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Anzeigen des Ministeriums vor EU-WahlLindner gerät unter Druck

Kurz vor der EU-Wahl schaltete das Finanzministerium Anzeigen für die Schuldenbremse. War das illegale Parteienfinanzierung?

Plakatiert gern zur Schuldenbremse: Finanzminister Christian Lindner Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gerät wegen Anzeigen zur Schuldenbremse, die sein Haus kurz vor den Europawahlen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschaltet hat, unter Druck. Laut internen Mails, deren Herausgabe das Portal Abgeordnetenwatch mithilfe des Informationsfreiheitsgesetzes erwirkt hat, war Lindner stärker in das Schalten der Anzeigen eingebunden, als das Ministerium bislang eingeräumt hat.

Kurz vor den Europawahlen hat das Bundesfinanzministerium (BMF) zur Erinnerung an „15 Jahre Schuldenbremse“ für rund 46.000 Euro zwei große Anzeigen geschaltet. „Schuldenbremse abschaffen? Nich’ ok, Boomer“ stand auf einer über dem Bild einer jungen Frau. Beim zweiten Motiv erschien der Satz „Schuldenbremse abschaffen? Das wird teuer für mich“ über dem Bild eines jungen Mannes. Die Anzeigen erschienen am 29. Mai und am 5. Juni, die Europawahl fand am 9. Juni statt.

Aus Sicht der renommierten Verfassungsrechtlerin Sophie Schönberger von der Universität Düsseldorf handelte es sich bei den Anzeigen um eine unzulässige Meinungsäußerung des Finanzministeriums. Laut Bundesverfassungsgericht dürfe die Bundesregierung informieren, aber keine Meinungsbildung betreiben. „Es darf keine Willensgebung von oben nach unten geben“, sagte sie der taz. „Je näher eine Wahl ist, desto größere Zurückhaltung ist geboten.“ Aus diesem Grund hält die Juristin die Klage beim Bundesverfassungsgericht für erfolgversprechend, die die Linkspartei vor Kurzem eingereicht hat. Lindner habe mit den Anzeigen Wahlwerbung betrieben und damit gleiche Chancen im Parteienwettbewerb verletzt, argumentiert die Linkspartei.

Daneben steht der Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung im Raum. Hier kommen die E-Mails ins Spiel, deren Herausgabe Abgeordnetenwatch erwirkt hat. Für die Einstufung als illegale Parteispende müssen die Anzeigen als Werbemaßnahmen für die FDP erkennbar sein. Außerdem muss die Entscheidung für die Werbung der Partei zuzuordnen sein. Das könnte der Fall sein, wenn der FDP-Vorsitzende Lindner daran beteiligt gewesen wäre.

Bei Termin mit Agentur anwesend

Bislang hat das Ministerium behauptet, Lindner sei nicht an den Details der Planung beteiligt gewesen. Die Auswahl der Motive sei durch die Kommunikationsabteilung des Ministeriums erfolgt. Abgeordnetenwatch zufolge zeigen die internen E-Mails ein anderes Bild. In einer Mail an die beauftragte Agentur, in der ein Ministeriumsmitarbeiter deren Kostenvoranschlag freigibt, heißt es: „Bei der Gelegenheit bitte ich Sie um Übersendung der beiden neuen FAZ-Anzeige Varianten, wie am Dienstag mit Minister Lindner besprochen.“

Das Ministerium räumt ein, dass Lindner bei einem Termin am 9. April mit der Agentur anwesend gewesen ist. Dabei sei auch über das Thema Schuldenbremse gesprochen worden. „Der Minister ist in den grundlegenden Strategiefragen der BMF-Öffentlichkeitsarbeit eingebunden“, sagte ein Sprecher der taz. Die Bundesregierung habe den Auftrag, die Bür­ge­r:in­nen über ihre Tätigkeit, Vorhaben und Ziele zu informieren.

Sollte die Bundestagsverwaltung die Anzeigen als illegale Parteispende werten, droht der FDP eine Strafe bis zum dreifachen Betrag der Kosten.

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20 Kommentare

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  • @JANIX

    Schon. Aber diese Bande sieht sich als Wissenschaftler!

    Fortgeschrittene Psycose, würd' ich sagen. Aber hey :-)

  • Naja, zumindest gibt er keine 126.000€ für eine Maskenbildnerin aus, oder 500.000€ für professionelle Bilder. Er ist wohl sehr sparsam

    • @Ahnungsloser:

      Wie teuer war die Haartransplantation?



      Dafür musste er so einige so genannte "Reden" vor zahlungskräftigem Publikum halten.

      • @Janix:

        Die hat er dann wohl aber von eigenem Geld bezahlt, oder?

        Oder sollen Politiker ob der Tatsache, dass sie aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden, künftig die Öffentlichkeit um Erlaubnis bitten, was sie sich wohl oder nicht kaufen dürfen?

        Beamte dann auch? Und Angestellte im öffentlichen Dienst?

  • @MILES PARKER

    FREIHEIT!1!!

    Im Ernst: religiöse Verblendung. Die Kirche der Unsichtbaren Hand vom Heiligen Hayek.

    • @tomás zerolo:

      Politik hat immer etwas von säkularer Religion.



      Aber an einen "freien Markt" glauben, da hat man mit dem Buch Mormon wohl die bessere Erdung.



      Kein Markt ohne Macht.

  • Wie kann man eigentlich nur so schuldenbremse- & verbrennungsmotorgeil sein?

    • @Miles Parker:

      Zu Autos kann ich wenig sagen.



      Die Schuldenbremse ist jedenfalls eine Frage der Nachhaltigkeit.

      • @Frauke Z:

        Wirtschaftswissenschaftlich wäre sie dafür arg eng definiert.

        Nachhaltigkeit schließt Infrastruktur und Umweltzustand ein.



        Wir leben gerade auf Kosten von den zweien, und das kostet uns wirklich.

        Beispiel für Autos ist, dass wir Schulden anhäufen, um das sogar zu pämpern.

      • @Frauke Z:

        Wo ist die Schuldenbremse nachhaltig? Die Wirtschaft geht den Bach runter weil der Staat nicht investiert und die Infrastruktur vergammelt.

        • @Andreas J:

          Das Problem ist halt, dass eine Lockerung der Schuldenbremse höchstwahrscheinlich (mal wieder) nicht in Investitionen in die Infrastruktur, sondern zur Finanzierung von Wahlgeschenken genutzt werden würde.

      • @Frauke Z:

        nein, es kann sogar zum Gegenteil von Nachhaltigkeit führen.



        Wenn man zB die Infrastruktur auf Verschleiß fährt und zum Geld sparen Unterhaltungsmaßnahmen unterlässt, muss man viel früher zu erheblich höheren Kosten neu bauen

        • @Altunddesillusioniert:

          Hinzu kommt noch, dass Gelder für kontraproduktive Subventionen anstatt für Infrastruktur verwendet wird.

          • @aujau:

            Gelder werden verwendet, leider zu wenig für Sanierung von Schulen.

  • Also ganz so, wie wir die sogenannte "Öffentlichkeitsarbeit" der Bundesregierung(en) kennen.

    Einzige Lösung: Gar keine Anzeigenkampagnen mehr für die Regierung.

    • @Frauke Z:

      In Einzelfällen ist es wohl sinnvoll.



      Etwa, um bei Covid mehr Menschen rasch zu erreichen.

      Aber Meinungs-Darstellungen teils sehr ähnlich dem jeweiligen Parteien-Design tun nicht Not. Auch nicht von der Union, übrigens.

  • Man hätte ja das Ganze der Bundeszentrale für politische Bildung überlassen können.

    Doch, ok, manchmal muss man für Wichtiges auch werben.



    Aber in der FAZ, dem Zentralorgan der deutschen Banken?



    Und für eine Schuldenbremse, wenn man nicht mal umweltschädliche Subventionen in Zigmilliardenhöhe stoppen will? Und ungebremst Klimaschulden zu hohen Zinsen auftürmt?

  • Der Hinweis auf die geltende Rechtslage kann wohl kaum illegale Parteienfinanzierung sein. Allerdings wurde das Geld verschwendet, denn die anderen Mitglieder dieser fröhlichen Regierungskoalition haben diesen Teil des GG bis heute nicht verinnerlicht.

    • @Nachtsonne:

      Die Koalitionsrunde kostet jedoch gar nichts.

      Und dann Argumente haben, wie man die Infrastruktur und Investitionen dennoch schafft.



      Und wieso man nicht einfach auch mal die Sehrreichen wieder heranziehen kann.

      Die FAZ wurde als Dank bezuschusst.

    • @Nachtsonne:

      Da wird sich die FAZ aber freuen, wenn jetzt regelmäßig die geltende Rechtslage als Werbeanzeige veröffentlicht wird.