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Der SPD-Vorschlag einer AbwrackprämieWidersprüchlich und kurzatmig

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

E-Autos stärker zu fördern, ergibt durchaus Sinn. Allerdings sind gerade erst Förderungen abgeschafft worden und die Haushaltslöcher schon jetzt groß.

Die SPD befürwortet eine neue Abwrackprämie Foto: AP

E ine politische Notreparatur kündigt sich an für das Treffen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit der Autoindustrie am Montag. So kommt aus der SPD der Vorschlag, eine neue Abwrackprämie einzuführen, um fossil betriebene Fahrzeuge aus dem Verkehr zu ziehen und den Verkauf von Elektroautos anzukurbeln. Auch die IG Metall fordert zusätzliche Förderung. Teilweise mag das helfen, aber es wäre auch widersprüchlich und kurzatmig.

Den hiesigen Autoproduzenten machen Verkaufs- und Gewinnrückgänge Sorgen. Bei VW drohen Arbeitsplätze wegzufallen oder gar Werke geschlossen zu werden. Dem könnten staatliche Zuschüsse für den Kauf von E-Fahrzeugen durchaus entgegenwirken. Sie würden die Gewinnsituation verbessern und dazu beitragen, dass die Unternehmen die Investitionen finanzieren, die für die Umstellung der Indus­trie auf den elektrischen Antrieb nötig sind. Weniger Verbrenner und mehr E-Autos verringern zudem den CO2-Anteil des Verkehrs.

Andererseits ist diese Diskussion ­erstaunlich widersprüchlich. Vor weniger als einem Jahr erst hat die Ampel auf Betreiben der FDP den Kaufbonus für E-Autos abgeschafft. Die Abwrackprämie steht zudem in Konkurrenz zu Maßnahmen, die die Regierung in ihrer Wachstumsinitiative vereinbart hat. So soll es zusätzliche steuerliche Vergünstigungen für elektrische Firmen- und Dienstfahrzeuge geben.

Die Debatte erscheint daher auch finanzpolitisch kurzatmig. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat Mühe, einen Haushalt für 2025 aufzustellen. Dutzende Milliarden Euro fehlen. Zusätzliche Ausgaben für E-Auto-Kaufprämien verschärfen das Problem. Dass die FDP und Finanzminister Christian Lindner so etwas mitmachen, ist ziemlich unrealistisch.

Besser wäre ohnehin eine echte Reparatur. Kaufanreize für ­Elektroautos ergeben durchaus Sinn, allerdings sollten eher kleine und mittlere Fahrzeuge, die attraktiv für breite Käuferschichten sind, subventioniert werden.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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13 Kommentare

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  • Hier zeigt sich doch mal wieder in nahezu entblödender Weise das Grundproblem der Ampel:

    Man verhandelt nicht über sinnvolle Maßnahmen sondern über Maßnahmen von denen hofft dass alle Koalitionäre mitgehen.

    Auch wenn die Maßnahmen sinnlos sind.

    Denn eines fürchten die Koalitionäre wie der Teufel das Weihwasser:



    Dass man ihnen vorwirft Nichts getan zu haben.

    Selbst wenn das Getane schlimmer ist als dieses Nichts.

  • "Weniger Verbrenner und mehr E-Autos verringern zudem den CO2-Anteil des Verkehrs."



    ...und erhöhen im Gegenzug den CO2-Anteil des Stromsektors. Wird gerne vergessen :-)

    • @sollndas:

      Ja, das stimmt.



      Aber die Erhöhung auf der einen Seite ist niedriger als die Verringerung auf der anderen Seite.

      Unter'm Strich also ein positiver Effekt.

      Hinzu kommt dass beim Verbrenner der CO2-Anteil je km systembedingt nahezu unveränderlich ist.

      Im Stromsektor hingegen schrumpt der CO2-Anteil je km kontinuierlich.

      • @Bolzkopf:

        Nur, wenn man die Rückwirkung auf den Strommix vernachlässigt. Der wird nämlich in dem Augenblick schlechter, in dem ein Verbraucher zugeschaltet wird (egal, ob das ein Küchenherd, ein Kühlschrank, ein Computer oder ein Elektroauto ist). Wenn man die Rückwirkung berücksichtigt, ist der "positive Effekt" ungefähr in der Gegend von Null.



        Einen positiven Effekt gibt es nur, wenn zum Zeitpunkt der Ladung das Ökostromangebot den Gesamtverbrauch übersteigt. In jedem anderen Fall erzeugt das E-Auto (Herd, Kühlschrank, Computer...) einen "fossilen" Strombedarf in voller Höhe seines Strombedarfs.

        • @sollndas:

          Entschuldigen sie, aber als Nichtmathematikstudierter kann ich das nicht nachvollziehen.



          Jeder Verbraucher der hinzukommt verschlechtert den Mix - auch wenn dieser Verbraucher schon vorher vorhanden war (im Verbrennersegment) und dort also rausfällt.

          Das ist ja ungefähr so, als ob den Apfel der vom Baum fällt den Ernteertag steigert.

  • Den Nachhaltigkeitsgedanken bei Verschrottungsprämien habe ich noch nicht kapiert.

    OK. Ich will Elektroautos. Die sind gut. Böse Verbrenner, die ressourcenverbrauchend ja mal hergestellt wurden, die will ich nicht.

    Nun stelle ich fest: ein Traditionsunternehmen der Batterieherstellung ist in Not (Varta). Es hat fast ganz auf E-Mobilität gesetzt. Ein weiterer Player, VW verkauft kaum noch Autos, weder Verbrenner (igitt) noch gute E-Autos.

    Die Lösung: Steuergeld reinpumpen.

    Klappt 100%ig.

  • Faktisch ist das eine Zweit-/Kleinwagenverschrottungsprämie für die gehobene Mittelschicht.

    Omas kaum noch gefahrenem Twingo 1 oder Fox geht es dann nebenbei auch noch an den Kragen wenn die Generation Z der Familie frisch mit einem Neuwagen motorisiert werden soll.

    Gut für die Automobilwirtschaft allemal, aber die "kleinen Leute" gucken wieder in die Röhre, da sie sich auch mit Abwrackprämie keinen (E) Neuwagen leisten können und der Markt für preisgünstige Gebrauchte (Verbrenner) durch die Verschrottung zusätzlich abgeräumt wird.

    Ökologisch fragwürdig ist die Aktion ebenfalls. Ich sag jetzt mal: ich finde das Ganze eher doof.

  • und wie preist man eigentlich ein, dass es in den staedten zu viele autos gibt?



    die menschen in den staedten koennen sich alle gern ein neues auto kaufen, wenn es der deutschen wirtschaft hilft und die kaeufer dafuer einen privaten stellplatz haben wie die menschen auf dem land.



    das problem ist dann nur, dass alle ihr auto benutzen wollen, da sie es ja auch teuer gekauft haben. und daraus entsteht eine gewisse anspruchshaltung und quasi ein erkauftes priveleg, damit jetzt ueberall langfahren zu duerfen und es ueberall abstellen zu duerfen.



    wer bezahlt dann noch die ganze strassen und bruecken? und fuer die anderen verkehrsarten ist dann kein geld und kein platz da?



    das auto ist die quelle vieler problematiken, es wird zeit, dies auch so zu benennen, anstatt es staendig zu feiern und jetzt auch schon wieder staatlich unterstuetzen zu wollen.



    wann kommt die stadtmaut? wann hohe preise fuer stellflaechen? alles hat seinen preis, get real! die 80er jahre sind vorbei.

  • Vorstellbar wäre ein von der KfW staatlich gefördertes Leasing Angebot für ausschließlich kleine Elektroautos, also den ID2 und ID3 und vergleichbar, für monatlich 150 Euro plus einen europaweiten festen Fahrstromtarif von 25 ct/ kWh.

    So könnten viele Menschen die Elektromobilität für sich ausprobieren und überzeugt werden.

    Man könnte das mit der Auflage verbinden, das der Nutzer des Elektroauto Leasings nach 6 Monaten sein bisheriges Auto verkaufen oder stilllegen muss, um das günstige Leasing weiter nutzen zu können.

    Gleichzeitig würde das Risiko von alternden Akkus beim Hersteller liegen, der dann die leistungsverminderte Akkus nach 8 oder 10 Jahren auf eigene Kosten austauschen oder überarbeiten muss.

    • @Paul Schuh:

      Gute Idee, fair, gerecht, sinnvoll.



      Ach hätte Deutschland doch einen sozialdemokratischen Bundeskanzler.

      Die Jahre in der Groko haben der spd nicht gut getan.

  • Danke. Kaufanreize für elektrisch angetriebene Fahrzeuge bis zu einer Verbrauchsobergrenze pro Person/Transporttonne/Sitzplatz. Das wäre sinnvoll. Auch E-Busse,Trikes, Lastenräder und Schiffe wären dann in der Förderung mit drinne.

  • So lange die öffentliche Ladeinfrastruktur auf dem aktuell unterirdischen Level bleibt, wird auch eine Abwrackprämie nicht groß weiter helfen. Wer keine Möglichkeit hat zuhause in der Einfahrt/Garage oder bei seiner Arbeitsstelle sein Fahrzeug zu laden, für den ist E-Mobilität schlicht nicht alltagstauglich.

  • Kaufprämien bewirken nur, dass die Verkaufspreise höher werden.