Unwetter in Bayern und Baden-Württemberg: Damm in Augsburg gebrochen

Nach heftigen Niederschlägen im Süden Deutschlands kommt es vielerorts zu Überschwemmungen. Mehrere Landkreise rufen den Katastrophenfall aus.

In Babenhausen fährt die Wasserwacht mit einem Schlauchboot durch überflutete Straßen.

Nur noch mit Boot erreichbar: Überflutete Straßen in Babenhausen

MÜNCHEN/STUTTGART dpa | Aufgrund heftiger Regenfälle kommt es zu Überschwemmungen an mehreren Flüssen in Süddeutschland. Im schwäbischen Landkreis Augsburg sind am Samstagmittag ein Deich und ein Damm gebrochen. Andernorts müssen Anwohner mit Booten und Hubschraubern aus von Fluten eingeschlossenen Häusern gerettet werden.

Seit Stunden fällt vor allem im Süden Deutschlands heftiger Regen. Laut DWD gelten für das westliche Schwaben, das Oberallgäu und Oberbayern die höchste Warnstufe 4. Dort seien teils Niederschlagsmengen von bis zu 120 Liter pro Quadratmeter möglich. Für Mittel- und Oberfranken gelte die Warnstufe 3 mit Regenmengen von 40 bis 70 Litern. Ab dem Nachmittag könne es in Nordbayern starke Gewitter geben.

In Bayern riefen mittlerweile die Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg, Günzburg, Neu-Ulm, Pfaffenhofen an der Ilm, Donau-Ries und Unterallgäu den Katastrophenfall aus. Auch Baden-Württemberg, insbesondere die Bodensee-Region, ist stark betroffen. Für mehrere Landkreise in Süddeutschland rief der Deutsche Wetterdienst (DWD) die höchste Unwetterwarnstufe aus. Viele Warnungen gelten mit Stand Samstagmittag zunächst bis Sonntag, einige bis in den Montag hinein.

Befürchtet wird mancherorts ein Jahrhunderthochwasser. Diese rechnerische Größe und bezeichnet ein Hochwasser, das im statistischen Mittel einmal in hundert Jahren erreicht oder überschritten wird.

Rettung mit Hubschraubern und Booten

Vielerorts waren am Samstagmittag Flüsse und Bäche über die Ufer getreten. Im schwäbischen Landkreis Augsburg meldete das Landratsamt den Bruch eines Deichs und eines Damms nahe des Ortes Diedorf. In mehreren Kommunen des Landkreises Augsburg waren Menschen wegen des akuten Hochwassers angehalten, ihre Wohnungen und Häuser zu verlassen.

Die Lage werde sich am Abend im nördlichen Teil des Landkreises noch verschärfen, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes Augsburg. Teile von Batzenhofen, Gablingen, Langweid, Eisenbrechtshofen, Biberbach, Allmannshofen und die gesamte Gemeinde Nordendorf seien betroffen. Wie viele Menschen sich insgesamt in Sicherheit bringen sollen, war zunächst unklar. Allein in der Gemeinde Nordendorf würden allerdings 2 500 Menschen leben, sagte die Sprecherin.

Die Regierung von Schwaben hat eine Notunterkunft an der Messe Augsburg eingerichtet. Weitere Informationen zu den betroffenen Ortsteilen der Gemeinden und zur Lage im Landkreis können über den Liveticker des Landratsamtes im Internet abgerufen werden.

In Fischach im schwäbischen Landkreis Augsburg haben Helfer Menschen mit einem Hubschrauber aus ihren von den Fluten eingeschlossenen Häusern gerettet. Die Bewohner hätten auf andere Weise ihre Häuser nicht mehr verlassen können, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes. Laut Polizei trat dort die Schmutter weit über die Ufer.

Im schwäbischen Landkreis Unterallgäu waren rund 150 Menschen aufgerufen, freiwillig ihre Häuser zu verlassen. Allein in der Ortschaft Babenhausen seien rund 100 Menschen betroffen, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes. Es seien auch Boote und Wasserwacht unterwegs, um Menschen aus umspülten Häusern zu holen.

Söder dankt Hilfskräften

Im vom Unwetter besonders stark betroffenen Schwaben hat sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Samstag ein Bild von der Lage gemacht. Er dankte bei seinem Besuch in Diedorf (Landkreis Augsburg) insbesondere den Hilfskräften und den Behörden. Bayern sei krisenerprobt, sagte er im Beisein von Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Für die Bürger sei die Situation eine „extreme Belastung“, so der Ministerpräsident. Und weiter: „Das ist noch nicht vorbei. Es geht jetzt erst richtig los.“ Der Schwerpunkt des Unwetters liege derzeit in Schwaben, deshalb würden auch dort die Ressourcen – etwa Sandsäcke – zusammengezogen.

„Ohne die Helferinnen und Helfer hätten wir gar keine Chance“, wandte sich Söder im strömenden Regen an die Rettungsdienste wie Feuerwehr, Bayerisches Rotes Kreuz, Polizei und Technisches Hilfswerk. Sie alle zeigten vorbildlichen Einsatz. An die Bürgerinnen und Bürger appellierte er: „Bitte die Regeln befolgen.“ Möglichen Evakuierungs-Aufforderungen sollten sie nachkommen, nicht mehr in den Keller gehen oder nicht versuchen, das Auto aus der Garage zu fahren.

Überflutete Straßen und Keller

In Bayern gab es bereits zahlreiche Einsätze bei der Polizei. Wie Sprecher der zuständigen Polizeipräsidien am Samstagmorgen mitteilten, konzentrierten sich die Einsätze vor allem auf Schwaben und das nördliche Oberbayern. Bei Autounfällen infolge des Regens wurden auf der Autobahn 9 am Freitag nach Polizeiangaben mehrere Menschen verletzt. Immer wieder wurden Keller und Straßen überflutet. Einsatzkräfte und Anwohner von Flüssen mit steigenden Pegeln wappneten sich mit Sandsäcken.

Im baden-württembergischen Friedrichhafen am Bodensee an der dortigen Messe wurde laut Feuerwehr ein zentrales Sandsack-Lager in Auftrag gegeben. Rund 10 000 Sandsäcke sollen demnach aus einem Nachbarkreis dorthin gebracht werden. Hunderte Einsatzkräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Deutschem Roten Kreuz halfen.

Besonders im Fokus steht dabei die Bodensee-Region: Wegen akuter Überflutungsgefahr wurde am Freitagabend rund 1300 Menschen in Meckenbeuren geraten, ihr Zuhause zu verlassen. Die Lage habe sich zwischenzeitlich ein wenig entspannt, sagte der Feuerwehrsprecher. Generell gehe man davon aus, dass die Pegelstände wieder etwas sinken könnten, da viel Wasser schon abgeflossen sei, etwa in den Bodensee. Eine Schule sei mit Sandsäcken gesichert worden, weil noch nicht klar sei, ob die Schussen an der Stelle überlaufen werde.

Untergeschosse meiden

Nicht weit entfernt in Weingarten bei Ravensburg sprach die Stadt am Morgen auch von einer entspannteren Lage. Entwarnung könne man aber noch nicht geben, sagte eine Sprecherin. Bewohnern war am Freitagabend geraten worden, bei Verwandten und Freunden außerhalb der von steigenden Pegelständen gefährdeten Gebiete zu übernachten und Kellerräume und Untergeschosse zu meiden.

In Wangen im Allgäu war am Freitagabend Hochwasseralarm ausgelöst worden. Die Landesgartenschau bleibe aus Sicherheitsgründen am Samstag geschlossen, teilte eine Sprecherin der Stadt mit. „Es ist viel Wasser im Fluss, und es ist noch nicht klar, wie sich die Lage weiterentwickelt.“

Wetterdienst rechnet erst Montag mit Beruhigung

Entwarnung gibt es nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach vom Samstag aber nicht. Am Sonntag brodele vor allem im Osten und Süden erneut die Wetterküche. Es würden zwar keine flächendeckenden unwetterartigen Regenmengen mehr erwartet, dennoch könne es örtlich heftige Gewitter mit unwetterartigem Regen geben. Betroffen seien teils Gebiete, in denen es ohnehin schon außergewöhnlich viel geregnet hat.

Nichts davon zu spüren bekommen den Meteorologen zufolge der Norden und der Westen Deutschlands. Dort bleibe das Schauerrisiko gering und teils lasse sich auch die Sonne länger blicken. Die Temperaturen liegen am Sonntag insgesamt zwischen 17 und 24 Grad.

Zum Wochenstart am Montag stabilisiere sich die Wetterlage deutlich. Zwar regne es im äußersten Süden zeitweise weiter und auch Starkregen sei möglich. Größere Unwetter seien aber nicht mehr zu befürchten. Auch im Nordwesten sei es dicht bewölkt mit vereinzelt leichten Niederschlägen, sonst zeige sich aber häufiger die Sonne und es bleibe trocken. Die Temperaturen liegen zwischen 16 und 22 Grad.

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