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Krieg zwischen Iran und IsraelVorbereitungen auf allen Seiten

In Israel verdichten sich die Anzeichen für einen baldigen Vergeltungschlag aus dem Iran. Israelische Kampfpiloten halten sich im Land bereit.

Wann und wie kommt der Vergeltungsschlag? Wandbild in Teheran vom getöteten Hamas-Führer Ismail Haniyeh Foto: Majid Asgaripour/reuters

Jerusalem taz | Zwölf Tage hatte es im April gedauert, bis Iran nach einem tödlichen israelischen Luftangriff auf zwei hochrangige iranische Generäle in Damaskus zurückschlug. Zwölf Tage sind am Montag vergangen, seit Israel den Hisbollah-Kommandeur Fuad Shukr sowie mutmaßlich den Hamas-Chef Ismail Hanija in Beirut und Teheran gezielt getötet hat.

Nun verdichten sich die Anzeichen für einen bevorstehenden Vergeltungsschlag. Die Chancen für Deeskalation und Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Gaza scheinen sich hingegen weiter verringert zu haben.

Das US-Militär hat nun eine weitere Verstärkung seiner Militärpräsenz angekündigt. Zusätzlich zu dem bereits in der Region befindlichen Flugzeugträgerverband „USS Theodore Roosevelt“ werde die Stationierung eines zweiten Flugzeugträgers beschleunigt, sowie die Verlegung des Atom-U-Boots „USS Georgia“ in die Region befohlen, hieß es aus dem Pentagon.

Einem Bericht der libanesischen Zeitung Al Dschumhouria zufolge soll die Hisbollah ihr bereits Anfang August teilweise geräumtes Hauptquartier im Beiruter Vorort Dahieh vollständig verlassen haben. Mehrere Fluggesellschaften, darunter die Lufthansa und Swiss-Air, haben die Aussetzung ihrer Flüge in die Region bis zum 21. August verlängert und angekündigt, auch den Luftraum über dem Irak und Iran in diesem Zeitraum zu meiden.

Irans Vizepräsident tritt zurück

Israelische Kampfpiloten und weitere Soldaten der Luftstreitkräfte dürfen bis auf Weiteres das Land nicht mehr verlassen. Deutschland, Frankreich und Großbritannien mahnten Iran und seine Verbündeten in einer gemeinsamen Erklärung zu einem Verzicht auf Vergeltungsangriffe an, und riefen Israel und die Hamas zu weiteren Verhandlungen auf.

In Teheran selbst herrscht offenbar Streit darüber, wie ein Gegenschlag aussehen soll. Nicht zu reagieren – das kommt angesichts des provokanten Anschlags auf Hanije mitten in Teheran kurz nach der Vereidigung des neuen Präsidenten Massud Peseschkian kaum in Frage. Doch das Wie bleibt offen.

Der britische Telegraph schrieb vergangenen Freitag, Peseschkian liege mit der Führung der iranischen Revolutionsgarden im Streit und plädiere aus Sorge vor einem ausgewachsenen Krieg gegen direkte Angriffe auf israelische Militäranlagen in Tel Aviv und anderen Städten.

Der 69-Jährige ist mit dem Versprechen angetreten, die iranische Wirtschaft und die internationalen Beziehungen seines Landes zu normalisieren. Am Montag musste er jedoch einen Rückschlag hinnehmen: Sein Stellvertreter, der verhältnismäßig moderate Mohammed Dschawad Sarif, kündigte den Rückzug vom Amt des Vizepräsidenten an, das er erst elf Tage zuvor angetreten hatte. Als Grund deutete er die am Sonntag veröffentlichte Auswahl der Kabinettsmitglieder an, bei der sich laut Beobachtern in vielen Fällen Hardliner und Konservative durchsetzen konnten.

„Niemand weiß, was Bibi will“

Indes nehmen die Hoffnungen auf eine baldige Waffenruhe im Gazastreifen ab. Die Hamas teilte am Sonntag mit, keine Delegation zu den für Donnerstag geplanten Verhandlungen zu schicken. Welche Ziele der neue Hamas-Anführer Jahia Sinwar damit verfolgt, ist unklar. Laut Medienberichten soll er gegenüber Vermittlern zuletzt Bereitschaft für ein Ende des bereits seit zehn Monaten dauernden Krieges signalisiert haben.

Zum einen fordert die Gruppe nun, die Gespräche basierend auf dem Stand von Anfang Juli fortzusetzen, anstatt neu zu verhandeln. Zum anderen hatte die israelische Armee am Wochenende bei einem Luftangriff in Gaza-Stadt Dutzende Menschen in einer von Vertriebenen als Notunterkunft genutzten Schule getötet, sowie Zehntausende in Chan Junis aufgefordert, weitere Teile der Stadt zu räumen.

Auch die Intentionen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit Blick auf ein Abkommen bleiben indes unklar. „Niemand weiß, was Bibi will“, hieß es in einem CNN-Bericht unter Berufung auf israelische Sicherheitskreise.

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18 Kommentare

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    Die Moderation

  • Gibt es eigentlich auch Berichte aus Saudi-Arabien? Denke es ist viel wahrscheinlicher, dass der Iran die ungeschützen Öl-Infrastruktur attackiert, um damit die Weltwirtschaft abstürzen zu lassen und tatsächlichen Druck auszuüben auf die USA. Erscheint sinnvoller, als irgendwie zu versuchen am Iron Drome vorbeizukommen.

    • @Harmo-Nie:

      Warum sollte der Iran, weitere Fronten aufmachen? Das macht gar keinen Sinn. Und wieviel müßte er da angreifen um wirklich Schaden für die fragile Weltwirtschaft herbeizuführen.

    • @Harmo-Nie:

      Der Iran hat nichs davon, wenn "die Weltwirtschaft" in eine ölmangelinduzierte REzession gebombt wird. Der Iran muss sein Zeug sanktionsbedingt an Länder wie Indien, China und ein paar andere verkaufen. Und ausgerechnet die Länder, die er schädigen will, sind noch am wenigsten auf nahöstliche Versorgung angewiesen.



      Und der Konflikt mit Israel mit den USA in der 2. Reihe ist eine Sache. Sich direkt mit den USA anlegen ist ein völlig neues Vabanque-Spiel.

  • Offensichtlich ist es für Netanjahu & Friends belastend, wenn die ultimativ böse Iran-Ayatollah-Diktatur nicht so flott und gedankenlos auf den israelischen Mord in Teheran reagiert, wie Netanjahu sich das wünscht. Wie lange das Teheran-Regime es sich innenpolitisch leisten kann, kein gewaltsames Zeichen in Israel zu setzen, wird sich zeigen - aber im Augenblick sieht es so aus, als ließe es die Alarmbereitschaft Israels am ausgestreckten Arm verhungern.



    Aber auch ich denke: das Regime wird es knallen lassen, wann und wo Israel gerade nicht damit rechnet. Denn dieser Alarmzustand läßt sich nicht unendlich lange aufrecht erhalten.

  • Iranische Hardliner und Netanyahus Gruselkabinett treffen sich im Kriegswunsch.



    Allerdings wird im Iran besser gegengehalten, offenbar, als in Israel. Auch wenn das gerade leicht ist: Respekt.

    • @Janix:

      Hi! Der Grund, weshalb der Iran noch nicht angegriffen hat, könnte auch ein anderer sein.



      Das Neue GPS der Israeli. Siehe die Testphasen, die wir alle in letzter Zeit nicht mitbekommen haben. Nun ja, schon. Aber ... ???

      • @Krist Lothar:

        Ach ja, und noch etwas. Die Israelis probieren gerade so neue Phosphorraketen aus. 3 angeblich im Süden des Libanons. Die Juden sind Mutter Erdes liebstes Volk. Sie hat sie 4 Jahrtausende von Pogromen und Genoziden überleben lassen.



        Ihre Kinder werden nicht zu Deppen und Feiglingen erzogen. 3 Juden würden niemals einen alten Mann auf der Straße ins Koma schlagen.



        Und man stelle es sich vor: Es ist ihnen womöglich gelungen, das GPS-Signal umzuleiten. Siehe meine Geschichte hiezu auf E-Stories. Israel und GPS.

  • "... und des Anschlags im Iran darauf hin, dass die Regierung die direkte Konfrontation mit dem Iran und seinen Proxys sucht, um klare Verhältnisse in der Region zu schaffen."

    Auch wenn ich es nach wie vor für möglich halte, dass Herr Haniyya auf Grund Hamas-interner Machtkämpfe von seinesgleichen getötet wurde, befürworte ich es, "klare Verhältnisse" zu schaffen. Früher oder später muss geklärt werden, wo sich der Iran, auch innenpolitisch, positionieren kann und ob diesem Staat weiterhin zugebilligt werden soll, u.a. Hamas, Hizbollah und Huthis zu Lasten der (nicht nur) Menschen in Gaza zu instrumentalisieren.

    Ich weiß, dass Linke den Schah "weghaben wollten" und frage mich öfter, ob das Ergebnis deren Wünschen entspricht. Ich persönlich habe den Eindruck, mit dem Schah bzw. seinem Sohn/Enkel als evtl. Nachfolger hätte man "vernünftiger" reden und agieren können. Vielleicht wäre der Iran mittlerweile auch, ähnlich wie in England, eine parlamentarische Monarchie. Das ist aber nur mein subjektiver Eindruck der nicht stimmen muss.

    • @*Sabine*:

      Ich weiß, dass Rechte Mohammad Mossadegh "weghaben wollten" und bin mir ziemlich sicher, dass das Ergebnis nicht ihren Wünschen entspricht. Statt eines willfährigen, brutalen Diktators bekam man letztlich unberechenbare, brutale Mullahs. Vielleicht wäre der Iran heute tatsächlich eine konstitutionelle Monarchie, hätten Rechte nicht versucht nation building zu betreiben.



      Den Schah wollten in erster Linie Millionen Iraner:innen loswerden, die leider nicht berücksichtigt haben wie "vernünftig" die Sponsoren der Schahdiktatur mit der neuen Staatsführung reden können.

    • @*Sabine*:

      Linke wollten den demokratisch gewählten Präsidenten, der die Ölförderung nationalisieren wollte, behalten.

      • @Harmo-Nie:

        Premierminister war Mossadegh, nicht Präsident…das Staatsoberhaupt war auch damals der Schah.

  • "Niemand weiß, was Bibi will“

    Es kristallisiert sich langsam heraus was Netanjahu "will". Zum einen den Gazastreifen unbewohnbar machen und somit möglichst viele Palästinenser zum gehen bewegen und zum anderen deuten die militärischen Operationen bezgl des Konsulatsgebäudes in Syrien und des Anschlags im Iran darauf hin, dass die Regierung die direkte Konfrontation mit dem Iran und seinen Proxys sucht, um klare Verhältnisse in der Region zu schaffen. Da Israel diesbezüglich auf die Hilfe der USA angewiesen ist, wird das nicht offensiv propagiert sondern still und leise und mit übertriebener Unschuldsmiene durch die Hintertür vorbereitet. Eine Provokation folgt auf die nächste, bis das Fass überläuft.

    Einziges Problem dabei, Biden hat Netanjahu längst durchschaut und wird sich hüten den Handlanger für eine faschistische Regierung abzugeben.

    • @Sam Spade:

      "Eine Provokation folgt auf die nächste..." Der Iran steckt, mit seinen Proxystrategie, hinter dem brutalsten Terrorakt der neueren Geschichte - verübt gegen Israel. Und die Gegenwehr ist die Provokation? Interessanter Blick aufs Geschehen.



      Aber eines ist klar: Die Israelis würden das, was sie tun, niemals ohne Erlaubnis der USA tun und Sie sollten sich mal mit dem Begriff "Faschismus" beschäftigen. Sie hantieren recht leichtfertig damit.

      • @Paul Meier:

        "Sie sollten sich mal mit dem Begriff "Faschismus" beschäftigen. Sie hantieren recht leichtfertig damit"

        Da die Verwendung des Faschismusbegriffs generell umstritten ist und diejenigen die mit ihm hantieren ihn oftmals ins Uferlose ausdehnen, gebrauche ich ihn selten und wenn in Anlehnung an Umberto Ecos Ausführungen zum Urfaschismus, meist jedoch in der Definition des Briten Roger Griffin. Griffins Faschismusbegriff stammt von 1991. In seinem Buch "The Nature of Facism" definiert Griffin Faschismus als eine populistisch-ultranationalistische und auf eine Palingenese ausgerichtete Ideologie.

        Die einzelnen Merkmale in Griffins Definition weisen eine große Übereinstimmung mit der Ausrichtung der derzeitigen Regierung in Israel auf. Daher halte ich diese Zuschreibung aktuell für durchaus angebracht.

    • @Sam Spade:

      Ach, das ist Geschwätz. Bibi will nicht ins Gefängnis, das ist schon alles. Der faktische Kriegszustand ist dabei seine beste Option, und er ist bereit, andere dafür den Preis zahlen zu lassen.

      Aber auch das ändert nichts daran, dass niemand die Hamas zum 7. Oktober gezwungen hat, oder dass vor allem sie alles tut, damit möglichst viele Zivilisten sterben.

    • @Sam Spade:

      Die USA und auch Deutschland stehen nach wie vor an Israels Seite, mit Geld und Waffen, trotz Netanjahus Provokationen.

    • @Sam Spade:

      Wenn Biden nicht spurt, dann verliert Kamala die Wahl… Das bekommen Bibi und seine Fans in den USA dann doch noch hin. Die Machtdemonstration wurde gerade an Cori Bush durchexerziert.

      Viel mehr als stinksauer sein und pflichtschuldig „mahnen und fordern“, bleibt da derzeit auch einem Joe Biden nicht.

      Bibi sucht die Entscheidung mit Irans Proxys noch während der Wahlkampf in den USA läuft.

      2 Trägergruppen, dazu ein Dutzend sonstiger Kampfschiffe und Uboote, dazu Unterstützung aus Rammstein, Aviano und Incirlik… Erstens einmal reicht das um die komplette Region in Schutt und Asche zu legen und zweitens… wozu das alles, wenn Biden sich hüten wird den Handlanger abzugeben?