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Bund-Länder-Beschluss zu CoronaEin irreführender Indikator

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Bund und Länder machen die Hospitalisierungsrate zum bundesweit einheitlichen Corona-Indikator. Leider ist sie schlecht berechnet und unbrauchbar.

Eine Oberärztin mit einem Coronapatienten in einer Intensivstation in Thüringen, November 2021 Foto: Bodo Schackow/dpa

M an muss auch mal loben können. Und deswegen gleich vorab: Ja, es ist richtig gut, dass sich die Mins­ter­prä­si­den­t:in­nen mit den Ver­tre­te­r:in­nen der Bundesregierung endlich zusammengesetzt haben. Nach wochenlangem Zögern zwar erst, was angesichts der rasant ansteigenden Corona-Zahlen fatal ist – für viele sogar letal. Aber immerhin haben sie sich nun ohne allzugroßen Radau auf bundesweit geltende Maßnahmen geeinigt. Das war mehr als überfällig.

Richtig und wichtig ist auch, dass sie dem noch relativ neuen Warnwert, der Hospitalisierungsrate, landeseinheitliche Schwellenwerte gegeben haben, die nun in allen Bundesländern die gleichen Konsequenzen nach sich ziehen. Das macht das Handeln der Regierenden erklärbar, ein Fakt, der angesichts der verständlicherweise noch immer großen Verunsicherung durch die Coronapandemie nicht zu unterschätzen ist.

Dumm nur, dass sich die Ministerpräsidentenkonferenz mit der Hospitalisierungsrate den am schlechtesten berechneten Warnwert gewählt hat. Da nutzen auch die neu eingeführten Schwellenwerte 3, 6 und 9 nichts mehr. Sie gaukeln Klarheit vor, wo doch nur Tapsen im Nebel möglich ist.

Dabei könnte die Hospitalisierungsrate eigentlich ein klug gewählter Wegweiser sein. Sie gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen in den letzten 7 Tagen wegen einer Covid-19-Erkrankung in eine Klinik aufgenommen wurden.

Leicht erkrankte Infizierte fallen raus

Anders als bei der 7-Tage-Inzidenz, die die Entwicklung aller neu registrierten Infizierten beschreibt, konzentriert sich die Hospitalisierungsrate nur auf diejenigen, die so schwer erkrankten, dass sie in Kliniken behandelt werden müssen. Infizierte ohne Symptome und auch nur leicht Erkrankte fallen raus. Sie misst damit den Stand der Pandemie tatsächlich an einem Punkt, an dem es heikel wird: in den Krankenhäusern.

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Das heißt, sie würde ihn messen, wenn es denn geeignete Daten gäbe. Die aber fehlen. Zwar veröffentlicht das Robert-Koch-Institut (RKI) seit Mitte Juli fast täglich die Hospitalisierungsrate. Aber zwischen dem Beginn des Krankenhausaufenthalts eines Covid-19-Falls und dem Zeitpunkt, an dem diese Information am RKI eingeht, entsteht ein zeitlicher Verzug. Und der beträgt teilweise mehrere Wochen.

Daher muss der Tageswert der Hospitalisierungsrate stets im Nachhinein nach oben korrigiert werden. Nicht um ein paar zu vernachlässigende Stellen hinter dem Komma, sondern meist um 80, manchmal sogar um 100 Prozent. Mit anderen Worten: Die tatsächliche Hospitalisierungsrate ist fast doppelt so hoch wie angegeben. Den exakten Wert kennt man erst Wochen später. Als aktueller Warnindikator ist die Hospitalisierungsrate somit schlichtweg unbrauchbar.

Am Montag vergangener Woche meldete das RKI zum Beispiel eine Hospitalisierungsrate von 3,93, mittlerweile wurde sie um 85 Prozent auf 7,26 korrigiert. Das RKI kennt und benennt das Problem in seinen Wochenberichten. Dort veröffenticht es mittlerweile regelmäßig eine Kurve mit der sogenannten „adjustierten Hospitalisierungsinzidenz“, die den erwarteten Wert hochrechnet.

In der jüngsten Ausgabe von Donnerstagabend ist die bundesweite Hospitalisierungsinzidenz schon auf 10 gestiegen – und zwar am vergangenen Samstag. Daten für die letzten Tage zeigt die Kurve nicht. Zudem kann man nicht einmal ausrechnen, wie sehr dieser Samstagswert angestiegen ist. Denn am Wochenende berechnet das RKI die Rate nicht, was sie nochmals unbrauchbarer macht.

Anscheinend fallend: Die 7-Tage-Hospitalisierungskurve des Robert-Koch-Instituts Infografik: RKI

Noch verwirrender ist, dass das RKI auf seiner Homepage eine Kurve der „7-Tage-Inzidenz Hospitalisierungen“ zeigt, die am Ende stets fällt. Sie erweckt also den Anschein, dass die Belastung der Krankenhäuser sinkt. Dabei fehlen bei den jüngsten Werten schlichtweg nur die Nachmeldungen. Eine irreführende Grafik, die schon zu zahlreichen Missverständnissen geführt hat – selbst in der Berichterstattung über die Pandemie.

So ist in vielen Medienberichten immer wieder zu lesen oder zu hören, dass die aktuelle Hospitalisierungsrate mit dem bisherigen Allzeithoch verglichen wird. Die 7-Tage-Inzidenz-Hospitalisierungen lag an Weihnachten letztes Jahr bei fast 16. Der am Donnerstag gemeldete Tageswert von 5,3 hörte sich da noch vergleichsweise harmlos an. Wenn man aber davon ausgehen muss, dass die Rate längst über 10 liegt und stetig steigt, sieht es schon ganz anders aus.

Ein Warnwert, der die Lage verharmlost. Geht es noch absurder? Leider ja. Denn nun soll dieser Wert bundesweit Orientierung geben. Legt man die vom RKI zuletzt veröffentlichten Hospitalisierungsraten der Länder zugrunde, dann würde in Hessen derzeit der Schwellenwert 1 überschritten. Geht man aber davon aus, dass der tatsächliche Wert mindestens 80 Prozent höher liegt, würde in Hessen Warnstufe 2 gelten.

Und rechnet man damit, dass sich die Rate sogar noch verdoppelt, würde sogar der Schwellenwert 3 überschritten und damit die höchste Warnstufe erreicht werden. In mindestens 13 der 16 Bundesländer sind wegen des Datenverzugs die Coronawarnstufen zu niedrig und damit die Gegenmaßnahmen unangemessen lau. Die Zahl der Infektionen wird unzureichend gebremst. Und am Ende sterben mehr Menschen als bei einem wirksamen Warnsystem. Könnte man da nicht einfacher Lotto spielen?

Oder die Coronamaßnahmen aus dem Kaffeesatz des Bundeskanzleramts herauslesen? Ganz so schlimm ist es nicht. Schließlich lässt sich aus den Änderungen der Hospitalisierungsrate noch immer eine Tendenz herauslesen. Dass aber die verantwortlichen Po­li­ti­ke­r:in­nen glauben, aus einem äußerst wackeligen Wert konkrete Schlüsse ziehen zu können, ist alles andere als beruhigend.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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31 Kommentare

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  • Wenn die Krankenhäuser voll sind, können sie einen geringeren Anteil der mittelschwer erkrankten aufnehmen.



    Wenn dann also immer mehr an sich bedürftige Patienten abgewiesen werden, bleibt der Indikator niedrig. Zu nichts zu gebrauchen. Gilt für die Intensivbetten ähnlich.

    • @meerwind7:

      Falsch. Bisher werden keine akut erkrankten, die notwendigerweise im Krankenhaus behandelt werden müssen, abgewiesen ("Triage"). Plätze werden dadurch freigehalten, dass verschiebbare geplante Operationen abgesagt werden.

      Im möglichen Idealfall führt die steigende Zahl der Corona-Hospitalisierten zu Einschränkungen, die wiederum die Anzahl der Corona-Hospitalisierten senkt.

      Ist sicher nicht das einzige Allheilmittel. Aber unter den gegebenen Bedingungen hört sich das für mich sinnvoll an.

  • Im Text unter den jeweiligen Grafiken weist das RKI-Papier allerdings deutlich darauf hin, dass im grau markierten Bereich Zahlen noch fehlen. So etwa Inzidenzen nach Altersgruppen, Bericht 11.11., Seite 11 oben (Karbnevalszahl hier ganz unironisch, tatsächlich Zufall): "...insbesondere für die letzten zwei Wochen noch mit Nachübermittlungen in erheblichem Umfang und damit mit einer Erhöhung der Anzahl zu rechnen. " Nu müssen halt auch die hier angesprochenen verwirrten Journalisten lesen können ...

    Zu notwendigen Automatisch-Mechanismen und der absoluten Notwendigkeit, dies an Infektionsinzidenzen und sonst besser garnix festzumachen und die Inzidenz-Zahlen durch mehr Testen näher an die Wirklichkeit ranzurücken, vgl. auch die unmaßgebliche vorgestrige taz-Leser-Meinung: taz.de/Weiterer-Sc...bb_message_4223480

    Krankenhäuser, Cluster-Ausbrüche etc. können auch für Schwellenwerten zum Auslösen mit Automatismen herangezogen werden, aber NUR als FALLBACK-Option, falls die Infektionsinzidenz irgendwo unter Schwellenwert sein sollte, aber zugleich Krankenhausbelegung, Clusterausbrüche o.ä. durch die Decke gehen.

    • @lesnmachtdumm:

      "und die Inzidenz-Zahlen durch mehr Testen näher an die Wirklichkeit ranzurücken"

      Ja das wundert mich echt... auch anfangs de Jahres schon. England hat in einem gewissen Zeitraum die Anzahl der Tests verdoppelt, fast verdreifacht, bei uns ging die Anzahl auch hoch, aber nicht so wie dort und später, als die Fallzahlen sanken brach auch die Anzahl der Tests wieder ein. Das man hier nicht alles getan hat Kapazitäten auf zu bauen und die Anzahl der Tests hoch zu halten ist...Politikversagen?

      Und egal wie teuer ein Test ist: er ist 1000fach ausgeführt noch immer billiger als ein Patient auf Intensiv!

  • Was noch fehlt in der Problembeschreibung: bei wem zwischen Infektion und Hospitalisierung mehr als eine Woche liegt, der wird systematisch NIEMALS im aktuellen Wert erfasst, und das schon ganz ohne Meldeverzug, weil der Tag der Infektion Auschlag gibt, nicht der Tag der Hospitalisierung.

    Siehe: www.mdr.de/nachric...ntergrund-100.html

    • @Stephan Herrmann:

      Herzlichen Glückwunsch... sie haben das - Lauterbach mal ausgenommen - besser verstanden als jeder Spitzenpolitiker dieses Landes

  • Die Argumentation finde ich zwar in sich schlüssig, nur fände ich es schon eigenartig, wenn die Politiker, die mit dem RKI diesen Wert festlegen, das nicht wüssten. Dass sie diese Verzögerung nicht einkalkulieren und deshalb die Werte auf diesem Niveau definiert haben und nicht 100% höher.

  • Das war informativ.



    Gefehlt hat mir ein kleines Detail:



    Wer wegen etwas anderem ins Krankenhaus kommt und dort aber positiv getestet wird, gilt ebenfalls als hospitalisierter Coronafall.



    So geschehen bei meiner Mutter.

    Und das finde ich gerade weil der Artikel informativ ist, recht schade, denn auch aus diesem Grund ist also diese Zahl nur ganz bedingt aussagekräftig.

  • Also: Hospitalisierungsrate als relevanter Parameter ist prinzipiell gut. Schlecht dabei ist, dass die korrekten Zahlen erst verspätet verfügbar sind.



    Lösung: die Krankenhäuser werden verpflichtet, die Zahlen der hospitalisierten Covid-Patienten tagesaktuell an eine zentrale Stelle zu übermitteln.



    Leute, das ist weder Hexenwerk noch Raketentechnologie. Einfach mal machen.

    • @Flachköpper:

      Das Problem ist: selbst tagesaktuell sagen dir die Zahlen nur was du vor 2-3 Wochen ganz dringend hättest tun sollen.

      Sowas nennt man Totzeit. Daher ist dieser Indikator nur eines: komplett ungeeignet. Und jeder Indikator der die Lage früher abbildet ist besser!

      • @danny schneider:

        Die Einschränkungen, die wegen der steigenden Hospitalisierung verhängt werden, führen dazu, dass nach 2-3 Wochen diese Hospitalisierungsrate wieder sinkt. Ich halte ihn deshalb weiterhin für einen sinnvollen und sogar frühestmöglichen Indikator. Die Epidemische Lage ist anders als vor 10 Monaten, als wir kaum Geimpfte hatten. Damals war klar: eine gewisse Inzidenz für immer zu bestimmten Krankenzahlen (symptomlose, leichterkrankte, schwererkrankte, Todesfälle). Die jetzige Lage ist anders: viele sind geimpft, und vor allem viele Vorbelastete sind geimpft. Die am schwierigsten einzuschätzende Gruppe sind die jungen (18-50jährigen) Ungeimpften. Die belasten zur Zeit unsere Krankenhäuser am stärksten. Die erkennst du aber erst dann, wenn sie ins Krankenhaus müssen. Eine hohe Inzidenz muss nicht zwingend eine hohe Hospitalisierung bedeuten, wenn es sich vor allem um Fälle mit leichtem oder sogar symptomlosen Verlauf handelt. Inzidenz als Indikator ist für mich also nicht mehr so zielführend, wie er es noch vor 10 Monaten war. Ideal wäre eine flächendeckende Impfung aller. Das haben wir aber nicht und werden wir auch so schnell nicht haben. Deshalb müssen wir es leider mit zweitbesten Lösungen machen.

  • Ich habe mir den Vortrag von RKI Chef Wiehler (ich hoffe das ist korrekt geschrieben) angeguckt, den er im sächsischen Parlament gegeben hat und muss feststellen, dass die Politiker vom RKI einen genauen Fahrplan bekommen haben was sie wann machen wollen, wenn ihr Ziel sein sollte die Infektionen niedrig zu halten um ihre Bevölkerung vor Leid und Schmerz zu bewahren. Ganz einfach Klipp und klar, Anleitungen was zu tun sei, alles unter dem Namen ControlCovid zu finden. Also an fehlender Kommunikation oder Anleitungen kann es nicht liegen. Auch nicht an der fehlenden Dramatik der Situation, immerhin ist jetzt gerade die Normalversorgung der Bürger nicht mehr gewährleistet. Schlimmer geht es nicht. Auch international blamiert sich Deutschland gerade aufs übelste und es ist eigentlich peinlich, wie die Welt mit ansehen muss wie das deutsche Volk ihre eigenen Leute verheizt rein aus Egoismus und kindlichen Trotz. Aber anscheinend reichen diese vielen Tatsachen immer noch nicht aus um Kontaktreduktion zu verhängen, das einzige Mittel was am Ende wirklich helfen wird das Sterben und Leiden zu verhindern.

    • @curiouscat:

      Kontakt reduzieren, das machen doch immer weniger mit.



      So trifft man sich zuhause.

      Vor allem ist es doch ein Schlag ins Gesicht der Menschen sich hat impfen lasen.



      Die müssen doch jetzt auch in den lockdown obwohl man was anderes versprochen hat.



      Die Akzeptanz der Maßnahmen ist doch immer geringer

    • @curiouscat:

      Das Problem ist, die Politik hat eine Agenda und dann schaut man wie man an der Realität vorbei so argumentiert das das Handeln zur eigenen Agenda passt und falsches Handeln wird dem politischen Gegner, der Wissenschaft oder einer "sich unvorhersehbar" entwickelnden Lage zugeschoben... Einfach mal die Woche Lanz, Maischberger schauen... was die Politiker da zusammenschwurbeln, einfach zum fremdschämen.

  • Das Hauptargument, warum die Hospitalisierungsrate angeblich kein guter Indikator ist, ist nicht zu Ende gedacht. Es wird angeführt, dass der Tageswert „meist um 80, manchmal sogar um 100 Prozent“ nach oben korrigiert werden muss. Solange man den Korrekturwert in etwa weiß, kann man mit dem Indikator also gut arbeiten. Die Berechnung des Indikators oder der Schwellenwerte müssen diesen Korrekturwert natürlich auch beinhalten.



    Man kann entweder den tatsächlich akzeptierbaren Schwellenwert einfach halbieren, oder man kann die gemeldeten Werte auf einen vermuteten Wert hochrechnen, mit dem bekannten Korrekturfaktor. Letzteres wird denke ich angewendet.



    Man könnte also wenn dann kritisieren, dass die Schwellenwerte nicht passen, oder die Berechnung falsch ist. Das heißt aber nicht, dass die Kenngröße an sich nicht brauchbar ist.

    • @Flow_:

      aus der Hospitalisierungsrate lässt sich aber nicht der künftige Anstieg ablesen. Außerdem hängt sie zeitlich so weit hinterher, dass es von "wir haben noch Platz" zu "voll" innerhalb einiger Tage kommen kann. Obendrein ist die Hsopitalisierungsrate falsch, weil sie sich durch nichts mehr korrigieren lässt. Die Intensivpatienten und künftigen Friedhofsbewohner stehen zahlenmäßig jetzt schon fest, daran kann nichts und niemand etwas ändern.... Mit diesem Wert kommen wir nicht vor die Welle, aber ganz sicher in den nächsten Lockdown.

  • "Dabei könnte die Hospitalisierungsrate eigentlich ein klug gewählter Wegweiser sein."

    Nein, kann sie nicht!

    die Hospitalisierungsrate ist ein nachlaufender Indikator, wir brauchen aber einen mitlaufenden, besser einen vorlaufenden Indikator.

    Fakt ist: die Inzidenz und R-Wert sind das Beste was wir haben. Und wenn die Politiker drei mal mit dem Fuß aufstampfen weil denen das nicht in den Kram passt. Ähnlich wie im Klimawandel ist nun einmal da so ein Ding das wir Realität nennen...

    • @danny schneider:

      Absolute Zustimmung. Und das wurde öffentlich alles eigentlich bereits vor geraumer Zeit erklärt.

      Es fühlt sich zur Zeit an wie ein Rewind mit exakt gleich ratloser Politik, die nichts dazugelernt hat.

    • @danny schneider:

      wir brauchen Entscheidungen. Auch Grenzwerte müssen interpretiert werden. Wenn die Grenzwerte obendrein auf einer variablen, sprich ungenügenden Datenbasis erhoben werden, fängt es an absurd zu werden.



      Wenn etwas vergleichbar wäre um eine annähernde Handlungsimplikation auszudrücken sind das relative Werte. z.B der prozentuale Anteil der positiven Tests. Feste Größen wie die Anzahl der positiven Tests (Inzidenzwert) sind nicht vergleichbar, wenn sich die Grundmenge grundlegend ändert. Auch eine feste Größe wie die Hospitalisierung ist nicht aussagekräftig, kommt sie 2fach verzögert und sagt sie doch nichts über den zu erwartenden Anstieg in nächster Zeit aus. (von den anderen Kritikpunkten siehe Artikel ganz zu schweigen). Wenn gestern noch 100 Betten frei waren und heute noch 80 ist der Anstieg morgen garantiert nicht auf 60 freie Betten. Der Anstieg hängt vom Anstieg der Infektionsrate ab und kann morgen nicht 60 sondern alles möglich betragen... Die Tendenz ist nur in den relativen Werten abzulesen.



      Ab wann die politische Reißleine gezogen wird und wie , auf welche Art sie gezogen wird ist eine ganz andere Frage. Nämlich eine politische. Zu glauben die Politik könne sich hinter Zahlen verstecken, ist dumm. Besonders von der Politik. Die Erkenntnisse, das die Verbreitung an der Impfquote und den Kontakten liegt ist bekannt, nicht neu und eigentlich nicht mehr zu diskutieren, es muß sich nur jemand trauen die Reißleine zu ziehen, sonst kommen wir nicht vor die Welle. Diskutieren wir jetzt noch wann wo welche Maßnahme gelten soll ist politisch sinnvoll, pandemietechnisch komplett falsch. Wir wissen was kommen wird, wir sind im exponentiellen Wachstum an der steilsten Kurve angekommen, entweder ziehen die Entscheider die Reißleine oder es kommt wie es kommen muß, Krankenhäuser voll, jeder herzinfakt zum falschen Zeitpunkt ist dann ein Todesurteil... Grenzwert hin oder her, egal auf welcher Grundlage. Es liegt alles auf dem Tisch, es wird kommen wie es kommen muß...

  • Es ist doch einfach ein Irrglaube zu denken alles ließe sich auf reine harte Zahlen runterbrechen, aus diesen Zahlen wird dann schon irgendwie die Wahrheit springen. Es ist ja auch gut sich auf Zahlen zu berufen und eine Datengrundlage zu schaffen, als Grundlage der Entscheidungen. Aber ohne Interpretation und ohne eigenmächtige Entscheidungen daraus kommt man auch hier nicht aus.



    Nun ist aber die Entscheidung auf grund der eigenen Einschätzung etwas, was die deutschen Politiker meiden wie der Teufel das Weihwasser. Lieber wird mit Zahlen argumentiert, die unsicher sind, die teilweise nicht verstanden werden, zumindest nicht in der öffentlichen Kommunikation und so getan als ob es ausreicht diese Zahlen strikt in Handeln umzusetzen. Das beruht doch in der tiefen Angst der Entscheidungsträger sich angreifbar zu machen und da ist ja auch etwas dran, sehr viel sogar. Aber es wird nicht anders gehen, regieren wir nur reaktiv auf Grundlage von unsicheren Zahlen kommen wir nie vor die Welle. Es braucht Entscheidungen und vorausschauende Gedankenspiele und Handlungsoptionen und auch den Holzhammer der garantiert auch die falschen erwischt. Aber der Versuch der Politik lieber die Erreichbarkeit der letzten 20- 10% bis zum Optimum zu erreichen ist lähmend und genau der falsche Weg. (Das ist analog der 80/20 Regel oder den ansteigenden Grenzkosten in der BWL) es lohnt einfach nicht und führt teils zum Gegenteil, was eigentlich bezweckt wird.



    Die Wahl der Hospitalisierungsrate auf dieser Datengrundlage ist irre, auch auf gesicherten Zahlen wäre es ein wackliges Konstrukt, kommt es doch auf den Anstieg zwischen den Werten an. Und das wäre schon wieder eine Interpretation für die sich jemand angreifbar machen müsste. Davon abgesehen, das die Hospitalisierungsrate noch einmal hinter der schon verzögerten Inzidenz liegt, die ebenso unsicher ist.



    Die einzig sinnvollen Zahlen wären relative Werte (Anzahl der positiven Test) nur die lassen sich vergleichen. Und interpretieren.

    • @nutzer:

      "Es ist doch einfach ein Irrglaube zu denken alles ließe sich auf reine harte Zahlen runterbrechen, aus diesen Zahlen wird dann schon irgendwie die Wahrheit springen"

      Sie nutzen täglich hunderte Gegenstände die mit Erkenntnissen berechnet und erfunden wurden, die man aus solchen Zahlen gewonnen hat. Wir nennen das Wissenschaft. Und Hint: die funktioniert sehr sehr gut!

      • @danny schneider:

        sie haben meinen Post nicht richtig verstanden.



        Mein Punkt ist, auch harte Zahlen muß man werten, sprich interpretieren. Ich habe keinen Zweifel an Wissenschaft, im Gegenteil. Ich meine aber des jeder Entscheider trotzdem gezwungen ist Zahlen und Fakten zu interpretireren, es gibt keine alternativlose Handlungsanweisung aus reinen Fakten.

      • @danny schneider:

        Aus der Badewannentemperatur den Kalorienbedarf zu errechnen, geht aber halt auch einszueins. Unsere epidemischen Zahlen sind so unbestechlich nicht, z.B. sind Geimpfte wahrscheinlich schwer unter-testet, wenns um die jetzigen Inzidenzen geht. Dennoch sind die Zahlen Spiegel zumindest der jew. Entwicklungs-Richtung, und es gibt nichts Vernünftigeres, als an solche Zahlen (noch stringenter als bei Bundesnotbremse selig) tatsächlich stattfindende Automatismen zu koppeln, denn allein mathematisch-intellektuell überforderte Ministerpräsidenten können da nur Unheil anrichten und alles zer-diskutieren. Verwässerung des sog. Lockdown für Nov 2020 zeigts deutlich.

    • @nutzer:

      Anteil der positiven Tests meinte ich natürlich

      • @nutzer:

        Der Anteil der positiven PCR-Tests liegt inzwischen bei 17,3% und damit deutlich über dem bisherigen Höchststand von 15,4% zum letzten Jahreswechsel.

        • @Mustardman:

          WER aber zum PCR überhaupt geht, hinbeordert nach öffentlichem pos. Schnelltest oder aus eigener Entscheidung, weil Infektionsverdacht oder weil Omabesuch, das könnte sich mit den Zeiten und Inzidenzen jeweils sehr ändern, deshalb sagt der Anteil positiver PCR-Ergebnisse auch nicht alles aus, was wir wissen müssten.

          • @lesnmachtdumm:

            Höherer Anteil an positiven Tests heißt, dass man eigentlich nicht genug testet und deutet auf eine steigende Dunkelziffer hin.

            Fast alle PCR-Tests werden gemacht nach Auftreten von Symptomen oder nahen Kontakten zu bestätigt Infizierten. Schon zu Zeiten der kostenlosen Schnelltests waren die nur zu wenigen Prozent Ursache für die PCR-Tests.

            Im Grunde war es von Anfang an ein Fehler, die seit dem Sommer immer weiter steigende Anzahl von Neuinfektionen (Tiefpunkt war Anfang Juli, seitdem geht es bergauf) einfach hinzunehmen, als ob sie nichts zu bedeuten hätte. Man hätte damals schon alles tun müssen, um diesen Anstieg zu verhindern, denn je später man damit anfängt (wie z.B. erst jetzt), desto schwerer wird es und desto drastischer müssen die Maßnahmen sein.

            "Wir können uns dank Impfungen mehr Infektionen leisten" war von Anfang an absoluter Irrsinn, denn das ist NICHT Sinn einer Impfkampagne.

            Dass die Anzahl der Kranken und Schwerkranken auch immer weiter stieg (Tiefpunkt war hier Ende Juli, versetzt passend zum Verlauf der Neuinfektionen), hätte das jedem mit mit einem funktionierendem Hirn auch klarmachen sollen.

            NICHTS davon war unerwartet, das war alles folgerichtig und erwartbar. Mich wundert das nicht, ich sage das schon seit Monaten.

  • Die Kritik ist berechtigt, wobei man sich schon fragte, warum es nach fast 2 Jahren noch immer nicht möglich ist, den Zeitverzug zu vermeiden oder verkürzen.

    Dennoch wäre ein angepasster Inzidenzwert sinnvoller, der die Impfungen einbezieht - am besten altersbezogen. Rechnen wir mit einfachen Zahlen, auch wenn sie so nicht stimmen. Gehen wir also zum Beispiel davon aus, dass im Alter von 60 plus 80 Prozent der Menschen Impfschutz haben und dieser Impfschutz das Risiko auf der ITS zu landen, um 80 Prozent verringert und die kritische Inzidenz (könnte man anhand der verfügbaren Betten und dem Risiko, auf der ITS zu landen, sogar auch berechnen) läge bei 50, wenn keiner geimpft ist.

    Dann müsste man auf 100 Leute 20 weiterhin mit dem normalen Risiko berechnen, die weiteren 80 dürften aber wegen des geringeren Risikos eine Inzidenz von 400 haben, um mit gleicher Wahrscheinlichkeit auf der ITS zu landen. Der Mischwert wäre 205, wenn ich richtig gerechnet habe. Eine Inzidenz von 205 in dieser Altersgruppe wäre also vergleichbare der alten Inzidenz von 50 ohne Impfschutz. Das ist schon ein deutlicher Unterschied.

    Mit dieser Berechnungsweise würde man die weitgehend ungefährdeten aus der Frage von Maßnahmen heraus halten und wie gesagt, man kann sogar genauer rechnen, welcher Wert hinnehmbar ist, wenn man ITS-Risiko der Altersgruppe, Verweildauer und verfügbare Betten kennt. Das sollen aber die machen, die dafür bezahlt werden.

    • @Dr. McSchreck:

      Und der Supercomputer Deep Thought sagte: das ergebnis ist 42.



      Lange genau intensiv berechnet.



      Und was sagt uns das über die Verteilung von Corona bei den Altersgruppen, bei den Vorerkrankten, bei den unterschiedlichen Einkommensgruppen und über den Nutzen von verschiedenen AHA-Maßnahmen? Also Infos, aus denen man auch sinnvolle Maßnahmen ableiten könnte.

      • @Zeit und Raum:

        Der Wert, den das RKI ermittelt ist nun mal aufs Alter bezogen. Einkommen wäre auch schwer mit dem Datenschutz - und zudem scheint Covid-19 deutlich gefährlicher zu werden mit dem Alter.

        Damit sind jüngere Leute nicht sicher, aber für sie ist die Krankheit nicht gefährlicher als viele andere Risiken, die man ihnen auch zumutet.

    • @Dr. McSchreck:

      Übernehmen Sie die Geschäftsführung der Geschäftsführenden Regierung. Sofort ! Wir führen besser. Wobei mensch sich fragt, weshalb Frau Merkel, die ja Zahlen immer schon Jahre vor ihren MPs verstanden hat, weil sie den entspr. Ausbildungshintergrund besitzt, der den allermeisten jener fehlt - weshalb sie so offensichtliche Dinge NICHT durchsetzen kann. Generell wurde der Tendenz, dass Inzidenzen bei gew. Impstand nicht mehr dasselbe bedeuten (ihr Beispiel: 205 gegenüber 50), ja "Rechnung" getragen, nur leider ohne ernstzunehmendes RECHNEN. Pragmatisch: Nehmen wir die Bundesnotbremse und setzen alle Werte auf das 3-Fache und führen sie wieder ein. Damit überfordern wir intellektuell hoffentlich niemanden. Nicht mal die Ministerpräsidenten.