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Bundespräsident soll Gesetz stoppenAmpel-Klimaschutz verfassungswidrig

Die Regierung verstößt mit dem Klimaschutzgesetz gegen die Verfassung, findet die DUH. Und fordert Steinmeier auf, seine Unterschrift zu verweigern.

Auch Wärmedämmung ist Klimaschutz Foto: Marius Schwarz/imago

Berlin taz | Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aufgefordert, die umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes nicht zu unterschreiben. Steinmeier müsse nach seiner verfassungsrechtlichen Prüfung des Gesetzes zu dem Schluss kommen, seine Unterschrift zu verweigern, schreibt die Umweltorganisation am Freitag. Die DUH habe die Verfassungsverstöße dokumentiert – in einem achtzehnseitigen Schreiben ans Bundespräsidialamt.

Am Freitag hatte der Bundesrat die Novellierung passieren lassen. Damit wird künftig die Bundesregierung als Ganzes und nicht mehr jedes Ministerium einzeln bei der Erreichung der Klimaziele in die Pflicht genommen.

Ministerien, die die Klimaziele in ihrem Bereich reißen, sind nicht länger zu Sofortprogrammen verpflichtet. Das bedeutet: Werden in einem Sektor die Ziele verfehlt – wie derzeit im Verkehrs- und Gebäudebereich –, kann ein anderer Bereich mit einer besseren CO₂-Bilanz das ausgleichen.

Hinzu kommt, dass die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr jedes Jahr rückblickend geprüft, sondern stattdessen über mehrere Jahre betrachtet wird. Zeigt sich in zwei aufeinanderfolgenden Jahren, dass die Bundesregierung ihre Klimaziele für das Jahr 2030 voraussichtlich nicht erreichen wird, ist sie verpflichtet, nachzusteuern.

„Porsche-Minister Wissing“

Die Gesetzesänderung war am 26. April vom Bundestag verabschiedet worden. Die Opposition und Umweltverbände werfen der Bundesregierung vor, das Klimaschutzgesetz mit der Abschaffung der Sektorziele zu schwächen.

„Das entkernte Klimaschutzgesetz ist unvereinbar mit dem historischen Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2021“, erklärte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Es fehlten nicht nur verbindliche Sektorziele, sondern auch ein Weg, wie die Emissionen gemindert werden sollten. „Dies alles nur, um Porsche-Minister Wissing konkrete Klimaschutzmaßnahmen wie ein Tempolimit auf Autobahnen oder ein Ende der Förderung von Klimakiller-Dienstwagen zu ersparen“, so Resch.

Auch die Klima-Allianz Deutschland kritisierte das abgeschwächte Gesetz: „Die Verzögerung von Klimaschutz hat einen hohen Preis für uns“, sagte Stefanie Langkamp, Geschäftsleiterin Politik. „Sie treibt die Kosten für den Umbau in die Höhe und wird junge Menschen künftig in ihrer Freiheit stark einschränken.“

Die Klimaziele der Bundesregierung bleiben mit der Novelle unverändert. Für die Jahre 2020 bis 2030 schreibt das Klimaschutzgesetz maximale Jahresemissionsmengen vor. Bis 2030 müssen die klimaschädlichen Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken und bis 2040 um 88 Prozent gemindert werden. Von 2045 an will Deutschland klimaneutral wirtschaften.

Am Donnerstag hatte die Bundesregierung für ihre Klimapolitik in einem anderen Bereich eine Klatsche erhalten: Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg muss die Bundesregierung ihr Klimaschutzprogramm nachschärfen. Die bisher aufgelisteten Maßnahmen reichten nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen, urteilten die Richter – und gaben damit zwei Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) statt. (mit Agenturen)

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20 Kommentare

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  • Die ampel Regierung ist genauso beschissen wie die vorherige.

    Übrigens können wir es vergessen das wir Erderwärmerung Menschengemachten Klimawandel stoppen können...

    Wir könnten es abmildern aber dazu müssten alle verdammten Länder 100% mit anpacken aber ich sehe nix was dafür spricht.



    Außerdem ist es zuspät 1,5GraD sind zuviel da legt der Klimawandel erst richtig los.



    Laut Zeit Artikel:



    www.zeit.de/wissen...-naturkatastrophen

    Also VIEL ZU SPÄT und zwar 50jahre zuspät



    Was denn? isso Wir sind also am arsch.........

    Science-Fiction-Film Waterworld wird bald wahr



    (In einer dystopischen Zukunft sind durch eine ökologische Katastrophe die Polkappen der Erde geschmolzen und die Kontinente fast vollständig im Wasser versunken. Die wenigen Überlebenden leben als Händler auf Booten oder auf schwimmenden Atollen. Zu den kostbarsten Gütern sind Süßwasser und Muttererde geworden, da sie nur sehr schwer gewonnen werden können. Neben dem ständigen Kampf um überlebenswichtige Ressourcen) weiter siehe:



    de.m.wikipedia.org/wiki/Waterworld

  • Meiner Einschätzung nach hat sich das Leben für viele Menschen hier in Deutschland aus verschiedenen Gründen und in vielen Bereichen in einer Weise verschlechtert, dass sie vielleicht nicht mehr bereit dazu sind, weitere Einbußen ihrer Lebensqualität und Ressourcen hinzunehmen, auch wenn es für ein so hehres Ziel wie Umwelt- und Klimaschutz ist.

    • @*Sabine*:

      Durch die Einführung vom Klimageld könnte Klimaschutz endlich mal positiv angesehen werden in der breiten Bevölkerung, das scheint aber vielleicht genau deswegen blockiert zu werden von FDP geführten Ministerium



      Man könnte auch Reichtum umverteilen um jetzt für Klinaschutzmaßnahmen aufzubringen bevor in wenigen Jahren JEDER noch schlimmere Kosten hat

      ob jetzt z.B. Tempolimit ein Lebensqualitätverlust ist wohl eher Humbug, teilweise kann der Verkehr sogar flüssiger werden und man spart zusätzlich schwerere Unfälle ein sowie senkt die nachweislich krankmachende Lärmbelastung

    • @*Sabine*:

      Dass sich das Leben für viele Menschen in Deutschland verschlechtert habe, ist meines Erachtens nur ein vages Bauchgefühl und hat wenig mit der Realität zu tun.



      Tatsache ist, dass sich das Leben verschlechtern wird, wenn wir nicht bereit sind, uns jetzt ein bisschen anzustrengen. So einfach wie zwischen 2012 und 2022 wird man im Moment nicht mehr reich.

      • @Aurego:

        Meiner Meinung nach begann mit der Einführung von Hartz IV die Verschlechterung der Lebensqualität für viele Menschen. Davor erhielten arbeitslose Menschen erst Arbeitslosengeld, danach Arbeitslosenhilfe, die üblicherweise höher war, als Hartz IV. Ganz abgesehen von den weiteren Einschränkungen und der Stigmatisierung, die mit dieser Änderung einhergingen.

        Ein weiteres Beispiel sind für mich die verschiedenen Reformen der Krankenkassen, die dazu führten, dass Menschen "ohne Geld" ihre Zähne nicht mehr ordentlich versorgen können. Und das, obwohl fast jede/r Krankenkassenbeiträge bezahlt und diese auch immer weiter steigen.

        Ebenso nimmt die Obdachlosigkeit meiner Einschätzung nach zu, was ich in Anbetracht dessen, wieviele Steuern, Abgaben, Gebühren etc. viele Menschen in Deutschland bezahlen, nicht nachvollziehen kann.

        Ausfallende Schulstunden, nicht genug Kita-Plätze, hohe Mieten, hohe Energie- und Lebensmittelpreise u.v.m..

        Selbst wenn das alles nur ein vages Bauchgefühl ist, raubt es den Menschen die Energie und Ressourcen für "höhere Ziele".

    • @*Sabine*:

      Tja; die Mehrheit der Bürger ist für ein Tempolimit und hält es nicht für eine Einschränkung ihrer Lebensqualität.



      Nur die 4%-Partei-FDP ist anderer Meinung und sorgt deswegen für die Abschaffung der Sektorziele.



      Merke, wenn man ein großes Ziel nicht auf kleine Ziele herunterbricht, erreicht man auch das große Ziel nicht. Ist wohl so gewollt mit dem Vorteil, daß niemand mehr verantwortlich ist.

      • @Lapa:

        "Tja; die Mehrheit der Bürger ist für ein Tempolimit und hält es nicht für eine Einschränkung ihrer Lebensqualität."

        Ich finde ein Tempolimit auch in Ordnung. Besonders in Städten, Ortschaften, überall wo Menschen wohnen, wünsche ich mir Tempo 30. Also ab Ortseingangsschild statt wie bisher 50 nur 30 oder 40 (Salamitaktik).

        Auf Autobahnen, bin ich der Meinung, kann sich jede/r selbst ein Limit setzen. Dafür gibt es ja die mehreren Fahrspuren.

        "Merke, wenn man ein großes Ziel nicht auf kleine Ziele herunterbricht, erreicht man auch das große Ziel nicht."

        Das finde ich gut, danke für diesen Satz.

        • @*Sabine*:

          Das, wovon vorher das Arbeitslosengeld bezahlt wurde, stammte von den Einzahlungen der Arbeitenden. Dass die Menschen jetzt nach 1 Jahr erst einmal auf ihr Vermögen zurückgreifen müssen, ist o.k. Wegen hoher Mieten sollten Sie sich vertrauensvoll an die Vermieter wenden. Ich selbst werde von meinen Mietern keine Mieten verlangen, die sie nicht leisten können.



          Was die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen angeht: Nein. Niemand sollte mit 280km/h von hinten kommen dürfen, nur weil es offiziell erlaubt ist. Da helfen auch 4 Spuren nicht mehr viel, wenn es eng wird. Ich plädiere für dieselben Tempolimits, die es in der Schweiz gibt. Wer schneller fahren will, soll den ICE nehmen.

  • Das Dilemma ist eine Bevölkerung die immer wieder den blendern von Politikern egal welcher Couleur ihre Stimme gibt .

    • @Hans - Dietrich v. Könemann:

      Zu einem Teil schon bspw. wenn Menschen Parteien (AFD, CDU, FDP u.ä.) wählen, deren Politik/Programm offensichtlich deren Interessen in wichtigen/existenziellen Fragen widersprechen. Andererseits haben zum Teil manche Parteien auch einen Anteil daran bspw. SPD, Grüne - klassisches Beispiel Agenda 2010, die Reform, die vor der Wahl 1998 so meiner Erinnerung nach nicht absehbar war. Oder auch Die Linke in Berlin, als sie den Verkauf der städtischen Wohnungsgesellschaften mittrugen - was sie zumindest im Nachhinein als falsch ansehen, wohingegen insbesondere die SPD aber auch Die Grünen von der Agenda 2010 nicht bzw. kaum abrücken wollen. Naja, und heute kann mensch den Eindruck kriegen, dass die Grünen bei einigen Beschlusslagen zu schnell umkippen und die SPD kaum Stellung bezieht.

    • @Hans - Dietrich v. Könemann:

      Wenn die Bevölkerung dies immer wieder tut, tut sie das dann - möglichen Alternativen zum Trotz - absichtlich?

  • Das Dilemma: Eine Regierung die wirklich die Politik macht, welche für die Umwelt nötig wäre, würde beim größten Teil der Wähler auf Ablehnung stoßen, weil es die Komfortzone der Bürger berührt. Somit würde sie abgewählt, weil andere versprechen dass sie es rückgängig machen, wie es jetzt schon manche Oppositionspartei macht.



    Und so eiert diese Ampel zwischen Notwendigkeit und Angst vor den Wählern mit faulen Kompromissen.



    So wird das nichts.

    • @Rudi Hamm:

      In einer demokratischen Gemeinschaft muss man letztlich das Votum der Mehrheit der Wahlberechtigten akzeptieren. Egal wie es ausfällt - es wird immer Mitglieder geben, die es für falsch halten und glauben, es besser zu wissen. Aber daraus können sie für sich keinesfalls den Status einer objektiven (und damit quasi über der Demokratie stehenden) Instanz ableiten.

      Aufgabe der Regierung ist es, den (jeweils temporären) Wählerwillen umzusetzen. In Bezug auf die Umwelt oder das Klima bedeutet es, das zu tun, was diesbezüglich im Wählerwillen enthalten ist. Wem das nicht reicht, der kann versuchen, Menschen von seinen Vorstellungen zu überzeugen, aber er kann sich letzlich nicht über den Wählerwillen hinwegsetzen.

      Es ist ein Dilemma. Wenn ich das Votum derer, die ich für zu dumm halte, ignoriere, dann verabschiede ich mich, sofern es sich bei ihnen um die gesellschaftliche Mehrheit handelt, gleichzeitig von der Demokratie.

    • @Rudi Hamm:

      Unter Schröder und Merkel hat der großteil des Bevölkerung mit dem Begründung der Alternativlosigkeit erhebliche Kröten schlucken müssen.

      Natürlich ist dieser Begriff streng genommen nie haltbar.

      Beim Klimapolitik könnte man viel eher von einer Form der Alternativlosigkeit oder von einem Konsens der Notwendigkeit sprechen.

      Leider wettern aber praktisch alle Parteien gegen jede dahingehende Maßnahme, während es unter Schröder und Merkel einen breiten politische Zuspruch für so Sozialabbau und Neoliberalisierung gab. Es ist vielleicht nicht nur eine Frage der Einstellung der Bürger, sondern vor allem Frage dessen, welche Impulse die Parteien auf Dauer geben.

      • @Henne Solo:

        Nach unten treten geht halt immer ...

  • "Werden in einem Sektor die Ziele verfehlt – wie derzeit im Verkehrs- und Gebäudebereich –, kann ein anderer Bereich mit einer besseren CO₂-Bilanz das ausgleichen."



    Das ist doch auch bisher schon so: Emissionen aus dem Verkehrs- und Gebäudesektor werden mit E-Autos und Wärmepumpen in den Stromsektor verschoben, und der soll's richten.



    Daran ändert sich nichts, wird nur für alle Beteiligten billiger. Und, nebenbei gesagt, ehrlicher.

  • Womit hat Wissing Scholz erpresst, sodass er diese Gesetzesverschlechterung hat durchgehen lassen.



    Worauf soll Hoffnung der jungen (und älteren) Generationen basieren, wenn die Bundesregierung gegen das wichtigste Klimaabkommen verstösst und sich verfassungswidrig verhält bei dem wichtigsten Problem, was uns derzeit bedroht.



    Wieder die €DU an der Macht wäre noch schlimmer, aber die Ampelparteien haben sich unwählbar gemacht.



    Warum sollte irgendjemand noch spd wählen, Herr Schulz.



    Ich jedenfalls nicht.



    Eine positive Utopie sieht anders aus.



    Kann vielleicht auch mal jemand UNS mitnehmen?

  • Hahaa, Steinmeier! Hahaha, Unterschrift verweigern!



    Hahahaa, was für ein Schenkelklopfer! Genau mein Humor, liebe DUH!!

    (Ansonsten, wie immer: Gute Arbeit! Weiter so!)

  • Unabhängig von der Forderung an sich, aber was ist denn das für eine Unsitte ständig den Bundespräsidenten anzurufen. Das hat die Union beim Cannabisgesetz auch schon gemacht. Aus meiner Sicht ein idiotischer Trend. Aber passt irgendwie gut in unsere unversöhnliche Zeit...

  • ***Die Vertreter der Bundesregierung aus den vier anwesenden Ministerien für Verkehr, Gebäude, Wirtschaft und Umwelt mussten auf Nachfragen unseres Rechtsanwaltes und der Richterinnen wieder und wieder einräumen, gegen geltendes Klimaschutz-Recht und Gesetz zu verstoßen. Ihnen fiel zur Verteidigung nicht viel mehr ein, als darauf zu verweisen, dass ja am heutigen Freitag der Bundesrat über eine Novelle des Klimaschutzgesetz abstimmen und sich in Zukunft bestimmte Rahmenbedingungen ändern würden.*** [Deutsche Umwelthilfe - DUH, 17.05.2024]

    Es ist erbärmlich, dass man überhaupt gegen seine eigene Bundesregierung klagen muss, weil die den Klimaschutz - den die nachfolgenden Generationen 'jetzt' dringend brauchen und nicht erst wenn es zu spät ist - immer noch nicht durchsetzen. Der Klimawandel wird von Jahr zu Jahr mächtiger und brutaler, aber unsere "Volksvertreter" (egal aus welcher Partei auch immer) setzen lieber weiterhin auf das klimaschädliche Wirtschaftswachstum. Inzwischen wächst der Klimawandel immer mehr an (CO2-Konzentration > 420 ppm), weil ja keiner an diesem zerstörerischen System etwas ändern möchte - weder der Bürger, der seine Ruhe und seine Bequemlichkeit nicht aufgeben will, noch der Politiker, der wohl von einem Aufsichtsratsposten in der Wirtschaft träumt. Dass wir alle auf der Titanic sind und der Eisberg schon in Sicht ist, sollte eigentlich dem Bürger und auch dem Politiker langsam klar sein.