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Belgische Sanktionen gegen IsraelDer Druck hat gewirkt

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Belgien hat endlich Sanktionen gegen Israel beschlossen – weil Premier De Wever keine Wahl mehr hatte. Jetzt ist Deutschland an der Reihe.

Der belgische Ministerpräsident Bart de Wever, am 26. August 2025 Foto: Britta Pedersen/dpa

E rst die Niederlande, dann Frankreich, nun auch Belgien: Immer mehr EU-Staaten rücken von Israel ab – und sprechen sich für eine Anerkennung Palästinas aus. Überraschend kommt diese Entwicklung nicht. Angesichts der anhaltenden israelischen Kriegsverbrechen in Gaza und der Weigerung der Regierung Netanjahu, auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinzuarbeiten, bleibt den Europäern kaum etwas anderes übrig, wenn sie ihren Prinzipien treu bleiben wollen.

Überraschend ist eigentlich nur, dass es in Belgien so lange gedauert hat. Die Stimmung im Lande ist längst gegen Netanjahu und seine rechtsextremen Minister umgeschlagen. Und das nicht nur bei Marokkanern und anderen Bevölkerungsgruppen, die traditionell mit den Palästinensern sympathisieren. Auch in Studentenstädten wie Gent und sogar im Brüsseler Europaviertel wurde der Ruf nach Sanktionen zuletzt immer lauter.

Am Ende konnte sich ihm auch Premierminister Bart De Wever nicht mehr entziehen. Zwar hat er auf Zeit gespielt und versucht, sich mit Bundeskanzler Friedrich Merz abzustimmen, der für unbedingte Solidarität mit Israel steht. Doch anders als in Deutschland haben in Belgien auch die Sozialdemokraten massiven Druck gemacht. De Wever musste handeln, sonst wäre seine Koalition geplatzt.

Die Beschlüsse, die Außenminister Maxime Prévot nun bekannt gegeben hat, sind allerdings kaum geeignet, den Streit zu schlichten. Die Sanktionen gegen Israel sehen zwar hart aus, dürften Netanjahu aber kaum jucken. Und bei der Anerkennung Palästinas haben sich letztlich die Bremser durchgesetzt. Sie haben den Schritt an Bedingungen gebunden und damit hinausgezögert. Belgien ist in der Palästina-Frage kein Vorreiter, sondern Nachzügler.

Dennoch ist der ein Signal an die gesamte EU, die ja immerhin ihren Sitz in der belgischen Hauptstadt hat. Und er bringt Kanzler Merz und seine Regierung noch mehr in die Defensive. Bleibt zu hoffen, dass sich auch in Berlin endlich etwas bewegt. Belgien hat in der Nahostpolitik gerade noch so die Kurve gekriegt – nun ist Deutschland an der Reihe.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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10 Kommentare

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  • Klar, als sich das letzte mal Staaten entschlossen haben, den Staat Palästina anzuerkennen hatte das ja auch durchschlagenden Erfolg:



    1. Die Hamas hat gejubelt, dass wären "die Früchte des 7. Oktober" - die Herrschaften drücken sich ja gerne blumig aus.



    2. Die Hamas hat umgehend die laufenden Verhandlungen über einen Geisel-Deal verlassen.



    3. Die Hamas hat Videos mit halb verhungerten Geiseln veröffentlicht, um jedem zuzurufen: Seht her! Das können wir tun, ohne dass es irgendwelche Konsequenzen hätte...



    Davon wurden dann natürlich auch alle Kinder in Gaza satt!



    Wie wäre es denn, wenn man mal die Hamas unter Druck setzte, bzw. deren Unterstützer, die Waffen niederzulegen und die Geiseln frei zu lassen? Wie wäre es, wenn man die Finanzierung dieser Gangster unterbricht? Womöglich sogar wirksame Sanktionen gegen Iran verhängen und in Katar anzumahnen, nicht nur große Worte zu sprechen, sondern die Hamas-Führung aus dem Land zu schmeißen - am besten auch deren Vermögen beschlagnahmen, aber man will ja nicht zu anspruchsvoll sein.

  • Ich bin mal gespannt, ob später von einer historischen Verpflichtung gegenüber dem palästinensischem Volk gesprochen werden wird, weil wir zugelassen haben, dass die systematische Zerstörung des Gaza-Streifens mit massiven Opferzahlen unter der Bevölkerung ohne Intervention stattfindet.

    Wie es schon höchste Politiker ausgesprochen haben: Wir lassen Israel die Drecksarbeit machen - ja genau das machen wir.

  • Unglaublich. Es wäre beschämend, würde Merz den "Fordrungen" nachkommen.

  • Wenn ich micht recht erinnere hat Deutschland sechs Millionen Juden umgebracht, davon 1,5 Millionen Kinder. Weitere sieben Millionen waren geplant. U. a. im Nahen Osten, vorwiegend Israel.

    Goebbels hat dort ab 1933 über seine Hetzsender den arabischen Teil der "Endlösung der Judenfrage" vorbereitet. In bester Zusammenarbeit mit al-Husseini, SS-Gruppenführer und Mufti von Jerusalem. Goebbels war außerordentlich erfolgreich und konnte dem seit 1300 Jahren muslimischen Anti-Judaismus seine eliminatorische Nazi-Version hinzufügen. Dies bildete die Grundlage für den ganzen Palästina-Irrsinn, den wir seit 1945 kennen. Es hätte weitaus besser laufen können, siehe Link unten. Doch Al-Husseini war der Spiritus Rector der katastrophalen Entwicklung. Mit den Nazis im Hintergrund.

    Und jetzt soll Deutschland Sanktionen gegen Israel beschließen statt zu helfen? Deutschland fährt seit Anfang 2024 ein faktisches Waffenembargo gegen Israel. Die Ukraine bekommt etwa das Siebzigfache, allein 2024 mehr als Israel in 60 Jahren.

    Die Zwei-Staaten-Lösung war eine gute Option der Vergangenheit. Die Islamisten haben diese sabotiert.

    taz.de/Das-palaest...sproblem/!6101654/

  • Wieso ist Deutschland an der Reihe? Die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind wichtiger als innenpolitische Entscheidungen in Belgien. Bisher weiß doch niemand, was eine Anerkennung von Palästina genau bedeutet und wohin dies in der Region führt.

    • @Zven:

      Man könnte fast vermuten, daß bei der Gründung und Anerkennung Israels auch niemand wußte was das genau bedeutete und wohin es die Region führen würde.

    • @Zven:

      Richtig. Die Anerkennung von Palästina, hilft nur der Hamas und zeigt das wir deren Propaganda reingefallen sind. Man kann Historisch von diesem Konflikt halten was man will aber die Hamas ist nun mal eine "Demokratisch" gewählte Terrororganisation deren Methoden definitiv die Bezeichnung "Rebellen" nicht zulassen. Die Welt erkennt nun also ein Land an was von einer Terrororganisation geführt wird. Das hätte alles eventuell verhindert werden können wenn man das Oslo-Abkommen von 1993 strikter durch gesetzt hätte aber wer will schon ein Stabiles Nahosten wenn man am Krieg mehr verdienen kann...

    • @Zven:

      Zwei-Staaten-Lösung.

      Hätten die Palästinenser schon vor 80 Jahren haben können. Unter weit besseren Bedingungen.

      Die UNO hatte mit großer Mehrheit 1948 einer Zwei-Staatenlösung zugestimmt. Die Palästinenser haben unter der Führung der arabischen Staaten, vorwiegend der Muslimbrüderschaft abgelehnt.

      Arafat bekam von Israel spätestens 1993 die Chance durch das Oslo-Abkommen sowie 2000 und 2001, Camp David und Taba, einen Palästinensischen Staat zu bekommen, mit 97 Prozent des Westjordanlandes plus Ost-Jerusalem plus Gaza.

      Abbas bekam 2005 mit Israels Rückzug aus Gaza die Chance und 2008 unter Olmert. Alles verpasst.

      Die Tragödie des palästinensischen Volkes besteht darin, zu ihren absoluten Ungunsten vertreten zu werden.

      Ein ausgesprochen guter Artikel dazu in der taz:



      taz.de/Historiker-...konflikt/!5976741/

    • @Zven:

      Dafür wissen wir aber seit 80 Jahren, zu was Unterdrückung und ewige Besatzung eines Volkes unter Militärrecht bedeutet. Zumindest wissen wir, dass sie sich nicht dran gewöhnen und immer weiter Widerstand leisten, was uns wiederum zum einzigen Interesse Deutschlands führt, nämlich Israels Sicherheit! Denn wenn man ständig seine Nachbarn verprügelt, beklaut, Eigentum zerstört oder sie einsperrt, damit sie endlich von alleine gehen, weil man unbedingt ihre Wohnung möchte, darf man sich halt nicht wundern, wenn die dann einem gegenüber feindselig gesinnt sind. Da hilft es leider auch nicht die Religion des unterdrückten Nachbarn zu dämonisieren, um sie dann als terrorisierenden Grund anzuführen, warum man die Wohnung des Nachbarn überhaupt besetzt. Und dann noch am Ende zu sagen nein, ich kann dir deine Wohnung nicht zur freien Verfügung lassen, weil ich ja nicht weiß, ob du meine Verwandten darin dann immer noch umsonst und gegen deinen Willen wohnen lässt, wobei du weder dein Wasser noch deinen Strom ohne die Erlaubnis der besetzenden Gäste, die bei dir eingebrochen sind, benutzen darfst.



      Da müssten in D noch einige Öfen Brot gebacken werden, bis man die Täter Opfer Umkehr bemerkt

    • @Zven:

      Wer spricht denn hier von "innen"politischen Entscheidugen? Das ist keineswegs eine innenpolitische Thematik. Es wird allerhöchste Zeit dem Morden der beiden Kontrahenten so entgegenzutreten, dass Wirkung erfolgt auch und gerade gegenüber Israel, die sich als demokratischer Staat sehen . Es gilt, BEIDEN Parteien ernsthafte und spürbare Konsequenzen aufzuzeigen, wenn sie sich nicht an internationales Recht, Menschenrechte und Auflagen halten. Da hilft kein flaues Wackeln m it dem Zeigefinger mehr. Nochmals: BEIDE sind gemeint.