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Coronalage in DeutschlandDüstere Aussichten für Dezember

Der RKI-Chef betont, dass die Zahl der Coronatoten steigen wird. Bei ungebremster Welle würden bis Weihnachten fast 20.000 Menschen sterben.

Der Sarg eines Coronatoten in einem Krematorium in Meißen am 9. November 2021 Foto: Robert Michael/dpa

Berlin taz | Die düstere Prognose des RKI-Präsidenten Lothar Wieler könnte ein Weckruf für die Teil­neh­me­r:in­nen des Bund-Länder-Gipfels sein. Denn aus dem ungewöhnlich klaren Hinweis des sonst seine Worte eher vorsichtig wählenden RKI-Chefs lässt sich errechnen, was in den nächsten Wochen auf Deutschland zukommt.

Wie Wieler bei einer live gestreamten Anhörung der sächsischen Landesregierung am Mittwochabend betonte, sterben derzeit 0,8 Prozent der registrierten Neuinfizierten. Er rechnete daher vor, dass von den am Mittwoch neu registrierten 50.000 Infizierten unweigerlich rund 400 Menschen sterben werden.

Die Kurve der Toten folgt der Kurve der Infektionen derzeit mit rund 12 Tagen Verzögerung. Daher ist es jetzt schon nahezu sicher, dass der 7-Tage-Mittelwert der Toten von heute 191 um nochmals 80 Prozent auf 340 Ende November steigen wird. Der Höchststand der 3. Welle wird damit bei Weitem übertroffen werden, er lag am 30. April bei 241.

Innerhalb der nächsten 12 Tage werden mithin mehr als 3.000 Menschen an Corona sterben. In wenigen Tagen wird auch die Marke von 100.000 Coronatoten insgesamt in Deutschland erreicht werden. Daran gibt es, wie Wieler zu Recht sagte, nichts mehr zu ändern.

Eine so exakte Projektion über die kommenden 12 Tage hinaus ist nicht möglich. Aber es lässt sich vorhersagen, wohin die Pandemie führt, wenn sie sich mit dem aktuellen Tempo weiterentwickelt.

In den vergangenen vier Wochen stieg die Zahl der Neuinfizierten nahezu kontinuierlich um rund 40 Prozent pro Woche. Mal schien dieses Wachstumstempo noch viel höher, mal war es niedriger. Aber das dürfte im Wesentlichen durch Meldeverzögerungen rund um den 1. November begründet sein, der in vielen Bundesländern ein Feiertag war.

Geht man davon aus, dass die Fallzahl weiter mit diesem Tempo steigt und sich auch an der Sterberate nichts ändert, dann wird die Zahl der Toten an Weihnachten auf im Schnitt 1.000 pro Tag ansteigen. Bis zu den Festtagen werden dann annähernd 20.000 Menschen insgesamt an Corona sterben.

Diese Zahlen sind, anders als die Prognose bis Ende November, zum Glück nicht in Stein gemeißelt. Sie zu senken ist die Aufgabe des Bund-Länder-Gipfels.

Einen großen Effekt könnte aber auch das Verhalten der Bevölkerung zeigen. Bei den vorhergehenden Wellen war auffällig, dass die Zahlen der Neuinfektionen meist schon sanken, bevor staatliche Maßnahmen wirksam wurden. Offenbar hatte bereits die Diskussion darum dazu geführt, dass viele Menschen freiwillig und vorsorglich ihre Kontakte eingeschränkt hatten.

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12 Kommentare

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  • Sitz doppelgeimpft und fröhlich so inner Sonne (ja, Sonne !!!) aufm Bämkle vorm Test-Laden und wart auf mein Ergebnis. Kommt ne radel-rasende Reporterin an auf der Suche nach Leuten, die sie fragen kann , weshalb sie nich geimpft sind. Zu diesbezüglichen Erkenntnissen könnwer aber nu ja nix beitragen. Motivlage des Sich-testen-Lassens eventuell etwas einseitig eingeschätzt ? Vielleicht hat die Presse heut ja was gelernt.

  • Herr Wieler ist doch CDU Mann oder liege ich da falsch.



    In 16 Jahren CDU gebe ich mal ein paar Überschriften die bekannt waren.



    2015: " Krankenhäuser mit ihren Notaufnahmen und Intensivstationen



    bei den Rettungsdiensten sogar ganz abmelden.



    2016: " Kliniken klagen, Alarm Intensivstationen überlastet.



    2017: "Krankenhäuser stoßen an Kapazitätsgrenzen Intensivstátionen



    überlastet.



    2018: "Experten schlagen wegen Intensivbettenüberlastung Alarm.



    2019: "Alarm auf Intensivstationen, völlig überlastet.



    2020: "Intensivpersonal schlägt Alarm.



    wenn man nach den jährlichen Warnungen die Pflegekräfte immer noch auf den Bäumen sucht, stimmt etwas mit den Wahnrnehmunge nicht

    • @Gretchen Müller:

      Nur sind die Krankenhäuser Landesunternehmen.

      16 Jahre CDU im Bund sind also fast unerheblich, denn die Arbeit der Krankenhaus-Betreibergesellschaften ist vorrangig Sache der Länder.

      Genau so, wie Sie es beschreiben, sieht es in Berlin aus. Nur hat das was mit Rot-Rot-Grün zu tun.

  • Ich glaube, dass die Bevölkerung sich eigentlich nochr echt gut verhält. Aber die Strukturen sind jetzt andere. Es gibt wenigstens in Hamburg und anderen Städten wieder volle Verkehrsmittel, es gibt Menschenansammlungen, es gibt wieder Schulunterricht, dabei gelten zwar noch Vorschriften, aber immer öfte unterlaufen einige Menschen die.



    Ganz EINFACH:



    Es wird neue Maßnahmen geben. In Supermärkten und in Verkehrsmitteln. Das liegt m.M. an der Deltavariante. Mit der Booster-Impfung lassen sich die Sterbezahlen und vielleicht die schweren Verläufe noch etwas steuern, aber der ganze Rest ist momentan nur durch einschneidende Maßnahmen zu begrenzen oder einzugrenzen. Und deswegen wird da was kommen müssen.

    • @Andreas_2020:

      Die Gefährdung, auch Geimpfter, sich anzustecken, geht ja weitgehend von Ungeimpften aus, die Inzidenzen, wo erfasst, sind in beiden Gruppen sehr weit auseinander. Schützen kann also das Impfen nicht vor der Zahlenexplosion, selbst wenn sich subito die Hälfte des ungeimpften Drittels zum Pielks entschiede (und auch einen fände ...). Wirkt ja erst an Weihnachten.Im ca. verbleibenden Sechstel finden sich die Kinder, plus jene Erwachsenen, die sich nicht impfen lassen können.

    • @Andreas_2020:

      Ja klar, Supermärkte usw. Da halten sich die meisten eh zurück.



      Nein, einfach wäre die Hochrisikozonen zu schließen. Diskos, Clubs. Bars, Karnevalsitzungen, Saufkneipen....immer wo sich Leute halt aus Prinzip oder Alkohol schrankenlos verhalten

  • Endlich Impfpflicht! Und das Geschrei der Ungeimpften sollte einem so egal sein wie ihnen 20.000 Menschenleben.

  • Ja also ich muss sagen, ich habe meine Kontakte, die seit März 2020 sowieso sehr niedrig sind jetzt wieder enorm eingeschränkt. Wenn es die Politik nicht hinkriegt wissenschaftlich zu agieren muss man es eben selber in die Hand nehmen...

  • Schlimm, dass RKI Wieler das überhaupt thematisieren muss. Jeder mit Schulabschluss hätte das vor sechs Wochen bereits sehen müssen. Und da wurde von FDP Granden und glaub auch Söder noch von Freedom day gefaselt. Und was man zu den Karnevalsjungs und Mädels in Köln letzte Woche im TV noch sagen kann? Man muss um einige Leute in diesem Land echt Sorgen machen. Ist ein weitgehend normales Leben zu führen mit Maske und Impfung durchziehen so ein Problem? Welcher Zacken fällt da aus welcher Krone?

    • @Tom Farmer:

      Wobei die Ironie dabei ist, dass viele jener, denen die Pandemiemaßnahmen am meisten auf den Keks gehen, auch einen Teil dazu beitragen, dass die Notwendigkeit von Maßnahmen weiterhin gegeben ist.

      • @Uranus:

        Und siehe erste Bundestagssitzung. Umarmungen, Händeschütteln, ..... Wahre Vertreter eben, dieses Volkes.

    • @Tom Farmer:

      JA, da fallen vielen die Zacken aus der Krone, sich mal 2-3 Wochen zurück zu halten. DAs sind die Einen. Die Anderen sind die mimimi´s und Schwurbler. Daher: kompletter Lokdown für 2 Wochen für Alle. Die Politik hat dann 2 Wochen Zeit etwas auf die riehe zu bringen: Impfpflicht und Schluss mit dem Gelaber und Rücksicht auf jeden erhobenen Zeigefinger und Schwurbler, Hochfahren der Test- und Impfzentren und eine einheitliche, bundesweite Regelung - so lange bis alles wieder auf einem unkritischen Level. Anere Lönderhaben es vorgemacht während bei uns Gelabert und Geschwafelt wird.