Berliner SPD vor den Koalitionsgeprächen: Die Sahra Wagenknecht der SPD
Die ersten Kreisverbände der Berliner SPD stimmen gegen Schwarz-Rot. Franziska Giffey ist auf dem besten Weg, ihre Partei nachhaltig zu spalten.
Politik macht sie schon lange nicht mehr für die Linke“, sagte deren Berliner Landeschefin Katina Schubert am Wochenende. „Sie arbeitet auf eigene Rechnung.“
Natürlich sprach Schubert über Sahra Wagenknecht. Ersetzt man im Zitat aber Linkspartei durch SPD, könnte sich auch Franziska Giffey angesprochen fühlen. Die Landesvorsitzende der Berliner SPD hat mit ihrer Entscheidung, als Juniorpartnerin mit der CDU koalieren zu wollen, einen riskanten Kurs eingeschlagen. An dessen Ende könnte ihre Partei auseinanderbrechen.
Die ersten Warnschüsse sind bereits abgefeuert. Giffeys Neuköllner Kreisverband votierte in einer Abstimmung (wenn auch knapp) gegen eine Neuauflage der Großen Koalition. Der Kreisverband Steglitz-Zehlendorf folgte dem Votum. In Mariendorf, das bekanntlich nicht innerhalb des S-Bahn-Rings liegt, fordert die SPD den Kreisverband Tempelhof-Schöneberg einstimmig auf, gegen eine Groko zu stimmen und „personelle Konsequenzen“ auf Landesebene zu fordern.
Ja, es sind die Funktionäre, die derzeit Stimmung gegen das Wegner-Bündnis machen, und nicht die Parteibasis, die am Ende entscheidend soll. Allerdings kann es sein, dass die Voten nicht nur die Koalitionsverhandlungen überschatten werden, die am Donnerstag beginnen. Sie können auch eine Dynamik in Gang setzen, der sich am Ende die Parteimitglieder in ihrer Entscheidung nicht entziehen könnten.
Misstrauen gegen Parteitag
Wie sehr die Parteiführung um Franziska Giffey und Raed Saleh ihre einzige Hoffnung auf die Basis setzt und den eigenen Funktionären misstraut, zeigt ein Gerücht, das am Montag die Runde macht. Es könnte sein, heißt es, dass der Landesvorstand auf seiner Sitzung am Montagnachmittag entscheidet, das Votum des Mtgliederentscheids nicht mehr durch einen Landesparteitag bestätigen zu lassen. Das wäre Basta-Politik à la Gerhard Schröder, allein mit dem Unterschied, das Schröders Bastas aus einer Position der Stärke kamen, das von Giffey aber ihre Schwäche offenbart.
Seit dem Moment, als Franziska Giffey, damals noch Bundesfamilienministerin mit einer Plagiatsaffäre an der Hacke, bei der Fraktionsklausur der Abgeordnetenhausfraktion im Januar 2020 auftauchte und erstmals ihre Ambitionen als Landespolitikerin zeigte, ist in der Berliner SPD kaum mehr ein Stein auf dem anderen geblieben. Schritt für Schritt hat sich der debattenfreudige Landesverband ihrer Chefin ausgeliefert. Das Kalkül: Nur Giffey kann verhindern, dass die SPD das Rote Rathaus verliert.
So ist sie 2021 als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf gezogen, und so hat sie 2023 die Wahlwiederholung krachend verloren. Dass sie nun das Rote Rathaus freiwillig räumt, zeigt, dass das Kalkül nicht nur nicht aufgegangen ist. Weil sich die SPD ihrer Frontfrau bis auf Haut und Knochen ausgeliefert hat, droht nun auch der Gang in die einst verhasste Koalition mit der CDU. Nicht wie bei Wowereit als Koch, sondern als Kellnerin.
Noch vor einigen Wochen hat Giffeys Co-Landeschef Raed Saleh CDU-Mann Wegner als „einsamen Kai“ verspottet. Nun sind er und Giffey seine Steigbügelhalter:innen. Einsam sind nun andere, auch wenn sie die Abstimmung unter den Mitgliedern gewinnen sollten. Tief gespalten wäre die SPD dann und könnte nicht einmal darauf hoffen, dass Giffey sie in drei Jahren wieder ins Rote Rathaus führt. Denn wer weiß schon, siehe Zitat oben, auf welche eigene Rechnung Giffey dann arbeitet. Vielleicht lässt sie die Genossen ohne Vorwarnung im Stich, wie einst Jürgen Klinsmann, der große Hoffnungsträger der Hertha.
Die einzige Chance der Genossinnen und Genossen ist deshalb der Gang in die Opposition. Nur dort kann sich die Berliner SPD wieder berappeln. Mit jenen personellen Wechseln, die gerade in Mariendorf gefordert wurden.
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