Das abgesagte Klimageld: Ungerechter Umweltschutz
Finanzminister Christian Lindner verschiebt das lange geplante Klimageld weiter. So aber bleibt der Schutz vor der kommenden Katastrophe sozial ungerecht.
H aben Sie die Heizung ein Stück hochgedreht, als es vergangene Woche so bitterkalt war? Wenn Sie wie die große Mehrheit der Deutschen mit Gas, Öl oder Kohle heizen, war das ein bisschen teurer, als es letztes Jahr gewesen wäre. Der deutsche CO2-Preis ist von 30 auf 45 Euro für jede Tonne des Treibhausgases gestiegen, die durch fossiles Heizen oder auch Autofahren in der Atmosphäre landet. Schon die Große Koalition hatte dieses Preisniveau für 2024 vereinbart. Die Ampelregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag eigentlich versprochen, das Geld, das der Staat so einnimmt, für ein sogenanntes Klimageld zu nutzen. Es würde also an die Bürger*innen zurückfließen.
Das hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nun abgesagt. „Ob wir die Förderlandschaft in diese Richtung politisch umbauen, das wird nach der nächsten Wahl zu entscheiden sein“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Überraschend kommt das nicht, schließlich hatte die Bundesregierung das Geld längst anders verplant. Trotzdem ist es bitter. Das Klimageld hätte klimafreundliches Verhalten belohnt. Alles, was der Staat durch den europäischen sowie den deutschen CO2-Preis einnimmt, würde gleichmäßig auf alle Bürger*innen aufgeteilt. Wer wenig CO2 verursacht und entsprechend wenig gezahlt hat, würde vielleicht sogar Plus machen.
Davon würden arme Menschen in vielen Fällen profitieren. Klimafreundliches Verhalten hat bisher nämlich oft damit zu tun, dass Menschen sich das Erdaufheizen schlicht nicht leisten können: große Wohnung, großes Auto, häufige (Flug-)Reisen. Wer viel verdient, verursacht dagegen auch eher viel CO2.
Das Klimageld wäre also gut und gerecht. Expert*innen empfehlen es seit Jahren, Klimaschützer*innen und -politiker*innen fordern es – übrigens selbst, wenn sie dasselbe Parteibuch wie Christian Lindner haben, wie der FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler.
Regelmäßig fällt die Plattitüde, Klimaschutz dürfe nicht überfordern. Mit der Absage des Klimagelds hat die Bundesregierung eine Chance verspielt, das in die Tat umzusetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist