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"Nur den Brexit sollte sie nicht rückabwickeln"
Nein, sollten wir auch gar nicht zulassen. Man kann seinen Teller nicht jeden Tag in die Richtung tragen, in der einem das Essen am besten passt. In 10 Jahren können wir vielleicht mal wieder darüber reden, falls es diese EU da überhaupt noch gibt.
Nachdem die Brexit-Diskussion nützlich war, das Corbyn-Lager zu schwächen, muss am EU-Austritt nicht länger gerüttelt werden, da schließlich die Establishment-Figur Starmer gesiegt hat. Natürlich wird die transantlantische Konfliktbereitschaft feierlich hochgehalten, was Dominic Johnson besonders freut. Aus der Perspektive der britischen Bevölkerung freilich darf man weniger enthusiastische Artikel erwarten.
"Aber jede auch nur so hauchdünne Suggestion, den Brexit insgesamt aufweichen zu wollen, würde die Geister wecken, die nur darauf warten, Labour Wählertäuschung und Verrat vorwerfen zu können. Es würde die britische Rechte stärken, Labour in die Defensive drängen, Großbritannien zerreißen und die EU von den eigentlichen Problemen ablenken."
Meine Güte, ey.
Ich kann es ehrlich gesagt nicht mehr lesen, dass man sich bloß nicht bewegen soll, weil dann die rechten Körperfresser kommen und alles vernichten.
Wen interessieren die?
Macht Politik, die richtig ist! Und wenn der Wiederbeitritt richtig ist, dann macht das! Schert Euch nicht um Rechte!
Die machen ihr Ding. Wir machen unser Ding. Und wenn die irgendwann mehr Stimmen kriegen, dann ist das halt so. Bis dahin sollte man wichtige und richtige Änderungen nicht aus Angst verhindern.
"Bei den Tories stammte Premierminister Rishi Sunak aus Indien, Handelsministerin Kemi Badenoch aus Nigeria, Innenminister James Cleverly aus Sierra Leone, um nur einige zu nennen."
Merkwürdig diese Aufzählung in diesem Zusammenhang. Weder haben die zu den superduper Handelsabkommen geführt noch zu einer besseren Akzeptanz von Migration.
Die Nouveau Front Populaire hat die zweite Runde der Parlamentswahl gewonnen. Nicht die extreme Rechte, sondern die Linke wird stärkste Kraft.
Start der Labour-Regierung: Die Briten sind wieder da
Keir Starmers Regierung ist im Amt und macht sich direkt an die Arbeit. Sie hat sich einiges vorgenommen. Nur den Brexit sollte sie nicht rückabwickeln.
Die erste Kabinettssitzung in der Downing Street 10 Foto: Chris Eades/The Sun/dpa
Großbritanniens neue Labour-Regierung verschwendet keine Zeit. Schon am Tag nach seinem Amtsantritt gibt es klare Worte vom neuen Premierminister Keir Starmer und vom neuen Außenminister David Lammy. Der Ruanda-Flüchtlingsdeal ist „tot“. Mit Europa gibt es einen „Reset“. Der Außenminister fliegt schon am ersten Tag im Amt nach Berlin. Die Briten sind wieder da.
Es geistert jetzt in Europa eine gefährliche Versuchung herum: Könnte Großbritannien vielleicht den Brexit rückgängig machen? Nichts wäre fataler als dieses Gedankenspiel. Labour hat in seinem Wahlprogramm einen Wiederbeitritt zur EU oder auch nur zu Binnenmarkt oder Zollunion kategorisch ausgeschlossen, nicht nur jetzt, sondern auch in der Zukunft. In Umfragen gibt es mehrheitlich Kritik am Brexit, aber keine Mehrheit für einen Wiederbeitritt. Jetzt will man das Verhältnis zur EU besser gestalten: mehr Freizügigkeit, weniger Handelsbürokratie.
Daran sollte gearbeitet werden. Aber jede auch noch so hauchdünne Suggestion, den Brexit insgesamt aufweichen zu wollen, würde die Geister wecken, die nur darauf warten, Labour Wählertäuschung und Verrat vorwerfen zu können. Es würde die britische Rechte stärken, Labour in die Defensive drängen, Großbritannien zerreißen und die EU von den eigentlichen Problemen ablenken.
„Reset“ mit Europa
„Die oberste Pflicht jeder Regierung ist Sicherheit und Verteidigung“, sagte Keir Starmer bei seiner ersten Pressekonferenz am Samstag. Der neue Außenminister hat das russische Putin-Regime nach seinem Amtsantritt als Faschismus gebrandmarkt, sich zur Ukraine bekannt und besucht jetzt als Erstes Deutschland, Polen und Schweden. Das ist ein klares Signal der Entschlossenheit kurz vor dem Nato-Gipfel in den USA, auf den ein Europagipfel in Großbritannien folgen wird. Es geht London um nicht weniger als eine neue europäische Sicherheitsarchitektur.
Darüber hinaus verspricht die neue Labour-Regierung nicht nur einen „Reset“ mit Europa, sondern auch einen „Reconnect“ mit dem „globalen Süden“, der den Briten in vieler Hinsicht näher steht. Außenminister David Lammy stammt aus Guyana, Justizministerin Shabana Mahmood aus Kaschmir. Bei den Tories stammte Premierminister Rishi Sunak aus Indien, Handelsministerin Kemi Badenoch aus Nigeria, Innenminister James Cleverly aus Sierra Leone, um nur einige zu nennen.
Von der britischen Multikulturalität und Weltoffenheit kann Europa lernen. Eine humanere Flüchtlingspolitik auf beiden Seiten des Ärmelkanals und eine bessere Akzeptanz von Migration? Das wäre ein „Reset“ für Europa, der den Namen verdient.
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Kommentar von
Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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