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debatteFeminismus als Fremdwort

Deutschland behauptet nur, eine feministische Außenpolitik zu betreiben. Doch selbst die Geschlechtergerechtigkeit hier bleibt ein leeres Versprechen

Neulich verkündete Annalena Baer­bock, dass zivile Orte im Gaza­strei­fen ihren Schutzstatus verlieren können, wenn dieser von Terroristen missbraucht würde. Diejenigen, die sich weltweit für die Integration feministischer Ideale in die internationale Politik eingesetzt haben, erschauderten. Ausgerechnet Baerbock, die Hauptarchitektin der „feministischen Außenpolitik“ in Deutschland, äußert sich so. Sie zerstörte so jede Hoffnung auf Feminismus als integrative, transnationale und transformative Ideologie. Stattdessen verbreiteten sich ihre Kommentare in den sozialen Medien als ein weiteres Beispiel für westlichen Exzeptionalismus und die Heuchelei darüber, welches Leben wichtig ist und welches nicht.

Die Widersprüche in der Reaktion auf die Kriege sowohl in der Ukraine als auch im Nahen Osten sind unbestreitbar. Nachdem die Koalition aus Grünen, Liberalen und Sozialdemokraten eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik beschlossen hatte, brach sie nach Russlands Angriff auf die Ukraine zunächst ihre feministische Zusage, der Abrüstung Priorität einzuräumen.

Trotz einer engen Handelspartnerschaft mit Russland scheint man sich wenig bis gar nicht um eine robuste diplomatische Alternative bemüht zu haben. Stattdessen hat Deutschland zusammen mit dem Rest der Nato die Waffenproduktion und die militärische Expansion hochgefahren und der Ukraine fast 34 Milliarden Euro an Militärhilfe zur Verfügung gestellt, zusätzlich zur Aufnahme von über einer Million Geflüchteten. Baerbock erklärte, dass dies nicht im Widerspruch zu einer feministischen Außenpolitik stehe, da ukrainische Frauen Waffen forderten, um sich zu verteidigen.

Ein Jahr später, am 7. Oktober, wurden bei den Terrorangriffen der Hamas auf israelische Dörfer und Militäreinrichtungen mehr als 1.100 Israelis getötet und über 200 Geiseln genommen. Die Mehrheit der Palästinenser und viele Menschen im Globalen Süden betrachten dies als Widerstand gegen die sogenannte Kolonisierung, und das Apartheidregime, das ihnen seit 1948 vom Staat Israel aufgezwungen wird.

Sowohl gegen israelische als auch gegen palästinensische Frauen gab es an und seit diesem Tag schreckliche Gewalt. Dazu gehören die sexuellen Übergriffe und Vergewaltigungen israelischer Männer und Frauen während der Angriffe sowie die Vorwürfe, dass palästinensische Gefangene ähnlich misshandelt wurden.

Israel reagierte auf den Angriff vom 7. Oktober 2023 mit einem Krieg, der seit über einem Jahr unvermindert anhält. Er führte zur Zerstörung des Gazastreifens, zu extremer Gewalt im Westjordanland und zum Mord an über 40.000 Menschen, von denen 50 Prozent Frauen und Kinder sind.

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Kavita N. Ramdas

ist eine weltweit anerkannte Fürsprecherin von Geschlechtergleichheit und Gerechtigkeit. Sie war als Activist in Residence beim Global Fund for Women als auch als Gastprofessorin an der School of Public and International Affairs der Princeton University im Jahr 2023 tätig. Sie ist als Beraterin tätig und leitet Initiativen zur Verteidigung der Demokratie und zum Schutz der Menschenrechte sowohl in den USA als auch auf der ganzen Welt.

Wie hat die deutsche Regierung darauf reagiert? Sie hat ihre Militärhilfe für Israel bis Ende Oktober im Vergleich zum Vorjahr versiebenfacht. Und wie würde eine Regierung mit einer engagierten feministischen Außenpolitik reagieren? Sie würde nicht nur jede sexuelle Gewalt verurteilen, sondern auch ein Ende der Besatzung, der kolonialen Enteignung und einen sofortigen Waffenstillstand fordern, um Leben zu retten.

In meiner Forschung habe ich untersucht, was eine feministische Außenpolitik für ein Land selbst, seine Beziehungen zu anderen Ländern und seine Fähigkeit, sich mit der fortschrittlichen Zivilgesellschaft auf der ganzen Welt zu solidarisieren, bedeutet. Während Länder wie Schweden, Kanada und die Niederlande die ersten waren, die eine feministische Außenpolitik verfolgten, schlossen sich ihnen mittlerweile unter anderem Mexiko, Chile und Kolumbien an, die grundlegende Annahmen und vorherrschende Paradigmen infrage stellen.

In einer Zeit, in der ein globaler Backlash die Frauenrechte bedroht, hat die Position des deutschen Staates die weltweiten Frauenbewegungen, die dringend Mittel benötigen, misstrauisch gemacht, wie der Begriff „feministisch“ verwendet wird, um das zu verschleiern, was von vielen als eine westlich geführte, imperiale Agenda angesehen wird.

Politische Kommentatoren haben schon lange festgestellt, dass die Außenpolitik einer Nation eine Erweiterung der Innenpolitik ist. Doch trotz der Behauptung einer feministischen Außenpolitik bleibt die Geschlechtergerechtigkeit in Deutschland selbst ein leeres Versprechen. Schwangerschaftsabbrüche sind formal illegal, und bis 2022 konnten Ärzte sogar mit einer Geldstrafe belegt werden, wenn sie die Öffentlichkeit darüber informierten, dass sie Schwangerschaftsabbrüche anbieten.

Deutschland ist neben Ungarn eines von zwei EU-Ländern, das von allen Schwangeren eine Pflichtberatung verlangt. Erst danach dürfen sie eine Schwangerschaft bis zur zwölften Woche straffrei abtreiben. Kristina Hänel, die Ärztin, deren Fall zur Überarbeitung des Gesetzes führte, wies darauf hin, dass der Zugang für alle eine Herausforderung bleibt.

Schon lange wurde festgestellt, dass die Außenpolitik einer Nation eine Erweiterung der Innenpolitik ist

In Gesprächen mit Beamten des Außenministeriums räumen viele ein, dass es einfacher ist, sich „da draußen“ für den Feminismus einzusetzen, als sich mit der zutiefst konservativen Gesellschaft in Deutschland auseinanderzusetzen, wozu auch das Wiedererstarken rechter Parteien und die staatliche Kontrolle (der Bundesländer) über Themen gehört, die das Leben von Frauen betreffen, wie Bildung, Arbeitsschutz und Kinderbetreuung.

Es bleibt ein Kampf, Gerechtigkeit für Frauen und geschlechtsspezifische Menschen auf der ganzen Welt zu verwirklichen, aber solange die deutschen Politiker es nicht schaffen, für Frauen innerhalb ihrer eigenen Grenzen und für Frauen und Mädchen in allen Teilen der Welt zu sprechen, wird der Feminismus ein Fremdwort bleiben.

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