Bericht der Bundesregierung: Die Armutsfrage
Wie hat sich die Armut in Deutschland entwickelt? Der Bericht liefert dazu unterschiedliche Zahlen – Corona dürfte den Ausblick weiter trüben.
![Eine einzelne Frau mit einem REgenschirm geht durch eine menschenleere Einkaufsstraße Eine einzelne Frau mit einem REgenschirm geht durch eine menschenleere Einkaufsstraße](https://taz.de/picture/4852063/14/27399487-1.jpeg)
Was die Folgen der Coronakrise betrifft, herrscht ein Schwebezustand. Die Regierung befürchtet, die Ungleichheit zwischen Arm und Reich könnte wachsen. Dass die Schulen lange geschlossen waren und der Unterricht eingeschränkt ist, wirft Lernende mit Benachteiligungen weiter zurück. Wegen der Geschäftsschließungen verlieren ohnehin schlecht verdienende Beschäftigte einen Teil ihres Einkommens. Doch wie sich Corona auf die Armutsquote auswirkt, ist nicht klar – für 2020 fehlen bisher die Daten.
Der bundesdeutsche Mikrozensus weist nach einem Rückgang 2018 für 2019 wieder einen leichten Anstieg bei der Armutsrisikoquote aus. Der Regierungsbericht vermerkt jedoch positiv, dass der Wert in zwei anderen Statistiken zurückgeht: In der europäischen Untersuchung EU-Silc ist die Armutsrisikoquote 2018 unter 15 Prozent gesunken, im Sozio-oekonomischen Panel auf 16 Prozent. Die Armutsrisikoquote beschreibt den Anteil der Bevölkerung, der nur 60 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens oder weniger zur Verfügung hat.
Die Linke fordert „sanktionsfreie Mindestsicherung“
Dass die Armut seit dem Jahr 2000 zunahm, lag unter anderem an den Hartz-Gesetzen. Die Trendwende basiert nicht zuletzt auf der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. So profitieren seit 2015 selbst die am schlechtesten verdienenden 10 Prozent der Bevölkerung von höheren Löhnen und Haushaltseinkommen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plädierte dafür, den Mindestlohn von augenblicklich 9,50 Euro brutto pro Stunde auf 12 Euro anzuheben. Derzeit finde sozialer „Aufstieg von der Mitte nach oben“ statt, „aber nicht von unten in die Mitte“.
Einen „Coronazuschlag auf die Grundsicherung“ forderte Katja Kipping, die sozialpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag – außerdem eine „sanktionsfreie Mindestsicherung: Kein Erwachsener soll im Monat unter 1.200 Euro fallen.“
„Armut und Ungleichheit bleiben auf einem nicht akzeptablen Niveau“, sagte Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik der Grünen. „Die Armut verfestigt sich, wer unten ist, bleibt unten.“ Er plädierte für die „Überwindung von Hartz IV durch eine Garantiesicherung, die das soziokulturelle Existenzminimum in jeder Lebenslage sicherstellt“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss