piwik no script img

Corona und KlimawandelDie Pandemie als Beispiel

Gastkommentar von Sylvia Kotting-Uhl

Suffizienz kann helfen, die ökologische Krise zu lösen. Doch Genügsamkeit widerspricht unserem Wirtschaftsprinzip.

Die Wälder leiden: Können Lehren aus der Corona-Bekämpfung bei der Klimakrise helfen? Foto: Monika Skolimowska/dpa

D ie Welt hält inne und gesellschaftliches, politisches, wirtschaftliches Leben kommt zum Erliegen. Sars-CoV-2 bestimmt derzeit die Rahmenbedingungen, und zwei Begriffe gewinnen an Bedeutung: Solidarität und Suffizienz. Zu beidem zeigt sich unsere Gesellschaft in ungeahntem Ausmaß in der Lage. Können also die neu entdeckten gesamtgesellschaftlichen Fähigkeiten helfen, nicht nur die Coronakrise, sondern auch die ökologische Krise zu überwinden?

Insbesondere die Genügsamkeit hinter dem Suffizienz-Gedanken widerspricht unserem Wirtschaftsprinzip, das auf beständigem Wachstum fußt und dem Postulat der Wirtschaft, Konsum mache glücklich, obwohl alle Glücksforscher etwas anderes sagen. Auch zur These, nur ständig steigender Konsum schaffe die notwendigen Arbeitsplätze, gibt es Gegenentwürfe. Leider sind gerade wir Grüne oft ängstlich, Suffizienz als notwendigen Baustein der Lösung der ökologischen Krise zu benennen, weil es hier, anders als bei Effizienz, weniger um technische Umweltschutzstrategien als um Verhaltensänderungen geht.

Weitaus gravierender für die Menschheit als die derzeitige Pandemie ist die Klimakrise. Natürlich lässt sie sich besser aus dem Hier und Jetzt verdrängen als die Pandemie, sie kommt schleichend, ist nicht plötzlich da und sehr komplex. Es gibt nicht das eine Virus, das die Welt befällt, sondern zahlreiche Auslöser. Und sie verlangt nachhaltige Verhaltensänderungen, nicht bloß auf Zeit. Aber beweist die Gesellschaft nicht gerade ihre Bereitschaft, sich einer Krise adäquat zu verhalten und auf wissenschaftliche Empfehlungen zu hören?

Wie unverzichtbar Solidarität ist, wie überflüssig der ein oder andere Konsum – diese Erkenntnisse darf Politik nach der Krise nicht vergessen machen, damit der alte Kreislauf in denselben Strukturen nicht wieder beginnt. Vielmehr sollten wir das Angebot einer gereiften Gesellschaft, mit Krisen angemessen umzugehen, annehmen. Dann haben wir die Chance, auch die Klimakrise zu meistern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Das sind richtige Gedanken, denen ich voll und ganz zustimme!!!! Leider setzen wir aber bei der Bekämpfung der Klimakrise auf techische Mittel und schaden damit der Natur. Weil uns Konsum eben doch wichtiger ist als die Bewahrung des Planeten (der eben nicht aus Klima, sondern aus vielfältigen, komplizierten und zerbrechlichen Ökosystemen besteht).



    rotherbaron.com/20...eusseres-wachstum/

  • "Solidarität und Suffizienz. Zu beidem zeigt sich unsere Gesellschaft in ungeahntem Ausmaß in der Lage [...]"

    Ne, eben nicht. Wo sind die 1500 -öh- 500 -öh- 15 Kinder aus Moria?

  • Neben der Erderwärmung ist das Artensterben die zweite große Bedrohung insbesondere für ärmere Menschen, die von Landwirtschaft leben. Die Erde erwärmt sich zur Zeit hundert mal schneller als je zuvor in ihrer Geschichte, die Arten sterben so schnell wie seit dem Dinosaurier-sterben nicht mehr. Nur betrifft das nicht wirklich meine Generation der Über 50jährigen. Wir werden allen längst tot sein, wenn es richtig schlimm wird. Und es wird vermutlich auch weniger unsere Kinder betreffen als die Kinder in Bangladesh, Indien, Afrika und überhaupt die Kinder der Ärmeren, die sich weniger schützen können und denen das Wasser bis zum Hals stehen wird. Verantwortungsbewusstsein zeigt sich in der Tat darin, jetzt radikal den eigenen Lebensstandard zu ändern. Das beginnt damit, dass man den eigenen ökologischen Fußabdruck und die CO2 Emissionen berechnet, um auf einer guten Grundlage entscheiden zu können, welcher Verzicht wirklich was bringt. Die gute Nachricht ist, dass das viel weniger weh tun muss, als wir denken, das können wir in dieser Krise lernen.

    • @Christian Heinemann:

      Ich lerne aus der Krise dass staatliche Rahmenbedingungen nötig und möglich sind damit individuelles Verhalten hier zur Verlangsamung der Ansteckungskurve Früchte trægt.