piwik no script img

+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Israel schließt Al-Jazeera

Hisbollah schießt Raketen auf Israels Norden. Israel schließt Al-Jazeera im Westjordanland. Zehntausende demonstrieren für Waffenstillstand.

Nordöstlich von Haifa: Einschlagstelle einer aus dem Libanon abgefeuerten Rakete Foto: Ariel Schalit/ap

Heftige Angriffe Israels und der Hisbollah

Aus dem Libanon sind nach Angaben der israelischen Armee am Sonntagmorgen mehr als 100 Geschosse auf Israel abgefeuert worden. Wie die Armee mitteilte wurden kurz nach 6.00 Uhr „etwa 85 Geschosse identifiziert“. In einer früheren Welle seien vor 5.00 Uhr „etwa 20 Geschosse identifiziert“ worden, hieß es weiter.

Feuerwehren arbeiteten daran, durch herabfallende Trümmerteile verursachte Brände zu löschen, hieß es weiter. Auch in der Nacht seien Raketen auf Israel abgefeuert worden, erklärte das Militär. Nach Angaben des israelischen Rettungsdiensts Magen David Adom wurden vier Menschen durch Granatsplitter verletzt.

Die Hisbollah-Miliz im Libanon erklärte, sie habe Stätten israelischer Militärproduktion ins Visier genommen. Die sei „eine erste Reaktion“ auf die Israel zugeschriebenen Explosionen von Kommunikationsgeräten der Hisbollah, hieß es in einer Mitteilung vom Sonntag. Die vom Iran unterstütze Miliz habe militärische Industriekomplexe des israelischen Rüstungsunternehmens Rafael im Norden Israel mit „dutzenden“ Raketen „bombardiert“.

Am Samstagabend hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben ihre massiven Angriffe auf die Hisbollah im Libanon fortgesetzt. Zuvor hatte die Armee mitgeteilt, tausende Raketenabschussrampen im Südlibanon zerstört zu haben.

Angesichts der Eskalation verschärfte die Armee am frühen Morgen die Einschränkungen für Bewohner im Norden Israels. Unter anderem auf den Golanhöhen und in der Küstenstadt Haifa darf kein Unterricht stattfinden. Arbeitsplätze dürfen nur aufgesucht werden, wenn sich ein Schutzraum in der Nähe befindet, wie die „Times of Israel“ meldete. Versammlungen im Freien seien auf maximal 10 Personen, in Innenräumen auf 100 Teilnehmer beschränkt. (afp/dpa)

USA rufen Staatsbürger zum Verlassen des Libanons auf

Die USA rufen angesichts der Eskalation ihre Staatsbürger zum Verlassen des Libanons auf. Aufgrund der unvorhersehbaren Entwicklung „und der jüngsten Explosionen im gesamten Libanon“ einschließlich der Hauptstadt Beirut rate die US-Botschaft ihren Landsleuten „dringend, den Libanon zu verlassen, solange noch kommerzielle Optionen verfügbar sind“, teilte das US-Außenministerium mit. Noch gebe es Flüge, aber mit reduzierter Kapazität. (dpa)

Bericht: Israel schließt Al-Jazeera-Büro im Westjordanland

Israelische Soldaten sind unterdessen nach Angaben des arabischen TV-Senders Al-Jazeera am frühen Sonntagmorgen in die Büros des Unternehmens im besetzten Westjordanland eingedrungen. Schwer bewaffnete und maskierte israelische Soldaten hätten das Gebäude betreten und eine 45-tägige Schließung verhängt, hieß es. Einen Grund für diese Entscheidung hätten sie nicht genannt. Die israelische Regierung hatte bereits im Mai ein Notfallgesetz genutzt, den Betrieb des Senders in Israel einzustellen.

Das sogenannte Al-Jazeera-Gesetz ermöglicht Israels Regierung eine Schließung ausländischer TV-Sender, wenn diese als Risiko für die Sicherheit des Staats eingestuft werden. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte den arabischen Sender als „Sprachrohr“ der islamistischen Hamas bezeichnet, das der Sicherheit Israels geschadet habe. Al-Jazeera hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und von einem „kriminellen Akt“ gesprochen.

Die ohnehin gespannte Lage im Westjordanland hat sich seit dem Massaker der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel und dem dadurch ausgelösten Gaza-Krieg deutlich verschärft. Seitdem wurden dort nach Behördenangaben in Ramallah bei israelischen Militäreinsätzen, bewaffneten Auseinandersetzungen und Anschlägen von Extremisten Hunderte Palästinenser getötet. (dpa)

Erneut Massenproteste in Israel

In Israel sind am Samstagabend nach örtlichen Medienberichten erneut Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um eine Waffenruhe und die Freilassung der noch in der Gewalt der Hamas befindlichen Geiseln zu fordern. Die Organisatoren hätten sogar von Hunderttausenden Teilnehmern in Tel Aviv und anderen Städten gesprochen.

„Beendet das Blutvergießen“, war auf einem Protestschild zu lesen. „Liri – entschuldige“, sagte der Vater einer entführten Frau auf einer Kundgebung in Tel Aviv. Vor allem einige rechtsextreme Minister seien schuld, dass noch immer kein Abkommen mit der Hamas für ein Ende des Kriegs und die Freilassung der Geiseln zustande gekommen sei, sagte der Vater.

Kritiker von Regierungschef Netanjahu werfen ihm vor, die indirekten Verhandlungen mit den Islamisten zu sabotieren. Netanjahu regiert mit ultra-religiösen und rechtsextremen Koalitionspartnern, die Zugeständnisse an die Hamas ablehnen. Netanjahu, gegen den ein Korruptionsprozess läuft, ist für sein politisches Überleben auf diese Partner angewiesen. (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • Ausländischen unabhängigen Medien ist es seit Beginn des Krieges verboten vor Ort in Israel zu berichten. Diese Entwicklung ist sehr beunruhigend. Eine Demokratie muss unabhängige Berichterstattung aushalten können. Gerade in Krisenzeiten.

  • Simmler, Silverburg, oder Kontorovich and Bell sind Jurist*innen die nicht alle Sympathien für Israel haben, aber zum Thema arbeiten. In Simmlers Schrift zum Völkerrecht, aufbauend auf der Dissertation wird die Situation ebenfalls dargelegt. Israel entstand in den uti possidetis Grenzen des Mandats, fraglich ist dort tatsächlich ob die Abspaltung der Golan Höhen an Syrien damals rechtlich zulässig war. Die Abspaltung Transjordans war es hingegen sicherlich.

    Es ist keine fantasievolle Auslegung, sondern eine von drei möglichen Rechtsquellen, ich könnte weitere nennen, warum Israel in Ramallah tätig ist.

    Unter der Annahme, dass Spannung in dem Gebiet wäre - deswegen habe ich das Osmanische Reich und die Britische Kontrolle genannt - ist eine Anwendung der damaligen Gesetze legitim. Diese Gesetze erlauben Eingriffe in Presse Freiheit wie sie hier gezeigt worden sind. Diese Eingriffe sind außerdem auch mit den Oslo Verträgen gestützt.

    In meinen Augen ist es der falsche Weg über Legalität zu sprechen, wenn es hier in meiner Wahrnehmung von dir, eher um den politischen Punkt von dir geht:

    O.F.: egal wie die Rechtslage ist, möchte ich keine israelischen Einfluss/Zensuren in Ramallah.

    • @ToSten23:

      Unglaublich wie Sie hier die Pläne der rechtsextremen Regierung Netanjahus für ein "Großisrael" rechtfertigen!



      Nein, Israel hat definitiv keinen Anspruch auf die palästinensischen Gebiete! Der Igh hat das bestätigt, also verbreiten Sie hier bitte keine Unwahrheiten.

  • Israel, die "einzige Demokratie im Nahen Osten", schafft als Besatzer die Pressefreiheit auf palästinensischen Boden ab.

  • In diesem Zusammenhang sehr spannend der FAZ-Artikel des ehemaligen Chefredakteurs von Al Jazeera Deutschland ("Ein Abschied von Al Dschazira:



    Vergiss, was du gesehen hast!").



    Es ist nicht verwunderlich, dass der Sender in etlichen - auch arabischen - Ländern verboten wurde. Ich hatte vor einigen Jahren in Ägypten am Rande einer Konferenz mitbekommen, wie rigoros und robust die Sicherheitskräfte gegen Al Jazeera Journalisten vorgingen - würde das in Israel so passieren, wäre der Aufschrei groß. Mitbekommen hat man von dem Vorfall seinerzeit im Westen nichts.

    • @Heike 1975:

      Seit 2017 sperrten Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate die Website von Al Jazeera.

      Saudi-Arabien schloss das Büro des Senders und entzog ihm zeitgleich die Sendelizenz.

      Jordanian entzog dem Sender temporär die Sendelizenz.

      Übrigens: Compact und RT wurden auch von deutscher Exekutive verboten.

      • @ToSten23:

        Ja, diese Länder verbieten kritischen Journalismus, das Israel sich dort nun einreiht spricht Bände!

  • "Das sogenannte Al-Jazeera-Gesetz ermöglicht Israels Regierung eine Schließung ausländischer TV-Sender..."



    ...offenkundig sogar im Ausland - mir jedenfalls ist nicht bekannt, dass Ramallah in Israel liegt.

    • @O.F.:

      Nach Völkerrecht war das Mandat des Völkerbundes / der League of Nations von 1922 über ein "national home for the Jewish People" eines welches in dem Territorium des britischen Mandats zu erfüllen war, nach uti possidetis, welches ebenfalls anerkanntes Völkerrecht ist und war, hat der 1948 am Ende des Mandats ausgerufene Staat, der mit dem Namen Israel bekannt ist, Anspruch auf das komplette Gebiet des Mandats und weiterhin ist die Grenze zwischen Jordan und Israel unstrittig (nachdem die jordanische Besetzung von Judea und Samaria später bekannt als Westjordanland beendet war). Die Annexion West Jordans durch Jordanien 1950 ist jedenfalls nicht anerkannt worden.

      Solange keine zwischen den Parteien verhandelte Lösung des Konflikts existiert - und die gibt es zur Zeit nicht - ist es durchaus so, dass Israel, weil es bis zum Vertragsabschluss Anspruch als Nachfolger des britischen Mandatsgebiets auf das Gebiet erhebt, und weil Oslo II im Rahmen von den Sicherheitsregelungen Zugriff auf die Gebiete erlaubt so, dass Israel dort im Rahmen von Gesetzen tätig werden kann.

      Auch im Osmanischen Reich & Mandat waren solche Handlungen zu finden.



      "to close it for 45 days" wurde gesagt.

      • @ToSten23:

        Israel erhebt auch auf den Golan einen Anspruch, ist trotzdem beides falsch. Israel hätte gerne das gesamte ehemalige Mandatsgebiet für sich, hat aber eben nicht einen Anspruch darauf. Am absurdesten ist der Satz, solange es keine Verhandlungslösung gibt...



        Smotrich trägt als Minister die Verantwortung für das Handeln des Militärs im Westjordanland.

      • @ToSten23:

        Das ist eine recht phantasievolle Auslegung des Völkerbund-Mandats, die im übrigen ausblendet, dass es inzwischen diverse Abkommen gibt, die auch die juristische Zuständigkeit klären. Ramallah unterliegt schlichtweg nicht der israelischen Jurisdiktion und es gibt keine rechtliche Grundlage für die Schließung von AJ.

    • @O.F.:

      mir jedenfalls ist nicht bekannt, dass Ramallah in Israel liegt.

      Das Netanjahu-Regime sieht das mit ziemlicher Sicherheit anders.

    • @O.F.:

      Israel ist eben überall da, wo Benjamin Netanjahu sagt, dass da Israel ist.