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Racial Profiling im Görlitzer ParkPolizei sieht sich im Recht

SPD-Innensenatorin Spranger widerspricht dem Vorwurf, die Polizeikontrolle eines Parkläufers im Görlitzer Park sei aufgrund der Hautfarbe erfolgt.

Will nichts im Raum stehen lassen: SPD-Innensenatorin Iris Spranger (l.) zusammen mit Polizeipräsidentin Barbara Slowik Foto: Hannes P Albert/dpa

Berlin taz | Die Polizei Berlin sieht keine Veranlassung, im Fall der mutmaßlich rassistisch motivierten Kontrolle des 47-jährigen Senegalesen Abdulaye Sow vor gut einem Monat im Görlitzer Park in den eigenen Reihen zu ermitteln. Bei der Polizeikontrolle in Kreuzberg „ging es nicht um die Hautfarbe“, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Ermittelt werde ausschließlich gegen den Betroffenen.

Auch Innensenatorin Iris Spranger widersprach dem von Sow, seinem Anwalt und mehreren Zeu­g:in­nen gegenüber der taz erhobenen Vorwurf, es habe sich bei der Polizeiaktion samt anschließender Hausdurchsuchung um einen eindeutigen Fall von Racial Profiling gehandelt. Das könne sie „nicht im Raum stehen lassen“ und dafür „liegen auch keine Anhaltspunkte vor“, erklärte die SPD-Politikerin.

Vielmehr sei es so, dass bei dem Senegalesen der „begründete Verdacht auf eine Straftat“ vorliege, sagte Spranger. Konkret wird Sow der Handel mit Betäubungsmitteln vorgeworfen, Näheres will die Polizei aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht sagen. Spranger zeigte sich zufrieden: „Wir müssen bei allem immer sehr objektiv bleiben.“

Sow arbeitet seit Juli im Auftrag des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg als sogenannter Parkläufer in der übernutzten Grünanlage. Sein Job ist es vor allem, Konflikte zu schlichten. All das interessierte die Po­li­zei­be­am­t:in­nen am 19. August nicht.

Slowik: Fehleinschätzung nicht ausgeschlossen

Wie Sow der taz berichtete, wurde er an jenem Montag in seiner Freizeit bei einem Snack mit einem Bekannten auf der Görlitzer-Park-Brücke über den Landwehrkanal ohne Anlass von den Po­li­zis­t:in­nen durchsucht und dann eineinhalb Stunden mit auf dem Rücken gefesselten Händen festgehalten.

Gefunden wurden bei Sow nach eigenen Angaben: ein Handy, Schlüssel, eine Dose mit Tabak, ein kleiner – komplett legaler – Joint und 400 Euro, die er kurz zuvor in einer Bankfiliale in der Nähe abgehoben habe. Vor allem aufgrund der 400 Euro, so Sow, hätten die Be­am­t:in­nen ihn verdächtigt, mit Drogen zu dealen. Und eben aufgrund seiner Hautfarbe.

Die Ermittlungen gegen den Parkläufer würden schon zeigen, „wenn die Bewertungen so nicht zutreffend waren“, sagte jetzt Barbara Slowik. Sie könne auch nicht ausschließen, dass es hier zu einer „Fehleinschätzung“ kam und seitens Sow gar keine Straftat vorliege. „Das klären wir jetzt.“

Dem innenpolitischen Sprecher der Linksfraktion, Niklas Schrader, sind die Erklärungen von Slowik und Spranger zu dünn. „Die Innensenatorin negiert das Problem und die Polizeipräsidentin hält es für ausreichend, dass gegen den Betroffenen ermittelt wird. Das ist Abwehrhaltung statt Fehlerkultur und leider bezeichnend für den Umgang mit Vorwürfen des Racial Profiling“, sagte Schrader zur taz.

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26 Kommentare

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  • Soweit ich das überblicken kann, sind einhundert Prozent der Dealer im Görlitzer Park schwarz.

    Was soll die Polizei also tun? Absolut jeden kontrollieren?

    • @Jim Hawkins:

      die polizei mag ebenfalls der annahme sein, alle dealer im görlitzer park seien Schwarze menschen, sollte daraus jedoch nicht ableiten, alle Schwarzen menschen im görlitzer park seien dealer.

      während ersteres etwas über eine implizites rassistisches orientierungsmuster verrät, ist letzteres ausdruck einer explizit rassistischen orientierung, die geradezu zwangsläufig in rassistische praxis überführt wird.

      aber wenn die dienstherrinen genauso denken und handeln lassen – was will man da schon erwarten bei einem verein, in dem corpsgeist und obrigkeitsliebe herrschen.

      • @Pflasterstrand:

        Natürlich sind nicht alle Schwarzen im Park Dealer, aber alle Dealer sind eben schwarz.

        Das ist das Dilemma. Würde man mit hoher Wahrscheinlichkeit wissen, dass so gut wie alle Dealer weiblich sind, würde es dann Sinn machen, Männer zu kontrollieren?

        Mal ganz davon abgesehen, dass nur Repression noch kein Drogenproblem in der Welt gelöst hat.

        Die Schweizer sind da weiter. Nach den Katastrophen vom Platzspitz und dem Bahnhof Letten, die die größten offenen Drogenszenen Europas waren, hat man ein neues Modell entwickelt, bestehend aus Prävention, Therapie und Wiedereingliederung, Überlebenshilfe (Substitution) und last, but not least, Repression.

        Mit Erfolg.

        Wer hat's erfunden?

        • @Jim Hawkins:

          ich sehe hier kein dilemma. ich sehe eine rassistische polizeipraxis, die darin besteht, menschen aufgrund ihrer hautfarbe für dealer zu halten und zu kriminalisieren.

          nur als kleine randnotiz, weil es offensichtlich nicht deutlich wurde vorhin: nicht alle dealer im görlitzer park sind Schwarz. bezeichnend ist es allerdings, dass davon immer ausgegangen wird. wie gesagt: ein implizit rassistisches orientierungsmuster: dealer = schwarz.

          • @Pflasterstrand:

            Na ja nun. Ich gehe seit Jahren zweimal am Tag dort durch.

            In all der Zeit hat mich noch nie ein weißer Dealer angesprochen.

            Ich habe dort auch noch nie weiße Dealer gesehen.

            Wie auch immer, wie vorher geschrieben, Repression ist nie die einzige Lösung.

  • Das die Polizei rassistisch motiviert kontrolliert ist doch hinlänglich bekannt. Was auch viele Polizisten bestätigen, sie nenn es dann nur "Erfahrung". Ob das hier in diesem Fall so ist müssen im Zweifel die Gerichte klären.

  • Kontrollen rein nach dem Zufallsprinzip wären eine massive Verschwendung von Arbeitszeit bei der Polizei.

    70-jährige weiße Rentnerinnen dealen in der Regel nicht und fallen genausowenig mit anderer Straßenkriminalität auf, und es wäre niemandem geholfen, wenn die Polizei diese Personengruppe stärker kontrollieren würde

  • "Sie könne auch nicht ausschließen, dass [...] seitens Sow keine Straftat vorliege... "



    Das hat eine SPD Politikerin so gesagt?



    Nicht Gauweiler oder -land, Linnemann, Höcke, Bernd Merz und Company?



    Ekelhaft.

    Genau so einem schwarzen Freund auch in Köln so passiert. Der war 12 und fragte den Polizisten warum denn er und seine Familie grade kontrolliert wurde.



    Weil - "bei Euch weiß man ja..."



    Auch das natürlich nicht rassistisch.



    Aber Hauptsache es gibt keine Untersuchung zu Rassismus in der Polizei.

  • Könnte die Stadt Berlin bitte einen Basiskurs "Statistik" für Staatsbedienstete anbieten?



    Es ist ja klar, dass, wenn hauptsächlich Menschen einer bestimmten Hautfarbe kontrolliert werden, man eine andere Verteilung von Verdächtigen erhält, als wenn man die zu kontrollierenden Personen nach dem Zufallsprinzip auswählt. Man wird bei der aktuellen Ermittlungsmethodik der Polizei also Ergebnisse erhalten, die den Vorurteilen eher entsprechen, als man es bei einer vorurteilsfreien Ermittlungsarbeit annehmen darf. Drastisch ausgedrückt: Die Polizei würde eine 70-jährige weiße dealende Rentnerin bei einer solchen Kontrolle wohl eher nicht entdecken. Dennoch liegt der Anteil der Tatverdächtigen, die über 60 Jahre alt sind, über alle Straftaten bei ca. 7%.

    Dass Racial Profiling eine übliche Methode ist, wissen viele von uns nicht nur aus den Medien, sondern auch aus Erzählungen von Bekannten mit dunkler Hautfarbe. So oft, wie manche von ihnen in den letzten Jahren von der Polizei angehalten wurden, bin ich mein ganzes Leben lang noch nicht kontrolliert worden. So zu tun, als gebe es kein Racial Profiling bei der Berliner Polizei, ist keine Option.

    • @Aurego:

      Die dealende alte Dame hat es also leichter. Sollten wir ihr diesen Vorteil nicht gönnen?

      Aber Spaß beiseite: Profiling ist per se ein sinnvoller Ansatz, gerade wegen der Statistik. Bei vielen polizeilichen Ermittlungen erarbeiten "Profiler" ein Täterprofil, nach dem dann effizienter gesucht werden kann als nach der Nadel im Heuhaufen. Statistik spielt dabei eine wesentliche Rolle und die Polizei kann dadurch mit weniger Ressourcen mehr erreichen.

      Auch bei anlasslosen Kontrollen macht Profiling unter Umständen Sinn: Wenn der Zoll oder das Finanzamt Firmen für strenge Kontrollen einfach nur per Zufall auswählen würde, würden viel weniger Sozialbetrug, Schwarzarbeit und Steuerbetrügerr auffliegen, als wenn gezielt in den Branchen und Unternehmensgrößen gesucht wird, wo traditionell viel betrogen wird.

      • @Winnetaz:

        Und woher weiß man, wo "traditionell viel betrogen wird"?



        Wenn man bestimmte Gruppen verstärkt ins Visier nimmt, wird man dort auch mehr finden. Dadurch wird die Entdeckungs- und Aufklärungsquote im Bereich dieser Gruppen höher, was wiederum die Statistik verfälscht, auf die man sich beim Profiling stützt. So einfach ist das. Dasselbe Phänomen kennt man inzwischen auch aus dem Bereich der Personalauswahl durch KI.

    • @Aurego:

      „Dennoch liegt der Anteil der Tatverdächtigen, die über 60 Jahre alt sind, über alle Straftaten bei ca. 7%.“

      Was nicht sooo viel ist und deswegen wird man dann eher mehr die Personengruppen X kontrollieren bei denen der Anteil der Tatverdächtigen (deutlich) höher als bei ca. 7% liegt. Da liegen die Chancen einen Treffer zu landen, deutlich höher.



      Und das ist ja auch Sinn des Ganzen. Wird ja nicht aus Jux und Tollerei kontrolliert, sonst könnte man es auch gleich bleiben lassen.

      • @kiwitt:

        Es ist auch nicht sooo wenig.

  • Das kennen wir doch.



    Wenn nicht hundert Zeugen und fünf Videos das Gegenteil beweisen hat die Polizei Recht.

  • Nun ja, von einer Polizeipräsidentin Barbara Slowik erwartet niemand ernsthaft, dass sie sich dazu herablassen würde, eine rassistsiche Polizeikontrolle auch als solche zu benennen? Der Korpsgeist der Polizei, gleichwie ob in den USA, oder eben in Berlin, reicht durch alle Ebenen und Dienstgrade, bis hinauf zur Spitze. So funktioniert solche Repressionsbehörden. Es ist gut, wenn die taz darüber berichtet, auch wenn ein Kulturwandel bei den Behörden nicht erwartet werden darf.

  • " Sow arbeitet seit Juli im Auftrag des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg als sogenannter Parkläufer in der übernutzten Grünanlage. Sein Job ist es vor allem, Konflikte zu schlichten. All das interessierte die Po­li­zei­be­am­t:in­nen am 19. August nicht. "



    Kann der Bezirk sich dazu nicht mit der Polizei abstimmen, damit die Polizisten wissen wer da Parkläufer ist oder vielleicht auch entsprechende Ausweise verteilen.



    Ansonsten wie von Berlin gewohnt macht jeder was er will.

    • @Axel Schäfer:

      Ja, nee - das ist doch irrelevant.



      Das könnte auch Barack Obama sein, der ist farbig, also Dealer, also erniedrigen und verhaften und Hausdurchsuchung und so.



      Gründe finden wir später.

    • @Axel Schäfer:

      So, wie man diesen speziellen Bezirk kennt, wird diese Abstimmung absichtlich nicht vorgenommen. Denn Polizei ist ja grundsätzlich etwas böses, rassistisches und abzulehnendes.

      Dass die Berliner Polizei die diverseste aller Behörden ist und weitaus mehr Menschen mit Migrationshintergrund beschäftigt als die Bezirksverwaltung von F'hain-Kreuzberg, wird da gerne ignoriert.

    • @Axel Schäfer:

      Theoretisch haben die Parkläufer ja Westen an, damit man sie erkennt.

      Das ist schon eine komische Geschichte hier.

      • @rero:

        Es steht doch in allen Artikeln darüber drin, dass er in seiner Freizeit dort war. Seine Arbeitskleidung trägt man da gewöhnlich nicht. Die Information soll untermauern, dass sein Beruf nicht Dealer ist.

  • Die Polizei deckt sich bei sowas gegenseitig, die Ermittlungen werden eingestellt werden, das ist in Berlin in 99 % aller Fälle so. Gerne erfindet und konstruiert man in Absprache aber ein Drogen- oder Gewaltdelikt gegen das Opfer zwecks Rechtfertigung der illegalen Polizeikontrolle - so auch hier ...

  • Die Polizei darf während eines laufenden Verfahrens keine Inhalte an die Presse geben, schon gar keine belastenden. Von daher ist es nicht "dünn", sondern korrekt, dass darum gebeten wird, den Ausgang des Verfahrens abzuwarten.

  • Was "nach eigenen Angaben" bei der Person gefunden wurde, ist tatsächlich sehr wenig. Aus der danach erfolgten Hausdurchsuchung ist allerdings zu schließen, dass es wohl noch andere Anhaltspunkte auf Straftaten gab. Schließlich muss die Hausdurchsuchung von einem Richter angeordnet werden. Das macht der sicher nicht wegen des Besitzes von 400 in bar oder wegen eines völlig legalen Joints - und schon gar nicht wegen der Hautfarbe einer Person.

    • @Winnetaz:

      bei "gefahr im verzug" kann die kann die anordnung zu einer hausdurchsuchung auch durch die staatsanwaltschaft oder ihre ermittlungspersonen erfolgen. die voraussetzung für eine solche einschätzung sind erstens sehr niedrig und zweitens: was soll schon passieren, wenn die cops nichts finden?

    • @Winnetaz:

      Sicher?

      Da kenne ich aber andere Geschichten

    • @Winnetaz:

      Theorie und Praxis, kenne persönlich mehrere Fälle, wo Gefahr im Verzug (man könne ja Beweismittel vernichten) als Vorwand genutzt wurde, um während einer Personenkontrolle mit (geringfügigen) Drogenfund, der Person den Schlüssel abzunehmen und direkt eine Hausdurchsuchung ohne richterliche Anordnung durchzuführen. Alle daraus resultierenden Verfahren wurden meines Wissens nach ohne Verhandlung eingestellt.