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Neue Zahlen zum BürgergeldArbeitslose doch nicht so faul

Für sogenannte To­tal­ver­wei­ge­r*in­nen hat die Ampel die Sanktionen verschärft und die FDP will es noch härter. Dabei geht es nur um wenige Fälle.

Abgestempelt: Knapp 16.000 Mal wurden Leistungen von Ver­wei­ge­r*in­nen gekürzt – eine Quote von maximal 0,4 Prozent Foto: imago

Berlin taz | Die Debatte über Arbeitslose, die nicht arbeiten wollen, läuft sei Monaten. Jetzt gibt es erstmals aktuelle Zahlen: Laut einer Auswertung der Bundesagentur für Arbeit haben die Jobcenter zwischen Februar und Dezember 2023 insgesamt 15.774 mal Bürgergeld-Leistungen gekürzt, weil sich die Betroffenen einer Arbeit, Ausbildung oder Fördermaßnahme verweigert haben. Bei knapp 4 Millionen erwerbsfähigen Bürgergeld-Empfänger*innen entspricht das einer Quote von maximal rund 0,4 Prozent.

Relativ wenig Auswirkungen auf die Praxis wird also eine Gesetzesänderung haben, auf die sich die Ampelkoalition zu Jahresbeginn öffentlichkeitswirksam geeinigt hatte: Früher konnten die Jobcenter den Ver­wei­ge­r*in­nen nur bis zu 30 Prozent des Regelsatzes streichen, jetzt sind es für bis zu zwei Monate 100 Prozent. „Wer nicht mitzieht und sich allen Angeboten verweigert, muss mit härteren Konsequenzen rechnen“, hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der Bild-Zeitung gesagt.

170 Millionen Euro, so die Angaben seines Ministeriums, ließen sich so im Haushalt sparen. Eine Datengrundlage konnte es für diesen Betrag allerdings nicht nennen. Auch mit den knapp 16.000 Fällen, die die Bundesagentur jetzt meldet, lässt sich nicht ohne Weiteres rechnen: 100-Prozent-Sanktionen erlaubt auch das neue Gesetz nur im mehrfachen Wiederholungsfall. Die Zahl der betroffenen sogenannten To­tal­ver­wei­ge­r*in­nen ist also auf jeden Fall noch niedriger, wird aber weiterhin nicht genau beziffert.

Die Mitte-rechts-Parteien fordern dennoch, diese Gruppe noch härter zu sanktionieren. Im Jahr vor der Bundestagswahl stellen sie dieses Ansinnen in den Mittelpunkt ihrer Sozialpolitik. So will die CDU den To­tal­ver­wei­ge­r*in­nen künftig die Leistungen nicht nur für zwei Monate, sondern dauerhaft streichen.

„Lehnt ein arbeitsfähiger Grundsicherungsempfänger ohne sachlichen Grund eine ihm zumutbare Arbeit ab, soll zukünftig davon ausgegangen werden, dass er nicht bedürftig ist. Ein Anspruch auf Grundsicherung besteht dann nicht mehr“, heißt es im Konzept für eine „Neue Grundsicherung“, das die Union im März vorstellte.

„Wirtschaftswende“ durch Sanktionen?

In der FDP hält man das zwar für verfassungsrechtlich nicht umsetzbar. Aber auch die Frei­de­mo­kra­t*in­nen wollen die Sanktionen noch weiter verschärfen. Ein Papier für den Parteitag am Wochenende, über das am Sonntag die Bild berichtete, fordert eine „Wirtschaftswende“. Es sieht unter anderem beim Bürgergeld vor, schon nach dem ersten abgelehnten Jobangebot 30 Prozent des Regelsatzes zu streichen. Bisher sind es im ersten Schritt nur 10 und im zweiten 20 Prozent.

Auf dem Kurznachrichtendienst X kritisierte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, entsprechende Forderungen der Liberalen. „Wenn sich jemand wie besessen an einem Problem abarbeitet, dass es praktisch so gut wie gar nicht gibt … wie nennt man das?“, schrieb er.

Dagegen verteidigte Jens Teutrine, in der FDP-Bundestagsfraktion für das Bürgergeld zuständig, Sanktionsverschärfungen trotz der neuen Zahlen der Bundesagentur. „Es ist eine Frage des Respekts gegenüber den Steuerzahlern, dass in der Grundsicherung für Arbeitssuchende Mitwirkungspflichten gelten“, sagte er der taz. Es brauche eine konsequentere Anwendung der Sanktionsmöglichkeiten. „Daher sind Anpassungen und klarere Richtlinien erforderlich. Es ist irreführend zu glauben, man könne auf jegliche Mitwirkungspflichten verzichten, da potenzielle Sanktionen auch ohne ihre Anwendung zu einer positiven Mitwirkung beitragen können.“

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch ging auf Anfrage nicht auf die geringe Zahl der To­tal­ver­wei­ge­r*in­nen ein. Für eine Wirtschaftswende hält er aber eine andere Stoßrichtung für nötig als die FDP in ihrem Parteitagspapier. „Um unseren Wohlstand zu sichern, müssen wir investieren“, sagte er. Dafür brauche es eine Reform der Schuldenbremse. Statt den Druck beim Bürgergeld weiter zu erhöhen, will er zudem Jobs attraktiver machen. „Wir müssen dafür sorgen, dass sich Arbeit mehr lohnt. Das heißt mehr Tariflöhne und einen fairen Mindestlohn“, so Audretsch. Ein Konzept seiner Fraktion sieht als Lohnuntergrenze 60 Prozent des Medianlohns vor.

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33 Kommentare

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  • Diese Zahlen zeigen doch, dass die meisten Arbeitslosen wirklich arbeiten wollen. Vielleicht sollten wir uns mehr darauf konzentrieren, ihnen Brücken zu bauen statt Barrieren.

    Gibt auch mittlerweile immer mehr Möglichkeiten für Quereinsteiger in bestimmte Jobs einzusteigen, auch ohne Ausbildung oder Studium. Gibt auch immer mehr spezielle Jobbörsen für Quereinsteiger wie z. B. www.quereinsteigen.de/

  • Danke@Tobias Schulze; die Zahl ned mit der gleichen Zahl an Personen gleichzusetzen; ebenso fehlen bei der Statistik in dem Link die im Nachhinein zurückgezogenen Sperren und so statistische Durchrutscher, wie wenns die Sanktion zwar gab, weil ein Verwaltungsakt angeleiert wurde und die betreffende Person schlicht und einfach anderweitig dem JC entkommen ist.

  • Also ich finde den Hinweis auf die (vermeintlich geringe) Anzahl an Bürgergeldempfängern, die im letzten Jahr gekürzt wurden, nicht zielführend. Nach dem man seinen Geschlechtseintrag ändern konnte, haben das in den ersten beiden Jahren auch nur 400 Menschen gemacht. Soll das Gesetz deswegen unnötig gewesen sein?

    Genauso spielt bei den hier beschriebenen Totalverweigeren die Anzahl keine Rolle. Jeder ist einer zuviel.

  • Vielleicht sollte man mal die Praxis in kommunalen Jobcenter und den Jobcentern der Agentur mit beobachten. Es gibt so wenige Sanktionen, weil sich die Mitarbeiter dort nach einer Sanktion sofort in einem Wechselspiel von Widersprüchen und Klageandrohungen finden. Die rauben nicht nur Arbeitszeit, sondern zehren auch massiv an den Nerven. "Konsequente" Sachbearbeiter können dann ihre normale Arbeit vergessen.

    • @Lars Sommer:

      Wenn mehr Bürgergeldempfänger tatsächlich den Mut hätten (also nicht nur die arbeitslosen Akademiker, die sich natürlich gegen JC-Willkür wehren), sich juristisch gegen die Bundesagentur für Arbeit (BA/Jobcenter) und deren "Methoden" zur Wehr zu setzen, dann wären erfolgreiche Klagen gegen die BA sicherlich noch um einiges höher und dem Bürger würde wieder bewusst werden, dass wir in einer Demokratie leben (Art. 20 Abs. 1 GG - 'Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat').

    • @Lars Sommer:

      Das ist Käse, mit Klageandrohung braucht mer dem JC ned zu kommen, wenn dann müsste mensch die gleich einreichen.



      Und anstatt der Befürwortung von noch mehr Willkür sollten die Menschenverächter quer durch die Parteienlandschaft ne sachkundige und unabhängige Stelle schaffen, welche "die schwierigen Fälle" vor den Schreibtisch kriegt, damit auch die "Arbeitsvermittler*innen", die eher Armutsverwalter*innen sind, von der Erteilung von Sanktionen verschont bleiben. Würde womöglich die Mitwirkungsneigung des*der JC-"Kund*in", das Leben eigenhändig auf die Reihe zu kriegen, erhöhen.

  • Ob es der FDP und der Union (der AfD sowieso) gar nicht um die wirklichen Problem geht? Druck und Schikane gegen Asylbewerber, Arbeitslose, Hartz 4-Empfänger, die Schwachen sind also schuld an allem? Natürlich nicht, aber wer redet schon gern über verfehlte Infrastrukturpolitik, miese Bildungspolitik und daraus resultierendem Fachkräftmangel, katastrophale Wohnungsbaupolitik uvm? Vielleicht weil man dann selbst einmal Verantwortung tragen müsste? Sündenböcke sind politisch preiswert und können sich mangels sichtbarer Vertretung (Linke? SPD? Gewerkschaften?) nicht wehren.

  • In einer Satiresendung war einmal ein Vergleich zwischen der Dicke der Akten von Vermögenden und Bürgergeld-Beziehern.



    Die Akte der Bezieher von Bürgergeld ist erheblich dicker und wird von den Mitarbeitern des Jobcenters gewälzt.



    Auch so kann man Ressentiments züchten.

  • Ach liebe TAZ Redaktion! Mit solchen Artikeln verderbt Ihr aber der CDSUFDP die schöne Polemik und den nützlichen Populismus. Deren verhetzende Reden kann man damit besser konterkarieren und das könne -vielleicht- einige Leute zum Nachdenken anregen....

  • Die FDP hetzt mal wieder erfolgreich gegen die, die eh schon ganz unten sind.



    Während Reiche immer schneller immer noch reicher werden.



    Von Volkswirtschaft und Logik versteht diese 4%-Partei exakt gar nichts. Und ihre Wähler hält sie offenkundig für leichtgläubige Trottel.

  • (Langzeit)arbeitslose schreiben mitunter sehr viele Bewerbungen. Es sind Stellenrecherchen und Stellensuchstrategien erforderlich. Formulierungen vernünftiger Bewerbungsanschreiben sind aufwändig. Sie müssen mehrfach quer gelesen und justiert werden. Um ein solches Schreiben aufzusetzen muss über die Zielfirma recherchiert werden. Wie sollte der Bewerber sonst wissen, was es alles hinsichtlich dieses speziellen Unternehmens zu beachten gibt? Dann sind Telefonate an der Tagesordnung. Es gibt viele Absagen, was dem Menschen und seinem Wohlbefinden zusetzt. Bewerbungen kosten übrigens auch Geld und nicht alle Kosten werden von den Ämtern übernommen. Sie müssen zudem meist vorgestreckt werden.

    Nun haben Sie viele Termine, sind ausgelaugt und pleite. Sie vergessen nach der letzten negativen Mitteilung und den finanziellen Sorgen einen Termin zu notieren. Dadurch verpassen Sie den Amtstermin und sollen um 100 % gekürzt werden?

    Selbst wenn das "nur in Einzelfällen" so sein sollte, trifft das Personen nach Gutdünken eines Sachbearbeiters*. Ob die eine Person in oben beschriebener Situation dann die Kraft für einen Gerichtsgang hat?!

    (*Ich hörte z. B. einmal eine Sachbearbeiterin darüber schimpfen, dass eine Leistungsempängering erneut schwanger ist und neue Schwangerschaftshosen bräuchte. "Ob man das wirklich braucht?!" "Die soll sich mal einen richtigen Job suchen!" ... -> Schwarzes Schaf? Die Regel? Berücksichtigen!)

    ---

    Niemand, der solche Positionen vertritt, denkt bzw. handelt sozial oder christlich. Niemand, der solche Positionen vertritt, verdient auch nur eine einzige Stimme des Volkes.

    Jemand, der solche Positionen entgegen des Urteils des BVG vertritt, sollte aller öffentlichen Ämter entbunden werden.

    • @-Zottel-:

      Bescheide von Jobcentern sind sehr oft falsch, in der Regel aber zuungunsten der Arbeitslosen. Lange haben Jobcenter auch das falsche Personal eingestellt, es war ein Restpostenpersonalmarkt des öffentlichen Dienstes und der Bundeswehr. Die inhumanen Züge sind auch oft Sparvorgaben der Leitungen, viele Maßnahmen werden billig eingekauft, bringen viel zu wenig, und natürlich sind Arbeitslose davon genervt. Insofern kann ich das hier nur ergänzen, zunächst müssten Jobcenter gut funktionieren, angemessen und zielgerichtet arbeiten, damit solche Teilaspekte wirklich aussagefähig sind.

    • @-Zottel-:

      tut das gut, dieser kommentar.

      welche sentiments werden eigentlich bedient, wenn erwerbslose + arme+obdachlose immer weiter drangsaliert, ausgehungert, zwangsgeräumt, totgeschlagen, zu sklavenarbeit gezwungen werden (1 euro-jobs oder so), asylbewerberInnen nicht arbeiten dürfen + ihnen nach gewisser zeit das leben/arbeitsaufnahme schwer gemacht wird?



      diejednigen, die in sammlunterkünften ihr leben fristen müssen, habne da fast 0-chancen.



      xenophobie:



      qualifizierten menschen wirds schwer gemacht, ihre qualifikationen hier einzubringen. welche verschwendung. das hat m.w. noch niemand durchkalkuliert, wie schädlich das für die volkswirtschaft ist (fachkräftemangel!!!) - nur mal so im vergleich zu den angeblichen totalverweigerern der prekären + unwürdigen + weit unterhalb der qualifikation liegenden arbeitsangebote. bei mangel an fortbildung + ausbildung auf kosten der arbeitsagentur. usw.usf.

      früher war ich in diesem bereich tätig - sowohl job-mäßig als auch erwerbslosen-inis gegründet + in der HHer koordination der erwerbslosen-inis mitgemacht.



      davon höre ich z.z. wenig. auch die internet-ini #ichbinarmutsbetroffen ist irgendwie vom schirm. warum eigentlich?



      taz sollte da mal recherche betreiben.

  • Ein paar Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit:



    1.)Anteil der Totalverweigerer ca. 0,4 %, d.h. etwa 16.000 Personen. Über diese Anzahl sollen etwa 170.000.000 € eingespart werden. Das ergibt 10.625 €/Person. Ist der dafür erforderliche Aufwand damit schon eingerechnet und berücksichtigt?



    2.)Es wird davon ausgegangen, dass jährlich etwa 150.000.000.000 € Steuern „vermieden“ (hinterzogen ?) werden. Bei 4.000.000 erwerbsfähigen Bürgergeld-Empfängern ergibt dies einen Betrag von 37.500 € pro Bürgergeldempfänger bzw. 9375.000 € pro Totalverweigerer.



    Selbst wenn die Ausgangssumme nur halb so hoch ist, ergibt das beachtliche Zahlen.



    „Es ist eine Frage des Respekts gegenüber den Steuerzahlern, dass in der Grundsicherung für Arbeitssuchende Mitwirkungspflichten gelten“ (Zitat: Jens Teutrine, FDP-Bundestagsfraktion)



    3.)Ein befreundeter Betriebsprüfer der Finanzverwaltung hat nach seinen Angaben 2.000.000 € im Jahr in die Finanzkasse „eingeprüft“ => 85 Finanzprüfer ergeben 170.000.000 €



    „Wenn sich jemand wie besessen an einem Problem abarbeitet, dass es praktisch so gut wie gar nicht gibt … wie nennt man das?“ (Zitat: Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes)

    • @Karl Theurer:

      Wie man das nennt?

      Eine Nebelkerze.

      Ich gebe Ihnen vorbehaltlos recht. Die FDP versucht in den letzten Monaten ihrer Koalitions-"Beteiligung" das sinkende Schiff zu verlassen und mit Populismus noch über die 5% Hürde zu kommen.

  • Was in der Diskussion übersehen wird: Die Verschärfung dient vor allem der Abschreckung es noch nicht einmal darauf ankommen zu lassen.



    Der größere Effekt ließe sich aber wohl dadurch erzielen, dass bei Gesundheitsstörungen genauer hingeschaut wird - spätestens bei Ablehnung der EU-Rente.

  • Die FDP war schon immer gut darin nach unten zutreten. Sollte es nach den Wahlen für CDU/CSU und FDP reichen wird es richtig kalt in Deutschland. Es geht dann zurück ins 19. Jahrhundert.

  • Gut so, FDP !!



    Mit lautstarkem "Haltet den Dieb"-Rufen Volkes Meinung in die gewünschte neoliberale Richtung " Sozialabbau " lenken !



    ... und von den tatsächlich unendlich "wirksameren" Maßnahmen wie Bekämpfung der Steuerhinterziehung, Glaichbehandlung von Arbeits- und Kapitaleinkünften, Gleichbehandlung bei derErbschaftssteuer, Vermögenssteuer, Abschaffung diverser Privilegien (Dieselsubvention) ablenken !!!

    • @Thüringer:

      ...klar, so drücken sich nicht nur die FDP



      Politiker vor ihrer Arbeit...

  • taz: "Dagegen verteidigte Jens Teutrine, in der FDP-Bundestagsfraktion für das Bürgergeld zuständig, Sanktionsverschärfungen trotz der neuen Zahlen der Bundesagentur."

    Bei der "Sanktionsverschärfung" macht das Bundesverfassungsgericht nicht mit - aber woher sollen Politiker so etwas wissen, denn dann müssten sie sich ja das Urteil des BVerfG von 2019 einmal aufmerksam durchlesen.

    taz: „Wer nicht mitzieht und sich allen Angeboten verweigert, muss mit härteren Konsequenzen rechnen“, hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der Bild-Zeitung gesagt.

    Die beiden jungen Journalisten erklären das im Video (siehe Link unten) ab Minute 30 sehr gut, wie unsere "Volksvertreter" da tricksen wollen, denn in dem Urteil des Bundesverfassungsgericht ist zwar ein Zusatz, dass man tatsächlich auf 100 Prozent das Bürgergeld kürzen 'könnte' (eigentlich sind ja nur maximal 30% vom BVerfG erlaubt), allerdings gibt es da noch einen wichtigen Satz im Urteil, den man aber auch als Arbeitsminister nicht "verbiegen" darf. Hubertus Heil (wohlgemerkt, ein "sozialer" SPD-Minister) interessiert sich anscheinend aber nur für den 'ersten Teil' des Satzes und möchte den 'zweiten Teil' wohl unterschlagen, aber da wird das Bundesverfassungsgericht nicht mitmachen.

    ***Der wahre Bürgergeld-Skandal!*** www.youtube.com/watch?v=6xORf90v04M

    • @Ricky-13:

      Der LINK: SEHR EMPFEHLENSWERT.



      Er führt hinsichtlich der 100%-Sanktionen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2019. Die Journalisten erläutern, wie der Gesetzgeber vorgegangen ist, um solche im SGB II zu verankern. Die dafür wichtige Passage aus dem Urteil hier:



      »Anders liegt dies folglich, wenn und solange Leistungsberechtigte es selbst in der Hand haben, durch Aufnahme einer ihnen angebotenen zumutbaren Arbeit (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) ihre menschenwürdige Existenz tatsächlich und unmittelbar durch die Erzielung von Einkommen selbst zu sichern. Ihre Situation ist dann im Ausgangspunkt derjenigen vergleichbar, in der keine Bedürftigkeit vorliegt, weil Einkommen oder Vermögen aktuell verfügbar und zumutbar einsetzbar sind. Wird eine solche tatsächlich existenzsichernde und im Sinne des § 10 SGB II zumutbare Erwerbstätigkeit ohne wichtigen Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II willentlich verweigert, obwohl im Verfahren die Möglichkeit bestand, dazu auch etwaige Besonderheiten der persönlichen Situation vorzubringen, die einer Arbeitsaufnahme bei objektiver Betrachtung entgegenstehen könnten, ist daher ein vollständiger Leistungsentzug zu rechtfertigen.« (BVerfG, Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16, Randziffer 209).



      (Zitiert nach Stefan Sell: aktuelle-sozialpol...00-prozent-frage/)



      Entscheidend ist, dass der Gesetzentwurf nicht von einer sowohl zumutbaren als auch existenzsichernden Arbeit spricht, deren Ablehnung zur „Vollsanktion“ führt, sondern allein von einer zumutbaren. Vergleiche Zitat!



      Das ist für mich als juristischen Laien dann doch Grund, hellhörig zu werden! Warum diese Auslassung???



      Dazu in „verfassungsblog.de“:



      verfassungsblog.de...-existenzminimums/



      Bundesregierung u. Parlament sehen da so gar keinen Grund, zur Nachdenklichkeit – LEIDER



      MUSS ES JETZT WIEDER JAHRE UM JAHRE DAUERN, BIS EIN ZWEIFELHAFTES GESETZ VOM VERFASSUNGSGERICHT GEKLÄRT WERDEN

      • @Moon:

        Da das Bundesverfassungsgericht hier nicht sofort einschreitet - was ich nicht verstehe, da es ja um ihr eigenes Urteil (BVerfG, Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16) geht - wird es wohl tatsächlich wieder Jahre dauern, bis etwas geschieht. Und genau darauf spekulieren solche "sozialen" Politiker wohl, denn die kennen doch auch den besagten 'Satz'.

        • @Ricky-13:

          Bin wie gesagt juristisch Laie. Denke aber nicht, dass das Bundesverfassungsgericht da Möglichkeiten hätte, um VON SICH AUS, OHNE KLÄGER „einzuschreiten“. Denn dem Prinzip der Gewaltenteilung folgend, könnte das bedeuten, dass das Bundesverfassungsgericht dann als ein „qausi Gesetzgeber“ tätig wäre – und das ist der Legislative, dem Parlament vorbehalten.



          Aber ich muss da, wenn auch mit einem „leider“, natürlich zustimmen: Man kann da schon den Eindruck bekommen, dass da ein Gesetz geschmiedet wurde, dass allzu sehr dem Gedanken folgt: Mal gucken, wie es läuft. Vielleicht merkt keiner was. Und wenn, dann lassen wir halt die Gerichte machen.



          Anhand des Videos der beiden Journalisten ist mir da z. B. aufgefallen, dass in den beiden (aktuellen) Paragraphen 31 u.31 a des SGB II, die Pflichtverletzungen behandeln, allein von der „zumutbaren Arbeit“ die Rede ist. Das Wort „exsistenzsichernd“ taucht da nicht auf. Dort ist (entsprechend) auch nicht die Rede davon, dass das Angebot eines Minijobs z. B. schon als existenzsichernd zu zählen ist – was den Journalisten nach ja gerade ein gravierendes Problem darstellt. Kann mir vorstellen, dass man das Wort bewusst auch im verabschiedeten Gesetz rausgelassen hat. Die Journalisten behandeln ja erst mal seinen Entwurf. Aber: Auch die Regierung hat findige Juristen, die eine Antwort dann parat haben, wenn das mal in Gerichtsverhandlungen zur Sprache kommt.

          • @Moon:

            Dann frage ich mich natürlich (ich bin ja auch nur juristischer Laie) welchen Wert die Urteile des Bundesverfassungsgericht dann überhaut haben, wenn unsere "Volksvertreter" sie nicht beachten bzw. die Urteile so 'auslegen', wie es ihnen gerade passt. Beim Urteil des BVerfG zum Klima war es ja ähnlich, da wird ja auch von der Politik seit Jahren 'herumgedeutelt'. Juristische Hermeneutik beherrschen unsere "Politiker" anscheinend sehr gut, jedenfalls wenn diese 'Auslegungskunst' zum Wohle der Reichen und Mächtigen beiträgt.

            PS: Die beiden Journalisten sind sehr gut und haben viele interessante Themen. (Z.B. ***Wie sozial ist das Grundgesetz? – Ep. 231***). Ich bin immer wieder erfreut, wenn junge Leute noch sozial sind und nicht nur an sich denken.

  • Warum sollten Arbeitsfähige zumutbare Arbeitsangebote einfach ablehnen dürfen?



    Und die anderen für sie arbeiten.



    Zur Erinnerung: Wer z.B. dauerhaft krank arbeitsunfähig ist, bekommt ja gar kein Bürgergeld, sondern die Grundsicherung ohne Arbeitsangebote.

    • @drafi:

      Sie haben wahrscheinlich noch nie Arbeitsangebote vom Jobcenter erhalten? Die sind oft vollkommen unpassend. Zeitlich, räumlich, qualifikationsmäßig. Wenn man dabei ist, sich seiner Qualifikation entsprechend zu bewerben, warum soll man einen miesen Job annehmen müssen (nehmen wir z.B. Fleischverarbeitung), der einen nicht mal unabhängig vom JC macht, sondern nur zum Aufstocker?



      Warum soll jemand genötigt werden, Arbeitswege von 2 Stunden auf sich zu nehmen, der dann nicht weiß, wie das Kind noch betreut werden soll? Wie sollen Alleinerziehende Jobs annehmen können, die morgens um 5 Uhr beginnen? Bekommen sie dann automatisch einen Platz in einer entsprechenden Kita? Gibt es einen Schulhort, der um halb fünf aufmacht?



      Nur ein paar Beispiele, über die Sie vielleicht noch nicht nachgedacht haben. Man stellt sich wahrscheinlich vor, das Jobcenter bietet stets passgenaue Jobs an, die die Empfänger aus Faul- oder Blödheit von selbst nicht gefunden haben.

    • @drafi:

      Sie fordern Arbeitspflicht und Wegnahme des Existenzminimums bei "Arbeitsverweigerung".



      Das geht nicht, aus drei Gründen:



      1. Das Recht auf Leben (in Würde) gilt für alle Menschen, auch für "faule" (wenn es sie denn gibt) oder solche, die unsympathisch oder unbotmäßig gegenüber dem Jobcenter sind.



      2. Arbeitsunfähigkeit und Arbeitunwilligkeit lassen sich nicht klar und von Amts wegen (auch nicht durch Ärzte) unterscheiden. Gerade bei den ja zunehmenden "psychischen Erkrankungen". Das heisst Sie müssten über Leichen gehen, um Ihr Ziel zu erreichen.



      Siehe www.stern.de/gesel...ch-so-3364916.html oder www.welt.de/welt_p...hsitz-im-Wald.html



      3. Es ist weder ethisch noch ökonomisch sinnvoll, dass möglichst alle Menschen Erwerbsarbeit machen, weil einerseits Erwerbsarbeit nicht per se zum Gemeinwohl beiträgt (siehe sog. Bullshit Jobs etc.) und andererseits der größere Teil der in Deutschland geleisteten Arbeitsstunden eh unbezahlt ist - und dabei handelt es sich größtenteils um gesellschaftlich notwendige Arbeit wie Sorge- oder Demokratiearbeit.



      Wenn wir den Menschen die Möglichkeit nehmen, die notwendige unbezahlte Arbeit zu erledigen, indem wir sie auf Teufel komm raus in Erwerbsarbeit zwingen, schiessen wir uns als Gesellschaft nur selbst ins Knie, weil es ohne die unbezahlte Arbeit überhaupt keine Wirtschaft geben kann.

    • @drafi:

      Das Problem an der Sache ist:



      1. Wer definiert, wer arbeitsfähig ist?



      2. Wer definiert, was zumutbar ist?

      Menschen, die andere Menschen pflegen haben mit einer solchen Regelung erhebliche Probleme.



      Außerdem sind diejenigen, die sich gegen die angebliche Zumutbarkeit wehren wichtige Helfer für alle Arbeitnehmer.



      Arbeitslose, die sich aus Angst in jeden Job drücken lassen, helfen dagegen Lohndumping und unrealistischen Arbeitsvorgaben.



      Warum ist es wohl normal geworden, dass 100 km Arbeitsweg als zumutbar gelten?



      Warum gibt es Menschen, die trotz Vollzeitarbeit noch vom Staat unterstützt werden müssen?



      Je rigoroser der Staat gegen diese 0,4 % vorgeht, desto teurer wird der Ausgabenposten "Aufstocker".

      • @Herma Huhn:

        "1. Wer definiert, wer arbeitsfähig ist?"

        Ein zugelassener Arzt oder im Zweifel ein Amtsarzt, genauso wie bei allen anderen Menschen auch. Wer keine Krankschreibung hat, ist arbeitsfähig.

    • @drafi:

      ...wenn Arbeitnehmer erkranken, bekommen sie nach 6 Wochen Krankengeld.

      • @Alex_der_Wunderer:

        ...noch 6 Wovhen Krankengeld - sorry

      • @Alex_der_Wunderer:

        Nein. Sie bekommen 6 Wochen Entgeltfortzahlung von ihrem Betrieb und erst danach Krankengeld von der Krankenkasse.

        • @Budzylein:

          ...stimmt