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Schwieriger Umgang mit der AfDWie man’s auch macht

Alexander Diehl
Kommentar von Alexander Diehl

Soll man berichten? Muss man berichten? Und wenn ja, wie macht man das am besten, ohne der AfD zu viel Aufmerksamkeit zu verschaffen?

Aufmerksamkeit, die der Politiker Höcke sich wünscht? Proteste vor dem Landgericht Halle am 18.4. zum Prozessbeginn Foto: Ebrahim Noroozi/Pool/reuters

P remiere war es keine. Als dieser Tage der AfD-Mann Björn Höcke in Halle vor Gericht erscheinen musste, weil er sich wiederholt einer Formulierung der nationalsozialistischen SA bedient hatte, sahen Berichterstattende sich ja weiß Gott nicht zum ersten Mal vor die Frage gestellt: Was tun? Den Scheiß reproduzieren? Wenige Tage zuvor erst hatte das Bildschirm-„Duell“ Höckes mit dem Thüringer CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt es nötig gemacht, nachzudenken über das richtige Umgehen mit so einer Inszenierung – und es war dazu ja nicht der allererste Anlass.

Es führt kein Weg daran vorbei: So ein Prozess und wie ein Angeklagter darin auftritt, zumal einer, der politisch gestalten will – so etwas stiftet Nachrichten, da muss berichtet werden. Zumal es der AfD besser zu gelingen scheint als allen anderen Parteien, eine ihr zugetane, ja eine von ihr zu kon­trol­lie­ren­de Medienlandschaft zu kultivieren.

Sie und ihre Aktivitäten – auch mutmaßlich höchst kalkulierte Fehlleistungen ihres vielleicht prominentesten Funktionärs – ausblenden zu wollen, kann den erhofften Erfolg gar nicht erzielen. Schlimmer noch: Von sogenannten Systemmedien „totgeschwiegen“ zu werden, dürfte Höcke und den Seinen noch mehr Sympathien bescheren.

Sollte es Berichterstattenden also um jene gehen, bei denen noch etwas auszurichten ist? Die den wahren, den extrem rechten Charakter der „Alternative“ noch nicht erkannt haben? Ja – aber. Was, wenn die Skandalisierung schlicht nicht bewirkt, was sie soll? Wenn selbst das Herausstreichen ihrer Nazinähe der Partei noch Wäh­le­r:in­nen zutreibt, weil halt die Richtigen (also Falschen) die Entlarvenden sind – und der Feind der Systemmedien mein Freund ist?

So ganz egal ist der AfD nicht, wer was von ihnen mitbekommt

Es gibt Grund zur Hoffnung: Der erkennbare Wunsch der Partei und ihres Umfelds, abzulenken von den Correctiv-Recherchen zum Potsdamer Treffen und den da formulierten „Remigrations“-Fantasien, legt nahe: Es ist diesen Leuten doch nicht so ganz egal, wer wann wie viel mitbekommt von ihrem tatsächlichen Denken und Handeln.

Die AfD für unproblematisch zu erklären, weil sie doch „demokratisch“ gewählt werde, ist naiv. Aber gewählt wird sie nun mal – und was für meine abendliche Diskutierrunde ein klarer Fall von Faschismus sein mag, ist es deswegen nicht gleich auch für alle anderen Menschen da draußen. Vorsicht also vor allzu hohen Erwartungen an den „Gotcha!“-Journalismus, der darauf abzielt zu diskreditieren, statt aufzuklären.

Bleibt nur, immer wieder durchzudeklinieren, dass die Politik der vermeintlichen Alternative gerade ihren treuesten An­hän­ge­r*in­nen schaden würde? So nüchtern wie möglich, dafür umso lückenloser? Gott, ist das deprimierend. Aber das ist halt auch die ganze AfD.

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Alexander Diehl
Redakteur taz nord
Wollte irgendwann Geisteswissenschaftler werden, ließ mich aber vom Journalismus ablenken. Volontär bei der taz hamburg, später auch mal stv. Redaktionsleiter der taz nord. Seit Anfang 2017 Redakteur gerne -- aber nicht nur -- für Kulturelles i.w.S.
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19 Kommentare

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  • Die taz berichtet nach meiner Auffassung ganz gut über die AfD und Höcke, weil es differenziert und ausführlich ist, das ist bei anderen Medien so nicht, insbesondere das TV wertet die indirekt auf, weil es auch Bilder gibt und eine Bedeutung, die die Partei eigentlich nicht haben sollte.

    Die AfD entwickelt sich Woche für Woche zu einer rechtsextremen Partei mit einem Bild von Menschen, wo es um Ausgrenzung, Abwertung und Ausschluss geht. Das sind alles Elemente, die von ganz Rechts kommen und das müssen Medien dann auch bearbeiten und entsprechend herausarbeiten, das hat Korrektiv geschafft, aber auch Spiegel TV hat in einem Beitrag darstellen können, dass der Jugendverband Junge Alternative dezidiert rechtsextrem ist und verhindern will, das überhaupt über ihn berichtet wird.



    Deswegen kommt es auf die Journalisten an, was daraus wird, in Thüringen und Sachsen kann das gefährlich werden, weil diese Partei dort sehr stark ist und die aggressive Rhetorik durchaus zur Praxis führen könnte.

    Ich finde ein Verbot der AfD durchaus in Ordnung, weil diese Partei n.mMeinung so rechtsextrem schon ist, dass es brandgefährlich wird, für uns alle. Das Selbstbewusstsein von Höcke, seine Arroganz sind eine Warnung. Der meint das ernst und seine Referenz an SA-Parolen sind m.M. wohl kalkuliert.

  • Das ist eine wirklich schwierige Problemstellung.



    Die Tim und Struppi Lösung lautet:



    "ich würde sogar sagen:



    Hjörn



    Nöcke



    ist ein



    BAZI !"

  • Die Berichterstattung über Parteien muss ausgewogener werden.

    Unzählige Parteien, die auf unseren demokratischen Werten basieren, finden in den Medien kaum, wenn gar nicht Beachtung.

    Hier soll und muss den Wählern mehr Information gegeben werden.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Machen Sie doch mal bitte eine Aufzählung dieser unzähligen Parteien.

      • @Ingo Knito:

        ...mit den 44 als Partei anerkannten Vereinigungen standen 2021 insgesamt 53 Parteien bei den Bundedtagswahlen zur Wahl.

  • Mein Punkt wäre: Bekämpft die Afd indirekt. Löst Probleme.



    Ein massives Investitionsprogramm des Staates in Klimaschutz, schönere Innenstädte auf dem Land, Wohnungsbau, Eisenbahn, Bildung, Forschung usw.



    Marshallplan 2.0.



    Wer würde dann noch über die AfD reden?

    • @Kartöfellchen:

      Bis dahin ist es vielleicht zu spät

  • Sie sind doch hoffentlich nicht Journalist geworden, um nach den aufregendsten Storys zu suchen und Preise einzuheimsen?



    Journalismus ist eine hoch verantwortungsvolle Aufgabe, in der es darum geht, Sachlichkeit in Debatten zu bringen.



    Ja, es ist extrem schwierig mit Sachlichkeit gegen Propaganda anhzukommen. Aber ohne Sachlichkeit geht gar nichts mehr. Wenn es nur noch Propaganda und Clickbait gibt, suchen die Leute sich die Seite aus, die ihnen persönlich am besten in den Kram passt. Und da haben "Konservative", also die, die alles beim alten lassen wollen, leider die Nase vorn. Schlecht in einer Welt, die Anpassung notwendig macht.

  • Demagogische Vokabularien

    Juristischer Aufhänger, wenn auch nicht tieferer Grund der Causa Höcke ist der Vorwurf, einen SA-Slogan zitiert zu haben.

    Es ist natürlich begrüßenswert, das Hakenkreuzler-Vokabular, die LTI, kritisch auseinanderzunehmen, das wohl einzig plausible Verfahren einer profunden Ideologiekrititk. Von Max Horkheimer über Victor Klemperer und Hannah Arendt bis GeorgLukácsist da eigentlich schon alles gesagt - und vergessen. Deren Analysen wieder stärker ins argumentatorische Rampenlicht zu rücken, wäre vielleicht aussichtsreicher als sich kleingeistig in juristische Manöver um dieses oder jenes Wording zu verbeißen wie der Foxterrier in den Teppich (und da ganz nebenbei solchen Figuren wie Höcke auch noch ein politisches Forum zu bieten).

    Dabei dürfte das Wesentliche wieder unbeachtet bleiben, die Demagogie der Slogans und Doktrinen der Hakenkreuzler und ihrer Adepten: Nicht die Losung „Alles für Deutschland“ an sich ist gefährlich, sonder ihr verlogener Gebrauch durch die SA als Teil jener politischen Bewegung, die wie keine andere vor ihr Deutschland buchstäblich ruiniert hat. Nicht für die Losung „Alles für Deutschland“ verdienen die Hakenkreuzler das Verdikt der Geschichte, sondern dafür, daß ihr modus operandi genau das Gegenteil bewirkt hat. Semantisch korrekt wäre deren Handeln mit der Losung „Alles für den Ruin Deutschlands“ beschrieben. Sie wären sozusagen also eher wegen erwiesener Falschbehauptung zu belangen.

    Davon unberührt bliebe die Frage, nach welchen Selektionskriterien die juristische Kriminalisierung einzelner Rhetorikbausteine der LTI erfolgt. Warum diese Wortkombination und nicht auch jene? Warum vor allem immer wieder das Eigenlabel „Nationalsozialismus“ zur Benennung dieser verhängnisvollsten politischen Bewegung in der europäischen Geschichte benutzen, schon von den Sozialdemokraten in den 20er Jahren als verlogene Usurpation in spalterischer Absicht entlarvt? Dieser Unsinn ist einfach nicht tot zu kriegen.

  • Wir leben in einer Demokratie, da berichtet man natürlich und grenzt nicht aus. Man diskutiert und ringt um die besten Lösungen, die Schwarmintelligenz funktioniert nur, wenn man nicht Teile des Schwarms ausgrenzt. An der Wahlurne wird über die Mehrheiten entschieden, wer es verbockt kann und sollte das nächste Mal abgewählt werden. In der Demokratie muss man auch akzeptieren und aushalten, dass eine Partei mit einer anderen Meinung als die eigene gewählt wird. Beim nächsten Mal werden die Karten dann wieder neu gemischt. Das was wir hierzulande gerade erleben ist die Angst vor Demokratie mit dem Wunsch diese daher einschränken zu wollen. Wir brauchen aber mehr Demokratie.

    • @Arno Dittmer:

      Rechtsradikale wählt man nur EINMAL. Hatten wir schon mal. War Sch.....

    • 0G
      09399 (Profil gelöscht)
      @Arno Dittmer:

      Die AfD mit Höcke an der Spitze bekämpft seit Jahren unsere demokratischen Institutionen und ist kein ehrlicher Spielpartner. Sollte die AfD also jemals das Spiel machen (um in deinem Bild zu bleiben), dann werden die Karten nicht mehr neu gemischt, sondern dann wird das Spiel autoritär beendet. Die AfD ist keine demokratische Partei, sie ist der parlamentarische Arm einer rechtsextremen Bewegung, die den demokratischen Rechtsstaat durch einen autoritären Unrechtsstaat ersetzen möchte.



      Und jetzt überleg Dir gerne nochmal, mit wem du dein Kartenspiel spielen möchtest. Und wie du mit Leuten umgehst, die in dem Moment, in dem sie ein Spiel gewonnen haben, nicht mehr weiterspielen, sondern das Spiel kaputt machen.

    • @Arno Dittmer:

      Wie wahr, guter Kommentar....

      Demokratie besteht nicht nur aus.....



      " wer hat Angst vor dem bösen, bösen Wolf"

    • @Arno Dittmer:

      "Schwarmintelligenz funktioniert nur, wenn man nicht Teile des Schwarms ausgrenzt."



      Das gab mir zu denken.



      Ob die AfD auch so denkt und lieber mit Homosexuellen und Asylsuchern um die beste Lösung ringt, statt sie auszugrenzen?



      Und werden die Karten jemals neu gemischt, wenn die AfD einmal an der Macht ist?



      Ist mehr Demokratie dadurch zu erreichen, dass man den Gegnern der Demokratie ein Sprachrohr zur Verfügung stellt?

      • @Stechpalme:

        „ Ob die AfD auch so denkt und lieber mit Homosexuellen und Asylsuchern um die beste Lösung ringt, statt sie auszugrenzen?“

        Leider 2 schlechte Beispiele, wenn die Vorsitzende homosexuell ist kann wohl nicht von einer Ausgrenzung gesprochen werden.., Asylbewerber haben keine dt Staatsangehörigkeit, mit damit entfällt der politische Diskurs. Haben wohl auch die wenigsten Interesse daran.

        Auch das die AfD nicht wieder abgewählt werden könnte ist bei den vielen vergleichbaren Parteien in Europa eher unwahrscheinlich. In Polen ist das passiert, in Österreich wurde die FPÖ abgewählt und wiedergewählt, usw usw.

        Es ist ganz einfach die Wähler müssen mit besserer Politik der anderen von der Nichtwähler der AfD überzeugt werden. Bei den geistigen Tieffliegern der AfD a la Höcke sollte das recht einfach sein.

  • Ich sag mal so, wie man (die Medien) es nicht macht hat die Ära Merkel gezeigt. Jeden Mist der als alternativlos bezeichnet wird zu bejubeln, nur weil es sonst „ja, den falschen helfen könnte“ kann’s nicht sein.



    Jetzt sollte zb endlich die Dämonenisieting von fdp und cdu aufhören, ja man stimmt nicht zu, aber sie haben legitime demokratische Positionen.

    Weil wenn eh alles rechts bäh ist kann „man“ ja wirklich gleich das Original wählen.

    Gleichzeitig müssen linke Positionen wieder wirklich links werden, im Sinne von der Mehrheit der Gesellschaft helfen. Derzeit bedeutet linke Politik nur Klima und Minderheiten Schutz, das ist gut aber nicht ausreichend.

  • "Von sogenannten Systemmedien 'totgeschwiegen' zu werden, dürfte Höcke und den Seinen noch mehr Sympathien bescheren.

    Sollte es Berichterstattenden also um jene gehen, bei denen noch etwas auszurichten ist?"

    Höcke und die AfD sind "wichtig" (eher im Sinne von gefährlich) genug, um über ihre Aktivitäten berichten zu müssen(!). Es interessiert alle Menschen, die politisch/gesellschaftlich informiert sein wollen. Man sollte das allerdings (zumindest im Kontext konkreter Ereignisse) ausschließlich (sachlich) informierend tun und nicht (zusätzlich) mahnend oder belehrend. Letzteres ist für jene, die nichts mit dem braunen Sumpf zu tun haben, ohnehin weitgehend bedeutungslos. Und jene, "bei denen [vielleicht] noch etwas auszurichten ist[/wäre]", schreckt es eher ab. Sie ändern ihre Einstellungen in der Regel nur dann, wenn sie das Gefühl haben, aufgrund von Fakten (oder dem, was sie dafür halten) und/oder persönlichen Erfahrungen selbst zu neuen/anderen/besseren Erkenntnissen gekommen zu sein. Wenn man ihnen hingegen das Gefühl vermittelt, man wolle sie "beim Denken betreuen", überreden oder (falls das nicht funktioniert) ausgrenzen, "treibt" man sie eher in die "Arme" der AfD.

    Ja - das ist deprimierend. Aber es die die Realität, der wir uns nicht verweigern können!

  • Die AfD ist Handlanger Russlands, ob das deren Wähler verstehen oder nicht ist vollkommen egal, die Demokratie ist stärker als alle Feinde der Demokratie.



    Die DDR Bevölkerung hat bewiesen, das die „kommunistische Diktatur“ ihre Macht verloren hat.



    Wir werden einer faschistischen AfD Diktatur ebenso entgegen treten.

    • @Tino Winkler:

      Dann mal los!! Aber richtig!!