piwik no script img

Baumpfleger über Dürre„Öfter und kürzer gießen“

In Teilen Deutschlands ist es schon jetzt zu trocken. Baumpfleger Jörg Cremer erklärt, was Bäumen hilft und weshalb es mehr robuste Klimagewächse braucht.

Der hat Durst und leidet still: Berliner Straßenbaum im Dürresommer 2022 Foto: Dirk Sattler/imago
Heike Holdinghausen
Interview von Heike Holdinghausen

taz: Herr Cremer, in Parks werden große alte Bäume bei Trockenheit beschnitten. Ist das im Privatgarten auch sinnvoll?

Jörg Cremer: Bei den Arbeiten geht es meist um die Verkehrssicherheit in den Anlagen, das obliegt jedem Baumeigentümer. Allerdings wird die Verkehrssicherheit in Deutschland massiv übertrieben. Es gibt deutlich weniger Personenschäden durch Bäume als im Straßenverkehr, da müssten Sie eher aufhören, Auto zu fahren. Viel Geld könnten wir sparen, wenn das Entfernen von Totholz nicht ab 3 Zentimeter, sondern erst ab 5 Zentimeter Durchmesser erfolgen würde. Das „Lebensrisiko“ wird hierdurch nicht ernsthaft erhöht.

Bild: baumpflegeverband.de
Im Interview: Jörg Cremer

ist Erster Vorsitzender des Fachverbands Baumpflege. Der Fach­agrarwirt führt einen Baumpflegebetrieb in Sankt Augustin in Nordrhein-Westfalen.

Aber es gibt Bäume, die aus dem Nichts heraus große Äste abwerfen…

Sie meinen den Grünastbruch in Zeiten von Hitze und Trockenheit? Einzelne Baumarten wie Eichen und Pappeln neigen dazu. Wir kennen das Phänomen unter dem Begriff der Mittagsdepression. Mittags sinkt der Zelldruck in einzelnen Ästen ab, sie können abfallen. Das passiert aber höchst selten. Und genau verstanden haben wir auch nicht, wieso das eigentlich passiert. Da brauchen wir noch einiges an Forschung. Wässern kann helfen.

Also nicht beschneiden?

Wenn es um die Verkehrssicherheit geht, sollte das, was ein Laie erkennen kann, entfernt werden, Totholz etwa. Ist man sich aufgrund von Pilzfruchtkörpern nicht sicher, sollte ein Baumfachmann hinzugezogen werden. Gegen Grünastbruch hilft Beschneiden nicht wirklich. Welchen der Äste wollen Sie denn abschneiden? Sie wissen doch gar nicht, welcher eventuell betroffen sein könnte. Damit schaden Sie dem Baum eher, und teuer ist es auch.

Hilft es, einen alten Baum zu gießen?

Gießen ist gut. Einem kleinen Baum bis etwa 15 Meter Höhe, der etwa 20 Jahre alt ist, kann man alle zwei Wochen für eine Stunden den Gartenschlauch anlegen. Große Bäume wie Ahorn oder Walnuss brauchen das Doppelte. Wobei öfter und kürzer gießen effektiver ist, das durchfeuchtet den Boden besser. Ideal ist eine gleichmäßige Tropfbewässerung.

Klingt wenig…

Wir reden von Trinkwasser, damit müssen wir umsichtig umgehen. In bestimmten Gebieten werden wir absehbar Gärten nicht mehr bewässern dürfen. Wer einen Garten anlegt, sollte unbedingt eine Zisterne einbauen und bei Neupflanzungen auf resiliente Baumarten achten. Die findet man unter dem Stichwort „Klimabäume“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • ... "Wir reden von Trinkwasser, damit müssen wir umsichtig umgehen. "...



    Ja richtig, allerdings muss man nicht zwangsweise mit Regenwasser gießen, früher haben meine Eltern und Großeltern z.B. das letzte Wasser, dass die Waschmaschine beim Schleudern abpumpt in Eimenr aufgefangen und im Garten an die Bäume gegossen (außer im Winter bei Frost natürlich). Das wurde gewohnheitsmäßig so gemacht, auch wenn die Wassergebühr damals noch viel niedriger war. Regentonnen hatte auch jeder und nicht jedes Regenfallrohr war an den Kanal angeschlossen. (letzteres nennt man heute "Versickerung durch die belebte Bodenzone")



    Bei einem richtigen Wassermanagement sollte auch weniger Abwasser entstehen, in dem man Grauwasser usw. auch zur Bewässerung nutzt. Israel ist bei sowas ja technologisch ganz weit vorn, denn ohne Wasser wächst da auch nichts, aber geht dort der Weg eines großen Teils des Trinkwassers über das Brauchwasser zur Bewässerung und nicht wie bei uns (am besten noch mit dem Regenwasser zusammen) ins Abwasser und die Kläranlage.



    Schöne Beispiele, dass man z.B. das Waschwasser auch ohne die vorbeschriebene Eimermethode mit der Pumpe der Waschmaschine und über einfache Kunststoffleitungen gibt es aus San Diego, USA, wo die Stadt die Menschen hinsichtlich wassersparender Gärten auch in dieser Hinsicht berät.



    Das schlimme ist, dass man alles, was noch in den letzten Jahrzehnten jedem normal denkenden Menschen klar war, heute aufwendig erklären muss. Ist denn so viel Alltagswissen und gesunder Menschenverstand verloren gegangen oder lassen sich alles so verunsichern ?

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Der Tipp des Experten taugt für die dringenst nötige Schärfung des Bewusstseins allgemein und der praktischen Möglichkeiten im persönlichen Umfeld.



    Im Speziellen: Das Wasser wird beim derzeitigem Wassermangement in Anbetracht der Verhältnisse kommender Zeiten schlicht nicht zum Gießen von großen Bäumen allerorten reichen. Der Aufwand wird in jedem Fall beträchtlich sein und zusätzlich Ressourcen binden. Es wird nicht lustig.

  • Kürzer gießen kann auch nach hinten los gehen wenn so kurz gegossen wird, dass der Boden nur oberflächlich durchfeuchtet wird und das Wasser einfach nur verdunstet.

    Bei solchen Tips sollte man konkret werden hinsichtlich der Mengen und Zeiten.

  • Stichwort Zisterne: Eine Zisterne in sinnvoller Größe (also nicht nur eine Regentonne mit 500 oder 700 Litern) ist nicht gerade gratis, bei den noch aktuellen Wasserpreisen im Zweifelsfall ein Zuschussgeschäft, das man sich leisten können muss.

  • Wer einen Garten sein Eigen nennt weiss wieviel Wasser gerade im Sommer benötigt wird. Da gehört eine Zisterne bzw. ein IBC-Tank oder mehrere Regentonnen zum Standard-Repertoire.



    Das hat sich vor allem in den letzten Jahren durchaus bewährt und mit 1500l Wasser-Vorrat bin ich bisher gut durchgekommen.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    "Wer einen Garten anlegt, sollte unbedingt eine Zisterne einbauen" sollte auch für bereits bestehende, öffentliche Parks und Gärten gelten.

    Das Regenwasser versiegelter Flächen landet aktuell unmittelbar im Abwassersystem - nichts davon wird zu Grundwasser für Pflanzen.

  • Der Titel des Artikels entspricht nicht unbedingt der Aussage des Experten.



    "kann man alle zwei Wochen für eine Stunden den Gartenschlauch anlegen"



    Das ist die effektivste Methode. Effektiver ist nur Tröpfchenbewässerung, aber das ist keine praktikable Methode für große Bäume und auch keine Möglichkeit für Privatleute, öffentliches Grün zu bewässern

    • @Ringsle:

      Ich habe hingegen die Info, dass "Dauerbewässerung" insbesondere bei jungen Baumen dazu führt, dass der Baum seine Wurzeln nicht nach unten, dem Grundwasser entgegen, ausbildet, denn das Wasser findet sich ja in oberen Bodenschichten.



      Wie denn nun?

      • @Django:

        Ihre Info ist korrekt.



        Tröpfchenbewässerung bei Bäumen ist zwar perfekt, aber nur, wenn sie dauerhaft besteht. Fällt sie weg, ist der Baum bei Dürre des Todes.. also eigentlich nur etwas für die Landwirtschaft.



        Wer einen jungen Baum pflanzt, sollte die ersten Jahre selten aber viel wässern, damit der Baum ein tief-reichendes Wurzelwerk entwickelt und bei Dürre in der Tiefe genug Wasser bekommt.

  • Baumpfleger Jörg Cremer: In bestimmten Gebieten werden wir absehbar Gärten nicht mehr bewässern dürfen. Wer einen Garten anlegt, sollte unbedingt eine Zisterne einbauen und bei Neupflanzungen auf resiliente Baumarten achten. Die findet man unter dem Stichwort „Klimabäume“.

    Das hört sich nicht gut an, was der Baumpfleger da sagt, denn im Grunde sagt er, dass wir bald ein Wasserproblem bekommen, denn Wasser wird nicht nur in Afrika knapp, sondern auch bei uns in Europa. Aber egal, denn unsere "schlauen" Politiker haben sicherlich schon eine Lösung parat - *LOL*.

    • @Ricky-13:

      Unsere Politiker hören auf das, was ihnen Fachleute sagen.

      Der Fachmann hier rät zu trockenheitsresistenten Baumarten.

      Das ist eine Lösung.

      Vielleicht keine, die Sie favorisieren, aber es ist eine Lösung für dieses Thema.

      • @rero:

        "Unsere Politiker hören auf das, was ihnen Fachleute sagen."

        Ja, aber nur auf "Fachleute" die das klimaschädliche Wirtschaftswachstum nicht antasten wollen. Auf echte Fachleute, die seit vielen Jahren fordern, dass man endlich mal Klimapolitik machen sollte, wird aber nie gehört, denn unsere Politiker reden nämlich lieber über den Klimawandel, anstatt mal zu handeln. Wenn der Klimawandel zunimmt, dann werden trockenheitsresistente Baumarten auch nicht mehr helfen, denn die werden auch verdursten. Unsere Politiker werden weiterhin am klimaschädlichen Wirtschaftswachstum festhalten und echte Fachleute - und auch den Klimawandel - ignorieren, auch wenn jedes Jahr immer mehr Wälder in Deutschland und in der übrigen Welt abfackeln.

        • @Ricky-13:

          Ich habe bislang noch von keinem glaubwürdigen Fachmann gelesen, der behauptete, es sei in absehbarer Zeit in Mitteleuropa für Bäume grundsätzlich zu trocken.

          Das haben immer nur Aktivisten behauptet.

          Manche Fachleute behaupten sogar, es gäbe in Deutschland Klimagewinner-Bäume.

          Die Wüste scheint dann doch noch etwas auf sich warten zu lassen.

          Allgemein fangen Politiker jeglicher Couleur doch gerade an, zu handeln. Reicht halt noch nicht.

          Sind Sie sich sicher, dass Sie sich wünschen, Politiker würden auf Fachleute hören?

          Geht es Ihnen nicht vielleicht doch darum, die Politiker würden mehr auf Leute hören, die Ihre Meinung vertreten?

          • @rero:

            "Ich habe bislang noch von keinem glaubwürdigen Fachmann gelesen, der behauptete, es sei in absehbarer Zeit in Mitteleuropa für Bäume grundsätzlich zu trocken."

            Einen Fachmann "hören" Sie doch gerade oben im taz-Artikel. Ansonsten muss man sich nur die Meinung von zwei weiteren Fachleuten anhören: Prof. Dr. Mojib Latif (Meteorologe) und Peter Wohlleben (Förster). Von den Tausenden von Wissenschaftlern, die alle auf der Seite von Fridays for Future sind, will ich gar nicht erst anfangen.

            "Geht es Ihnen nicht vielleicht doch darum, die Politiker würden mehr auf Leute hören, die Ihre Meinung vertreten?"

            Man muss ja nicht unbedingt auf meine Meinung hören. Es wäre schon gut, wenn man auf die Meinung der Naturwissenschaftler und Ingenieure hören würde, anstatt auf auf die "Meinung" der Verursacher des Klimawandels, die immer noch viele Politiker 'fest im Griff' haben, damit das klimaschädliche Monopolyspiel Wirtschaftswachstum auch in Zukunft weitergehen kann. Die meisten Politiker sind ja ohnehin Berufspolitiker, die entweder Jura oder BWL/VWL studiert haben, und ob man solche "Volksvertreter" - wo es um die Zukunft und das Leben der jungen Leute geht - nicht endlich mal "beaufsichtigen" sollte (wie es ja auch in einer Demokratie vorgesehen ist), wird sich wohl in absehbarer Zeit herausstellen; falls es dann aber nicht schon zu spät ist.

            *In Kanada lodern seit Mai Waldbrände in den Regionen British Columbia und Alberta im Westen, Saskatchewan im mittleren Osten und Nova Scotia an der Atlantikküste.* hat vor ein paar Tagen die taz geschrieben.

            • @Ricky-13:

              Herr Cremer im Artikel behauptet nicht, was Sie schreiben.

              Im Gegenteil, er spricht von "Klimabäumen".

              Wohlleben sagt auch das Gegenteil.

              Er schreibt, dass ein "umgebauter" Wald das Modell gegen Klimaerwärmung ist.

              Bei ihm können Sie nachlesen, wie widerstandsfähig ein "natürlicher" Wald ist.

              Es gibt Studien, die sagen, dass Eiche und Esche vom Klimawandel profitieren könnten.

              • @rero:

                "Es gibt Studien, die sagen, dass Eiche und Esche vom Klimawandel profitieren könnten."

                Es gibt sicherlich auch Studien, die sagen, dass der Homo sapiens in Wahrheit ein Dummkopf ist und es mit der Menschheit bald ein Ende hat. Aber belassen wir es jetzt dabei, denn wir kommen ohnehin nicht auf einen gemeinsamen Nenner.

  • ... "Wir reden von Trinkwasser, damit müssen wir umsichtig umgehen. "...



    Ja richtig, allerdings muss man nicht zwangsweise mit Regenwasser gießen, früher haben meine Eltern und Großeltern z.B. das letzte Wasser, dass die Waschmaschine beim Schleudern abpumpt in Eimenr aufgefangen und im Garten an die Bäume gegossen (außer im Winter bei Frost natürlich). Das wurde gewohnheitsmäßig so gemacht, auch wenn die Wassergebühr damals noch viel niedriger war. Regentonnen hatte auch jeder und nicht jedes Regenfallrohr war an den Kanal angeschlossen. (letzteres nennt man heute "Versickerung durch die belebte Bodenzone")



    Bei einem richtigen Wassermanagement sollte auch weniger Abwasser entstehen, in dem man Grauwasser usw. auch zur Bewässerung nutzt. Israel ist bei sowas ja technologisch ganz weit vorn, denn ohne Wasser wächst da auch nichts, aber geht dort der Weg eines großen Teils des Trinkwassers über das Brauchwasser zur Bewässerung und nicht wie bei uns (am besten noch mit dem Regenwasser zusammen) ins Abwasser und die Kläranlage.



    Schöne Beispiele, dass man z.B. das Waschwasser auch ohne die vorbeschriebene Eimermethode mit der Pumpe der Waschmaschine und über einfache Kunststoffleitungen gibt es aus San Diego, USA, wo die Stadt die Menschen hinsichtlich wassersparender Gärten auch in dieser Hinsicht berät.



    Das schlimme ist, dass man alles, was noch in den letzten Jahrzehnten jedem normal denkenden Menschen klar war, heute aufwendig erklären muss. Ist denn so viel Alltagswissen und gesunder Menschenverstand verloren gegangen oder lassen sich alles so verunsichern ?