Der SPD-Vorschlag einer Abwrackprämie: Widersprüchlich und kurzatmig
E-Autos stärker zu fördern, ergibt durchaus Sinn. Allerdings sind gerade erst Förderungen abgeschafft worden und die Haushaltslöcher schon jetzt groß.
E ine politische Notreparatur kündigt sich an für das Treffen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit der Autoindustrie am Montag. So kommt aus der SPD der Vorschlag, eine neue Abwrackprämie einzuführen, um fossil betriebene Fahrzeuge aus dem Verkehr zu ziehen und den Verkauf von Elektroautos anzukurbeln. Auch die IG Metall fordert zusätzliche Förderung. Teilweise mag das helfen, aber es wäre auch widersprüchlich und kurzatmig.
Den hiesigen Autoproduzenten machen Verkaufs- und Gewinnrückgänge Sorgen. Bei VW drohen Arbeitsplätze wegzufallen oder gar Werke geschlossen zu werden. Dem könnten staatliche Zuschüsse für den Kauf von E-Fahrzeugen durchaus entgegenwirken. Sie würden die Gewinnsituation verbessern und dazu beitragen, dass die Unternehmen die Investitionen finanzieren, die für die Umstellung der Industrie auf den elektrischen Antrieb nötig sind. Weniger Verbrenner und mehr E-Autos verringern zudem den CO2-Anteil des Verkehrs.
Andererseits ist diese Diskussion erstaunlich widersprüchlich. Vor weniger als einem Jahr erst hat die Ampel auf Betreiben der FDP den Kaufbonus für E-Autos abgeschafft. Die Abwrackprämie steht zudem in Konkurrenz zu Maßnahmen, die die Regierung in ihrer Wachstumsinitiative vereinbart hat. So soll es zusätzliche steuerliche Vergünstigungen für elektrische Firmen- und Dienstfahrzeuge geben.
Die Debatte erscheint daher auch finanzpolitisch kurzatmig. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat Mühe, einen Haushalt für 2025 aufzustellen. Dutzende Milliarden Euro fehlen. Zusätzliche Ausgaben für E-Auto-Kaufprämien verschärfen das Problem. Dass die FDP und Finanzminister Christian Lindner so etwas mitmachen, ist ziemlich unrealistisch.
Besser wäre ohnehin eine echte Reparatur. Kaufanreize für Elektroautos ergeben durchaus Sinn, allerdings sollten eher kleine und mittlere Fahrzeuge, die attraktiv für breite Käuferschichten sind, subventioniert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Menschenrechtslage im Iran
Forderung nach Abschiebestopp