Rasen sprengen verboten: Der Sommer wird trocken

In Norddeutschland sind die Böden trocken, die Waldbrandgefahr steigt. Ein Experte erklärt, warum ein trockener Sommer allein kein Problem ist.

Ein Traktor wirbelt auf einem Feld viel Staub auf

Auf dem Acker zeigt sich die Trockenheit: Hier sind die obersten Bodenschichten schon staubtrocken Foto: Patrick Pleul/dpa

Hamburg taz | Zurzeit ist es warm und trocken – und das hat bereits Konsequenzen: In Mecklenburg-Vorpommern brennt der Wald, im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Ein Dorf wurde sogar evakuiert. Am Mittwoch konnten die Be­woh­ne­r*in­nen von Volzrade aber in ihre Häuser zurückkehren, die Flammen breiten sich nicht weiter aus.

In Niedersachsen warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Kreisen wie Celle, Uelzen und Nienburg vor hoher bis sehr hoher Waldbrandgefahr. Wegen der anhaltenden Trockenheit heißt es in Nienburg zudem fortan bis Ende September: Wenn das Thermometer die 24-Grad-Marke erreicht, dürfen Be­woh­ne­r*in­nen Grünflächen wie Gärten, Parks sowie land- und forstwirtschaftliche Flächen zwischen 11 Uhr und 19 Uhr nicht mehr aus der öffentlichen Wasserversorgung und hauseigenen Brunnen beregnen.

Das teilte die Verwaltung mit. Niedrige Grundwasserstände sind Schuld: Diese seien bereits an vielen Messpunkten noch niedriger als die historischen Tiefstände aus dem sehr trockenen Jahr 2018. Der Regen im vergangenen Winter und Frühjahr habe nicht ausgereicht.

Im Landkreis Harburg gilt bereits seit mehr als 30 Jahren die Regel: Bei über 25 Grad ist die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen und Sportplätze zwischen 12 Uhr und 17 Uhr nicht erlaubt.

Wetter soll sich so schnell nicht ändern

Mit seinem Problem ist der Kreis Nienburg nicht allein in Niedersachsen: Auch im Landkreis Lüneburg werden Einschränkungen bei der Wassernutzung geplant, wie eine Sprecherin der Deutschen Presseagentur mitteilte. Genauere Details sind bisher nicht bekannt. Die Mehrheit der niedersächsischen Landkreise und Städte hat bisher noch keine Maßnahmen ergriffen.

Aber was, wenn es weiterhin so trocken bleibt? Größere Niederschläge blieben seit Wochen aus. Das Wetter soll sich laut Vorhersage des DWD auch in der laufenden Woche im Norden erst einmal nicht ändern.

In Schleswig-Holstein sieht der Verband der Energie- und Wasserwirtschaft für den gesamten Sommer trotzdem keinen Grund zur Sorge. Der Verband vertritt die Interessen von rund 50 kommunalen Stadt- und Gemeindewerken sowie Versorgungsunternehmen. Die Trinkwasserversorgung bleibe für private Haushalte und Unternehmen stabil und sicher, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes. Begründet wird das damit, dass man das Wasser aus sehr tiefen Brunnen fördere.

Während in Nienburg mit Verboten gearbeitet wird, um Wasser zu sparen, setzt man in Hamburg offenbar auf Freiwilligkeit. So haben am vergangenen Freitag die Umweltbehörde und der Trinkwasserversorger Hamburg Wasser die Kampagne „Wertvoll – unser Trinkwasser“ gestartet. Ver­brau­che­r*in­nen sollen für ihren Wasserverbrauch sensibilisiert werden. Zum Beispiel mit dem sehr naheliegenden Tipp: kürzer zu ­duschen.

Kann es in der Hansestadt zu ähnlichen Tiefständen und Beschränkungen wie in Nienburg kommen? „Aktuell gehen wir zwar nicht davon aus, dass die Wassernutzung in Hamburg behördlich eingeschränkt wird, wir können das aber auch nicht ausschließen“, teilt ein Sprecher von Hamburg Wasser mit.

Wasserbedarf steigt, wenn es heiß ist

In Bremen bleibt man ebenfalls eher unkonkret: Eine Sprecherin des Versorgungsdienstleisters SWB AG, der Bremen und Bremerhaven versorgt, sagt: „Eine mehrere Wochen andauernde Warmwetterperiode in Kombination mit ausbleibenden Niederschlägen löst schon einen erhöhten Verbrauch in Haushalten und Betrieben aus.“ Solange aber vernünftig und sinnvoll mit Trinkwasser umgegangen werde, seien keine problematischen Situationen erkennbar.

Das Problem mit der Hitze: Der Wasserbedarf der Bevölkerung steigt an heißen Tagen tendenziell. So berichtet der Wasserverband Garbsen-Neustadt bei Hannover, dass derzeit rund 30 Prozent mehr verbraucht werde als an einem durchschnittlichen Sommertag. Gleichzeitig sinken die Grundwasserstände.

Ein Blick auf den Dürremonitor vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung zeigt: Bereits seit Anfang Juni herrscht in Norddeutschlands tieferen Bodenschichten schwere, extreme und in Teilen von Niedersachsen sogar außergewöhnliche Dürre.

Dabei war der Zeitraum von Dezember bis April sehr nass. Andreas Marx, Klimaforscher und Leiter des Dürremonitors, erklärt: „Im tieferen Boden ist teilweise trotzdem zu wenig Wasser angekommen. Deswegen haben sich Grundwasserstände nicht richtig erholen können.“ Es sei nicht das erste Jahr, die Lage sei in Regionen wie die rund um Hannover seit 2018 so.

Böden haben immer weniger Zeit zum Auffüllen

Marx hält die Grundwasserversorgung in Deutschland trotzdem für nicht gefährdet und erwartet auch für die Landwirtschaft keinen außergewöhnlichen Dürresommer. Viele Jahre mit heißen Sommern würden aber irgendwann dazu führen, dass Böden weniger Zeit bleibe, sich im Winter mit genügend Wasser aufzufüllen – und es komme eben immer öfter zu längeren Hitzeperioden wie in den Jahren 2018, 2019 und 2022.

„In Zukunft, wenn die Sommer noch wärmer und heißer werden, wird es regelmäßig so sein, dass die Böden im Sommer stärker austrocknen, als sie das in der Vergangenheit getan haben“, sagt Marx. Es werde eine Herausforderung sein, das Winterwasser in den Sommer zu bringen.

An heißen Tagen den Garten seltener bewässern – das ist die eine Sache. Doch was ist mit den Menschen, die keinen Garten, keine kühle Wohnung, keinen ständigen Zugang zu Wasser haben? Besonders gefährdet sind wohnungslose Menschen.

Was tut Hamburg dafür, diese besser zu schützen und mit Wasser zu versorgen? Einen fertigen Hitzeaktionsplan, der Maßnahmen für die Bevölkerung vorsieht, ist frühestens für Mitte 2024 geplant, verkündet die Hamburger Sozialbehörde. Man verlässt sich auf öffentliche Wasserspender – Hamburg Wasser betreibt aktuell fünf – und Hilfseinrichtungen sowie Ehrenamtliche.

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