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Bremer Bamf-ProzessFür Ulrike B.

Die Leiterin der Bremer Bamf-Stelle ist eine vorbildliche Beamtin. Dafür wurde sie diffamiert und kriminalisiert.

Die ehemalige Leiterin (M) muss 10.000 € zahlen, da sie korrekt gearbeitet hat Foto: Michael Bahlo/dpa

F ür ordentliche Arbeit gibt’s ordentlich Geld und Anerkennung. So lautet der meritokratische Konsens der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Wer aber außerordentlich gute Arbeit leistet, wird diffamiert, von den Vorgesetzten als kriminell bezeichnet und mit einer straf- und disziplinarrechtlichen Verfolgung bis nahe an den persönlichen Zusammenbruch überzogen, vor dem als Rettung nur bleibt, in eine völlig überzogene Geldbuße von 10.000 Euro einzuwilligen.

So ist es Ulrike B. ergangen. Das Verfahren gegen sie ist am Dienstag vor dem Bremer Landgericht gegen Auflage eingestellt worden. Das bedeutet: Sie ist unschuldig im Sinne des Gesetzes, wenn sie zahlt. Die 61-Jährige war seit deren Gründung bis 2018 Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Als „Mutter Teresa von der Weser“ hat der Spiegel sie 2018 in Abwandlung des rechtsextremen Gutmenschenbegriffs verhöhnt und sie zur Protagonistin des sogenannten Bamf-Skandals gemacht.

Die Geschichte, die damals half, die ausländerfeindliche Stimmung in Deutschland anzukurbeln – yeah! endlich mal eine Gelegenheit für ungebremsten Hass! – lautete: Ulrike B. hätte massenhaft falsche Asylbescheide ausgestellt. Fest steht: Das Gegenteil ist wahr. Sie hat, entgegen der menschenrechtsfeindlichen, also falschen Gesetzesauslegung ihrer Behördenleitung rechtswidrige Abschiebungen durch neue Bescheide gestoppt.

Sie hat also den Staat davor bewahrt, gegen seine fundamentalen Normen zu verstoßen, obwohl das Figuren wie der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) gerne getan hätten: Der hat sich persönlich bei Ulrike B.s Chef in Nürnberg darüber beschwert, dass eine Familie mit kleinen Kindern nicht in die Obdachlosigkeit nach Bulgarien zwangsausgeflogen werden konnte!

Schnelle und korrekte Arbeit

Nicht ein einziges ausländerrechtliches Vergehen hat eine 48-köpfige Ermittlungsgruppe ihr im Laufe eines Jahrs eifrigen Bemühens und eifernder Öffentlichkeitsarbeit auch nur vorwerfen, geschweige denn nachweisen können.

Die Komplettrevision der 16.000 Bremer Bamf-Akten von 2002 bis 2016 hat ergeben, dass Ulrike B.s Außenstelle überdurchschnittlich korrekt und schnell gearbeitet hat. Dass sie dafür materiell Buße tun und nun noch ein Disziplinarverfahren durchstehen muss, ist unaussprechlich ungerecht. Ein Staat, der so mit seinen treuen Die­ne­r*in­nen umgeht, kann niemandem Heimat sein. Vielleicht hat er deswegen ein Heimatministerium.

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Reporter und Redakteur
Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.
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15 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • § 153a StPO ist nur Einstellung, keine Feststellung der Unschuld. Aber man muss dem nicht zustimmen. Wer also Unschuldig ist kann den Rechtsweg nehmen.

  • Tja, wir warten auf die Entschuldigung aus dem Heimatmuseum.

  • Immerhin ist klar geworden, dass sie an Verordnungen und Gesetzen vorbei selbstherrlich Entscheidungen getroffen hat. Ob diese im Einzelfall von wirklichem Humanismus geprägt waren und deshalb nötig waren, ist zweifelhaft. Sie sagte aus, dass sie ihrem Gewissen gefolgt ist.

    Ob es gut ist, wenn Beamte in Zukunft von ihren Ansichten geleitet entscheiden dürfen, bezweifle ich.

    • @fvaderno:

      Schon mal etwas von Ermessensspielraum gehört?



      Haben viele Beamten. Ist so vorgesehen. Sorgt z.B, bei Hartz IV oft für den Eindruck, dass willkürlich entschieden wird - einmal an diesem Ende des ermessensspielraums, das andere Mal am anderen Ende...



      Also ist es völlig normal, dass Beamte von ihren Ansichten geleitet entscheiden! Und ja, manchmal zweifelt man daran, ob das eher dem eigenen Ego dienen soll als der Sache.



      Kann man der Dame aber nicht vorwerfen.



      Und Sie halten mit aller Verzweiflung hoch, dass da eigene Entscheidungen getroffden wurden, die noch nicht einmal vom Gericht als Gesetzeswiedrig eingestuft wurden - nur um zu verdrängen, dass ALLE Vorwürfe, trotz eines riesigen Rechercheteams, als falsch erhoben erkannt wurden!



      Da wurde eine Frau (und so etwas passiert in der Regel immer nur Frauen!) nach Strich und Faden fertig gemacht, weil sie hervorragende Arbeit machte und ihre Fehlerrate deshalb wesentlich geringer war als die ihrer Kollegen!



      Und wer verklagt nun die schludernden Kollegen?



      Wer verklagt jetzt den rufmordenden und Karriere vernichtenden Ankläger?



      Keiner.



      Das nennt sich Rechtsstaat in Deutschland.

      • @Mainzerin:

        Ermessenspielraum gibt es nur bei "Soll"-Vorschriften und setzt eine rechtliche Begründung für das Abweichen vom Regelfall voraus. Ist die Begründung unzureichend liegt ein Ermessensfehler, bei Willkür Rechtsbeugung vor.

        • @Peter Goretzki, Dr.:

          Im Asylrecht ist die Einschätzung durch die Sachbearbeiter*innen hochgradig relevant. Ohne diese können die Vorschriften gar nicht in Entscheidungen umgewandelt werden. Frau B. hat ganz offensichtlich alles richtig gemacht. Von Rechtsbeugung zu reden wäre angesichts der Untersuchungen schon üble Nachrede. Die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage erspart ihr weitere Höchtsbelastungen. Eigentlich müsste das bis zum Ende durchgezogen werden, ohne dass man die Frau nebenbei kaputt macht.

  • Tja. Der Spiegel ist - nicht das erste Mal - näher an der BILD, als das Image vermuten lässt.

  • Danke für die klare Sprache.

    Zum Kotzen ist das.

    • @tomás zerolo:

      anschließe mich •

  • Im kompletten Artikel wird nicht erwähnt, warum sie zahlen muss und mit einem Disziplinarverfahren belegt wird. Bisschen schwach.

    • @Wonneproppen:

      Die Angeklagte hat in mehreren Fällen Unterlagen durch das Löschen von Daten gefälscht. Weiterhin Informationen an einen Anwalt weitergegeben. Natürlich kein Kapitalverbrechen, aber sicherlich auch keine vorbildliche Beamtin.

    • @Wonneproppen:

      Archiv, das war im Artikel gestern. Das Disziplinarverfahren is BS. Das soll das Gesicht ihres Dienstherrn waren. Die Auflage hätte sie, ähnlich dem mitangeklagten, nicht akzeptieren müssen, was aber weitere Monate des psychoterrors und der Diffamierung durch rechtsextreme wie Herrn pistorius bedeutet hätte.

      • @Beskar:

        Naja, es gab einen Anfangsverdacht. Bei Polizisten kann's auch nicht scharf genug zugehen. Auch wenn sich die viel verschrienen rechtsradikalen Bilder später als sieben Jahre alte Satire in irgendeinem Chat rausstellen.

    • @Wonneproppen:

      Schwach sind die Richter in diesem Verfahren, die offensichtlich den Bundesinnenminister nicht komplett blamieren wollen und deshalb unbedingt wenigstens eine pro Forma Strafe verhängen mussten!



      Denn diese Amtsleiterin war aus zwei Gründen zu entfernen:



      1. Sie ist eine Frau. Und Seehofer hat immer wieder öffentlich gemacht, dass er mit Frauen nicht zusammenarbeiten will.



      2. sie hat korrekt gearbeitet - und damit illegale Abschiebungen unterbunden. Seehofer freut sich aber nun mal über jede Abschiebung, egal wie illegal. Spielverderberin!

      • @Mainzerin:

        Genau, nur deswegen muss sie zehntausend Euro zahlen. Aus reiner Bösartigkeit...