin der Eckhart absagte, sie aber wieder einlud, aber dann sagte die Eckhart endgültig ab.
Soweit die Fakten, über die jetzt viel diskutiert wurde, insbesondere erregte man sich darüber, ob und wer sich welchen Leuten „gebeugt“ hätte. Ob die Eckhart jetzt gut oder schlecht ist und wie ich die finde, darüber will ich schweigen. Das ist vielleicht sogar egal, wenn es um solche Dinge geht. Oder es ist ein anderes Thema. Worum es mir geht, ist die Schwammigkeit im Aufzeigen der Zusammenhänge. Wer hat was getan und ist ursächlich wofür verantwortlich?
Denn in der öffentlichen Wahrnehmung lautet die Erzählung so: Die linksradikalen Autonomen aus dem Hafenstraßenumfeld (Parallelstraße der Bernhard-Nocht-Straße, in der der Nochtspeicher liegt) haben den Auftritt einer Künstlerin verhindert, weil sie ihnen nicht passt. Diese Leute also, die wir nicht kennen, haben wahrscheinlich, ohne etwas zu tun, etwas verhindert, was ihnen wahrscheinlich nicht gefällt.
Ich wünschte, ich könnte so manches, was mir nicht gefällt, auf ähnliche Art verhindern. Nur kraft meiner bösen Gedanken. Was würde ich nicht alles verhindern. Aber ich kann so ungefähr den ganzen Sachverhalt verstehen.
ist Schriftstellerin in Hamburg mit einem besonderen Interesse am Fremden im Eigenen. Ihr jüngster Roman „Sicherheitszone“ erscheint am 18. August bei Rowohlt Berlin.
Wenn ich glaube, dass mir das, was ich tue, Ärger einbringen könnte, dann verspüre ich so einen Widerstand in mir: Ist das jetzt wirklich so wichtig, dass ich mir diesen möglichen Ärger einhandele?
Und dann wäge ich die Prioritäten ab und treffe meine Entscheidung. Wenn ich, zum Beispiel, diesen Text schreibe, dann denke ich darüber nach, ob ich den besser nicht schreibe, weil ich dann wieder einen Haufen blöder Nachrichten kriege, die ich keine Lust habe, zu beantworten. Oder, wenn ich auf eine Demonstration gegen Nazis gehe, dann überlege ich, ob mir das, das Risiko, aufs Maul zu kriegen, wert ist. Wenn ich mich politisch engagiere, dann riskiere ich, angezeigt zu werden, verprügelt zu werden, auf einer Liste zu landen.
All das kann passieren, das ist politisch aktiven Menschen das Bett, in dem sie schlafen. Ich kann mich gegen Handlungen entscheiden, weil ich keine Lust auf Ärger habe. Ich kann sagen, es ist es mir nicht wert. Das ist mein Recht. Das ist mein Leben. Ich finde es vielleicht nicht schön, dass mir auf einer Demo gegen beschissene Nazis leider auch was passieren könnte. Ich kann mich darüber beschweren, dass es so ist, aber am Ende treffe ich meine Entscheidung, das Risiko einzugehen oder nicht.
Und hier haben wir also eine Kulturveranstaltung, die von manchen Leuten aus verschiedenen Gründen gar nicht als rein kulturelle, sondern auch als politische Handlung verstanden wird (und vielleicht gibt es solche rein kulturellen Entscheidungen gar nicht, vielleicht gibt es rein gar keine unpolitischen Handlungen). Und da sieht man sich dann seitens der Veranstaltenden denselben Problemen gegenüber, denen sich politisch agierende Menschen gewöhnlich gegenüber sehen. Und dann reagiert man empört und meint: Die lassen uns nicht. Die haben es uns jetzt mit ihrer Einstellung, die uns eventuell Ärger verschafft (und das halte ich sogar für realistisch) unmöglich gemacht, diese Veranstaltung abzuhalten.
Und dazu würde die politische Aktivistin in ihrem harten Bett der Repressionen nur müde mit den Augen plinkern. Natürlich ist es diskussionswürdig, ob die Gründe, eine Autorin abzulehnen, richtig sind. Aber, wenn ich sie nicht ablehne, sondern sie in meinen Räumen lesen lassen möchte, dann treffe ich die Entscheidung, die in diesem Fall vielleicht etwas schwieriger ist und einen anderen Aufwand bräuchte, eine andere Strategie und mehr Auseinandersetzung. Und als Veranstalter treffe ich die Entscheidung, sie ein- oder auszuladen. Das ist alles.
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