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Landtagswahlen in Sachsen und ThüringenAfD bei Bauern besonders stark

Rund 49 Prozent der Landwirte unter den Wählern in Sachsen stimmten für die AfD. In Thüringen bekam die Partei rund 40 Prozent der Bauernstimmen.

AfD bei den 'Bauern besonders beliebt, aber nicht bei allen: Bauerndemo in Kassel mit TeilnehmerInnen die gegen Rechtsextremismus sind Foto: Ebner-Pressefoto/imago

Berlin taz | Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen haben weit überdurchschnittlich viele Landwirte für die AfD gestimmt. In Sachsen schrammte die extrem rechte Partei mit rund 49 Prozent sogar nur knapp an einer absoluten Mehrheit bei den Bauern vorbei, wie eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen zeigt. Der Anteil war höher als bei jeder anderen der insgesamt fünf erfassten Berufsgruppen und als das Gesamtergebnis der AfD, das bei 30,6 Prozent lag. Schon bei der Landtagswahl 2019 hatte die AfD überdurchschnittlich unter Agrarunternehmern gepunktet, aber nicht so stark wie dieses Mal.

In Thüringen konnte sie am 1. September rund 40 Prozent der Wähler unter den Landwirten wie auch unter Arbeitern und Selbstständigen für sich gewinnen. Dort votierten 32,8 Prozent der gesamten Wählerschaft für die Rechtsextremen.

Bei der EU-Wahl im Juni hatten sich erstmals in einer bundesweiten Abstimmung überdurchschnittlich viele Landwirte für die AfD entschieden. 18 Prozent stimmten damals laut Forschungsgruppe Wahlen für die rechtsextreme Partei. Das Gesamtergebnis der AfD lag nur bei 15,9 Prozent.

Warnungen vor Unterwanderung der Bauernproteste

Vergangenen Winter waren Tausende Landwirte auf die Straße gegangen, nachdem die Bundesregierung angekündigt hatte, die Subventionierung des Agrar­diesels zu streichen, mit dem die Bauern zum Beispiel Traktoren betreiben. Die Proteste wandten sich aber auch allgemein gegen Umwelt- und Tierschutzregeln in der Landwirtschaft. Die AfD stellte sich auf die Seite der Bauern, auch wenn sie zuvor in ihrem Grundsatzprogramm Subventionen generell abgelehnt hatte. Warnungen, dass die Bauernproteste von Rechtspopulisten unterwandert werden könnten, wurden zum Beispiel von CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz als Kampagne der Ampelregierung „gegen die Landwirtschaft“ zurückgewiesen.

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20 Kommentare

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    Die Moderation

  • Die AFD scheint die Wut der Menschen zu einen. Offensichtlich steht deren emotionales Bedürfnis über deren eigenen Interessen. Wenn erstmal der Brain drain im gelobten AFD-Land einsetzt, dann wird es wohl dort wieder einer Mauer bedürfen oder eines innerdeutschen Ausreisezentrums. „Reisen ins Land der Altparteien nur nach vorheriger Genehmigung“. Vielleicht können dann in Thüringen Saisonarbeiter aus Belarus und Russland angeworben werden, z. b. für die Spargelernte.

  • Sieht so aus als ob eine Berufsgruppe "weit überdurchschnittlich" unter der Politik der Ampel gelitten hat.

  • Nachtrag. Nicht 20 % der Arbeiter wählten bei der Europawahl die AfD sondern 25% Das macht noch einmal deutlich wie sehr der Fokus auf die 2% Landwirte deplatziert ist.

  • Für die ganzen die sich wundern warum gegen die vermeintlichen eigenen Interessen gewählt wird: wenn die Subvention für Diesel wegfallen, aber dafür ebenfalls Umwelt- und Tierschutz Auflagen, können viele vermutlich damit leben

  • Aha. Bei 2% der Erwerbstätigen in DE lag der Erfolg der AfD 2% über dem Durchschnitt.

    Wichtiger ist doch zu realisieren, dass bei 25% der Erwerbstätigen (Arbeiter) der der Anteil bei der Europawahl 5% über dem Durchschnitt lag.

    Ob von 1% der Wahlberechtigten (von denen die Erwerbstätigen auch nur wieder ein Teil sind) 18% (=0,18 der Wähler) die AfD wählen ist sowas von vernachlässigbar. Da wird ein Scheinriese aufgebaut, der den Blick auf die wesentlichen Probleme mit der AfD vernebelt.

  • Es ist schön ,dass man jetzt für jede Berufsgruppe das Wahlverhalten kennt 😊

  • Aus dem Link aus dem Artikel



    Montag, 28.10.2019:



    Die meisten Landwirte in Thüringen haben bei der Landtagswahl für die Linke gestimmt.



    Was hat die Linke wohl falsch gemacht seit 2019?

    • @Whatever1984:

      Die Linke war die Vertreterin des Ostens. Die AfD ist die Vertreterin der traditionellen rechtsextremen Gesinnung in der Region.

  • Wenn man jetzt schreibt, dass es offensichtlich dumm ist, als Landwirt die AfD zu wählen (Stichwort Subventionen), erntet man dann demnächst die größten Kartoffeln?

  • Ganz abgesehen von Hetze und Angriffen auf die Demokratie, wieder dieser seltsame Effekt, dass manche gegen ihre Interessen wählen: "[...] auch wenn sie zuvor in ihrem Grundsatzprogramm Subventionen generell abgelehnt hatte"

    • @Ciro:

      Die Frage ist, wer wie bestimmt, was die Interessen der Bauern sind.

      Geht man davon aus, dass Bauern wo öglich am besten wissen, was ihre Interessen sind, könnten die Bauern nicht ganz falsch liegen.

      Werden die Interessen einer Gruppe durch Dritte bestimmt, wird gerne der Fehler gemacht, die Interessen auf rein materielle Dinge zu reduzieren.

      Sowas, wie Lebenssinn, Anerkennung, Status, soziale Eingebundenheit und andere Gefühle, wird häufig ignoriert.

      Dabei kann eine Gruppe ihre nichtmateriellen Interessen sogar laut herausschreien.

      • @rero:

        In diesem Fall die Beibehaltung von Subventionen.

      • @rero:

        "Die Frage ist, wer wie bestimmt, was die Interessen der Bauern sind."

        Ich gehe davon aus, dass es nicht im Interesse der Bauern wäre, wenn 99 % der Bauern bankrott wären. Was zwangsläufig und unausweichlich die Folge der Umsetzung des AfD-Programmes wäre. Aber Sie haben sicher Recht. Anerkennung und Lebenssinn sind ganz sicher wichtiger als der Beruf des Bauern. Gerade bei Bauern.

  • So sehen eben die Allianzen aus. Geschätzt jeder zweite Bauer verbünden sich gerne zumindest temporär mit der AfD, obwohl diese noch weitergehende Streichungen als die Demokratischen Parteien vornehmen werden, nur um Aufmerksamkeit und genug Druck bei den Demokraten zu erzeugen. Und Friedrich fällt mal wieder darauf herein - nutzt die in seiner Einschätzung Gunst der Stunde für seine populistischen Agitationen, obwohl er doch die AfD halbieren wollte. Aber was interessiert mich das Geschwätz von Gestern, wenn es doch unbedingt einen Weg geben muss um Kanzler zu werden.



    Zur leichteren Erlangung von politischen Forderungen sollte ein neues Geschäftsmodell der Bauern noch mehr Zuspruch erhalten; Träker4hand - Traktorenverleih für temporäre Mithilfe im Betrieb; ähnlich Urlaub für Hand! Damit sind zukünftig Forderungen bereits nach der ersten Demo eingefahren. Die zurückliegenden Bauernproteste sind eine positive Referenz. Und wenn unser Land nach Austritt aus der EU - eine wesentliche Forderung der AfD - keine Subventionen mehr aus der EU bekommt, wird es erst richtig mau für die bauernschlauen Landwirte, wetten.

  • Ich habe leider keine belegbaren Quellen. Aber ich meine in Erinnerung zu haben, dass auch in anderen Ländern die Landwirte eher zu den rechts-konservativen Gruppen zählen. Mir fallen da beispielsweise Spanien oder USA ein. Daher ist die Überraschung nicht sonderlich groß, und irgendwie auch erwartbar.

    • @Mopsfidel:

      Das ist der Grund, warum die CDU/CSU bei den Bauern traditionell so stark ist.

      Gerade die CSU deckt die Bauern in Bayern sehr gut ab.

      Die AfD wird dagegen allgemein als neu, dynamisch, tabubrechend und aufrührerisch wahrgenommen. Eher das Gegenteil von konservativ.

      Das ist eine neue Entwicklung und lässt sich nur mit der massiven Enttäuschung der Bauern von den etablierten Parteien erklären.

  • Hahaha, die AfD will die bäuerliche Landwirtschaft in D gemäß ihres Programmes durch die Streichung aller Subventionen weitestgehend "eliminieren", und davon sind die Bauern derart begeistert, dass sie diese Partei wählen.



    Es ist wohl davon auszugehen, dass die sächsischen und thüringischen Bauern die dicksten Kartoffeln weit und breit haben.

    • @Kaboom:

      Streichung von Subventionen bedeutet ja nicht die Eliminierung der bäuerlichen Landwirtschaft. Im AFD-Programm sind dafür andere Verbesserungen für die Landwirtschaft vorgesehen. Landwirte wollen keine Subventionen, sondern faire Bedingungen.



      Aber vor allem die Grünen denken sich immer neue Auflagen aus die dann zum Teil durch die Subventionen ausgeglichen werden.

    • @Kaboom:

      Kann ja auch durchaus sein, dass die Landwirte sehr zufrieden damit sind, die dieselsubventionen zu verlieren, wenn dafür auch Umwelt und tierschutzauflagen eingestampft werden