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Berliner Bäder dürfen wieder heizenLeider nichts gelernt

Kommentar von Stefan Alberti

Der Senat hebt die Temperaturbeschränkungen für Bäder und Hallen auf. Es ist traurig zu sehen, wie wenig Energiesparen von Sorge ums Klima motiviert war.

Wieso denn Energiesparen? Jetzt kommt doch wieder Strom aus der Steckdose Foto: dpa

Gute Nachricht für Warmbader“ hat die taz in dieser Woche zur Entscheidung des noch rot-grün-roten Senats geschrieben, Heizvorgaben für Bäder und Turnhallen aufzuheben. Für alle anderen ist es eine traurige Nachricht. Denn sie zeigt, wie sehr das Energiesparen der vergangenen Monate allein von Energieknappheit und – im privaten Bereich – von hohen Kosten für Gas und Strom geleitet war und wie wenig vom Klimaschutz.

Wenn es möglich war, im Winter mit abgesenkten Raum- und Wassertemperaturen zu leben – warum soll das ausgerechnet dann nicht mehr möglich sein, wenn es draußen wärmer wird? Wieso wieder mehr Energie investieren, wenn zeitgleich die neuesten Zahlen zum Klimawandel zeigen: Es muss in die andere Richtung gehen – zumindest solange sich diese Energie nicht allein oder zumindest zum größten Teil aus nachhaltigen Quellen erzeugen lässt.

Aber im Grunde kann die Entscheidung des Senats gar nicht überraschen. Sie reiht sich ein in ähnliches Verhalten der vergangenen Jahre. Als zu Lockdown-Zeiten plötzlich die Luft in Millionenstädten klar und in Kanälen in Venedig wieder Fische zu sichten waren, da schien es die Erkenntnis zu geben: Mit etwas weniger ist Klimarettung vielleicht doch noch möglich. Weniger fliegen vor allem, weniger Autofahren.

Doch längst füllen sich die Flughäfen länger wieder. Viele jubeln, „endlich mal wieder“ raus und „kurz mal“ nach Mallorca oder je nach Geldbeutel auch nach Übersee jetten zu können. Man kann den Eindruck gewinnen, sie wären in Haft gesessen oder der Landweg an den nächsten See oder das Meer wäre drei Jahren lang blockiert gewesen.

Sobald Energie nicht mehr knapp oder schwer bezahlbar ist, ist es mit dem Sparwillen vorbei.

Auch andere vermeintliche Erkenntnisse der Corona-Zeit sind vergessen. Die Väter und Mütter, die mit ihren Kindern in Lockdown-Zeiten erkennbar zum ersten Mal eine Runde im Park joggten und, glaubte man den Feuilletons, das Familienleben für sich entdecken – wo sind sie heute?

Um wieder zum Kernpunkt zu kommen: Obwohl der Winter den Nachweis erbracht hat, dass es möglich ist, bei niedrigeren Temperaturen zu baden oder zu arbeiten, hat das keine dauerhafte Einsicht. Sobald Energie nicht mehr knapp oder schwer bezahlbar ist, ist es mit dem Sparwillen vorbei. Man wolle doch leben und sich nicht kasteien, heißt es dann schon mal, sonst könne man sich ja gleich in Felle kleiden und in die Höhle ziehen.

Wer aber so wenig nachhaltig handelt, der braucht sich letztlich nicht zu wundern, wenn einige wiederum vergessen, was Rechtsstaat und Demokratie bedeuten und aus lauter Verzweiflung Straßen blockieren. Oder per Klimavolksentscheid ein Gesetz auf den Weg bringen, das schlicht nicht umzusetzen ist und damit im Erfolgsfall jeglichen Senat, egal welcher Koalition, automatisch zum Gesetzesbrecher macht.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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10 Kommentare

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  • Es ist ja jetzt nach der Erlaubnis vielleicht auch etwas kalt "obenrum"...?



    Ich finde diesen Schritt daher logisch und durchdacht! :-)

  • Sehr geehrter Herr Alberti, es gibt Menschen, für die sind niedrige Wassertemperaturen nicht bloß unangenehm, sondern potentiell auch gesundheitsschädlich. Für kleine Kinder gilt dies, und auch für ältere Menschen. In unserem Land gibt es noch viel Potential zum Stromsparen. Die Badetemperatur in einem öffentlichen Bad sollte davon aber nicht betroffen sein.

    • @Stefan Schaaf:

      In unserem Land wird es dann auch bald andere Probleme geben als die Frage, ob das Wasser warm genug ist für kleine Kinder. Das ist irgendwie noch nicht richtig angekommen.



      Sollen die genannten kleinen Kinder noch irgendeine brauchbare Zukunft haben, wäre Umdenken und Einschränken jetzt mal die Devise. Badetemperatur im Schwimmbad ist ein Luxusproblem. Benachteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen hin oder her, so sieht's aus.

      • @blutorange:

        Eben. Benachteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen hin oder her. (Beim Klima anscheinend absolut in Ordung). Mein Vorschlag : Nur noch 10% der Berliner Bäder dürfen heizen. Die erheben dafür einen Eintrittspreis-Aufschlag von 200%. Wer sich das nicht leisten kann, kann wenigstens von sich behaupten etwas fürs Klima getan zu haben.

        • @SeppW:

          Da zieht dann wieder "Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten"...



          Genau das, auf Klimaschutz nichts geben, einfach weil man es sich leisten kann, muss aufhören.

  • Es war ja nicht schön , bei niedrigen Temperaturen zu baden. Unser Bad hat riesige Verluste eingefahren, und wir selbst fanden sowohl die Temperaturen, im Wasser und in der Halle, zu kalt. Wir sind einmal schwimmen gegangen, und es war echt nicht schön



    Die Leute haben sich im Dampfbad die klinke in die Hand gegeben und die Kinder haben mehr Zeit vorm Becken denn im Wasser verbracht. Sonst gab es vor der Tunnelrutsche Schlangen, jetzt war alles leer. An Babyschwimmen war nicht zu denken, den babies hat es nicht gefallen, die Eltern blieben weg und die Kurs Leiterin blieb auf dem Schaden sitzen. Ebenso die Seniorenkurse und die schwimmkkurse, die mangels Beteiligung abgesagt wurden. In der Schule haben sich Eltern geweigert, ihre Kids am schwimmunterricht teilnehmen zu lassen. Sie mussten trotzdem. Da wurden sie von den Eltern krank gemeldet und der schwimmunterricht fiel ganz aus. Und die Kids waren nicht mal traurig.

    • @Carolin Rudolf:

      Es ist auch nicht schön, sehenden Auges in die Klimakatastrophe zu rennen, während alle nichts besseres zu tun haben, als über Badetemperaturen zu jammern und ihr vermeintliches Recht auf allzeit uneingeschränkte individuelle Mobilität zu beschreien.

      • @blutorange:

        Ihre Ansicht ist m.E. ein wenig zu kurz gesprungen.



        Wenn Bäder nicht mehr genutzt werden, bzw. zu wenig, dann werden sie schliessen. Dass Kinder nicht mehr schwimmen lernen, ist ein nicht geringes Problem, denn sie können leichter ertrinken.

        Ein anderes ist die Beweglichkeit von Menschen mit körperlichen Einschränkungen jeden Alters, denn schwimmen erhöht diese Möglichkeit auf angenehme und einfache Art und Weise. Denn so viele Physiotherapeut:innen, wie wir brauchen, gibt es leider nicht.

        Je körperlich unbeweglicher Menschen werden, desto mehr müssen sie oft heizen, damit sie nicht so schnell auskühlen, da sie diese Leistung weder mit Bewegung, noch mit Kleidung ausgleichen können.



        Auch der Schmerzmittelbedarf steigt - diese werden weder umweltfreundlich produziert, noch abgebaut.

        Es ist also keineswegs ein Luxusproblem und auch keineswegs so simpel, wie manche annehmen.

        Ich plädiere für kleinere, einfachere Becken, denn Schwimmen lernt man auch ohne Spezialrutsche & Co., ebenso sich schmerzärmer zu bewegen.

        • @Lesebrille:

          Ja, ich weiß um die Vorteile warmen Wassers für manche Menschen. Es ist nur so, dass die Lage eigentlich sehr ernst ist und wir einfach einsehen müssten, dass wir so nicht weitermachen können. Und angesichts dessen ist ein zu kühles Schwimmbecken einfach trotzdem ein Luxusproblem. Ja, für Menschen mit wirklichem Bedarf reichen auch kleine Becken, wie sie z.B. in physiotherapeutischen Einrichtungen zu finden sind.



          Dass (Spaß-) Bäder schließen, wäre angesichts ihres Energiebedarfs eigentlich wünschenswert. Natürlich ist das schade, aber wir müssten unseren Lebensstil nunmal dringend ändern und anderePrioritäten setzen.



          Das Argument, dass Kinder nicht mehr schwimmen lernen, zieht dagegen m.E. nicht. Sie lernen es auch in Baggerseen und Freibädern. Sie müssen es nicht im Winter lernen. Um mal polemisch zu werden: Dass sie schwimmen lernen, ist natürlich wichtig, damit sie in den kommenden Klimakatastrophenfluten nicht ertrinken...

  • Da steckt viel Wahres drin!



    Danke!



    Mir geht die Verantwortungslosigkeit auch zunehmend auf die Nerven.



    Die Aktionen der Verwaltung sind das Eine.



    Das Verhalten der MitbürgerInnen das Andere.



    Es ist mir völlig unverständlich, warum Irgendjemand glaubt, Fliegen sei notwendig.



    Mein letzter Flug war natürlich auch überflüssig.



    Das habe ich aber bereits vor 30 Jahren erkannt und entsprechend gehandelt.



    Umwelt und Klimaschutz fangen bei mir an.



    Aktionsvorschlag, statt Uhu Aktivismus:



    Demo auf dem 10er unter dem Titel:



    Wir bleiben cool!



    Gegen das Aufheizen der öffentlichen Bäder!