Buchungen vor AfD-Parteitag storniert: Der Feind in meinem Hotelbett
Aus Sorge vor der Gefährdung anderer Gäste: Vor dem AfD-Bundesparteitag in Offenburg stornieren Hotels Buchungen von Parteianhängern.
Herrenknecht ist einer der großen Arbeitgeber der Region. Mit seinen Tunnel-Bohrmaschinen hat er ein Milliarden-Unternehmen geschaffen, das weltweit agiert. Politisch äußerte sich Herrenknecht bisher vor allem im eigenen Interesse. So war er heftiger Befürworter und als Auftragnehmer später auch Nutznießer des umstrittenen Bahnhofsprojekts Stuttgart 21. Ähnlich leidenschaftlich kämpft er für unterirdische Stromtrassen und gegen Windräder im Schwarzwald. Er äußerte sich als Unterstützer von CDU-Chefanwärter Friedrich Merz.
Als AfD-Kritiker fiel er bisher nicht auf. Dass Herrenknecht nun die Stornierung der Hotelzimmer für die AfD-Delegierten verfügt, obwohl er sich sonst nicht in die Führung seines Drei-Sterne-Hotels einmischt, passt zu dem hemdsärmeligen Unternehmer. Er könne als bekennender CDU-Mann mit der Programmatik der AfD nichts anfangen, heißt es aus seinem Unternehmen. Er wolle seinen Mitarbeitern, Kunden und Gästen keine Gefährdungslage im Zusammenhang mit einer AfD-Veranstaltung zumuten.
Weidel empört
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel reagierte empört. „Herr Herrenknecht offenbart ein erschreckendes Demokratieverständnis“, sagte sie der taz. „Die Ausgrenzung von Mitgliedern der AfD nimmt besorgniserregende Ausmaße an.“
Nun steht der Unternehmer Herrenknecht plötzlich in einer Reihe mit dem Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus Offenburg“, das die örtlichen Proteste gegen den Parteitag organisiert. Auf ihrer Facebookseite finden sich Komplimente an den CDU-Mann. „Herr Herrenknecht ist bestimmt ur-schwarz, bestimmt kein Freund der Linken, der Grünen, aber das ist ja cool, aufrecht gegen rechts, alle Achtung“, schreibt dort etwa ein Pfarrer.
Auch andere Hotels der Region folgen inzwischen dem Vorbild Herrenknechts. So auch ein Hotel in Durbach, in dem AfD-Vorstandsmitglieder untergebracht werden sollten. Nach der Stornierung habe es Drohanrufe und negative Online-Bewertungen offenbar von AfD-Anhängern gegeben, erklärte ein Hotelmanager im Regionalradio. Auch hierfür gibt es Lob im Netz und das Versprechen von Aktivisten, dort bald mal essen zu gehen.
Zum AfD-Parteitag in Offenburg am 24. und 25. April werden Gegendemonstranten aus ganz Deutschland erwartet und schon seit Wochen strenge Sicherheitsvorkehrungen vorbereitet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“