Ausbau von Autobahnen: Wer braucht schon stabile Brücken?
Die Ampel verhandelt den Haushalt und Wissing will viel Geld in Autobahnen stecken. Dabei wären diese in marodem Zustand viel besser fürs Klima!
A utoland Deutschland in Zahlen: 398.000 Straßen,davon 400 Bundesstraßen und 120 Autobahnen. Allein das Autobahnnetz ist nach dem in Spanien das zweitgrößte in Europa. Und trotzdem plant der Bund, 850 Autobahnkilometer neu zu bauen. Gleichzeitig fehlt das Geld für die dringende Sanierung der Deutschen Bahn, Finanzminister Christian Lindner stellt das Deutschlandticket für 49 Euro zur Disposition und ungefähr 5.000 Brücken auf den Ferntrassen sind so desolat, dass sie repariert werden müssen.
Aber wie, wenn überall Geld fehlt und die Schuldenbremse nicht angetastet wird? Vor zwei Wochen hieß es, Verkehrsminister Volker Wissing wolle die Investitionen für die Autobahnen drastisch kürzen. Klang in den Ohren von Klimaschützer:innen zu gut, um wahr zu sein, sie ahnten: Das ist eine Finte. Zu Recht, denn Wissing will nicht, wie das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft in einer taufrischen Studie vorschlägt, beim Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen sparen, sondern Ausgaben schlicht umschichten – von der Schiene auf die Straße.
Oder zugespitzt formuliert: Sollen doch die Bahnreisenden auf der Strecke bleiben (in ganz wörtlichem Sinne) und dafür noch mehr bezahlen als bisher, mein Herz schlägt für die Porsche- und Benz-Fans. Die müssen ihre Wagen schon mal richtig ausfahren dürfen, persönliche Freiheit und so.
Aber auf maroden Autobahnen lässt es sich schlecht rasen. Nicht alle Autobahnen sind so top ausgebaut wie die A9 zwischen Nürnberg und Ingolstadt, auf der die Durchschnittsgeschwindigkeit 160 Stundenkilometer beträgt. Aber bevor sich die Autofetischisten ihr teures Gefährt auf Rumpelstraßen kaputt fahren, drosseln sie die Geschwindigkeit. Oder wieder zugespitzt formuliert: Schlechte Autobahnen sind kein Drama, sondern die beste Gelegenheit für bessere Luft – und ein Tempolimit, ohne ein Tempolimit einzuführen. Und das bisschen Geld, das da ist, sollte besser für die Sanierung kaputter Brücken verwendet werden. Einstürzen kann man auch mit einem Porsche gut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?