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Bundeszentrale für politische BildungBreite Kritik an Kürzungen

Die geplante Streichung von Mitteln für die Bundeszentrale für politische Bildung stößt auf heftigen Widerstand. Das Innenministerium weist die Bedenken zurück.

Innenministerin Faeser (SPD): Ihr Haus will bei der Bundeszentrale für politische Bildung den Rotstift ansetzen Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin afp | Erklärtes Ziel der Ampel-Koalition ist die Stärkung der Demokratie. Doch nun kürzt sie die Mittel für die Bundeszentrale für politische Bildung für das kommende Jahr. Der Dachverband der Einrichtungen politischer Bildung warnte am Samstag vor dem Wegfall von Angeboten zur Demokratieförderung in Zeiten eines erstarkenden Extremismus. Kritik kam auch aus der Opposition. Das Bundesinnenministerium sieht die Finanzierung von Programmen zur Stärkung der Demokratie aber weiter gewährleistet.

Im Haushaltsentwurf des Bundesinnenministeriums ist vorgesehen, die Mittel für die Bundeszentrale im kommenden Jahr um rund 20 Millionen auf 76 Millionen Euro zu kürzen. Sie soll das politische und demokratische Bewusstsein in der Bevölkerung fördern und festigen. Sie unterstützt dabei finanziell auch Angebote gemeinnütziger Organisationen in diesem Bereich.

Mit den Mittelkürzungen würden viele gemeinnützige Anbieter in diesem Bereich ihre Unterstützung verlieren, sagte der Vorsitzende des Bundesausschusses Politische Bildung (bap), Wilfried Klein. Er verwies darauf, dass im Bereich der Förderung von Veranstaltern von politischen Bildungsmaßnahmen sogar 25 Prozent der Mittel wegfallen würden.

„Diese Kürzung ist natürlich eine massive Beschneidung der Arbeitsmöglichkeiten für die Träger der politischen Bildung“, sagte Klein. „Es werden Angebote reduziert werden müssen.“ Getroffen würden gerade Angebote in der Demokratiearbeit, obgleich es hier „zunehmenden Orientierungsbedarf“ gebe. „Das passt einfach nicht in die Zeit und zur Agenda der Fortschrittskoalition.“

Eine Mittelkürzung um rund 20 Prozent komme „zur völligen Unzeit“, schrieb der CDU-Abgeordnete Norbert Röttgen im Onlinedienst Twitter, der inzwischen in „X“ umbenannt wurde. Dies wäre „ein fatales Signal mit dramatischen Auswirkungen“. Politische Bildung müsse gerade jetzt gestärkt werden.

Dass ausgerechnet die Ampel-Koalition Haushaltsmittel streiche, „die explizit der politischen Bildung und dem Schutz der Demokratie dienen, überrascht und kommt zur Unzeit“, schrieb auch die Linken-Abgeordnete Anke Domscheit-Berg auf „X“. „Denn unsere Demokratie ist labil. Diese Budgetkürzungen sind nicht nur an der falschen Stelle gespartes Geld, sie sind gefährlich.“

Das Bundesinnenministerium (BMI) wies diese Befürchtungen zurück. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung biete die Gewähr, dass „wichtige Vorhabens- und Programmlinien zur Stärkung der wehrhaften Demokratie (…) auch 2024 wirksam fortgesetzt werden“ könnten, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. „Die Bekämpfung des Rechtsextremismus wird dabei eine zentrale Aufgabe in der politischen Bildung bleiben.“

Die Sprecherin verwies dabei auf den Gesamthaushalt des Ministeriums. „Trotz der angespannten Haushaltslage bietet der Haushaltsentwurf der Bundesregierung die Gewähr dafür, dass das BMI seine unverzichtbare Arbeit auch in 2024 in allen Politikbereichen erfolgreich fortführen kann“, teilte sie mit. „Dies gilt auch für den Politikbereich Gesellschaft, Verfassung, Heimat und Sport, für den insgesamt ein Budget von 640 Millionen Euro eingeplant ist. Aus diesen Mitteln wird unter anderem die politische Bildung gefördert.“

In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP politische Bildung und Demokratieförderung als zentrale Aufgaben hervorgehoben. Sie seien „mehr gefordert denn je, denn auch in Deutschland steht die pluralistische, freiheitliche Demokratie unter Druck“, heißt es. Als Ziel in der Erwachsenenbildung wurde dabei ausgegeben, „die Projektmittel der Bundeszentrale für politische Bildung (zu) erhöhen.“

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12 Kommentare

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  • Während in Berlin eine Bücherbox für das Gedenken an NS-Opfer in Brand gesteckt wird und die AFD reüssiert, streicht Faeser Mittel für politische Bildung. Abstruser geht es politisch kaum.



    Gut, dass CDU/CSU und die Linke dagegen halten.

  • Ach, doch nicht nur politische Bildung, beim Kinder- und Jugendplan des Bundes (BMFSFJ) wird eifrig gekürzt bei gleichzeitiger Anforderung, dieselbe (!) Arbeit plus mehr für weniger zu machen. Gern im Integrations- und Migrationsbereich. Da wird z.B. die Förderung für Sprachkurse und Sonderlehrgänge für frisch migrierte Faststudierende auf Null gesetzt ab 1.1.24, eine stiftungsbasierte Förderung seit 50 Jahren übrigens, die in kürzester Zeit hochqualifizierte Fachkräfte hervorbringt.



    Aber, ach, die brauchen wir ja auch nicht.

    Mal ganz abgesehen von den Einsparungen in der Jugendhilfe und -bildung für diese Jugend, die dem Staat doch so arg viel wert ist angeblich.

    Und politische Bildung? Ach, pah, wozu denn? Demokratie beschwören wir einfach immer sonntags und ansonsten gilt: Hauptsache, keine Vermögenssteuer.

  • Wenn die Bundesregierung von Stärkung der Demokratie faselt, dann ist das Gegenteil zu erwarten.

  • Wenn man sich den Zweck der Bundeszentrale für politische Bildung anschaut, dann ist die Kürzung natürlich dramatisch.

    Schaut man sich dagegen die Öffentlichkeitsarbeit und die Wirksamkeit an, dann ist die Förderung auch nach der Kürzung noch immer viel zu hoch.

    • @DiMa:

      Im Ernst? Oder soll das Satire sein?

    • @DiMa:

      Was genau wäre denn ihr Benchmark? Und wieviel bzw. wie wirksame politische Bildung würden sie bei einem Budget von vormals 1,15€ pro Bundesbürger*in denn erwarten?

      • @Ingo Bernable:

        Es ist nicht unbedingt meine Aufgabe, Benchmarks festzulegen, nur ist die Reichweite mit den bisherigen Konzepten viel zu gering.

        • @DiMa:

          Einerseits keine Aussage dazu treffen zu können wieviel Reichweite mit den zur Verfügung stehenden Mitteln denn realistisch machbar sein müsste, andererseits aber der festen Überzeugung zu sein, dass es definitiv zu wenig ist, scheint mir doch etwas widersprüchlich. Und welches Konzept würden sie vorschlagen um mit dem jetzigen Budget von 91ct pro Kopf eine wirksamere politische Bildung unter die Leute zu bringen?

          • @Ingo Bernable:

            Wenn ich mal den Youtube-Kanal der Bundeszentrale als Benchmark nehme, haben die meisten der dort scheinbar aufwendig produzierten Filme weniger Aufrufe als ein Schminktutorial meiner Töchter auf TikTok. Da sollte dann schon die Frage erlaubt sein ob der ganze Aufwand jetzt wirklich sinnvoll ist und das Geld nicht sinnvoller investiert sein könnte.

          • @Ingo Bernable:

            Es geht um eine subjektive Einordnung. Welche Konzepte aufgestellt werden, ist der Kreativität der Bediensteten überlassen. Das letzte, was ich von der Bundeszentrale gesehen habe war eine dünne Broschüre in der öffentlichen Bibliothek.

  • Macht doch nix! Die politische Arbeit übernehmen dann Nazis, äh Demokrat*innen, schließlich ist die AFD ja eine demokratische Partei. Die kümmern sich doch so verständnis- und sorgenvoll um ihre Mitmenschen. Und wenn denn mal "n' paar" Nazis "über die Stränge schlagen", dann wird lückenlos™ aufgeklärt, versprochen!

  • Das passt zu Faeser.

    Eine Fehlbesetzung wie Lambrecht? Was hat sich Scholz da eigentlich bei gedacht?

    Eine Sünde, der Bundeszentrale für politische Bildung die Mittel zu kürzen. Tut mir auch persönlich sehr leid, da ich deren Angebote oft nutze. Wertvolle Arbeit.

    Faeser will Ministerpräsidentin in Hessen werden?

    Das sollten sich die armen Bürger diese Bundeslandes wahrhaftig nicht antun.

    Faeser produziert seit fast zwei Jahren nur Negativnachrichten.