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Außenministerin zu Besuch in ChinaAuf unmöglicher Mission in Peking

Die deutschen Außenministerin Annalena Baerbock ist zu Besuch in Peking. Es geht besonders um heikle Themen wie die Haltung Chinas zum Krieg in der Ukraine.

Mit Kritik im Gepäck: Annalena Baerbock (Bündnis90/Die Grünen) wird von ihrem chinesischen Kollegen Wang Yi in Peking begrüßt Foto: Michael Kappeler/dpa

Seoul taz | Noch ehe Annalena Baerbock in Peking aus dem Regierungsflieger stieg, stand fest, dass sie dort keinen Beliebtheitswettbewerb gewinnen würde. Abseits weniger freundlicher Worte der Außenministerin gegenüber ihrem chinesischen Amtskollegen Wang Yi – etwa darüber, dass beide Staaten gut zusammenarbeiten können, wie zuletzt bei der Klimakonferenz in Baku – ging es vor allem um heikle Themen.

Schon vor ihrem Abflug gab die Grünen-Politikerin den Ton vor: „Statt als permanentes Mitglied im UN-Sicherheitsrat Verantwortung für Frieden und Sicherheit in der Welt zu tragen, stellt sich China mit seiner Wirtschafts- und Waffenhilfe für Russland gegen unsere europäischen Kerninteressen.“

Außenamtssprecher Lin Jian sagte darauf am Montag: „In Bezug auf die Ukrainekrise hat China wiederholt seinen Standpunkt dargelegt. Es lehnt unbegründete Anschuldigungen sowie politische Manipulationen entschieden ab.“ Seine Äußerung folgt dem immer selben Muster: Man selbst habe sich nichts zu Schulden kommen lassen, stets handele es sich bei Kritik um ein Komplott von antichinesischen Kräften.

Kein Platz für kritische Fragen

Und auch als Baerbock im Diaoyutai-Staatsgasthaus auf den Ukrainekrieg zu sprechen kam, wurden schnurstracks die anwesenden Fotojournalisten aus dem Raum gedrängt. Auf eine gemeinsame Pressekonferenz, welche die deutsche Seite bilateral abhalten wollte, wollte sich die chinesische Seite ebenfalls nicht einlassen. Kritischen Fragen stellt sich Peking schon lange nicht mehr.

Seit Russlands Krieg gegen die Ukraine haben sich Peking und Berlin stark entfremdet

Stattdessen inszeniert Außenminister Wang Yi sein Heimatland immer selbstbewusster auf der diplomatischen Bühne, bezeichnet China als „Kraft für Frieden, Wachstum und Stabilität in der Welt“. Ebenfalls sagte er, offensichtlich in Anspielung auf den künftigen US-Präsidenten Trump: „Je turbulenter die Welt ist, desto wichtiger ist es für die Großmächte, Gelassenheit und Stabilität in ihren Beziehungen zu wahren. China reagiert auf alle externen Unzuverlässigkeiten mit seiner eigenen Zuverlässigkeit.“

Ob diese Botschaft aus Peking in Berlin verfängt, scheint fraglich. Insbesondere seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben sich die zwei Seiten stark entfremdet. Spätestens die aktuellen Vorwürfe, welche gerade von der EU geprüft werden, lassen sich unmöglich ignorieren: Dass nämlich Unternehmen mit Sitz in China an der Herstellung russischer Drohnen für den Ukrainekrieg beteiligt seien.

Hinzu kommt, dass China keinerlei Bemühungen zeigt, Nordkoreas Militärkooperation für Putins Krieg einzudämmen. Viele Experten argumentieren zwar, dass es Xi Jinping unmöglich gefallen könne, wenn Kim Jong Un schwere Artilleriegeschütze und über 10.000 Soldaten nach Kursk entsendet. Doch gleichzeitig muss sich China zumindest die Frage gefallen lassen, warum es trotz einer solchen Eskalation nach wie vor öffentlich zu dem Thema schweigt. Der Verdacht liegt nahe, dass Xi die Achse Moskau–Pjöngjang vielleicht stillschweigend gutheißt.

Deutsche Unternehmen wünschen sich Annäherung

Die politischen Minenfelder sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Die deutsche Wirtschaft scheint sich geradezu entgegengesetzt zur Bundesregierung zu positionieren. Studienergebnisse, welche die deutsche Handelskammer in Peking anlässlich des Baerbock-Besuchs veröffentlicht hat, sprechen eine eindeutige Sprache.

Fast drei Viertel (!) aller deutschen Firmen in der Volksrepublik wünschen sich von der Politik, dass sie Chinas Bedeutung als Partner stärker betonen sollte. Und knapp 60 Prozent der befragten Unternehmen gaben zudem an, dass sie die „negative Wahrnehmung Chinas in Deutschland und der EU als besondere Herausforderung für ihr China-Geschäft“ betrachten.

„Wir plädieren daher für gezielte Initiativen zur Förderung eines differenzierteren China-Verständnisses und zum Ausbau der China-Kompetenz in Deutschland“, sagt Oliver Oehms, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Nordchina. Zu den Gründen, warum Chinas Image in den letzten Jahren so erodiert ist, verliert Oehms jedoch kein Wort.

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25 Kommentare

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  • Die deutschen Unternehmen mit großen Investitionen in China haben sich sehenden Auges trotz Warnungen in die Zwangslage gebracht : Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.



    Deren Vertreter verstehen wohl erst dann, mit wem sie sich eingelassenhaben, wenn sie sich plötzlich bei einem China Besuch als politisches Spielmaterial in einer Zelle wiederfinden.

  • Ui, hätte man bei so einer wichtigen Frage nicht lieber DiplomatInnen geschickt?

    • @Jalella:

      Die hätten lediglich das ganze bräsige "China - Weltverantwortlich, Zuverlässig, Besonnen"-Salbader so GARNICHT hinterfragt. Als ob es Xi kümmern würde, wenn jemand ihn freundlichst und katzbuckeligst bittet, seine machtpolitischen Manöver zu überdenken. Wie Putin ist auch er Einer, den am Samthandschuh allenfalls interessiert, wieviel Stahl sich darunter verbirgt.

    • @Jalella:

      "Ui, hätte man bei so einer wichtigen Frage nicht lieber DiplomatInnen geschickt?"



      Muß man mit China wirklich noch diplomatisch reden. China zeigt gegenüber der Welt unverhohlen seinen aggressiven Charakter. Nicht so plump wie Russland, aber auch nicht besser. Auch wenn Deutschland alleine in den Augen Chinas vielleicht unbedeutend ist, wäre eine gemeinsame Ansage Europas und der USA+Kanada+Australien wahrscheinlich doch wirksam. Nämlich das man bei Angriffen Chinas auf Nachbarn (Taiwan, aber auch andere) jede Art der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sofort beendet. Da China zu etwa 80% von Exporten in die oben genannten Länder lebt, wäre dies ein Schlag gegen die Achillesferse. Und eine solche Nachricht kann auch Frau Baerbock überbringen, vielleicht sogar noch unmißverständlicher als Herr Borrell.

    • @Jalella:

      Ein Regime, dass die Mörderbande im Kreml mehr oder weniger offen unterstützt und damit Frieden in Europa bedroht, muss man nicht mit Samthandschuhen anfassen. Chapeau Fr. Baerbock!

    • @Jalella:

      Wie einen Heiko Maas? Oder einen Herrn Steinmeier?

  • Interessant, dass der Besuch des Bundeskanzlers in Kiew Kritik erfährt, der der Außenministerin in China allerdings nicht.



    Was genau hat Frau Baerbock mit Ihrer konfrontativen Art erreicht?



    Pressemeldungen.



    Die Beleidigung des chinesischen Staatschefs, in der Vergangenheit, dürfte auf wenig Gegenliebe gestoßen sein.



    Diplomatie heißt nicht, Andere öffentlich vorzuführen, sondern mit Anderen Lösungen zu finden, auch wenn es schwierige Partner sind . Diese Aufgabe ist bei Frau Baerbock schwer zu finden.

    • @Philippo1000:

      Das Lächeln plus Honig um den Bart schmieren würde als diplomatische Methode im Umgang mit China ja hinlänglich probiert.



      Es hat nicht zu erfolgreicher Einflußnahme geführt.



      Warum sich also verbiegen?

  • Dann mal ein Stichwort:



    CYBER-SICHERHEIT



    Bei tagesschau.de



    "Entscheidung der Regierung



    Bund verbietet Huawei-Komponenten im 5G-Netz



    (...)



    Das deutsche 5G-Netz wird nun definitiv ohne Komponenten der chinesischen Firmen Huawei und ZTE ausgebaut - das entschied die Bundesregierung. Innenministerin Faeser betonte, man schütze so die Kommunikation"



    Oder das Stichwort



    UIGUREN



    "Zwangsarbeit-Vorwürfe in China: VW verkauft umstrittenes Werk in Xinjiang



    Mit der Veräusserung des Werks in der Uiguren-Provinz schliesst der Konzern eine Baustelle seines China-Geschäfts – es bleiben aber noch zahlreiche andere."



    Bei nzz.ch



    Das wird bei der nächsten BR wohl weniger als Thema fokussiert werden, denn die Abhängigkeit vom China-Geschäft schafft "heilige Kühe".



    Viele BoomerInnen erinnern sich sicher noch an die einschlägigen Sätze und die interessengeleitete Politik der Herren BK Schmidt und US-Minister Kissinger.

  • Was hat Baerbock mit ihrem Besuch in China für die deutsche Bevölkerung konkret erreicht?

    • @Rene Meinhardt:

      Haben Sie die Frage bei Maas und Steinmeier auch gestellt?

  • Zitat: "Zu den Gründen, warum Chinas Image in den letzten Jahren so erodiert ist, verliert Oehms jedoch kein Wort."

    Ja, und? Steht da nicht

    Zitat. "Oliver Oehms, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Nordchina." ?

    In Nordchina. Baerbock fährt wieder heim, aber der Herr Oehms will (oder muß) dableiben. Und nicht etwa, um Tomaten anzubauen.

  • China wird einen Teufel tun und bestimmt nicht nach der Pfeife der EU und schon garnicht nach der Pfeife von Frau Baerbock tanzen. Es ist völlig in Ordnung wenn es andere Meinungen und andere Ansichten gibt. Wo kommen wir da hin, wenn es nur noch eine Meinung geben würde und ALLE nur noch JA sagen würden. Die USDA verlieren ihre Führungsrolle und deswegen wird die Welt nicht untergehen. Und wir, ja wir, sind eh nur ein kleines Licht auf dieser Erde. Es wird weder von uns das Klima gerettet werden können, auch sonst wird unser Einfluss eher eine Randnotitz sein.

    • @Mouse:

      Es gibt einen Unterschied zwischen Meinungen und Fakten. Hört sich für den einen oder die andere erst mal komisch an, ist aber so.

    • @Mouse:

      "Es ist völlig in Ordnung wenn es andere Meinungen und andere Ansichten gibt."



      Es ist völlig in Ordnung, der Ansicht zu sein, dass Angriffskriege, Völkermorde, politische Morde, Folter, gleichgeschaltete Presse, Totalüberwachung, willkürliche Massenverhaftungen etc. eine gute Sache sind. Nur soll das wirklich der Standard sein?

  • "...stellt sich China mit seiner Wirtschafts- und Waffenhilfe für Russland gegen unsere europäischen Kerninteressen."

    Europa ist nicht die Welt. Wir sollten aufhören, unsere Ansichten als die einzig Richtigen zu betrachten und zu erwarten, dass sich der Rest der Welt doch bitte danach richten möge. Das funktioniert so nicht. Je länger, je weniger.

    • @Micha.Khn:

      Es wäre allerdings auch ausgesprochen dämlich, nichts zu tun, wenn europäische Kerninteressen betroffen sind.

    • @Micha.Khn:

      Doch das funktioniert.



      Wenn man mal nicht in schwarz weiß denkt. Ich stimme ihnen zu das wir mit Nichten etwas Besser wissen oder die Besten sind (wobei, vielleicht das beste was Mensch zustande bringt wenn man es nüchtern betrachtet) vielleicht ist da Chinas weg an anderen Stellen eher richtig.



      Jedoch, ist doch wohl zweifelsfrei Richtig gegen einen Staat vorzugehen der Andere Staaten überfällt als wären wir im finstersten Mittelalter - wofür das bleibt fraglich denn an Platz kann es nicht liegen wenn man sich Russlands Besiedelung mal anschaut.



      Insofern ist es ebenfalls Richtig Unterstützer solcher Zurückgebliebenen dafür zu kritisieren.



      Hier ist Logik (wofür ist das Gemetzel da gut? Wen genau hat das irgendwie geholfen oder wird es? Das Land ist dannach eine Einöde und hat nichts getan was dies rechtfertigt) und Emotionales (sind wir nicht langsam dort wo Gewalt nicht mehr als zeitgemäßes Mittel gelten darf und soll?) beieinander.



      Es gibt schlicht keine Erklärung die Russlands Verhalten im Fazit als Richtig einschätzen kann.



      Putin macht es einfach weil er es kann und einen Schaden hat.

    • @Micha.Khn:

      Wir mögen nicht der Weltnabel sein. Das ändert an unseren Interessen nichts. Und die liegen darin, daß China die Putin-Unterstützung beendet.



      Das klar zu kommunizieren ist sinnvoll, Verklausulierungen wurden versucht, haben nicht funktioniert.

  • Viel Rauch um Nichts.

    Frau Baerbock überschätzt wohl völlig die Bedeutung Deutschlands in der Welt. Politisch sind wir ein Floh, auf uns muss/wird China keine Rücksicht nehmen.

    • @Hans Dampf:

      In der realen Welt ist D die 3.-größte Volkswirtschaft der Welt. Alles andere also als ein "Floh".

    • @Hans Dampf:

      Liegt das an Frau Baerbock?



      Hätte man besser den Heiko in seinem Konfirmationsanzug geschickt?



      Hätte der Bundesuhu die Chinesen überzeugt?

    • @Hans Dampf:

      Nun, China ist keine Demokratie und ein sehr großes Land, da fehlt es eben in Beijing an Durchblick, zu beurteilen, wie eine Außenministerin einer wahrscheinlich scheidenden Minderheitsregierung eines demokratischen Wirtschaftspartnerlandes mitten in Europa zu behandeln ist, also empfängt man sie halt förmlich wie immer: Kommt, Deutsche, mit eurer Kritik, aber eigentlich könnt ihr sie, wie immer, grad stecken lassen.

      Es besteht wahrscheinlich in China die Hoffnung, dass Ursula von der Leyen die EU-Demokratie ein bißchen abbaut, und folglich künftig nur noch der EU-Außenbeauftragte der eh schon immer zu demokratietheorieferner Bürokratie neigenden EU als Ansprechpartner angereist kommt, mit dem man sich dann von Bürokrat zu Bürokrat besser versteht.

      Für uns bleibt dann, den EU-Apparat zu kritisieren - Kritik an China - innerhalb unserer Grenzen bleibt sie wohl erlaubt, auf China aber systembedingt wirkungslos. Nur auf uns selber kann die Kritik wirken, dahin gehend selbst nicht nachzulassen, in der Politik demokratisch zu handeln.

      Konsequent handeln bedeutet dann, berechtigte Kritik am EU-Apparat nicht so folgenlos zu belassen wie notwendigerweise Kritik an China ist und bleibt.

    • @Hans Dampf:

      Die Aussage, dass Deutschland in der internationalen Politik unbedeutend sei, greift zu kurz. Zwar mag Deutschland im Vergleich zu Großmächten wie China oder den USA klein wirken, doch seine wirtschaftliche Stärke, geopolitische Lage und Rolle in der EU geben ihm Einfluss.

      Deutschland ist die größte Volkswirtschaft Europas, ein zentraler Akteur in der EU und Teil globaler Allianzen wie der NATO. Diese Position ermöglicht es, politische Standards zu setzen und Partnerschaften zu gestalten, auch wenn dies nicht mit der Macht eines globalen Hegemons vergleichbar ist.

      Die deutsche Außenpolitik unter Annalena Baerbock verfolgt eine werteorientierte Diplomatie, die auf Menschenrechte und Klimaschutz setzt. Ob und wie das auf Länder wie China wirkt, ist sicherlich diskutabel, aber es wäre vorschnell, Deutschlands Position pauschal zu entwerten.

      Eine starke internationale Stimme aufzubauen, erfordert Zeit und den Willen, auch unbequeme Themen anzusprechen – selbst wenn der Erfolg nicht sofort sichtbar ist.

    • @Hans Dampf:

      Das verändert sich aber gerade gewaltig! Trotz fehlender Aufmerksamkeit unserer Medien.



      Allein durch z.B. die Immobilienkrise in China stagniert das inländische Wirtschaftswachstum und der Export wird zunehmend schwieriger; zunehmend Zölle, Zölle schier überall auf dieser Welt und die ebenfalls zunehmende Erkenntnis, das Made in China an Qualität verliert, die chinesischen Firmen zunehmend mit unzuverlässigen Handelsverhalten agieren, und chinafreundliche, einseitige Joint Ventures zum eigenen Vorteil vereinbart werden.



      Durch die zuletzt erfahrene Abgängikeit durch die Zusammenbruch von Lieferketten machen sich agile westliche Unternehmen schon lange wieder unabhängig von China.