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FDP-Forderung zu EntwicklungspolitikZum Schlagwort verkommen

Kommentar von Leila van Rinsum

Die FDP will das Entwicklungsministerium abschaffen. Bei der Forderung nach mehr Effizienz geht es aber vor allem um mehr Wirtschaftsförderung.

Empfang für deutsche Entwicklungshelfer vor der Sunbeam Schule in Krokrobite, Ghana Foto: Ute Grabowsky/imago

D ie FDP will das Entwicklungsministerium (BMZ) abschaffen und den Bereich ins Auswärtige Amt eingliedern. So steht es in einer internen Argumentationshilfe der Partei zu den Haushaltsverhandlungen, die zuerst Politico veröffentlichte.

Mal wieder. 2009 machte die FDP Wahlkampf mit der Abschaffung des Ministeriums, und stellte kurz darauf mit Dirk Niebel selbst den Minister. Der schaffte das Ministerium nicht ab. Er setzte sich vor allem für die Unterstützung deutscher Unternehmen im Ausland ein und wechselte danach zu Rheinmetall.

Wirtschaft und Sicherheit steht jetzt wieder groß in der Überschrift der FDP. „Kluge Entwicklungszusammenarbeit“ zahle sich durch enge Abstimmung mit der Wirtschaft für Fachkräfte und Rohstoffe und der Begrenzung ungewollter Einwanderung aus. Die Effizienz von Entwicklungszusammenarbeit (EZ) müsse überprüft werden.

Dabei war das Institut, das die deutsche EZ evaluiert, sogar von Niebel gegründet worden. Effizienz ist in der Argumentation der FDP zum Schlagwort verkommen, um die Sinnhaftigkeit von Entwicklungspolitik als Ganzes in Frage zu stellen. Damit stärkt die FDP die rechtspopulistische Meinungsmache der AfD.

Nach Gusto der FDP ist effizient, was der deutschen Wirtschaft hilft

Nach dem Tenor ist nur effizient, was der deutschen Wirtschaft und geopolitischen Interessen dient. Dass Investitionen in internationale Klimapolitik, Umweltschutz oder Zivilgesellschaft langfristig auch diesen und mehr Zielen dient, fällt hinten unter.

In ihrem Wahlprogramm von 2021 wollte die FDP übrigens noch eine Entwicklungspolitik, die „Chancen ermöglicht und Armut bekämpft“ – natürlich auch durch Wirtschaftswachstum, aber zumindest nicht nur für den deutschen Markt. Bis „spätestens“ 2030 sollten 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland zur Stärkung der am wenigsten entwickelten Länder ausgegeben werden.

Es gäbe gute Gründe dafür, die Kompetenzen vom Auswärtigen Amt (AA) und BMZ zu einen. Das AA ist für Humanitäre Hilfe (2,2 Mrd.) und Stabilisierungsmaßnahmen (400 Mio.) zuständig, das BMZ für nachhaltige Entwicklung. Die Trennlinie ist aber nicht immer so scharf.

In vielen europäischen Ländern ist beides geeint. Auch in der EU ist die Entwicklungszusammenarbeit im Referat Internationales angesiedelt. Es könnte also eine Debatte geben, inwiefern die Eingliederung der Hilfs- und Entwicklungsgelder des AA ins BMZ sinnvoll wäre oder auch wie das Ministerium gestärkt werden könnte, die ressortübergreifende UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung besser zu koordinieren. Aber diese Debatte führt die FDP nicht.

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Wirtschaftsredakteurin
ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft & Umwelt. Dort schreibt sie über Internationalen Handel und Entwicklungspolitik. Sie war zuvor freie Journalistin in Nairobi und Berlin und schrieb über Nord-Süd Beziehungen, Kapitalismus und Queeres.
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12 Kommentare

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  • Was wundert: das BMZ sitzt größtenteils in Bonn und deswegen sind dort auch UN und diverse Organisationen der Entwicklungshilfe angesiedelt.

    Ausgerechnet der NRWler Lindner will also seiner Heimat schaden? Normalerweise gibt es im Bundestag ja die riesige parteiübergreifende NRW-Fraktion, die alles verhindert, was irgendwie zu weniger Standorten in Bonn führen könnte, zB den Komplettumzug der Regierung nach Berlin.

    • @Suryo:

      Bonn war mal eine Hochburg der Liberalen u.a. durch die vielen saturierten Beamten. Und durch engagierte Politikers lokal wie Nicole Maldonado.



      Lindner hat seine Bodenhaftung schon längst verloren. Er will vielleicht einfach nur im Berloiner Villenviertel dazugehören - keine gute Voraussetzung für saubere Politik.



      Bonn hat eine exzellente Infrastruktur und Vernetzung für Internationales, Klima und Zusammenarbeit. Die Bundes- und UN-Stadt (aber auch der Rest Deutschlands) hat die FDP in ihrer heutigen Verfassung nicht verdient.

  • Keine Fußgängerzonen mehr in Entwicklungsländern! F!D!P!

  • Der Kommentar wurde entfernt. Unsere Netiquette können Sie hier nachlesen: taz.de/netiquette

    Die Moderation

  • Wenn wir Geld sparen wollen, könnte die Bundes-FDP ganz abgeschafft werden (außer Gerhard Baum, so fair will ich schon sein).



    Entwicklungshilfe ist schon zu häufig verkappte Wirtschaftsförderung für sonst nicht wettbewerbsfähige Exportunternehmen. Da kommt nur bei manchen Ansätzen überhaupt nachhaltig etwas an.



    Aber das völlig neoliberal verrohen zu lassen, ist doch Realsatire der Lindnerlaffen.

  • Beim Lesen der Unterzeile dachte ich sofort: Schon wieder? Da war doch schon mal was, wo dann ausgerechnet der Niebel...

    Und dann stand der Gedanke fast wortwörtlich am Anfang des zweiten Absatzes.

    Ach ja, die FDP halt.

  • Entwicklungsarbeit muss man sich leisten können. Denn das heißt nichts anderes, als Geld verschenken und hoffen, dass man vielleicht mal etwas davon hat.



    Wenn ich mir unseren Kindergarten oder die benachtbarte Schule so anschaue, dann könnten wir das Geld hier auch gut gebrauchen...

  • Es gibt bessere Argumente, das Ministerium abzuschaffen, als es zu erhalten. Da wären zunächst die vollkommen unübersichtlichen Schnittmengen mit dem Wirtschafts- und Außenministerium. Ferner die Wahrnehmung im Ausland, ein Entwicklungshilfeminister begegnet Partnern nie auf Augenhöhe.

    Vorteil der Eigenständigkeit eines Ministeriums ist allenfalls die Quotenerfüllung bei der Regierungsbildung (plus teure Staatssekretäre). Die SPD damit derzeit einen gewissen außenpolitischen Ansatz wahren. Der eigentliche Grund für ein solches Ministerium ist eher von innenpolitischer Natur. Bleibt die Frage, ob das der Steuerzahler will oder nicht.

    Die aktuelle Stellenbesetzung ist jedenfalls eher keine Werbung für eine Beibehaltung der Eigenständigkeit. Daher frei nach dem Motto "Ist das ein Ministerium oder kann das weg?".

  • Das Bekenntnis der Ampel zu Beginn der Legislaturperiode, im Umgang miteinader neue Wege zugehen, ist nichts wert. Liegt sogar im Minusbereich. Ich habe fertig.

  • Jetzt, da sich bis auf weiteres keine Gelegenheit mehr für die günstige Beschaffung eines Afghanischen Teppichs mehr ergeben wird ist das Ministerium und dessen Minister vielleicht wirklich obsolet.

    Die betroffenen Beamten können dann an anderer Stelle, vielleicht sogar nützlicher, ihren Dienst versehen.

  • Werfen die was ein? Eine unverschämte Blödheit nach der anderen. Die sind so was von aufgeblasen und kaltschnäuzig dumm.

    • @Andreas J:

      Ist der nicht dümmer der ein sinnloses Museum in Benin finanziert?

      Die Bronzestatue die dort hinein sollten sind jetzt beim König in der Schatzkammer…. Das ist Entwicklungshilfe vom feinsten! Wir können auch an Radwege oder Kühlschränke denken……