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Treibhausgase in der AtmosphäreCo2-Wert steigt wie nie zuvor

Immer mehr Kohlendioxid kommt in die Atmosphäre. Die Verschmutzung durch fossile Brennstoffe nehme zu wie Müll in einer Mülldeponie, so ein Experte.

Die zunehmenden Treibhausgase in der Atmosphäre treiben die Temperaturen nach oben Foto: dpa

Washington dpa | Das Treibhausgas Kohlendioxid sammelt sich neuen Daten zufolge in der Atmosphäre schneller an als je zuvor. Die Werte lägen inzwischen weit über denen während der gesamten bisherigen menschlichen Existenz, teilten die US-Wetterbehörde NOAA in Washington und die Scripps Institution of Oceanography der University of California in San Diego am Donnerstag mit. Von Januar bis April stiegen die CO2-Konzentrationen nach Angaben der NOAA- und Scripps-Wissenschaftler schneller als in den ersten vier Monaten jedes anderen erfassten Jahres.

Im Mai stieg der Gehalt an Kohlendioxid (CO2) am Mauna Loa Observatorium auf Hawaii auf einen saisonalen Höchstwert von knapp 427 Teilen pro Million Teile (genau: 426,90 ppm). Das sei ein Anstieg von 2,9 ppm im Vergleich zum Mai 2023 und der fünftgrößte jährliche Zuwachs in der 50-jährigen Aufzeichnung der NOAA, hieß es. „Im vergangenen Jahr erlebten wir das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, die heißesten Ozeantemperaturen seit Beginn der Aufzeichnungen und eine scheinbar endlose Reihe von Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen, Waldbränden und Stürmen“, sagte NOAA-Chef Rick Spinrad. „Jetzt stellen wir fest, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre schneller als je zuvor ansteigt.“ Die Nutzung fossiler Brennstoffe müsse so schnell wie möglich reduziert werden. „Die Verschmutzung durch fossile Brennstoffe sammelt sich immer weiter an, ähnlich wie der Müll in einer Mülldeponie“, erklärte Ralph Keeling, Direktor des Scripps-CO2-Programms. „Der CO2-Gehalt ist jetzt nicht nur so hoch wie seit Millionen von Jahren nicht mehr, er steigt auch schneller als je zuvor.“

Die Internationale Energie-Agentur (IEA) mahnt verstärkte Investitionen in saubere Energien vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern an. Auch wenn von den 2024 erwarteten weltweiten Investitionen in den Energiesektor von rund 2,8 Billionen Euro zwei Drittel in saubere Energien einschließlich Kernkraft flössen, gebe es noch Ungleichgewichte und Defizite bei den Investitionsströmen. Laut IEA wird erwartet, dass die weltweiten Investitionen in die Öl- und Gasindustrie in diesem Jahr um sieben Prozent auf 524 Milliarden Euro steigen, nachdem sie 2023 in ähnlichem Umfang zugenommen haben. Der Anstieg der Ausgaben werde vor allem von nationalen Ölgesellschaften im Nahen Osten und Asien getragen.

UN-Generalsekretär António Guterres mahnte angesichts mehrerer Klimaberichte mit unheilvollen Daten zu einer beschleunigten Erderwärmung drastische Maßnahmen an. „Wir spielen mit unserem Planeten russisches Roulette“, sagte er. Guterres rief zu einem Finanzierungs- und Werbeboykott der Industrie auf, die Profite mit fossilen Brennstoffen wie Gas, Öl und Kohle macht.

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26 Kommentare

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  • Der aktuelle starke Temperaturanstieg ist diesmal laut NASA nicht dem CO2 zuzuschreiben, diesmal war es die starke "Luftverbesserung" durch das Verbot der weiteren Verwendung von stark schwefelhaltigem Schweröl für die Schiffsmotoren, wodurch der Aerosol-Gehalt der Atmosphäre deutlich reduziert wurde. Da Aerosole sowohl einen Kühleffekt haben als auch zur Wolkenbildung beitragen hat das zu 2 Effekten geführt: erstens wurde der Kühleffekt reduziert und zweitens hat die Sonneneinstrahlung infolge der Bildung von weniger Wolken zugenommen. Laut NASA-Studie sind 80% der Erwärmung der letzten Jahre darauf zurückzuführen.



    Hier der Link zur Studie:



    www.nature.com/art...s43247-024-01442-3



    Außerdem ist laut realclimate nach wie vor ungeklärt wie stark der gerade zurückgehende El Nino und wie stark der Ausbruch des Honga-Tonga-Vulkans zur aktuellen Erwärmung beigetragen haben und wie stark das dann zurückgehen werde oder könnte.



    Wir sollten noch ein paar Jahre warten bevor sich beurteilen lässt was 2023 und 2024 sowie die Jahre zuvor wirklich wie stark zur Erwärmung beitrug.

  • @EIN MANN

    Klimawandelleugnung, Variante 4: "die anderen sind's".

    Kommen Sie: die ist alt.

    • @tomás zerolo:

      Klar sind es die anderen! Sie können doch lesen und Zahlenverhältnisse verstehen. Deutschland emittiert 1,8% des CO2 jährlich, China knapp 31%, USA 13%, Indien 7%.



      Die reichen Länder reduzieren ihre Emissionen, die Entwicklungsländer steigern sie um so mehr, wie man beim IPCC im AR6 Teil 3 in Box 3.3 nachlesen kann: wären die Steigerungen bei den Entwicklungsländern nicht, der IPCC würde die Extremszenarien mit RCP8.5 streichen!



      Schauen Sie sich einfach mal die Verhältnisse hier an und "spielen" Sie mal an den Reglern und Einstellungen um mehr zu sehen:



      ourworldindata.org...e-income+countries



      Ich habe als Startjahr bewußt 1990 gewählt, weil das im Pariser Abkommen so festgelegt ist.

  • Wenn man das liest ergibt sich sofort und spontan ein naheliegender Verdacht. Also geht man zur Keelingkurve und sieht nach. Und siehe da, genau so ist es: Verbindet man die Frühlingsmaxima der Jahre 2020 bis 2024 durch eine Linie, so fällt 2023 als deutlicher negativer Ausreißer heraus. Der Jahresanstieg zum wieder normalen Wert von 2024 muß also ein besonders großer sein. Mehr ist da nicht.



    Natürlich ändert das nicht das geringste an den Grundtatsachen: Der Kohlendioxidgehalt der Luft steigt seit Jahrzehnten steil an und dieser Anstieg beschleunigt sich noch. Schlagzeilen mit Unsinnswerten bleiben trotzdem Volksverdummung. Einen Teil der Leser führen sie in die Irre und denen, die den Anstieg komplett leugnen wollen, dient die offensichtliche Unwahrheit als Beleg, man könne gleich alles Abstreiten. Was soll so ein Unfug also in einer sich seriös nennenden Zeitung?

  • Und wieviel davon kommt aus Deutschland? Das wäre das Interessanteste.

    Das ist nämlich so ziemlich das einzige CO2, auf das wir selbst Einfluss nehmen können.

    • @EIN MANN:

      Mehr als uns pro Kopf zusteht. Also zuviel, soviel ist sicher.

      Aber ich sehe nicht, wieso der Ausstoß von Deutschland derjenige sein soll, den ich beeinflussen kann. Den Ausstoß eines Menschen in Sachsen kann ich ebensowenig beeinflussen, wie den eines Menschen in Österreich.

      Wir hatten übrigens grade eine Europawahl und hätten sehr wohl Klimaschutz wählen können.

    • @EIN MANN:

      Wir können z. B. Einfluss nehmen, indem wir Technologie entwickeln, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren und wir können mit gutem Beispiel vorangehen, dem andere folgen werden, wenn sie sehen, dass es geht.



      Das Argument, der Anteil Deutschlands am CO2-Ausstoß sei gering, ist einfach nur subintelligent.

      • @Aurego:

        Bei den Zahlen für die FDP wird es mit Klimaschutz-Technologie wohl noch etwas dauern.



        Das gute Beispiel kommt gegen den grassierenden Whataboutism nicht an.

    • @EIN MANN:

      Wenn man die Frage stellt, muß man aber bitte auch richtig rechnen. Wenn in Deutschland Stahl und Aluminium verbraucht wird, ist es für die weltweite Bilanz irrelevant, wo er produziert wurde. Die Schließung der deutschen Verhüttung, auf die Herr Dr. Habeck so stolz ist, bedeutet nicht weniger Produktion sondern Verlagerung in Länder mit geringerer Effizienz und größerer Emission.

    • @EIN MANN:

      Interessanterweise ist dies bekannt: Die CO2-Emmissionen eines Einwohner Deutschlands sind etwa doppelt so hoch wie der des globalen Durchschnittseinwohners.

      Nehmen wir Einfluß!

      Wenn wir das geschafft haben, wäre das nächste Ziel, die Emissionen der Bewohnenden Burkina Fasos zu erreichen.

      • @0 Substanz:

        "Nehmen wir Einfluss!!???"

        Auf keinen Fall, sollen erst mal die anderen anfangen.

      • @0 Substanz:

        Super. So machen wir es.

        Komisch nur, dass die Bewohnenden nicht nur Burkina Fasos hierher kommen wollen.

        Jetzt.

        Also bevor wir das Niveau Burkina Fasos erreicht haben.

        So lösen wir also auch die Migrationskrise und nicht nur die CO2-Krise.

        Juan Vaho for president.

        • @EIN MANN:

          Von Ihrer Ausgangsaussage aus gesehen, hätte ich nicht gedacht, Sie so schnell überzeugen zu können. Auch Ihrer Einsicht, bezüglich einer Ursache von Migration, möchte ich ausdrücklich beipflichten.

          Für Präsidentenämter stehe ich nicht zur Verfügung.

  • Und wie ernst man diese katastrophale Entwicklung nimmt, hat die Europawahl eindringlich gezeigt.

  • Zitat: „Das Treibhausgas Kohlendioxid sammelt sich neuen Daten zufolge in der Atmosphäre schneller an als je zuvor. Die Werte lägen inzwischen weit über denen während der gesamten bisherigen menschlichen Existenz.“

    Im Text wird leider nicht verraten, wieviel davon anthropogen induzierten Emissionen geschuldet ist im Vergleich zu den nichtanthropogenen Anteilen. Gegen letztere ist ohnehin kein Kraut gewachsen.

    Interessant wären nicht zuletzt etwaige Veränderungen dieser Proportionen in der Zeitachse. Schließlich wäre zur Effizienzbeurteilung emissionshemmender politischer Maßregeln die regionale Verteilung der Emmissionsentwicklung unumgänglich: Laut Umweltbundesamt sollen sie hierzulande seit 1990 um 40% gesunken sein. („Detaillierte Treibhausgas-Emissionsbilanz 2022: Emissionen sanken um 40 Prozent gegenüber 1990“, Verlautbarung vom 15.01.2024)

    • @Reinhardt Gutsche:

      Nichts für ungut, aber ich frage mich, was solche Beiträge angesichts der brisanten Situation noch sollen. Suchen Sie nach einem Weg, wie mensch vielleicht doch noch irgendwie so weitermachen kann wie bisher? Wenn nicht bald wirklich wirksame und wahrscheinlich unbequeme Maßnahmen ergriffen werden, ist Feierabend.

      • @J. Straub:

        Mensch will nicht einfach so wie bisher weitermachen, sondern schreit immer noch nach mehr Wachstum.

        Ich wiederhole mich mit dem Hinweis von Hannes Jaenicke auf den Menschen bei Maischberger im September 2018, und mensch beweist es fortlaufend in aller Deutlichkeit.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Es ist doch unerheblich, wo das Zeug herkommt. Wenn durch tauenden Permafrost und verottende Wälder zusätzliches CO2 emittiert wird, dann haben wir nur noch mehr Grund, unseren eigenen Müll zurückzuhalten.



      Zudem sind die Punkte, die ich aufgezählt habe Folgen der bereits erfolgten Erwärmung, das wird noch schlimmer werden, wenn wir nicht endlich umschwenken.



      Wir brauchen dringend eine Reduktion der anthropogenen Emissionen und wir brauchen ebenso dringend eine Capturemethode, mit der wir uns die eigenen Emissionen nicht schönreden. Auch hier in Deutschland gäbe es einiges zu tun. Bestes Beispiel: Moore vernässen.

      • @Herma Huhn:

        Ich kann mich da anschließen, lediglich die Moorvernässung würde ich nicht als Capturemethode bezeichnen, da ja dadurch kein CO2 aus der Atmosphäre entfernt wird, sondern ein humaner Fehler, der eine zusätzliche CO2-Quelle erzeugte, rückgängig gemacht wird.

        Das sich-selbst-überlassen der Wälder, mit dem damit verbundenen Aufbau von Waldböden, wäre eine wirksame Methode, CO2 aus der Atmosphäre in den Bäumen und Boden zu binden.

      • @Herma Huhn:

        "Es ist doch unerheblich, wo das Zeug herkommt."



        Nicht ganz. Wir haben z.B. einen Einfluss darauf, wieviel Totholz wir im Wald verrotten lassen. Und wieviel Braunkohle wir stattdessen verheizen, weil wir es im Wald verrotten lassen.

        • @sollndas:

          Ja den Einfluss haben wir. Und Ihr Beispiel zeigt sehr deutlich, dass es keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme geben kann.



          Trotzallem ist es momentan unerheblich, ob der zusätzliche Anstieg durch das Verbrennen zusätzlicher fossiler Brennstoffe oder durch das Verrotten zusätzlicher biologischer Flächen entsteht.



          Es gibt immer natürliche CO2-Quellen. Diese schwanken auch schon immer. Gerade deswegen ist es umso wichtiger, den steuerbaren Ausstoß nicht bis zueinem Maß zu betreiben, dass eine natürliche Schwankung uns das Genick bricht.

  • Sehr schoen! Endlich einmal konkrete Werte in der Berichterstattung.



    "Im Mai stieg der Gehalt an Kohlendioxid (CO2) am Mauna Loa Observatorium auf Hawaii auf einen saisonalen Höchstwert von knapp 427 Teilen pro Million Teile (genau: 426,90 ppm)."



    Und nocn Fragen fuer ein wenig mehr Fakten



    In welcher Atmosphärenschicht wurden diese Werte gemessen?



    Verteilt sich CO2 gleichmäßig nach oben? (CO2 ist schließlich schwerer als O2).



    Falls nein, wie ist als die Verteilungskurve über die Höhe hinweg und wie sehen da die Änderungen aus?

    • @Werner2:

      Es regnet. Nicht immer aber immer wieder. Das allein sollte Sie die vertikale Bewegung und Durchmischung erkennen lassen. Wäre die Trennung verschiedener Gase so einfach, wie Sie zu glauben scheinen, die Industrie sparte Unmengen von Geld und Energie.

    • @Werner2:

      Wir haben wirklich Glück, daß die Massendifferenz des CO2 zu den anderen Bestandteilen der Luft so gering ist, daß es für die Kräfte der atmosphärischen Strömungen ein leichtes ist, eine Durchmischung zu erreichen. Stellen Sie sich vor, wie gefährlich ansonsten eine einzelne U-Bahn-Fahrt wäre.



      Ansonsten schließe ich mich Frau Huhn an.

    • @Werner2:

      Zur Beantwortung ihrer Fragen: Mauna Loa ist deswegen der interessanteste Messpunkt, weil er der am längsten bestehende Messpunkt frei von direkten Emissionsquellen ist.



      Was hier gemessen wird, kommt einem weltweiten Durchschnitt recht nahe.

      • @Herma Huhn:

        Danke, Frau Huhn und Herr Vajo :)