Bewegungstermine in Berlin: Die Entnazifizierung von Friedrichshain
Erneut wollen Jungnazis durch Friedrichshain laufen. Die Betonung liegt auf „wollen“ – viele Antifas werden sich ihnen entgegenstellen.

F erhat Sentürk hat einen Plan. Der Aachener Rechtsextremist und Ex-AfDler will mit seiner Gefolgschaft von Jungfaschos des „Aktionsbündnis Berlin“ das Nazisein in Berlin normalisieren. Bereits zum dritten Mal innerhalb weniger Monate versuchen die gewaltaffinen Nachwuchsfaschos am Wochenende, durch die linken Kieze Berlins zu laufen. Ihr Ziel: Linke ärgern, ihnen Angst machen, ihnen zeigen, dass die Zeiten so rechts sind, dass die Nazis selbst durch Friedrichshain marschieren können.
Anders als von Sentürk intendiert hatten die Nazi-Provokationen aber auch einen gewissen Revitalisierungseffekt für die Antifa der Hauptstadt, die in den letzten Jahren etwas eingeschlafen war. Beim ersten Versuch in Dezember endete die Nazi-Demo jedenfalls bereits nach einem knappen Kilometer – Tausende Antifas hatten die Kreuzung Frankfurter Allee besetzt. Auch beim zweiten Versuch im Februar wurde der Aufmarsch blockiert – dieses Mal räumte die Polizei den Nazis allerdings den Weg frei.
Bei der kommenden Nazidemo am Samstag (22. 3.) heißt es deshalb, endgültig klar zu machen, dass Nazis in Berlin nichts zu gewinnen haben. Der angemeldete Start der Nazidemo ist um 14 Uhr am S-Bahnhof Ostkreuz, von da aus wollen die Nazis an der Spree über die Stralauer Allee, die Warschauer Straße hoch bis zum Bersarinplatz, durch die Rigaer Straße zur Frankfurter Allee und von dort aus über die Gürtelstraße zurück zum Ostkreuz laufen. Es ist sehr gut möglich, dass diese Route von den Behörden wie die letzten Male noch verkürzt wird.
Proteste und Blockaden angekündigt
Auch die Mobilisierung für die Gegenproteste und Blockaden bleibt daher dynamisch. Aktuelle Informationen finden sich stets unter dem Hashtag #b1412 und beim Demo Ticker Berlin auf Telegram. Eine Aktionskarte auf dem aktuellen Stand (18. 3.) findet sich hier. Demnach startet eine Gegendemo um 13 Uhr am Markgrafendamm und begleitet die Nazidemo daraufhin in den Seitenstraßen. Mit Versuchen, die Route der Nazis zu besetzen, ist den ganzen Tag über zu rechnen.
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Zudem gibt es zahlreiche antifaschistische Gegenproteste. Eine queere Demo startet um 13 Uhr am About Blank (Markgrafendamm 24c). Ab 12 Uhr wird in der Neuen Bahnhofsstraße 36 Krach gegen Nazis gemacht und getanzt, ein angemeldeter Protest läuft von der Kynaststraße Ecke Marktstraße die Kynaststraße herunter. Kundgebungen gibt es auch in der Türrschmidtstraße, dem Frankfurter Tor, am Bersarinplatz und in der Rigaer Straße. Auch hier gilt: Auf Updates ist zu achten.
Bereits am Donnerstag (20. 3.) findet im Kiezraum auf dem Dragonerareal ein Aktionstraining von Widersetzen statt, wo alle Interessierte lernen können, wie das mit dem zivilen Ungehorsam und dem Nazisblockieren nochmal geht. Zudem gibt es einen Input über rechtliche Fragen und die Möglichkeit, eine Bezugsgrupe zu finden. Los geht es ab 18:30 Uhr.
Aufwärmen und After-Party
Antifaschistisch ausklingen lässt sich der Aktionstag auf einer Soliparty für antifaschistische Projekte im ZGK in der Scharnweberstr. 38. Es spielen The Brett (punkrock & friends), Pleasure X (a dark choice of wave, synthie & postpunk), Knust & Keule feat. Gruml (punkrock favs) und das Disco Collective (Disco mit Anspruch & Haltung). Los geht es ab 22 Uhr.
Wer sich in Stimmung bringen will, hat dafür bereits am Freitag (21. 3.) mehrere Gelegenheiten. Im ZGK in der Scharni38 findet der Antifa-Tresen statt, zu dem es auch einen Input über die Hintergründe, die aktuelle Lage und mögliche Gegenstrategien am Samstag geben wird. Anschließend kann gemeinsam angestoßen werden. Los geht es um 19:30 Uhr in der Scharnweberstr. 38.
Wer es künstlerischer mag, darf bei der Punkrock-Lyrik-Lesung in der Roten Insel (Mansteinstr. 10) vorbeikommen. Bei dem bunten Potpourri von Liedtexten aus der Geschichte der antifaschistischen Bewegung und aktuellen Punkrock-Tracks geht es um den aktuellen Rechtsruck und was dagegen zu tun ist. Der Titel: „Nazis klatschen“, im Parlament nach ihren Reden zum Beispiel. Wer weiß, vielleicht ist da ja was Inspirierendes für den Folgetag dabei. Start: 19 Uhr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!