BND-Affäre: Geheimsache Aufklärung
Grüne und Linke empören sich lautstark über Merkel und die Geheimdienste. Doch die SPD rückt näher an die Union heran.
BERLIN taz | Die BND-Spitze gibt sich ahnungslos. Nichts habe er bis März dieses Jahres von kritischen NSA-Spähanfragen gewusst, behauptete Hartmut Pauland, Abteilungsleiter der Technischen Aufklärung beim BND, am Donnerstag vor dem NSA-Ausschuss des Bundestags. „Es gab nie einen Anlass da zu gucken, das lief unproblematisch.“
Gleichwohl: Jahrelang soll der US-Geheimdienst mittels des BND europäische Firmen und Politiker ausgespäht haben, übersandte dafür tausende Suchbegriffe. Das sei schon ein „besonderes Vorkommnis“, gestand Pauland. Nur hätten ihn seine Mitarbeiter nie darüber informiert.
Es ist auch die Verteidigungslinie von BND-Präsident Gerhard Schindler: Auch er will erst im Frühjahr von den rechtswidrigen Spähversuchen der USA erfahren haben. Schindler war für den Abend, nach Redaktionsschluss, in den Untersuchungsausschuss geladen.
Das Ausmaß der Affäre ist indes immer noch nicht geklärt. Laut den Grünen sind inzwischen neue NSA-Suchlisten aufgetaucht. Eine baldige Offenlegung der Listen scheiterte am Donnerstag: Ein Antrag der Opposition im NSA-Ausschuss, das Kanzleramt möge bis zum 1. Juni erklären, wie es mit den Listen umzugehen gedenke, wurde von der schwarz-roten Regierungskoalition abgewiesen.
Zuvor war der Disput schon im Bundestagsplenum aufgebrochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versuchte dort zwar, jede Berührung mit der schmutzigen Welt der Geheimdienste zu vermeiden. Als sie in ihrer Regierungserklärung über den G-7-Gipfel sprach, erwähnte sie die Affäre mit keinem Wort. Die Opposition spitzte die Affäre aber weiter auf die Kanzlerin persönlich zu.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warf ihr vor, das Kanzleramt habe im vergangenen Bundestagswahlkampf gelogen. Der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla hatte im August 2013 behauptet, die US-Seite habe ein No-Spy-Abkommen angeboten. Dieses Angebot hatte jedoch nach Medienberichten nie existiert. „Eine Entschuldigung bei den Bürgern wäre angesichts dieser Täuschung angemessen“, rief Hofreiter.
„Ein faules Ei aus Merkels PR-Abteilung“
Lüge, Entschuldigung, „ein faules Ei aus Merkels PR-Abteilung“: Hofreiter und seine Grünen sind ehrlich empört über den mäßigen Aufklärungswillen der Regierung. Den Linken geht es ähnlich. Fraktionschef Gregor Gysi ließ kein gutes Haar an den Geheimdiensten. Die NSA behandle Deutschland wie Feindesland, sagte er. Und der BND habe „abertausende rechtswidrige Handlungen“ begangen, weil von den Spähattacken Firmen oder Politiker betroffen seien.
Dann sprach Gysi Merkel mit Blick auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen persönlich an: „Willfährigkeit und Duckmäusertum führen zu Verachtung. Respekt ist die Grundlage, um eine Freundschaft aufzubauen.“ Merkel hörte ungerührt zu, zwischendurch plauderte sie freundlich mit SPD-Chef Sigmar Gabriel, als habe der sie in der Affäre immer gestützt.
Grüne und Linke möchten, dass das Kanzleramt die Liste mit NSA-Suchbegriffen an den Untersuchungsausschuss des Parlaments liefert. Die Union liebäugelt dagegen mit einem Sonderermittler, der exklusiv Einblick in die Liste bekommen könnte. Auf den Vorschlag schwenkt die SPD inzwischen ein. Er wäre mit einem Sonderermittler einverstanden, sagte Christian Flisek, der SPD-Obmann im NSA-Ausschuss. Der Obmann der Grünen im Ausschuss, Konstantin von Notz, sprach dagegen von einem „Ablenkungsmanöver, bei dem wir nicht mitmachen“.
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