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Ausgang der Weltklimakonferenz COP28Außerirdischer Abschluss in Dubai

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Die Klimakonferenz ist zu einem Ergebnis gekommen. Das ist eine organisatorische Meisterleistung, geht aber an den Realitäten des Planeten vorbei.

Begleitprogramm: Die Expo Waterfall am Rande der COP28 In Dubai Foto: Amr Alfiky/reuters

D as Raumschiff ist gelandet. Aus fernen Galaxien arbeitet es sich langsam in nähere Sphären vor. Auf der Erde, in der menschlichen Realität, ist es aber noch nicht angekommen. Das Raumschiff heißt Weltklimakonferenz. Die hat natürlich eigentlich nicht auf der Venus oder dem Merkur stattgefunden, sondern in Dubai – und hat es geschafft, einen Beschluss zu fassen.

Die Ver­tre­te­r*in­nen der 200 Staaten sind nicht wutentbrannt und uneinig in alle Richtungen der Welt auseinandergeströmt. Irgendwie klappt das doch jedes Jahr wieder. Aber was sie beschließen, hinkt der Realität der planetaren Krise eben meilenweit hinterher, ist quasi außerirdisch.

Da wird beispielsweise diskutiert, ob Länder „ersucht“ werden, den Ausstieg aus den fossilen Energien zu vollziehen, oder vielleicht doch „angehalten“. Ersteres ist es letztlich geworden, die schwache Variante. Ob nur bestimmte Teile des Energiesystems einbezogen werden oder seine Gesamtheit, vielleicht sogar die ganze Wirtschaft. Hier haben die Ver­hand­le­r*in­nen in Dubai die mittlere Variante gewählt. Aber dass Kohle, Öl und Gas der Hauptgrund allen Klima-Übels sind, ist natürlich seit Jahrzehnten bekannt.

Der best- und schnellstmögliche Ausstieg aus der Verbrennung dieser Energieträger entspricht dem gesunden Menschenverstand. Trotzdem tauchen die Worte „fossile Energien“ zum Beispiel im Pariser Weltklimaabkommen nicht auf. Da geht es viel abstrakter zu. Die Erderhitzung soll begrenzt werden, steht darin, möglichst auf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellen Zeiten. Wie die Staaten das anstellen, überlässt der Vertragstext ihnen selbst. Insofern werden die Verhandlungen langsam konkreter, immerhin wird mittlerweile offiziell über die Ursachen der Krise diskutiert.

Die Weltklimakonferenzen präsentieren sich gern als Orte, an denen der Klimaschutz nach vorn prescht. Als Club der Vorreiter. Das sind sie nicht. Sie sind der Club des allerkleinsten Nenners. Den offenzulegen, ist ihre Stärke. Vielleicht kommt das Raumschiff nächstes Jahr auf dem Mond an.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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22 Kommentare

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  • Ich werde noch viel zu viel von den Katastrophen, die heranrauschen, mitbekommen – trotz meiner 66 Jahre… Europa wird in 100 Jahren größtenteils unbewohnbar sein… die Migration wird Milliarden Menschen in Richtung Norden bewegen – und zwar in kürzester Zeit. Mein Lebenswandel ist fast klimaneutral, aber es wird "mir" nichts (mehr) "nützen".



    Wirklich lesenswert, ganz unaufgeregt geschrieben, Gaia Vince "Das nomadische Jahrhundert".



    Wenn diese m. E. "Männlein" (aka alte weiße Männer), die die Welt mit ihrem hirnlosen Ego vollkommen bedenkenlos ins Verderben stürzen, dieses Buch doch einfach mal lesen würden…



    DAS wäre eine gute und das Tempo der Verhandlungen – Achtung, billiger Wortwitz – "anheizende" Möglichkeit, zu einer Lösungs"basis" mit darauf folgenden Taten zu kommen.



    Geredet wird seit 50 Jahren, getan wird nichts.



    Genießen Sie die Klimakatastrophe! 💚

  • Wenn wir es nicht schaffen in eine positive Verzichtsdiskussion zu kommen wird das nix mehr.



    Zu egoistisch der Mensch. Sollen doch die Malediven und Pazifikinseln versinken, oder Trockengebiete in Ostafrika vollends unbewohnbar werden. Ist uns doch vollkommen egal. Wir wollen Spaß und Reisen und große Flatscreens und einen gut bezahlten Job und ein schönes Auto.... zum kotzen halt. Ach klar, bin da aber auch voll mit dabei. muss ich zugeben.



    Wäre aber im Gegensatz zu den wohl meisten dabei, bei siehe Satz 1, eingangs. Und auch umsetzen. Ohne Massenmobilisierung leider wirkungslos.

  • Klingt nach:

    "Der Berg kreißte und gebar eine Maus."

    Außer Spesen nichts gewesen und die dürften in diesem Fall monströs gewesen sein.

    Die Konferenzen werden immer größer, dauern immer länger, finden in immer fragwürdigeren Settings statt und das Ergebnis bleibt ziemlich übersichtlich.

    • @Jim Hawkins:

      Ich wette der Kaviar war hervorragend!

    • @Jim Hawkins:

      Richtig. Zumal bekannt ist, dass Meetings ab 20 Teilnehmer stets unproduktiv sind. Einmaleins des Verhandelns. Die Starken müssen das vorverhandeln und dann erst in die Breite gehen.



      Hatten die Herrschaften Kohl und Mitterand usw., trotz fragwürdigster Agenda oft brillant gespielt.

  • Ich halte mich an Ulrike Herrmann. Solange 80% der Weltbevölkerung nicht für gravierende Einschnitte bereit sind, wird sich auch nichts ändern. Wir sollten uns einigen, was wir dann machen und wir wir diese Einschittte abfedern. Bis dahin Buisness as usual und sich auf die Produktion von Energie kümmern. Grüner Stahl, Transformation der Chemie ist egal. Entweder finden wir "die" Energiequelle oder unser bisheriger Wohlstand ist passe.

    • @JanD:

      Nein, wir werden "die Energiequelle" nicht finden. Der Wohlstand wir weiter ausgedehnt aber der Planet, wie wir ihn gerne hätten, ist passe.



      So wirds laufen.

      • @Tom Farmer:

        Und dann ist auch der Wohlstand irgendwann passe. Nach dem Planeten leider, und den kriegen wir (und die folgenden sagen wir 10 Generationen) auch nicht zurück.

  • "geht aber an den Realitäten des Planeten vorbei." Großartig auf den Punkt gebracht, danke.

    Kleinster gemeinsamer Nenner, klar, zumal da Länder mitverhandeln, die ganz andere Probleme haben als Deutschland mit seinen dicken Autos. Es sind ja nicht nur Ölscheichs im Raum. Und wir holen ja auch weiterhin Braunkohle aus der Erde und erzeugen damit Strom.

    Wenn das alles erst einmal richtig ungemütlich wird, Migrationsbewegungen, Hunger, dann wird das eh nichts mehr mit der ökologischen Transformation. Dann rennen wir wieder alle zum Rewe und hamstern Klopapier.

  • Erich Fromm, der wohl wie kaum ein anderer Mensch, die Menschen kannte, hat schon vor 50 Jahren geschrieben, dass die Führenden (in Politik und Wirtschaft) allermeistens NUR SO TUN, z.B. auf ihren reichlichen Konferenzen, als würden sie etwas Gutes und Vernünftiges für die Menschheit tun. Die COP 28 ist/war auch so eine Augenwischerei-Konferenz.

    Wann begreifen die Menschen endlich, dass sie selbst täglich durch ihr Handeln und Konsumieren Politik machen und das "Gesicht der Welt" bestimmen. Und zusätzlich auch durch ihre Wahl der politischen Gesetzgebenden.



    In der Schule ist es ihnen wohl nicht vermittelt worden. Eigentlich kein Wunder …

    Ein erster schwerer Fehler der "einfachen Menschen" ist, dass sie es ermöglichen und zulassen, dass es so viele mächtige Superreiche gibt und ein zweiter schwerer Fehler der "einfachen Menschen" ist, dass sie das "üble Spiel" täglich auf''s Neue mitmachen indem sie für die Superreichen arbeiten und für die Superreichen kaufen/konsumieren.

    Wehren, anstatt fördern und mitmachen!



    Streiken und Boykottieren müsste/muss Standard sein.

    Wären die „einfachen Menschen" psychisch gesund, dann würden sie angesichts der drohenden Klimakatastrophen und für Klimagerechtigkeit nur noch im absoluten Notfall fossile Energien nutzen. Leider kommt es mir so vor, als wären weit über 50% der „einfachen Menschen" geflissentlich damit beschäftigt, möglichst schönere neuere Konsumgüter zu erwerben oder sich sonstwie mehr leisten zu können, als andere „einfache Menschen". Zeugt das von Stil und Klugheit?

    Ihr „einfachen Menschen", Ihr seid in der gewaltigen Überzahl/Mehrheit.



    Das ist Eure gigantische Macht!



    Fangt endlich an sie zu nutzen!

    • @tsitra:

      💚

  • Da haben ja die zig Tausenden, die dort hin gereist sind, dem Klima sehr geholfen.



    APPLAUS!

    • @Ria Hummelhain:

      Ein ..... (Gauland weiß, was gemeint ist) gegen wahrscheinlich Milliarden Spaßflüge mit noch nicht mal einem vorgeschobenen Anlass.



      Aber es stimmt schon, jede unnötige und vermeidbare Emission zählt.

  • Wie korrekt geschrieben geht es in dieser wie jeder pluralistischen Verhandlung immer um den kleinsten gemeinsamen Nenner.



    Das ist ja das Problem an der echten Demokratie allgemein. Sobald viele Interessen abgewogen werden müssen, sei es die freie Sicht auf den schönen Wald, das brütende Zwergschnabellächerpärchen, der Strompreis oder die Aktienrendite, sobald jeder mitschwätzen kann, geht nichts mehr voran.

  • Veganer-Treffen im Schlachthof

    Auf so eine blöde Idee würde sicher keiner kommen, aber Klimagipfel im Erdöl-Emirat, so dumm sind dann doch viele.



    Er war doch klar, dass die nicht "weg vom Öl" rufen.



    Für mich ist der ganze Klimagipfel ein Phrase, eine Verarschungs-Veranstaltung um das Volk zu beruhigen und so zu tun als ob man was täte.



    Spätestens jetzt dürfte klar sein: Wir schaffen den Klimawandel nicht.

    • @Rudi Hamm:

      💚

    • @Rudi Hamm:

      Mit dem Ort der Verhandlung hat das Ganze dann doch recht wenig zu tun. Bereits auf dem Vorbereitungstreffen in Bonn war klar, dass es eine Einigung auf ein Ausstiegsdatum nicht geben werde.

    • @Rudi Hamm:

      Danke für die wahren Worte.



      Habe nicht gewagt, dies so zu benennen!

  • Raumschiff oder nicht Raumschiff.



    Auf jeden Fall ist das Ergebnis eher unterirdisch...

  • Hat jemand Zahlen über die Gesamtkosten der COP28? Nur mal so, aus Neugier - etwa, um auszurechnen, wieviel Windkraftanlagen man dafür bauen könnte.



    Und wurde schonmal die gesamte Klimabilanz (CO2) der 90.000 Teilnehmer errechnet?



    Bitte in einem Jahr gegenrechnen mit dem Wert, der durch "ersuchen" oder "anhalten" eingespart wurde...

  • 》Das Raumschiff heißt Weltklimakonferenz. Die [...]hat esgeschafft, einen Beschluss zu fassen.

    Die Ver­tre­te­r*in­nen der 200 Staaten sind nicht wutentbrannt und uneinig in alle Richtungen der Welt auseinandergeströmt. Irgendwie klappt das doch jedes Jahr wieder《

    Die Beschlüsse dieser Klimakonferenz hätten einstimmig erfolgen müssen - was aber offenbar nicht der Fall war: 》Inselstaaten sehen sich von Prozess betrogen

    Die besonders vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaaten sehen sich beim Beschluss übergangen. Eine Vertreterin Samoas sagte vor dem Plenum inDubai, die Gruppe der Inselstaaten habe sich noch koordinieren müssen und sei nicht rechtzeitig im Raum gewesen, um Stellung zu beziehen.

    Kurz zuvor hatte der Konferenzpräsident derVereinigten Arabischen Emirateden wenige Stunden zuvor veröffentlichten Textentwurf direkt zu Beginn der Plenarsitzung überraschend schnell mit einem Hammerschlag verabschiedet. Damit werden aufKlimakonferenzen, wo das Prinzip der Einstimmigkeit gilt, Beschlüsse gefasst《

    Da klingt dieses Statement wie Hohn: 》Der Ministerin [Baerbock] "fällt ein riesen Stein vom Herzen", hieß es aus der deutschen Delegation. Dort herrsche "große Freude", dass die Welt das Ende des fossilen Zeitalters beschlossen habe, hieß es weiter. Die Einigung zeige, "dass wir den Weg der Klimagerechtigkeit gemeinsam gehen"《

    Und diese Fotos hier www.instagram.com/...d=MzRlODBiNWFlZA== von Baerbock aus Palau letztes Jahr auch (vermutlich ging es um das Abstimmungsverhalten bei irgendeiner UN-Resolution zur Ukraine)

    Betrogen trifft es, Palau mit seinen hunderten Inseln, Mikronesien, Polynesien und Melanesien insgesamt sind mit diesem Abkommen in Dubai über den Tisch gezogen worden, übrigens, s.o., per Organisation: die Abstimmung fand (bis auf Hawai) wohl ohne die Inselstaaten statt.

    www.zeit.de/politi...schluss-reaktionen

    • @ke1ner:

      ERSCHÜTTERND!!



      Erst von den Politikern "wir fühlen uns verarscht.." - dann: "Habemus Einigung!" und was in den Nachrichten wohl kaum erwähnt wurde wird:

      "...die Abstimmung fand (bis auf Hawai) wohl ohne die Inselstaaten statt."

      Schaut Euch The Arrival an. Ein Science-Fiction Film mit Botschaft:

      "Ihr habt nicht auf euren Planeten aufgepasst. Und darum verdient ihr es auch nicht, auf ihm zu leben."



      Könnte dann soo aussehen:



      www.trede.hamburg/...0.jpg?t=1658162482