Debatte um Asylpolitik: Faeser lehnt Obergrenze ab
Länder und Kommunen warnen vor einer Überlastung. Die von CSU-Chef Söder ins Spiel gebrachte Obergrenze für Geflüchtete lehnt Innenministerin Faeser ab.
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Faeser sagte: „Das einzige, was wirklich helfen wird, ist eine europäische Lösung.“ Da müsse seitens der Europäischen Union mehr kommen an Verteilung. Die Kommunen seien an der Belastungsgrenze.
Der bayerische Ministerpräsident Söder hatte eine „Integrationsgrenze“ für die Aufnahme von Geflüchteten von etwa 200.000 Menschen ins Gespräch gebracht. In der Sendung „Anne Will“ bekräftigte er, bei der Zahl 200.000 gehe es um eine Richtgröße, „in der Integration in unserem Land noch gelingen kann“. Man benötige Grenzschutz, den Stopp von Sonderaufnahmeprogrammen, die nur Deutschland mache, es brauche Rückführung und eine Veränderung der Anreize, beispielsweise beim Bürgergeld. Söder betonte, er sei nicht für die Abschaffung des individuellen Asyls. „Wir brauchen eine Wende hin zu einer nachhaltigen Migrationspolitik.“
Söder gegen „unkontrollierbare“ Zuwanderung
Für einen Deutschland-Pakt gegen unkontrollierbare Zuwanderung stehe er sofort bereit, sagte Söder. Er forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, bei dem Thema Migration Führung zu zeigen. „Der Bundeskanzler, der wochenlang geschwiegen hat, der müsste jetzt mal ran an das Thema. Der Bundeskanzler muss jetzt auch hier Führung zeigen, und er muss übrigens auch die Grünen überzeugen“, forderte Söder. Er wisse nicht, wer in der Regierung blockiere, er vermute die Grünen beim Thema sichere Herkunftsstaaten.
Aus vielen Ländern und Kommunen kamen zuletzt zunehmende Warnungen vor einer Überlastung. Bis Ende August registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr als 204.000 Erstanträge auf Asyl – ein Plus von 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dazu kommt, dass wegen des russischen Kriegs mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland Schutz suchten, die keinen Asylantrag stellen müssen.
Merz spricht von Kontrollverlust
CDU-Chef Friedrich Merz unterstützte den Söder-Vorschlag einer Obergrenze. „Ja, das ist machbar. Aber leicht ist es nicht“, sagte er der Augsburger Allgemeinen. „Wir reden ja nicht nur über Wohnungen oder Schulen, wir reden auch über Krankenhäuser, vernünftige Ausbildung und echte Integration. Das ist eine gehörige Kraftanstrengung. Die wird uns nur gelingen, wenn diejenigen, die rechtskräftig abgewiesen worden sind, auch konsequent abgeschoben werden.“
Merz forderte, die Einreise Tausender Migranten pro Monat nach Deutschland zügig zu begrenzen. „Wir müssen dieses Problem lösen, sonst wächst uns das über den Kopf“, sagte er. „Wenn wir die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung und die Integrationsfähigkeit unseres Landes nicht überstrapazieren wollen, müssen wir schnell die Zahlen der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, reduzieren.“ In diesem Zusammenhang erneuerte er sein Angebot an Scholz, „dass wir als ersten Teil seines Deutschland-Paktes gemeinsam die Flüchtlingskrise lösen“.
Merz erinnerte an eine Äußerung von Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, der von einem drohenden Kontrollverlust gesprochen habe. „Er hat gesagt, wir werden hässliche Bilder sehen. Und wenn das so ist, dann müssen wir schnell zu Lösungen kommen, sonst erleben wir diesen Kontrollverlust.“
2022 wurden nach Angaben der Bundesregierung knapp 13 000 ausreisepflichtige Personen aus Deutschland abgeschoben. Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 rund 304 000 Menschen ausreisepflichtig, davon etwa 248.000 mit einer Duldung.
Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Das kann etwa daran liegen, dass sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Die Duldung ist immer befristet.
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