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Bezahlung von Kita-Er­zie­he­r:in­nenWenig Lohn für wichtige Arbeit

Über 90 Prozent des Kitapersonals sind Frauen, nach wie vor werden sie schlecht bezahlt. Verbände und Po­li­ti­ke­r:in­nen fordern, das zu ändern.

Bleibt das Kitapersonal nach wie vor unterbezahlt, will den Job wohl bald niemand mehr machen Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa

Berlin taz | Er­zie­he­r:in­nen verdienen nach wie vor verhältnismäßig wenig Geld. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte, erhielten Vollzeit-Beschäftigte in Kindertagesstätten und Vorschulen im vergangenen Jahr rund 3.400 Euro brutto im Monat. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Gehalt von Ar­beit­neh­me­r:in­nen lag bundesweit derweil bei 4.100 Euro brutto.

Doch selbst diesen niedrigen Lohn erhält weniger als die Hälfte des Kita-Personals. Denn nur knapp 40 Prozent der Angestellten in Kindergärten und Vorschulen arbeiten in Vollzeit. Der Rest ist auf Teilzeitbasis beschäftigt – und kriegt deswegen noch weniger: im Schnitt 2.480 Euro brutto. Derweil sind 69 Prozent aller Beschäftigten ausgebildete Fachkräfte.

Die schlechte Bezahlung von Er­zie­he­r:in­nen trägt auch zum Gender Pay Gap – der geschlechtsspezifischen Lohnlücke – bei. Denn wie das Statistische Bundesamt mitteilte, sind 93 Prozent der Er­zie­he­r:in­nen weiblich. In vielen Branchen, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten, sind die Gehälter niedrig. Im Schnitt verdienten Frauen im vergangenen Jahr pro Stunde 18 Prozent weniger als Männer.

Andreas Kessel, Vorstandsmitglied der Stiftung Bildung, erklärt gegenüber der taz, dass die Statistik im Grunde widerspiegle, welchen Stellenwert Care-Arbeit in Deutschland hat. Berufe, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, „genießen leider zu wenig Ansehen und werden schlechter entlohnt“, kritisiert er. Dabei würden Er­zie­he­r:in­nen unentbehrliche Arbeit leisten, denn „sie vermitteln wichtige Grundlagen im sozialen Miteinander, bereiten auf den Übergang zur Schule vor, fördern Integration und vermitteln Sprachkompetenzen“.

Verband und Opposition sehen Regierung in Verantwortung

Die Stiftung Bildung hebt hervor, dass die politischen Ent­schei­dungs­trä­ge­r:in­nen für die Finanzierung der Kitas und Schulen verantwortlich seien. Aber auch die öffentliche Verwaltung habe große Gestaltungsräume „in der Umsetzung über Budgets“. Daher richtet sich Andreas Kessel an die Politik und fordert die Regierung dazu auf, die Bildungsausgaben deutlich zu steigern und unter anderem in das Personal zu investieren. Denn nur ein faires Gehalt trage dazu bei, neue Auszubildende zu gewinnen und Fachpersonal zu halten.

Auch die Opposition fordert den Bund dazu auf, mehr Engagement im Bereich der Kitas und Schulen zu zeigen. Heidi Reichinnek, Sprecherin für Frauen-, Kinder und Jugendpolitik der Linken-Bundestagsfraktion, sagte der taz, dass „das Kooperationsverbot im Bildungsbereich zwischen Bund und Ländern aufgehoben werden“ müsse, und der Bund „die gleichen Arbeitsbedingungen für Er­zie­he­r:in­nen im ganzen Land“ sicherstellen soll.

Der familienpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Matthias Seestern-Pauly widerspricht: In Deutschland seien für die Kinderbetreuung neben den Ländern auch die Kommunen verantwortlich. Denen, aber auch den Ländern, greife der Bund „an vielen Stellen aktiv unter die Arme“: etwa im Rahmen des sogenannten Gute-KiTa-Gesetzes, das 2019 in Kraft getreten ist.

Es sieht vor, dass Länder Maßnahmen zur Verbesserung der Kinderbetreuung umsetzen können, und der Bund Geld dazu gibt. 5,5 Milliarden Euro sind dafür vorgesehen. Die Länder dürfen selbst entscheiden, wo genau Bedarf ist.

Im Fokus steht dabei aber vor allem, Familien von Gebühren zu entlasten, Chancengerechtigkeit bei den Kindern zu schaffen oder die Kindergärten auszubauen. Wie viel Geld am Ende für die Er­zie­he­r:in­nen übrig bleibt, ist unklar.

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6 Kommentare

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  • Mein Mann ist seit 15 Jahren Zimmermann in einem Süddeutschen Qualitätsbetrieb und er erhält keine 3400 brutto, trotz schwerer körperlicher Arbeit bei jeder Witterung ... hier ist definitiv erstmal im Handwerk was zu machen!

  • Bei aller Liebe, aber 3400 brutto ist jetzt auch nicht wenig. Viele ausgebildete Vollzeitbeschäftigte bekommen um einiges weniger.

  • Ziemlich absurd. Der Durchschnittslohn liegt zunächst mal bei 3975€. Da sind die 3.400€ für eine Tätigkeit ohne Schichtdienst, Wochendarbeit, gefährliche Stoffe oder Führungsverantwortung (vom notwendigen Bildungsabschluss ganz abgesehen) schon ziemlich gut. Ja, man muss mit lauten, wuseligen Kindern klar kommen und gerne Windeln wechseln, aber irgendwas ist ja immer. Und dass viele Mitarbeiterinnen in Teilzeit arbeiten ist bei der Personalnot ja nun einzig und allein ihre eigene Entscheidung.

  • Meine Tochter ist vollkommen zufrieden mit ihrem Erzieherinnen Gehalt bei den Evangelen in Wiesbaden. Sie ist allerdings im 30. Berufsjahr. Sie will recht bald weniger arbeiten, da es ihr zu stressig ist. Der Personalmangel ist der Grund, so dass über den Tag die Fachaufsicht über so viele Kinder kaum zu bewältigen ist. Gerade an Ostern sagte sie, dass viele Quereinsteiger wieder in ihren alten Beruf zurückkehren, da sie die Belastung unterschätzt hätten.

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Nach der Gehaltstabelle verdienen Erzieher mit Tarifvertrag zwischen 2800 zum Einstige und bis zu 3900 Euro Brutto in Stufe 6 für Vollzeit. Das erscheint mir bei einem Durchschnittsgehalt in Deutschland von 3200 Euro angemessen.

    Natürlich geht immer mehr. Aber wenn man sieht das das Einstiegsgehalt z.B. eines Busfahrers bei 2000 Euro brutto liegt, dann muss man sich fragen ob der Fokus vielleicht erstmal bei den Busfahrern liegen sollte.

    • @49732 (Profil gelöscht):

      Die Politik profiliert sich mit ihren Versprechungen und überschlägt sich mit Kindergartenplatzgarantien und Milliardenbereitstellungen völlig losgelöst von der Realität auf dem Rücken der Beschäftigten. Da bringt es auch ein Tausender mehr nicht, wenn es zu wenig Erzieher gibt, die die Masse der Kinder den ganzen Tag betreuen soll.



      Und dann ist laut meiner Tochter es die Spitze, wenn dann noch verhaltensauffällige Kids zwangsweise einbezogen werden.



      Man will ja der tolle Abgeordnete sein und lechzt nach Stimmen.