Beugehaftforderung für Kretschmann: Wer Recht bricht, muss büßen
Politik sollte nicht von der Justiz gemacht werden. Aber wenn eine Regierung sich nicht um Urteile schert, muss das Konsequenzen haben.
P olitik auf die juristische Ebene zu verlagern und RichterInnen darüber entscheiden zu lassen, ob das Handeln von MinisterInnen oder RegierungschefInnen geahndet werden muss, ist problematisch. Denn über das Tun und Lassen in der Politik sollten die WählerInnen urteilen, abgesehen von klar kriminellem Verhalten wie Korruption oder verfassungswidrigen Entscheidungen. Die Forderung nach Knast für PolitikerInnen ist allzu oft ein populistischer Impuls auf Entscheidungen, die einem oder einer nicht passen.
Auf den ersten Blick sieht der Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf Beugehaft für den grünen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und seinen Stellvertreter Thomas Strobl (CDU) wegen der Luftverschmutzung in Stuttgart nach einer Verlagerung aus. Doch das Gegenteil ist der Fall. Hier geht es nicht um eine politische Weichenstellung, die man je nach Standpunkt richtig oder falsch finden kann.
Es geht um eine große und sehr wichtige Frage: Dürfen Landesregierungen rechtskräftige höchstrichterliche Urteile einfach ignorieren? Denn die grün-schwarze Regierung in Stuttgart schert sich einfach nicht um ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Luftreinhalteplan für Stuttgart um zonale Fahrverbote für Euro Diesel 5 ergänzt werden muss. Das ist ein starkes Stück. Denn es handelt sich keineswegs um eine Ermessensfrage. Es ist ein klarer Rechtsbruch.
Jede Urteilsverkündung für ein Fahrverbot, das die DUH erstreitet, ist eine Sternstunde des Rechtsstaats. Denn jede einzelne dieser Entscheidungen zeigt, dass BürgerInnen es nicht einfach hinnehmen müssen, wenn Verwaltungen und Regierungen sich aus Rücksicht auf die Autoindustrie oder anderen Gründen über Gesetze hinwegsetzen. Dass die baden-württembergische Landesregierung UmweltschützerInnen und RichterInnen einfach auflaufen lässt, untergräbt den Rechtsstaat. Das sollte in der Tat Konsequenzen haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag