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Debatte Britische MilitärinterventionenErbe der Friedensbewegung vernichtet

Die britische Aufarbeitung der Kriegseinsätze lehrt: Man muss nicht kompetent sein, um militärisch zu intervenieren, Nein sagen hilft aber.

Früher musste sich rechtfertigen, wer für einen Kriegseinsatz war – seit dem Krieg gegen den Terror ist es andersherum Foto: dpa

Nur wenige wagen es heutzutage, in Fragen internationaler Politik eine Position abseits vom Mainstream einzunehmen. Alles scheint so komplex – wie lässt sich da ohne eigenen Thinktank selbstbewusst den herrschenden politischen Apparaten widersprechen? Sind wir ihnen nicht hoffnungslos unterlegen?

Medizin gegen den Kleinmut kam jüngst aus London. Zwei offizielle Untersuchungsberichte stellen den britischen Interventionen in Irak und Libyen ein vernichtendes Zeugnis aus. Der Bericht der sogenannten Chilcot-Kommission zum Irakkrieg wurde im Juli veröffentlicht, der Libyen-Bericht des Unterhaus-Ausschusses für auswärtige Politik erschien vor Kurzem; beide sind im Netz zu finden.

Die Bedeutung dieser Befunde ist kaum zu überschätzen. Aus der Mitte westlicher Politik heraus werden jene Vorwürfe belegt, die einzelne Nahost-Experten und zivilgesellschaftliche Kräfte seit Langem erheben: Die westliche Interventionspolitik hat das blutige Chaos in zwei Regionen nicht nur begünstigt, sondern entscheidend mit herbeigeführt.

Die Regime-change-Intervention gegen Gaddafi 2011 hatte aus Sicht des mehrheitlich konservativ besetzten Unterhaus-Ausschusses folgendes Ergebnis: „politischer und ökonomischer Zusammenbruch (…), humanitäre und Flüchtlingskrise, weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen, Verbreitung der Waffen des Gaddafi-Regimes über die Region und Wachstum des Islamischen Staats in Nordafrika“.

Der War on Terror hat das intellektuelle Erbe der Friedensbewegung vernichtet

Nur nebenbei: Wie viel ein Politiker auf eine Demokratie gibt, die er angeblich anderswo installieren will, zeigt der Umstand, dass Noch-Premierminister David Cameron als Einziger eine Aussage vor dem Parlaments-Ausschuss verweigerte.

Im Fall des von Tony Blair mitverantworteten Irakkriegs sticht der Aufwand hervor, den die Chilcot-Kommission trieb: Unter Vorsitz des altgedienten Beamten Sir John Chilcot wurden sieben Jahre lang Zeugen befragt und 150.000 Dokumente ausgewertet. Das kostete mehr als 10 Millionen britische Pfund.

Greifen wir nur einen Aspekt des zwölfbändigen Werks heraus: Bis 2009 habe die Invasion im Irak und die folgende Instabilität mindestens 150.000 meist zivile Opfer gehabt, „wahrscheinlich viel mehr“.

Moralisches Gewicht verschiebt sich

Frühere Studien kamen auf wesentliche höhere Zahlen, auf bis zu eine Million Tote bis 2013. Aber selbst wenn man der vorsichtigen Schätzung der britischen Kommission folgt, verschiebt sich das moralische Gewicht. Durch die Politik des Westens sind viel mehr Menschen gestorben als durch jene, die man zu bekämpfen gedachte.

Es fällt uns immer noch schwer, die Tragweite eines solchen Satzes wirklich in unser Bewusstsein vordringen zu lassen. Unser Kleinmut resultiert aus moralischer Verkennung.

Seine zweite Ursache ist die vermeintliche Wissensüberlegenheit der Apparate. Und da geht aus den britischen Berichten etwas verblüffend Simples hervor: Es gab keine ausreichende Kenntnis der Lage, der Natur der Konflikte oder überhaupt der Länder.

„No proper understanding of Libya“, konstatierte der Ausschussvorsitzende Crispin Blunt lapidar. Um eine Militärintervention anzuordnen, muss man anscheinend nur sehr wenig wissen. Das verbindet alle Kriegseinsätze der vergangenen Jahre, von Afghanistan bis Mali.

Erbe der Friedensbewegung zerstört

Und wie haben die deutschen Medien gedrängelt, im Fall Libyen: Es sei „verantwortungslos“, sich herauszuhalten! Früher war es begründungspflichtig, einem Krieg zuzustimmen. Heute ist es extrem begründungspflichtig, dagegen zu sein.

Mehr als ein Jahrzehnt War on Terror haben das intellektuelle Erbe der Friedensbewegung weitgehend vernichtet. Viele halten sich heute lieber heraus, selbst wenn sie ein ungutes Gefühl haben. Schlicht „Nein“ zu sagen ist als Option geächtet.

Deshalb ist es so wichtig, einmal ganz systemimmanent den Nachweis von Inkompetenz zur Kenntnis zu nehmen, den die britischen Dokumente enthüllen. Nein zu sagen kann klug und lebensschützend sein. Dies sollte in Zeiten allgemeiner Verunsicherung festgehalten werden: Wer gegen diese Interventionen war, hatte recht – und hat im Rückblick noch viel furchtbarer recht bekommen.

Lange galt es als irre Vorstellung, die Verantwortlichen des Irakkriegs für Kriegsverbrechen anzuklagen. Nun wurde die Frage immerhin für einen Moment in den Fluren des Mainstreams erwogen.

Wer ist haftbar zu machen?

Der Vorsitzende der Chilcot-Kommission gab eine gewundene Antwort: Ob der Krieg im Irak legal war, könne nur von einem international anerkannten Gericht entschieden werden. „Wir haben jedoch geschlussfolgert, dass die Umstände, unter denen entschieden wurde, es gäbe eine gesetzliche Basis für die britische Militäraktion, fern von zufriedenstellend waren.“

Wenn man bedenkt, dass ein malischer Lehrer am Dienstag in Den Haag zu neun Jahren Haft verurteilt wurde, weil er aus islamistischen Motiven das Zerhacken von Lehm-Mausoleen angeordnet hat, dann müsste Tony Blair schon längst dort stehen. Oder darf eine Politik, die Zigtausende das Leben kostete, ungeahndet bleiben, während wir den Afrikanern zeigen, wie man Kulturgut schützt?

Im Fall von George W. Bush sind wir so nachsichtig, uns darüber zu freuen, dass er Hillary Clinton wählen will. Cameron verstolperte sich über seine Anti-Brexit-Strategie, und Tony Blair gilt nun als geldgierige Type. Was sind das für Maßstäbe, wenn wir sie für einen Moment mit den Augen von Menschen außerhalb unseres politisch-kulturellen Gedankenkäfigs betrachten?

Es ist falsch, bei jedem dschihadistischen Anschlag zu argumentieren, eigentlich sei westliche Politik daran schuld. Für jeden Mord ist zunächst der Mörder verantwortlich; er hat seine Entscheidung getroffen. Aber niemand glaube, es würde je ein Ende solcher Attentate geben, solange wir ihnen einen Echoraum verschaffen, über dem in großen Lettern steht: Westliche Politiker werden nicht zur Verantwortung gezogen, wenn sie andere Völker ins Unglück stürzen.

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30 Kommentare

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  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Es ist und bleibt das größte Unglück, dass sich der Westen aus dem Peace Keeping der UN verabschiedet hat. Und damit meine ich nicht primär die Missionen, die man teils kritiseren durfte. Ich meine das System. Wo ist die Reform des Sicherheitsrates? Heute undenkbar, was vor 20 Jahren noch diskutabel war, nämlich ihn 1. reformstrategisch zu erweitern und 2. ein System ohne Veto allein eines ständigen Mitglieds zu etablieren. Der Syrien-Konflikt wäre mit einer handlungsmächtigen UN ein anderer. Man mag das alles kaum ansprechen, weil der Status Quo des millionenfachen Leids der Machtlosen und die fatalen Strategien der Großmächte den Aufschrei initiieren müsste, der Hier und Heute im Westen ausbleibt. Was stattdessen umtreibt, das darf man täglich in den Medien bestaunen. Hier könnte übrigens auch eine wirkungsmächtige linke Außenpolitik, die für alle mehr oder minder linken Parteien tragbar und unterstützenswert wäre, andocken. Das könnten, Themen sein, die man diskutiert. Wäre Politik heute nicht weitenteils Symbolpolitik.

    • @24636 (Profil gelöscht):

      "... nämlich [im UNSC] ein System ohne Veto allein eines ständigen Mitglieds zu etablieren. Der Syrien-Konflikt wäre mit einer handlungsmächtigen UN ein anderer."

       

      An was dachten Sie denn da so ? Es ist nicht nur Russland, das sein Veto gegen ein militärisches Eingreifen einlegen würde. Auch China hat nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre (beispielsweise in Jugoslawien, im Iran und in Libyen) nicht mehr einen Funken von Vertrauen gegenüber den drei westlichen Vetomächten (die nebenbei bemerkt auch nur noch einem 13tel der Weltbevölkerung entsprechen)

      • @jhwh:

        Da haben Sie Recht, Russland gehört raus aus dem Sicherheitsrat, ganauso wie England und Frankreich, weil sie viel zu wenig Weltbevölkerungsanteil repräsentieren, dafür müsste man Indien und Vertreter der einzelnen Kontinente aufnehmen.

      • 2G
        24636 (Profil gelöscht)
        @jhwh:

        Können sie googlen, gibt es einen Schrank voll mit Literatur. Mir geht es nicht um ein konkretes Modell, sondern die Notwendigkeit als solche, um die internationalen Machtpolitiken auf einen anderen Level zu bringen. Syrien oder die Ukraine zeigen an, wie es schlimmstenfalls ausgeht. Großkrisen wie Syrien oder Israel/Palästina mit ihren Folgen und Interdependenzen, aber auch die Dürre- und Erntekrisen oder Ebola brauchen die UN, um sie zu lösen oder wenigstens Nothilfe zu leisten. Für den Status Quo selbst, also mit einer handlungsunfähigen UN, gibt es keine Lösung z.B. für Syrien. Am Ende wird Putin entscheiden, wann der Krieg endet. Es wird irgendeinen mehr oder minder schäbigen Deal mit ihm geben und bis dahin wird das Grauen weitergehen. Das derzeitige Modell des Sicherheitsrates lässt es eben nicht zu, einen Frieden gegen Russland zu erreichen. In einer reformierten UN wäre das möglich und Putin müsste dann entscheiden, ob er seinen Einfluss über die UN komplett aufgibt, um Assad im Amt zu halten. Der Preis wäre dann aber für ihn zu hoch. So funktionieren internationale Politiken eben, wenn man systemische Konstellationen so austariert, dass multiple Interessen am Ende ein Gleichgewicht bilden und Extreme dadurch unwahrscheinlicher werden, dass man dadurch hohe Folgekosten erleidet.

        • @24636 (Profil gelöscht):

          Mal abgesehen davon, daß Sie China erneut ausblenden, reden wir aneinander vorbei. Die UN-Krise ist keine konstitutionelle sondern eine Vertrauenskrise. Was nützt eine andere Zusammensetzung des UNSC oder ein anderer Abstimmungsmodus, wenn am Ende die USA sowieso tun, was sie wollen. Um nicht bei der Instrumentalisierung der UN im Korea-Krieg anzufangen: Die drei genannten Kriege in Jugoslawien, im Irak und in Libyen waren völkerrechtswidrig. Weltweit muss jeder Staat, der keine Atomwaffen hat, damit rechnen, von den USA und ihren Verbündeten angegriffen zu werden, wenn er dem westlichen militärisch-industriellen Komplex im Weg ist. So z.B. Syrien, das sich unverschämterweise geweigert hat, eine Gaspipeline von Katar nach Europa durch sein Gebiet laufen zu lassen um das russische Monopol zu brechen.

           

          Wann der Krieg dort beendet wird, können mehrere Parteien entscheiden. Assad, wenn er sich mit einem schmalen Küstenstreifen zufriedengibt und bereit ist zuzusehen, wie der Rest des Landes talibanisiert wird, Russland mit seiner Luftwaffenunterstützung und als (atomare) Schutzmacht, der Iran und die Hisbollah, wenn sie keine Soldaten mehr schicken, Aber auch die USA, wenn sie die Saudis, Katar und die Türkei davon überzeugen, keine weiteren Waffen und Söldner ins Land zu pumpen. Es ist absurd, zu glauben daß das kaum organisierte Aufbegehren um 2011 auch nur ein halbes Jahr lang eine Chance gegen eine der stärksten Armeen der Levante gehabt hätte. Nein, hier haben von Stunde eins an die „Freunde Syriens“ schweres Kriegsgerät und ausgebildete Soldaten eingeflogen, um einen Regime-Change durchzuziehen und die Lieferungen finden auch jetzt noch statt. Last but not least haben wir in Homs und in Darayya gesehen, daß eine Belagerung auch beendet und damit die Zivilbevölkerung geschont werden kann, indem die sog. Rebellen ihre Waffen niederlegen und ihnen dafür freies Geleit z.B. nach Idlib gewährt wird.

          • 2G
            24636 (Profil gelöscht)
            @jhwh:

            "Was nützt eine andere Zusammensetzung des UNSC oder ein anderer Abstimmungsmodus, wenn am Ende die USA sowieso tun, was sie wollen."

             

            Sie plappern. Jeder Nationalstaat wird immer und überall sein Eigeninteresse verfolgen. Genau darum braucht es strukturelle und systemische Lösungen.

             

            Ihren Amerikahass brauchen wir nicht diskutieren. Die USA intervenieren für eine Gaspipeline, waren von Beginn an mit schwerem Gerät engagiert, um einen unmittelbaren Regimewechsel herbeizuführen. Ihre Belege dafür: sonst wären die gegen Assad kämpfenden Kräfte sofort untergegangen. Raunen und Reimen, solchen Stuss nicht mit mir. Sparen sie sich künftig bei mir Scheinfragen, um daran dann so etwas aufzuhängen. Kommunarden mit statischen Welt- und Politikbildern diskreditieren sich für die Diskussion.

            • @24636 (Profil gelöscht):

              Der Versuch, Unwissenheit mit Arroganz zu kompensieren, funktioniert auch hier nicht. Wer in den vergangenen Jahren nicht mitbekommen hat, daß syrische Rebellen vom CIA über Bengasi mit schwerem Kriegsgerät aus Libyen versorgt wurden und daß die Diskussion darüber Teil einer US-Senatsanhörung war, sollte sich besser nicht in außenpolitische Diskussionen einmischen. Hier nur eine kleine Auswahl von Presseberichten:

              http://www.thetimes.co.uk/tto/news/world/middleeast/article3537770.ece http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/africaandindianocean/libya/10218288/CIA-running-arms-smuggling-team-in-Benghazi-when-consulate-was-attacked.html http://www.nationalreview.com/article/438605/hillary-clinton-wikileaks-benghazi-scandal-arm-syrian-rebels-al-qaeda-isis-libya-turkey

               

              „Kommunarden mit statischen Welt- und Politikbildern diskreditieren sich für die Diskussion.“

              ... Das hängt davon ab, wie statisch die Wirklichkeit ist. Ich meide eher die Mainstream-Opportunisten.

              • 2G
                24636 (Profil gelöscht)
                @jhwh:

                Sie bleiben beim Raunen und Reimen. Erstens behaupten sie Motive (Ressourcen), zweitens dass eine militärische Unterstützung von Rebellen auf einen Regimewechsel abzielen. Sie belegen das nun mit einer Lieferung Boden-Luft-Raketen und Panzergranaten. Völlig ausgelassen dabei, dass jede dort involvierte Macht seine "Alliierten" mit Waffen beliefert. Vom Iran über Russland, die Saudis, die Türkei, die Franzosen und die Deutschen. Aber eine Lieferung der USA wird für die zum Beleg für den effektiven game changer. Wie effektiv damit der Regimewechsel herbeigeführt wurde, erfährt man derzeit u.a. in Aleppo.

                 

                Wie uneins Amerika außerdem in der Frage von militärischen Interventionen ist, könnten sie ihren eigenen Quellen entnehmen. Dass das nicht passiert kommt daher, dass sie schlicht das aussieben, was ihre Sicht der Dinge nicht unterstützt. Das genau diskreditiert sie aber für Diskussionen. Vergessen sie auch mal nicht, wer sich hier mit seiner Weltsicht an einen Kommentar über die Reform des Sicherheitsrates angehängt hat, um seine Verschwörungsphantasien zu produzieren. Einen komplexen Konflikt, wie der in Syrien einer ist, sind sie gar nicht in der Lage zu analysieren. Das haben sie weiter unten mit ihrem Kommentar zum Presseclub noch einmal unterstrichen. Da wird für sie sofort jeder Experte, der ihren Amerikahass nicht teilt zu einem "Ahnungslosen".

                • @24636 (Profil gelöscht):

                  Oh-oh. Handfeste Belege. Da müssen Sie natürlich schnell das Thema wechseln.

                  Können wir aber gerne tun: Niemand bestreitet, daß die syrische Regierung aus Russland und aus dem Iran mit Waffen beliefert wird. Sie finden entsprechende Meldungen bei deren staatlichen Nachrichtenagenturen. Auch die Brüche innerhalb des amerikanischen Machtapparats zur Interventionsfrage sind bekannt. Beides muss zur Meinungsbildung bei diesem Konflikt nicht „ausgesiebt“ werden.

                  Die Waffenlieferungen westlicher Staaten, die ich Ihnen als ahnungslosem Mainstream-Rezipienten ja erst einmal nachweisen musste, werden dann relevant, wenn in diesen Staaten scheinheilig von der „Responsability to protect“ gefaselt wird.

                   

                  Keine Angst, ich habe nicht vergessen „wer sich [...] an einen Kommentar über die Reform des Sicherheitsrates angehängt hat...“

                  Ich habe allerdings auch nicht vergessen, wer sich mit einem unqualifiziertem Einwurf zum Syrien-Konflikt an einen ausgezeichneten Artikel zur westlichen Interventionspolitik angehängt hat.

                  • 2G
                    24636 (Profil gelöscht)
                    @jhwh:

                    Das erscheint ihnen als Themenwechsel, weil sie anderen ihren raunenden Simplizismus a la die USA versuchen Assad zu stürzen, um Russlands Ressourcenfluss zu unterbinden um jeden Preis aufschwätzen wollen. Außenpolitiken und damit korrespondierende Konfliktszenarien sind aber selten bis nie so eindimensional wie sie es hier auszubuchstabieren versuchen. Da hilft es auch nichts, wenn sie Artikel wie den von Kennedy jr. verlinken, denn sie benutzen ihn ja nur, aber hinterfragen ihn nicht weiter. Das ist alles Ausweis ihres Interesses daran, eine eingleisige Deutung zu produzieren. Wie sehr das aber an den täglichen Fakten, wie den bombardierten Krankenhäusern und Hilfstransporten, vorbeiläuft, das interessiert sie dann nicht weiter.

                     

                    Meine Perspektive war jedoch die eines Mangels an institutioneller politischer Möglichkeiten zur Einhegung des Konflikts. Dieses Problem besteht aber weiter und verschärft sich gerade dadurch, dass die verschiedensten Interessen sich mit dem Versuch der beiden zentralen Verhandlungspartner für einen Waffenstillstand verschränken und sich so behindern. Dieser Steuerungs- und Einflussmangel wirkt konfliktverschärfend wie ökonomische, lokal- und regionalpolitische Motive. Denn ein stabilisiertes Syrien würde ja von jeder einzelnen Pipeline profitieren, wäre also gar nicht erst in der Not, sich von Putin erpressen zu lassen. So weit reicht ihr Blick aber erst gar nicht, weil sie sich an das antiamerikanische Geraune klammern. Ich sehe gerade in solchen reproduzierten Fixierungen nur eine Art Wiederkäuen von Feindbildern. Jedenfalls keinen Erkenntnisgewinn, den sie mir so ennerviert aufzudrängen suchen.

                    • @24636 (Profil gelöscht):

                      Ihre "täglichen Fakten, wie den bombardierten Krankenhäusern und Hilfstransporten"

                       

                      stellen sich inzwischen so dar:

                       

                      Öffnet man die Website von "Ärzte ohne Grenzen", findet man dort, als einzig nachweisliche Bombardierung eines ihrer Krankenhäuser, den Eintrag über die USA.- Bis heute.

                      Desweiteren werden wegen der Bigotterie im europäischen " Hilfeverfahren", Spendengelder der westlichen Allianz nicht mehr entgegengenommen. (siehe auch Taz-Berichte dazu)

                      ---

                      In der Infolandschaft Ihres Themas "Bombardieren des Hilfskonvois" geschah alsbald folgendes:

                       

                      Nachdem die Anschuldigung so schön mainstreammäßig in die Welt gesetzt waren, ruderten die UN zurück: Es seien wohl doch keine Bombardierungen im Spiel gewesen.- Man müsse nun erst neue Fakten bzw. neu zu verfassende Untersuchungsergebnisse abwarten.

                      • 2G
                        24636 (Profil gelöscht)
                        @H.G.S.:

                        Es gibt eine Sonderkommission der UN, die den Angriff untersucht, also warten wir es ab. Auffällig war in jedem Fall, dass Russland mehrmals Falschmeldungen veröffentlichte und sich nachträglich korrigieren musste.

                        http://www.nzz.ch/international/nahost-und-afrika/angriff-auf-hilfskonvoi-in-syrien-die-indizien-belasten-russland-schwer-ld.118107

                         

                        Im Unterschied zu den Russen habe die Amerikaner ihren Angriff auf die syrische Stellung auch eingeräumt. Der von ihnen zitierte Fall des "Ärzte ohne Grenzen"-Krankenhauses war in Kundus und nicht in Syrien. Auch dieser Fall wurde eingeräumt, was ihnen vielleicht egal sein mag, aber für die Hinterbliebenen Klagenrecht auf Entschädigungen bedeutet.

                         

                        Was die Nachrichtenlage betrifft, halte ich die Berichterstattung in Deutschland auch für problematisch. Thomas Pany hat das auf Telepolis für die Weißhelme die Tage mal versucht nachzuzeichnen, also wie schwierig es ist im Info-Krieg zwischen Putins Propaganda, den syrischen Diensten und dem Prädispo (+ mangelnde Kontrolle der übernommenen Meldungen) des Westens die Fakten noch abzusichern. Oftmals wird die gründliche Recherche einfach nur behauptet, aber nicht offengelegt und zumindest mit einer Quellenangabe belegt, die als solche über eine Behauptung hinausgeht. Hier wiederholen sich die Probleme der Ukraine-Krise, obwohl unsere Medien Besserung gelobt hatten.

                        • @24636 (Profil gelöscht):

                          03. Oktober 2016 :

                          website "Ärzte ohne Grenzen":

                           

                          "Am 3. Oktober 2015 wurde unser Krankenhaus durch mehrere Luftangriffe eines US-Flugzeugs bombardiert und zerstört. Unsere Kollegen dort kämpften um ihre Leben und um das unserer Patienten und Patientinnen. Die Angriffe töteten 42 Menschen, darunter 14 unserer Mitarbeiter, 24 Patienten und 4 Begleitpersonen. Dutzende wurden verletzt.

                          Zum Jahrestag dieses schrecklichen Ereignisse sind unsere Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen. Unsere Mitarbeiter, die sich immer mit großem Engagement für unsere Patienten und Patientinnen eingesetzt haben und auch in der Situation des Angriffs mutig für sie kämpften, vermissen wir sehr. Wir werden sie niemals vergessen.

                          https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/us-bericht-bombardierung-klinik-kundus-ungenuegend

                • @24636 (Profil gelöscht):

                  Sie verweisen wiederholt auf die Katastrophe in Aleppo. Aber wer hat nach Eintritt des letzten Waffenstillstandes als Erster drauflos bombardiert. Wollen wir das Ganze mal erweislich struktuierend angehen oder lieber hysterisierend einseitig und dadurch immerhin vorgeworfenerweise manipulierend-?

                  • @H.G.S.:

                    ;)

                  • 2G
                    24636 (Profil gelöscht)
                    @H.G.S.:

                    "das Ganze mal erweislich struktuierend angehen oder lieber hysterisierend einseitig und dadurch immerhin vorgeworfenerweise manipulierend"

                     

                    Ja, ja, machen sie nur.

      • @jhwh:

        Korrektur: natürlich Irak statt Iran

  • Selten einen so guten und präzisen Kommentar gelesen....man hat sich ja fast daran gewöhnt, dass in der TAZ die hundsgewöhnliche Interventionismus-Verherrlichung das Kommando übernommen hat.

    • @Thea:

      Stimme Ihnen zu. Ähnlich präzise Kommentare gab es heute im Pressclub zum Thema Syrien. Herausragend Kristin Helberg und Sylke Tempel: http://mediathek.daserste.de/Presseclub/Waffenruhe-gescheitert-Weltm%C3%A4chte-zerst/Video?bcastId=311790&documentId=38075118

      • @Thomas Kniep:

        Um Himmels Willen. Das war der übelste Presseclub seit Jahren. Tempel noch ahnungsloser als Helberg, Beide voll auf dem Interventionstrip und die Moderatorin überfordert. Ich hatte Mitleid mit Todenhöfer (und das will einiges heißen).

        • 2G
          24636 (Profil gelöscht)
          @jhwh:

          Klar, wer nicht ihre Vorurteile teilt, muss natürlich "ahnungslos" sein.

          • @24636 (Profil gelöscht):

            Nein, wer wie z.B. Helberg US-Waffenlieferungen (s.o.) und den Plan für einen Regime-Change in Syrien abstreitet, der könnte natürlich auch ganz einfach kackfrech lügen.

             

            "The best way to help Israel deal with Iran's growing nuclear capability is to help the people of Syria overthrow the regime of Bashar Assad...."

            https://wikileaks.org/clinton-emails/emailid/18328

            • 2G
              24636 (Profil gelöscht)
              @jhwh:

              Sie zitieren eine Mail von 2001? Hat sich nicht inzwischen was getan im Iran? Und durch wen noch mal? Das ist genau das, was ich ihnen unterstelle. Sie spielen Setzkasten und nur sie bestimmen, was dort hineinkommt und was nicht. Dabei wird es dann belanglos, dass nach SIPRI-Angaben allein zwischen 2011 und 2014 Russland Waffen von knapp 1 Mrd. US Dollar an Assad geliefert hat. Munition, Marschflugkörper, Vakuum- und Streubomben. Sie haben auch stets fesch die USA im Blick, während auch Deutschland die Anti-Assad-Kräfte mit panzerbrechender Munition beliefert. Vom Iran pro Assad gar nicht erst anzufangen. Ihr Horizont ist wie bereits gesagt schlichtweg limitiert.

              • @24636 (Profil gelöscht):

                Der nächste Beweis für Ihre Inkompetenz. Jeder, der diese Mail kennt (und sie ging nun wirklich durch alle Blätter die sich ernsthaft mit Außenpolitik beschäftigen) weiß, daß das Datum falsch ist. Man muss allerdings nicht einmal 30 Zeilen lesen, um sie korrekt datieren zu können: "Speaking on CNN's Amanpour show last week, Defense Minister Ehud Barak argued..." Das war im April 2012. Ein paar Zeilen weiter finden Sie dann zur Bestätigung "The rebellion in Syria has now lasted more than a year."

                • 2G
                  24636 (Profil gelöscht)
                  @jhwh:

                  Ist mir schon klar, dass sie sowas wie Russia Today konsumieren. Sie raffen dennoch nicht den Unterschied zwischen einen Regimewechsel wünschen und einen entscheiden herbeiführen. Womit glauben sie eigentlich mich erhellen zu können? Dass die US-Außenpolitik in Vorderasien von Interessen geleitet wird? Dass man Assad gerne aus dem Land hätte? Dass die USA auch militärische Unterstützung leisten? Gerade sollen die Russen übrigens wieder ein Krankenhaus bombardiert haben, während sie die USA für ihre Unterstützung der Anti-Assad-Kräfte kritisieren und darin den Regimewechsel zu erkennen suchen. Aber so ist das, wenn man alles durch sein Feindbild rastert, dann sieht und liest man auch nichts anderes mehr.

                  • @24636 (Profil gelöscht):

                    So, ich denke, wir sollten nicht unbedingt versuchen, Godwin’s Law zu testen.

                     

                    Zeit für ein kleines Wrap-up:

                    Sie haben gestern und heute gelernt:

                    a) daß China ein ständiges Mitglied mit Vetorecht im UNSC ist,

                    b) daß aus diesem Grund Russland in diesem Gremium hinsichtlich des Syrien-Konflikts nicht isoliert ist,

                    c) daß deshalb eine Lösung dieses Konflikts nicht durch die Abschaffung des Einzel-Vetorechts erreicht werden kann.

                    d) daß die USA und ihre Verbündeten belegbar seit Beginn des Konflikts die syrischen Regimegegner direkt und indirekt mit schwerem Kriegsgerät versorgen,

                    e) daß die Unterstützung der Aufständischen durch die USA und ihre Verbündeten ebenfalls belegbar das Ziel hatte, einen Regime-Change durchzuführen,

                    f) daß die Einsicht des Westens, daß dieser Regime-Change gescheitert ist sowie die Einstellung aller Waffenlieferungen aus dem Westen genauso notwendige Voraussetzungen für einen Frieden sind, wie alle Schritte, die Russland, der Iran und die syrische Regierung unternehmen müssen.

                     

                    Ich denke, das ist schon eine ganze Menge. Wenn Sie sich jetzt noch (vielleicht entlang der Stichworte und Links, die ich Ihnen zur Verfügung gestellt habe) ein wenig mit dem Thema befassen, können wir uns gerne wieder einmal unterhalten.

                     

                    Weil Ihnen der tatsächliche oder unterstellte Amerikahass anderer offensichtlich am Herzen liegt, empfehle ich gerne noch einmal die nachfolgend verlinkte Betrachtung des Amerikaners Robert F. Kennedy jr. mit dem Titel „Why the Arabs don’t want us in Syria“.

                    • 2G
                      24636 (Profil gelöscht)
                      @jhwh:

                      [...] Währenddessen in Syrien:







                      "Indiscriminate bombing and shelling continues in a shocking and unrelenting manner, killing and maiming civilians, subjecting them to a level of savagery that no human should have to endure."







                      Stephen O'Brien gestern für das UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs. Ihnen geht es darum ihr einfältiges Amerikabild zu produzieren. Das hab ich durchaus begriffen. Sich freiwillig zum Hanswurst von Putins Agenda zu machen, da kann man nur gratulieren. Hut ab, Genosse.

                       

                      Kommentar gekürzt. Bitte bleiben Sie jetzt beide sachlich und vermeiden Sie Unterstellungen und Beleidigungen. Die Moderation.